Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection der ewigen Glut bleiben mögen: Dieses Feur wird einen jedenseinen Sünden gemäß brennen: und mit wie mehrerem Ciffer und Lustbar- keit die Sünd ist begangen worden/ je bitterer wird selbige gestrafft werden: wie der Herr in der Offenbahrung Joannis selbst bezeuget; und sagt: Wie c. 18.viel sie sich (nemblich die Seel) herrlich gemacht hat/ und in Lüsten gewesen ist/ so viel Qual und Leyd thut ihr an. Und weilen in den fleischlichen Lastern/ der Eyffer der Begierlichkeit/ der Ge- stanck und Ergötzung der Unren igkeit am grösten seynd/ dahero werden selbige Sünden mit sonderbahr zehrendem höllischen Brand/ für andern sehr hart gestrafft werden. Derhalben sagt der heilige Vatter Augustinus: So viel hat angeklebt die Lieb/ so viel werden züchtigen die Schmertzen. Wann dann ein eintzige Todt- Sünd mit so grau- samer Straff wird hergenommen; was werden nicht zu leyden haben die jeni- ge/ so sich auff dieser Welt gleichsamb in Sünden geweltzet/ und durch die böse Gewonheiten zu sündigen sich haben untertrucken lassen? 3. Die zweyte Art der höllischen Peinen ist die allergrausambste und schärf- 4. Die
Die Acht und Viertzigſte Geiſtliche Lection der ewigen Glut bleiben moͤgen: Dieſes Feur wird einen jedenſeinen Suͤnden gemaͤß brennen: und mit wie mehrerem Ciffer und Luſtbar- keit die Suͤnd iſt begangen worden/ je bitterer wird ſelbige geſtrafft werden: wie der Herr in der Offenbahrung Joannis ſelbſt bezeuget; und ſagt: Wie c. 18.viel ſie ſich (nemblich die Seel) herrlich gemacht hat/ und in Lüſten geweſen iſt/ ſo viel Qual und Leyd thut ihr an. Und weilen in den fleiſchlichen Laſtern/ der Eyffer der Begierlichkeit/ der Ge- ſtanck und Ergoͤtzung der Unren igkeit am groͤſten ſeynd/ dahero werden ſelbige Suͤnden mit ſonderbahr zehrendem hoͤlliſchen Brand/ fuͤr andern ſehr hart geſtrafft werden. Derhalben ſagt der heilige Vatter Auguſtinus: So viel hat angeklebt die Lieb/ ſo viel werden züchtigen die Schmertzen. Wann dann ein eintzige Todt- Suͤnd mit ſo grau- ſamer Straff wird hergenommen; was werden nicht zu leyden haben die jeni- ge/ ſo ſich auff dieſer Welt gleichſamb in Suͤnden geweltzet/ und durch die boͤſe Gewonheiten zu ſuͤndigen ſich haben untertrucken laſſen? 3. Die zweyte Art der hoͤlliſchen Peinen iſt die allergrauſambſte und ſchaͤrf- 4. Die
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Die Acht und Viertzigſte Geiſtliche Lection
der ewigen Glut bleiben moͤgen: Dieſes Feur wird einen jeden
ſeinen Suͤnden gemaͤß brennen: und mit wie mehrerem Ciffer und Luſtbar-
keit die Suͤnd iſt begangen worden/ je bitterer wird ſelbige geſtrafft werden:
wie der Herr in der Offenbahrung Joannis ſelbſt bezeuget; und ſagt: Wie
viel ſie ſich (nemblich die Seel) herrlich gemacht hat/ und in
Lüſten geweſen iſt/ ſo viel Qual und Leyd thut ihr an. Und
weilen in den fleiſchlichen Laſtern/ der Eyffer der Begierlichkeit/ der Ge-
ſtanck und Ergoͤtzung der Unren igkeit am groͤſten ſeynd/ dahero werden
ſelbige Suͤnden mit ſonderbahr zehrendem hoͤlliſchen Brand/ fuͤr andern
ſehr hart geſtrafft werden. Derhalben ſagt der heilige Vatter Auguſtinus:
So viel hat angeklebt die Lieb/ ſo viel werden züchtigen
die Schmertzen. Wann dann ein eintzige Todt- Suͤnd mit ſo grau-
ſamer Straff wird hergenommen; was werden nicht zu leyden haben die jeni-
ge/ ſo ſich auff dieſer Welt gleichſamb in Suͤnden geweltzet/ und durch
die boͤſe Gewonheiten zu ſuͤndigen ſich haben untertrucken laſſen?
c. 18.
3. Die zweyte Art der hoͤlliſchen Peinen iſt die allergrauſambſte und ſchaͤrf-
feſte Kaͤlte: Dann gleich wie das hoͤlliſche Feuer alles Feur der gantzen Welt
mit ſeiner Hitze weit uͤbertrifft; alſo iſt die Kaͤlte der Hoͤllen mit ihrer Krafft
und Schaͤrffe aller irrdiſchen Kaͤlt weit uͤberlegen. Gedenck nun/ mein
Chriſtliche Seel/ wie ſchwaͤhr dir fallen ſollte/ wann du einen eintzigen
Tag oder Nacht in der allerbittereſten Kaͤlte/ unter dem blauen Himmel/
gantz nackend ſtehen/ oder in einem zufrierenden Waſſer fuͤr lieb nehmen
muͤſteſt. Von dieſer gemahlten Kaͤlte ſchlag deine Augen deß Hertzens zu
der hoͤlliſchen Kaͤlte/ verſichere dich/ daß ſelbige viel hundert tauſendmahl
groͤſſer ſeye/ als welche du beſagter maſſen leyden wuͤrdeſt: Dann ob ſchon die
Peynen der hoͤlliſchen Hitz und Kaͤlte zu Zeiten gehemmet werden/ ſo werden
ſie doch niemahlen gaͤntzlich hinweg genommen: und iſt die Hemmung oder
Nachlaſſung keine Erleichterung oder Troſt der armſeeligen Verdambten;
ſondern gedeyhet denſelbigen zu ſchmertzhaffteren und grauſameren Peynen:
zumahlen ſie (wie die Schrifft meldet) vom Schnee-Waſſer müſ-
ſen hinůber gehen zur ůberſchwenglicher Hitze. Dieſe Ab-
wechſelung vermehret die Schmertzen/ wie wir taͤglich ſelbſt erfahren/ ſo wir
nur unſere Eyß-kalte Haͤnd zu einem Hitzigen Feuer halten. Zu dieſer Kaͤl-
te werden ſonderbahr verurtheilet die faule und nachlaͤſſige Menſchen ſo da
auß Traͤgheit den Dienſt GOttes verabſaumen/ und zu den Welt-Boſſen
ein mehrere Luſt haben/ als zumſchuldigen Dienſt und Verehrung ihres
Hertzen.
Job. 24.
4. Die
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/636>, abgerufen am 16.07.2024. |