Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection
predigen würden; so könten doch selbige die allerwenigste Peyn der Höllen
der Gebühr nach nicht vortragen. Dann das höllische Feur hat ein wun-
derselsame Hitze/ und durchtringet und schmertzet dermassen/ daß/ gleich
wie/ nach Zeugnuß deß heil. Vatters Augustini/ das irrdische Feuer an
Hitze übertrifft ein gemahltes Feuer; also das höllische Feuer übertreffe das
Jrrdische. Und gleichwohl/ gedencke einer/ wie scharff brennet nicht auch
unser Feuer? Zu dessen Bestättigung erzehle ich das Exempel von einem
Historia.
Spec. Ex-
emp.
Dist.
3.
Abten. Dieser hat in seiner letzten Kranckheit/ mit Zustimmung seiner
Geistlichen/ seinen Vatter zu seinen Successorn auß einer unordentlichen
Affection ernennet; ist darauff gestorben und verdambt worden: welches
auff folgende Weiß ist kundbar worden. Der neuerwählte Abt gehet im
Kloster an einem lüstigen Ort spatziren/ alwo ein kleines Wässerlein vor-
bey flosse: und höret ein sehr klägliche Stimm mit diesen Worten: Ach/
ach/ ich armseeliger! Da er nun fragt wer er seye; bekombt zur Antwort:
Jch bin dein Bluts- Verwandter/ der ich vor dir Abt allhier gewesen/
anjetzt aber ein armseeliger Geist bin/ dieweilen ich dich auß fleischlicher
Neigung und Liebe/ als meinen Vetter zu dieser deiner Würden beför-
dert hab. Meine Geistliche haben mich damahlen ersucht/ daß ich einen
tauglichen Mann zum Heyl ihrer Seelen/ an meinen Platz stellen mögte/
und haben mir zu diesem End ihre Stimmen übertragen: ich aber bin durch
die zeitliche Verwandschafft verblendet worden/ und hab nicht nach
dem Willen GOTTes/ sondern nach meines eigenen Willens grosse
Thorheit/ denselben gerathen/ daß sie dich zu ihrem Abt erwählen solten.
Dahero bin ich zu diesem Wässerlein durch das gerechte Urtheil GOttes
dergestalt verdambt/ daß ich brenne/ und zerschmeltze; und wann ich also
fchier vernichtiget bin/ so muß ich als wiederumb von neuen anfangen diese
erschröckliche Tormenten zu leyden. Wann du erfahren wilst/ daß wahr
seye/ was ich dir gesagt hab/ so lasse einen kupffernen Leuchter herbey
bringen/ und duncke denselben allgemach ins Wasser. Da sol-
ches besagter Massen geschehen/ ist der Leuchter viel hurtigrr/
als das Wachs im Feuer zerschmoltzen. Jst nun so grosse Hitze ge-
wesen in diesem Wässerlein; wie grausames Feuer wird dann nicht in der
Höllen seyn!

L. 12. c. 5.
Historia.

2. Weiters schreibt auch Cäsarius/ da einsmahls ein Edelman Nah-
mens Waltherus zu Endenig unweit Bonn kranck lage/ sahe er den bösen

Feind

Die Acht und Viertzigſte Geiſtliche Lection
predigen wuͤrden; ſo koͤnten doch ſelbige die allerwenigſte Peyn der Hoͤllen
der Gebuͤhr nach nicht vortragen. Dann das hoͤlliſche Feur hat ein wun-
derſelſame Hitze/ und durchtringet und ſchmertzet dermaſſen/ daß/ gleich
wie/ nach Zeugnuß deß heil. Vatters Auguſtini/ das irrdiſche Feuer an
Hitze uͤbertrifft ein gemahltes Feuer; alſo das hoͤlliſche Feuer uͤbertreffe das
Jrrdiſche. Und gleichwohl/ gedencke einer/ wie ſcharff brennet nicht auch
unſer Feuer? Zu deſſen Beſtaͤttigung erzehle ich das Exempel von einem
Hiſtoria.
Spec. Ex-
emp.
Diſt.
3.
Abten. Dieſer hat in ſeiner letzten Kranckheit/ mit Zuſtimmung ſeiner
Geiſtlichen/ ſeinen Vatter zu ſeinen Succeſſorn auß einer unordentlichen
Affection ernennet; iſt darauff geſtorben und verdambt worden: welches
auff folgende Weiß iſt kundbar worden. Der neuerwaͤhlte Abt gehet im
Kloſter an einem luͤſtigen Ort ſpatziren/ alwo ein kleines Waͤſſerlein vor-
bey floſſe: und hoͤret ein ſehr klaͤgliche Stimm mit dieſen Worten: Ach/
ach/ ich armſeeliger! Da er nun fragt wer er ſeye; bekombt zur Antwort:
Jch bin dein Bluts- Verwandter/ der ich vor dir Abt allhier geweſen/
anjetzt aber ein armſeeliger Geiſt bin/ dieweilen ich dich auß fleiſchlicher
Neigung und Liebe/ als meinen Vetter zu dieſer deiner Wuͤrden befoͤr-
dert hab. Meine Geiſtliche haben mich damahlen erſucht/ daß ich einen
tauglichen Mann zum Heyl ihrer Seelen/ an meinen Platz ſtellen moͤgte/
und haben mir zu dieſem End ihre Stimmen uͤbertragen: ich aber bin durch
die zeitliche Verwandſchafft verblendet worden/ und hab nicht nach
dem Willen GOTTes/ ſondern nach meines eigenen Willens groſſe
Thorheit/ denſelben gerathen/ daß ſie dich zu ihrem Abt erwaͤhlen ſolten.
Dahero bin ich zu dieſem Waͤſſerlein durch das gerechte Urtheil GOttes
dergeſtalt verdambt/ daß ich brenne/ und zerſchmeltze; und wann ich alſo
fchier vernichtiget bin/ ſo muß ich als wiederumb von neuen anfangen dieſe
erſchroͤckliche Tormenten zu leyden. Wann du erfahren wilſt/ daß wahr
ſeye/ was ich dir geſagt hab/ ſo laſſe einen kupffernen Leuchter herbey
bringen/ und duncke denſelben allgemach ins Waſſer. Da ſol-
ches beſagter Maſſen geſchehen/ iſt der Leuchter viel hurtigrr/
als das Wachs im Feuer zerſchmoltzen. Jſt nun ſo groſſe Hitze ge-
weſen in dieſem Waͤſſerlein; wie grauſames Feuer wird dann nicht in der
Hoͤllen ſeyn!

L. 12. c. 5.
Hiſtoria.

2. Weiters ſchreibt auch Caͤſarius/ da einsmahls ein Edelman Nah-
mens Waltherus zu Endenig unweit Bonn kranck lage/ ſahe er den boͤſen

Feind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0634" n="606"/><fw place="top" type="header">Die Acht und Viertzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/>
predigen wu&#x0364;rden; &#x017F;o ko&#x0364;nten doch &#x017F;elbige die allerwenig&#x017F;te Peyn der Ho&#x0364;llen<lb/>
der Gebu&#x0364;hr nach nicht vortragen. Dann das ho&#x0364;lli&#x017F;che Feur hat ein wun-<lb/>
der&#x017F;el&#x017F;ame Hitze/ und durchtringet und &#x017F;chmertzet derma&#x017F;&#x017F;en/ daß/ gleich<lb/>
wie/ nach Zeugnuß deß heil. Vatters <hi rendition="#fr">A</hi>ugu&#x017F;tini/ das irrdi&#x017F;che Feuer an<lb/>
Hitze u&#x0364;bertrifft ein gemahltes Feuer; al&#x017F;o das ho&#x0364;lli&#x017F;che Feuer u&#x0364;bertreffe das<lb/>
Jrrdi&#x017F;che. Und gleichwohl/ gedencke einer/ wie &#x017F;charff brennet nicht auch<lb/>
un&#x017F;er Feuer? Zu de&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;ta&#x0364;ttigung erzehle ich das Exempel von einem<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toria.<lb/>
Spec. Ex-<lb/>
emp.<lb/>
Di&#x017F;t.</hi> 3.</note>Abten. Die&#x017F;er hat in &#x017F;einer letzten Kranckheit/ mit Zu&#x017F;timmung &#x017F;einer<lb/>
Gei&#x017F;tlichen/ &#x017F;einen Vatter zu &#x017F;einen Succe&#x017F;&#x017F;orn auß einer unordentlichen<lb/>
Affection ernennet; i&#x017F;t darauff ge&#x017F;torben und verdambt worden: welches<lb/>
auff folgende Weiß i&#x017F;t kundbar worden. Der neuerwa&#x0364;hlte Abt gehet im<lb/>
Klo&#x017F;ter an einem lu&#x0364;&#x017F;tigen Ort &#x017F;patziren/ alwo ein kleines Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erlein vor-<lb/>
bey flo&#x017F;&#x017F;e: und ho&#x0364;ret ein &#x017F;ehr kla&#x0364;gliche Stimm mit die&#x017F;en Worten: Ach/<lb/>
ach/ ich arm&#x017F;eeliger! Da er nun fragt wer er &#x017F;eye; bekombt zur Antwort:<lb/>
Jch bin dein Bluts- Verwandter/ der ich vor dir Abt allhier gewe&#x017F;en/<lb/>
anjetzt aber ein arm&#x017F;eeliger Gei&#x017F;t bin/ dieweilen ich dich auß flei&#x017F;chlicher<lb/>
Neigung und Liebe/ als meinen Vetter zu die&#x017F;er deiner Wu&#x0364;rden befo&#x0364;r-<lb/>
dert hab. Meine Gei&#x017F;tliche haben mich damahlen er&#x017F;ucht/ daß ich einen<lb/>
tauglichen Mann zum Heyl ihrer Seelen/ an meinen Platz &#x017F;tellen mo&#x0364;gte/<lb/>
und haben mir zu die&#x017F;em End ihre Stimmen u&#x0364;bertragen: ich aber bin durch<lb/>
die zeitliche Verwand&#x017F;chafft verblendet worden/ und hab nicht nach<lb/>
dem Willen GOTTes/ &#x017F;ondern nach meines eigenen Willens gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Thorheit/ den&#x017F;elben gerathen/ daß &#x017F;ie dich zu ihrem Abt erwa&#x0364;hlen &#x017F;olten.<lb/>
Dahero bin ich zu die&#x017F;em Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erlein durch das gerechte Urtheil GOttes<lb/>
derge&#x017F;talt verdambt/ daß ich brenne/ und zer&#x017F;chmeltze; und wann ich al&#x017F;o<lb/>
fchier vernichtiget bin/ &#x017F;o muß ich als wiederumb von neuen anfangen die&#x017F;e<lb/>
er&#x017F;chro&#x0364;ckliche Tormenten zu leyden. Wann du erfahren wil&#x017F;t/ daß wahr<lb/>
&#x017F;eye/ was ich dir ge&#x017F;agt hab/ &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e einen kupffernen Leuchter herbey<lb/>
bringen/ und duncke den&#x017F;elben allgemach ins Wa&#x017F;&#x017F;er. Da &#x017F;ol-<lb/>
ches be&#x017F;agter Ma&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chehen/ i&#x017F;t der Leuchter viel hurtigrr/<lb/>
als das Wachs im Feuer zer&#x017F;chmoltzen. J&#x017F;t nun &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Hitze ge-<lb/>
we&#x017F;en in die&#x017F;em Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erlein; wie grau&#x017F;ames Feuer wird dann nicht in der<lb/>
Ho&#x0364;llen &#x017F;eyn!</p><lb/>
        <note place="left"> <hi rendition="#aq">L. 12. c. 5.<lb/>
Hi&#x017F;toria.</hi> </note>
        <p>2. Weiters &#x017F;chreibt auch Ca&#x0364;&#x017F;arius/ da einsmahls ein Edelman Nah-<lb/>
mens Waltherus zu Endenig unweit Bonn kranck lage/ &#x017F;ahe er den bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Feind</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[606/0634] Die Acht und Viertzigſte Geiſtliche Lection predigen wuͤrden; ſo koͤnten doch ſelbige die allerwenigſte Peyn der Hoͤllen der Gebuͤhr nach nicht vortragen. Dann das hoͤlliſche Feur hat ein wun- derſelſame Hitze/ und durchtringet und ſchmertzet dermaſſen/ daß/ gleich wie/ nach Zeugnuß deß heil. Vatters Auguſtini/ das irrdiſche Feuer an Hitze uͤbertrifft ein gemahltes Feuer; alſo das hoͤlliſche Feuer uͤbertreffe das Jrrdiſche. Und gleichwohl/ gedencke einer/ wie ſcharff brennet nicht auch unſer Feuer? Zu deſſen Beſtaͤttigung erzehle ich das Exempel von einem Abten. Dieſer hat in ſeiner letzten Kranckheit/ mit Zuſtimmung ſeiner Geiſtlichen/ ſeinen Vatter zu ſeinen Succeſſorn auß einer unordentlichen Affection ernennet; iſt darauff geſtorben und verdambt worden: welches auff folgende Weiß iſt kundbar worden. Der neuerwaͤhlte Abt gehet im Kloſter an einem luͤſtigen Ort ſpatziren/ alwo ein kleines Waͤſſerlein vor- bey floſſe: und hoͤret ein ſehr klaͤgliche Stimm mit dieſen Worten: Ach/ ach/ ich armſeeliger! Da er nun fragt wer er ſeye; bekombt zur Antwort: Jch bin dein Bluts- Verwandter/ der ich vor dir Abt allhier geweſen/ anjetzt aber ein armſeeliger Geiſt bin/ dieweilen ich dich auß fleiſchlicher Neigung und Liebe/ als meinen Vetter zu dieſer deiner Wuͤrden befoͤr- dert hab. Meine Geiſtliche haben mich damahlen erſucht/ daß ich einen tauglichen Mann zum Heyl ihrer Seelen/ an meinen Platz ſtellen moͤgte/ und haben mir zu dieſem End ihre Stimmen uͤbertragen: ich aber bin durch die zeitliche Verwandſchafft verblendet worden/ und hab nicht nach dem Willen GOTTes/ ſondern nach meines eigenen Willens groſſe Thorheit/ denſelben gerathen/ daß ſie dich zu ihrem Abt erwaͤhlen ſolten. Dahero bin ich zu dieſem Waͤſſerlein durch das gerechte Urtheil GOttes dergeſtalt verdambt/ daß ich brenne/ und zerſchmeltze; und wann ich alſo fchier vernichtiget bin/ ſo muß ich als wiederumb von neuen anfangen dieſe erſchroͤckliche Tormenten zu leyden. Wann du erfahren wilſt/ daß wahr ſeye/ was ich dir geſagt hab/ ſo laſſe einen kupffernen Leuchter herbey bringen/ und duncke denſelben allgemach ins Waſſer. Da ſol- ches beſagter Maſſen geſchehen/ iſt der Leuchter viel hurtigrr/ als das Wachs im Feuer zerſchmoltzen. Jſt nun ſo groſſe Hitze ge- weſen in dieſem Waͤſſerlein; wie grauſames Feuer wird dann nicht in der Hoͤllen ſeyn! Hiſtoria. Spec. Ex- emp. Diſt. 3. 2. Weiters ſchreibt auch Caͤſarius/ da einsmahls ein Edelman Nah- mens Waltherus zu Endenig unweit Bonn kranck lage/ ſahe er den boͤſen Feind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/634
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/634>, abgerufen am 25.11.2024.