Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Buß. Weib zur gewünschten Besserung zu bringen; und hat sie alsobald mit gros-sem Ernst erinnert/ daß man vor dem Angesicht Gottes zu sündigen/ immer und allezeit einen billigen Schrecken empfinden müsse/ und also hat er das un- keusche Weib zur Busfertigkeit zu bereiten den Anfang gemacht. Sie hat aber in dieser Erleuchtung alle unzimbliche Liebhaber zusammen beruffen/ alle ihre kostbahre Kleidungen und andern zierlichen Geschmuck deß Leibs in deren Anwesenheit ins Fewer geworffen/ und gesagt; Es ist besser/ daß ich allen diesen Zierath verbrenne/ als daß von demselben durch das gerechte Ur- theil Gottes ich verbrennet werde. Diesem nach/ ist sie dem H. Abt in die Wü- sten gefolget/ von selöigem in ein kleines Zellulein eingeschlossen/ und durch ein Fensterlein täglich mit Wasser und Brod versehen worden. Jn derselben Zellen muste sie auch alle Nothwendigkeiten verrichten; und schämete sich wegen ihrer Sünden den Nahmen GOttes zu nennen: sie dörffte weder die Händ weder die Augen gen Himmel auffheben; sondern kehrte sich nach dem Auffgang der Sonnen/ und rieffe immerzu/ wie sie von dem H. Abt gelehret worden/ der du mich erschaffen hast/ erbarm dich meiner. Nach verflossenen dreyen Jahren/ hat sich der H. Paphnutius ihrer erbarmet/ und den H. Antonium gefragt; obs wohl Zeit seye/ diese Sünderin ihres Kerckers zu entlassen/ und ob ihr Gott ihre Sünd werde verziehen haben? hierauff hat obgemeldter Antonius alle Brüder ersuchet/ für das büssende Weib zu betten/ unter solchen bettenden Brüdern hat einer Nahmens Paulus der grösser/ ein Jünger deß H. Antonii in einer Verzückung ein überauß kostbahrliches Bett gesehen/ welches von dreyen sehr schönen Mägdelein zugerichtet worden; und da er sie gefraget/ ob selbiges für den H. Antonius seye: ist ihm ge ant- wortet: nein; sondern es gehöre der Taidis/ einer Braut Christi zu: da dieser sich nun hierüber verwundert/ und die Ursachzu wissen begehret; ist ihm ge- sagt worden; da diese drey gantzer Jahr lang eingeschlossen gewesen/ hat sie ihre Sünden als einen schweren Last immerzu vor Augen gehalten/ und stäts über selbige hefftig geweinet. Darauß dann die H H. Vätter erlernet/ daß ihr nicht wegen grosser Strenge der Buß diese außgestanden hätte/ sondern vielmehr wegen der immerwehrenden Gedächtnuß und Schamhafftigkeit der begangenen Missethaten/ ihr gantzes übel geführtes Leben seye nachgelassen worden. Nach verflossenen fünffzehen Tagen aber ist diese Büsserin selig im Hn. entschlaffen. 4. Wann derhalben eine so grosse Sünderin solche Barmhertzigkeit er- dergestalt E 2
Von der Buß. Weib zur gewuͤnſchten Beſſerung zu bringen; und hat ſie alſobald mit groſ-ſem Ernſt erinnert/ daß man vor dem Angeſicht Gottes zu ſuͤndigen/ immer und allezeit einen billigen Schrecken empfinden muͤſſe/ und alſo hat er das un- keuſche Weib zur Buſfertigkeit zu bereiten den Anfang gemacht. Sie hat aber in dieſer Erleuchtung alle unzimbliche Liebhaber zuſammen beruffen/ alle ihre koſtbahre Kleidungen und andern zierlichen Geſchmuck deß Leibs in deren Anweſenheit ins Fewer geworffen/ und geſagt; Es iſt beſſer/ daß ich allen dieſen Zierath verbrenne/ als daß von demſelben durch das gerechte Ur- theil Gottes ich verbrennet werde. Dieſem nach/ iſt ſie dem H. Abt in die Wuͤ- ſten gefolget/ von ſeloͤigem in ein kleines Zellulein eingeſchloſſen/ und durch ein Fenſterlein taͤglich mit Waſſer und Brod verſehen worden. Jn derſelben Zellen muſte ſie auch alle Nothwendigkeiten verrichten; und ſchaͤmete ſich wegen ihrer Suͤnden den Nahmen GOttes zu nennen: ſie doͤrffte weder die Haͤnd weder die Augen gen Himmel auffheben; ſondern kehrte ſich nach dem Auffgang der Sonnen/ und rieffe immerzu/ wie ſie von dem H. Abt gelehret worden/ der du mich erſchaffen haſt/ erbarm dich meiner. Nach verfloſſenen dreyen Jahren/ hat ſich der H. Paphnutius ihrer erbarmet/ und den H. Antonium gefragt; obs wohl Zeit ſeye/ dieſe Suͤnderin ihres Kerckers zu entlaſſen/ und ob ihr Gott ihre Suͤnd werde verziehen haben? hierauff hat obgemeldter Antonius alle Bruͤder erſuchet/ fuͤr das buͤſſende Weib zu betten/ unter ſolchen bettenden Bruͤdern hat einer Nahmens Paulus der groͤſſer/ ein Juͤnger deß H. Antonii in einer Verzuͤckung ein uͤberauß koſtbahrliches Bett geſehen/ welches von dreyen ſehr ſchoͤnen Maͤgdelein zugerichtet worden; und da er ſie gefraget/ ob ſelbiges fuͤr den H. Antonius ſeye: iſt ihm ge ant- wortet: nein; ſondern es gehoͤre der Taidis/ einer Braut Chriſti zu: da dieſer ſich nun hieruͤber verwundert/ und die Urſachzu wiſſen begehret; iſt ihm ge- ſagt worden; da dieſe drey gantzer Jahr lang eingeſchloſſen geweſen/ hat ſie ihre Suͤnden als einen ſchweren Laſt immerzu vor Augen gehalten/ und ſtaͤts uͤber ſelbige hefftig geweinet. Darauß dann die H H. Vaͤtter erlernet/ daß ihr nicht wegen groſſer Strenge der Buß dieſe außgeſtanden haͤtte/ ſondern vielmehr wegen der immerwehrenden Gedaͤchtnuß und Schamhafftigkeit der begangenen Miſſethaten/ ihr gantzes uͤbel gefuͤhrtes Lebẽ ſeye nachgelaſſen worden. Nach verfloſſenen fuͤnffzehẽ Tagẽ aber iſt dieſe Büſſerin ſelig im Hn. entſchlaffen. 4. Wann derhalben eine ſo groſſe Suͤnderin ſolche Barmhertzigkeit er- dergeſtalt E 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="35"/><fw place="top" type="header">Von der Buß.</fw><lb/> Weib zur gewuͤnſchten Beſſerung zu bringen; und hat ſie alſobald mit groſ-<lb/> ſem Ernſt erinnert/ daß man vor dem Angeſicht Gottes zu ſuͤndigen/ immer<lb/> und allezeit einen billigen Schrecken empfinden muͤſſe/ und alſo hat er das un-<lb/> keuſche Weib zur Buſfertigkeit zu bereiten den Anfang gemacht. Sie hat<lb/> aber in dieſer Erleuchtung alle unzimbliche Liebhaber zuſammen beruffen/<lb/> alle ihre koſtbahre Kleidungen und andern zierlichen Geſchmuck deß Leibs in<lb/> deren Anweſenheit ins Fewer geworffen/ und geſagt; Es iſt beſſer/ daß ich<lb/> allen dieſen Zierath verbrenne/ als daß von demſelben durch das gerechte Ur-<lb/> theil Gottes ich verbrennet werde. Dieſem nach/ iſt ſie dem H. Abt in die Wuͤ-<lb/> ſten gefolget/ von ſeloͤigem in ein kleines Zellulein eingeſchloſſen/ und durch<lb/> ein Fenſterlein taͤglich mit Waſſer und Brod verſehen worden. Jn derſelben<lb/> Zellen muſte ſie auch alle Nothwendigkeiten verrichten; und ſchaͤmete ſich<lb/> wegen ihrer Suͤnden den Nahmen GOttes zu nennen: ſie doͤrffte weder die<lb/> Haͤnd weder die Augen gen Himmel auffheben; ſondern kehrte ſich nach dem<lb/> Auffgang der Sonnen/ und rieffe immerzu/ wie ſie von dem H. Abt gelehret<lb/> worden/ <hi rendition="#fr">der du mich erſchaffen haſt/ erbarm dich meiner.</hi> Nach<lb/> verfloſſenen dreyen Jahren/ hat ſich der H. <hi rendition="#aq">Paphnutius</hi> ihrer erbarmet/ und<lb/> den H. <hi rendition="#aq">Antonium</hi> gefragt; obs wohl Zeit ſeye/ dieſe Suͤnderin ihres Kerckers<lb/> zu entlaſſen/ und ob ihr Gott ihre Suͤnd werde verziehen haben? hierauff hat<lb/> obgemeldter Antonius alle Bruͤder erſuchet/ fuͤr das buͤſſende Weib zu betten/<lb/> unter ſolchen bettenden Bruͤdern hat einer Nahmens Paulus der groͤſſer/<lb/> ein Juͤnger deß H. Antonii in einer Verzuͤckung ein uͤberauß koſtbahrliches<lb/> Bett geſehen/ welches von dreyen ſehr ſchoͤnen Maͤgdelein zugerichtet worden;<lb/> und da er ſie gefraget/ ob ſelbiges fuͤr den H. Antonius ſeye: iſt ihm ge ant-<lb/> wortet: nein; ſondern es gehoͤre der Taidis/ einer Braut Chriſti zu: da dieſer<lb/> ſich nun hieruͤber verwundert/ und die Urſachzu wiſſen begehret; iſt ihm ge-<lb/> ſagt worden; da dieſe drey gantzer Jahr lang eingeſchloſſen geweſen/ hat ſie<lb/> ihre Suͤnden als einen ſchweren Laſt immerzu vor Augen gehalten/ und ſtaͤts<lb/> uͤber ſelbige hefftig geweinet. Darauß dann die H H. Vaͤtter erlernet/ daß ihr<lb/> nicht wegen groſſer Strenge der Buß dieſe außgeſtanden haͤtte/ ſondern<lb/> vielmehr wegen der immerwehrenden Gedaͤchtnuß und Schamhafftigkeit<lb/> der begangenen Miſſethaten/ ihr gantzes uͤbel gefuͤhrtes Lebẽ ſeye nachgelaſſen<lb/> worden. Nach verfloſſenen fuͤnffzehẽ Tagẽ aber iſt dieſe Büſſerin ſelig im Hn. entſchlaffen.</p><lb/> <p>4. Wann derhalben eine ſo groſſe Suͤnderin ſolche <hi rendition="#fr">B</hi>armhertzigkeit er-<lb/> langt hat; die ein Strick deß hoͤlliſchen Satans lange Zeit geweſen/ und viele<lb/> Seelen zum Verderben zu richten ſich unterſtanden; wann die jenige/<lb/> ſo nicht allein eines Todtſchlags/ oder einer <hi rendition="#fr">B</hi>lutvergieſſung;<lb/> ſonderen vieler Seelen ewiger Verdammnuß Urſach geweſen/<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">dergeſtalt</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0063]
Von der Buß.
Weib zur gewuͤnſchten Beſſerung zu bringen; und hat ſie alſobald mit groſ-
ſem Ernſt erinnert/ daß man vor dem Angeſicht Gottes zu ſuͤndigen/ immer
und allezeit einen billigen Schrecken empfinden muͤſſe/ und alſo hat er das un-
keuſche Weib zur Buſfertigkeit zu bereiten den Anfang gemacht. Sie hat
aber in dieſer Erleuchtung alle unzimbliche Liebhaber zuſammen beruffen/
alle ihre koſtbahre Kleidungen und andern zierlichen Geſchmuck deß Leibs in
deren Anweſenheit ins Fewer geworffen/ und geſagt; Es iſt beſſer/ daß ich
allen dieſen Zierath verbrenne/ als daß von demſelben durch das gerechte Ur-
theil Gottes ich verbrennet werde. Dieſem nach/ iſt ſie dem H. Abt in die Wuͤ-
ſten gefolget/ von ſeloͤigem in ein kleines Zellulein eingeſchloſſen/ und durch
ein Fenſterlein taͤglich mit Waſſer und Brod verſehen worden. Jn derſelben
Zellen muſte ſie auch alle Nothwendigkeiten verrichten; und ſchaͤmete ſich
wegen ihrer Suͤnden den Nahmen GOttes zu nennen: ſie doͤrffte weder die
Haͤnd weder die Augen gen Himmel auffheben; ſondern kehrte ſich nach dem
Auffgang der Sonnen/ und rieffe immerzu/ wie ſie von dem H. Abt gelehret
worden/ der du mich erſchaffen haſt/ erbarm dich meiner. Nach
verfloſſenen dreyen Jahren/ hat ſich der H. Paphnutius ihrer erbarmet/ und
den H. Antonium gefragt; obs wohl Zeit ſeye/ dieſe Suͤnderin ihres Kerckers
zu entlaſſen/ und ob ihr Gott ihre Suͤnd werde verziehen haben? hierauff hat
obgemeldter Antonius alle Bruͤder erſuchet/ fuͤr das buͤſſende Weib zu betten/
unter ſolchen bettenden Bruͤdern hat einer Nahmens Paulus der groͤſſer/
ein Juͤnger deß H. Antonii in einer Verzuͤckung ein uͤberauß koſtbahrliches
Bett geſehen/ welches von dreyen ſehr ſchoͤnen Maͤgdelein zugerichtet worden;
und da er ſie gefraget/ ob ſelbiges fuͤr den H. Antonius ſeye: iſt ihm ge ant-
wortet: nein; ſondern es gehoͤre der Taidis/ einer Braut Chriſti zu: da dieſer
ſich nun hieruͤber verwundert/ und die Urſachzu wiſſen begehret; iſt ihm ge-
ſagt worden; da dieſe drey gantzer Jahr lang eingeſchloſſen geweſen/ hat ſie
ihre Suͤnden als einen ſchweren Laſt immerzu vor Augen gehalten/ und ſtaͤts
uͤber ſelbige hefftig geweinet. Darauß dann die H H. Vaͤtter erlernet/ daß ihr
nicht wegen groſſer Strenge der Buß dieſe außgeſtanden haͤtte/ ſondern
vielmehr wegen der immerwehrenden Gedaͤchtnuß und Schamhafftigkeit
der begangenen Miſſethaten/ ihr gantzes uͤbel gefuͤhrtes Lebẽ ſeye nachgelaſſen
worden. Nach verfloſſenen fuͤnffzehẽ Tagẽ aber iſt dieſe Büſſerin ſelig im Hn. entſchlaffen.
4. Wann derhalben eine ſo groſſe Suͤnderin ſolche Barmhertzigkeit er-
langt hat; die ein Strick deß hoͤlliſchen Satans lange Zeit geweſen/ und viele
Seelen zum Verderben zu richten ſich unterſtanden; wann die jenige/
ſo nicht allein eines Todtſchlags/ oder einer Blutvergieſſung;
ſonderen vieler Seelen ewiger Verdammnuß Urſach geweſen/
dergeſtalt
E 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |