Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Seieben und Viertzigste Geistliche Lection ich/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben? Und da sie endlich gefragthaben/ ob er nicht vertraucte/ daß er bey seinem Richter in Guaden seye? habe er geantwortet: Jch lebe keiner Zuversicht/ bis ich zu meinem GOtt komme/ und höre mein Urtheil: dann anders richtet GOtt/ und anders richten die Menschen. 12. Das ist wahr/ und abermahl wahr; dann weit ein anders Urtheil ren
Die Seieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection ich/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben? Und da ſie endlich gefragthaben/ ob er nicht vertraucte/ daß er bey ſeinem Richter in Guaden ſeye? habe er geantwortet: Jch lebe keiner Zuverſicht/ bis ich zu meinem GOtt komme/ und hoͤre mein Urtheil: dann anders richtet GOtt/ und anders richten die Menſchen. 12. Das iſt wahr/ und abermahl wahr; dann weit ein anders Urtheil ren
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Die Seieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection
ich/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben? Und da ſie endlich gefragt
haben/ ob er nicht vertraucte/ daß er bey ſeinem Richter in Guaden ſeye?
habe er geantwortet: Jch lebe keiner Zuverſicht/ bis ich zu meinem GOtt
komme/ und hoͤre mein Urtheil: dann anders richtet GOtt/ und anders
richten die Menſchen.
12. Das iſt wahr/ und abermahl wahr; dann weit ein anders Urtheil
fellet GOtt/ als wir Menſchen: Dahero ſeufftzet der heilige Vatter
Auguſtinus/ und ſagt: Wehe mir armſeeligen/ wann der Tag
deß Gerichts kommen wird/ und die Bůcher der Gewil-
ſen werden eroͤffnet werden/ wann von mir wird geſagt
werden: Siehe den Menſchen ſambt ſeinen Wercken. Da
werd ich nichts antworten koͤnnen/ ſondern werd vor dir
mit geneigtem Haupt/ in Verſchaͤmung und Zittern ſte-
hen. Ach! was werd ich armer Tropff ſagen: Eben
ſelbiges hat der fromme Job vermerckt/ darumb ſagt er: Wie groß
bin ich dann/ daß ich Jhm antworten ſoll: Wann ich
ſchon etwas Rechts haben würde/ ſo will ich doch nicht
antworten/ ſondern meinen Richter flehentlich bitten.
Sieheſtn wohl/ mein Chriſtliche Seel/ wie auch die fuͤrnehmſte Freund
GOttes/ ob ſie ſchon zu ihrem Richter ein groſſes Verlangen tragen/
dannoch dieſe Reiß nicht ohne Forcht und Schweiß verrichten? Dann
GOtt richtet anders/ als die Menſchen. Der heilige Bernardus/ ein
heller Spiegel der Heiligkeit/ bekennet von ſich ſelbſten und ſagt: Jch
foͤrchte die Hoͤll/ ich foͤrchte das Angeſicht deß Richters/
welches auch foͤrchten die Engliſche Herrſchafften. Jch
erzittere vor dem Zorn deß Maͤchtigen/ vom Angeſicht
ſeines Grimmen/ von dem Knall der fallenden Welt/
von der grauſamen Verbrennung der Elementen/ von
dem ſtarcken Vngewitter/ von der Stimm deß Ertz-
Engels/ und von dem harten Wort. Jch erzittere von
den Zaͤhnen deß hoͤlliſchen Vnthiers/ vom Bauch der
Hoͤllen/ von den Brüllenden/ ſo da zum Futer bereit
ſtehen. Jch haſſe den nagenden Wurmb/ und das bren-
nende Feuer/ den Rauch und Dampff/ den Schweffel-
und Sturm-Wind deß Vngewitters: mich grauſet für
den euſſerſten Finſternůſſen. Wer wird meinem Haupt
Waſſer geben/ und meinen Augen ein Brunnen der Zaͤh-
ren
L. Med.
c. 39. med.
Ser. 16. in
Cant.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/628>, abgerufen am 16.07.2024. |