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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem besondern Gericht.
sprechen nicht gehalten/ krafft dessen ich mich verbunden hab/ den geist-
lichen Stand einzutretten.

8. Heisset das nicht/ anders richtet GOTT/ und anders richten
die Menschen? Es soll nun aber auch ein jeder Geistlicher hierauß lernen/
daß GOtt einsmahls eine sehr scharffe Forderung über daß in der
Profession gethane Versprechen denselben vorlegen werde. Wehe/ we-
he dem/ der sothane Schuld von einem Tag zum andern zu bezahlen
verlängert. Wann du GOTT etwas gelobest/ so ver-Eccl. 5. v.
3. 4.

zeugs nicht zu bezahlen: dann es ist viel besser/ nicht
geloben/ als geloben/ und darnach nicht bezahlen/
was verheissen ist;
sagt der Weyse Mann. Elias ein Alt-Vatter/Ruffin. c.
12.

der Einsidler/ hat siebentzig gantzer Jahr in einer erschröcklichen Wildnuß
gewohnet/ deren Ungeheure mit keiner Feder gnugsamb kan beschrieben
werden: er hat täglich drey Untzen Brod mit sehr wenigen Oliven gessen:
und ob er schon sehr alt und schwach worden/ so hat er doch noch täglich
Wunder und Zeichen gewürcket/ und ist hundert und zehn Jahr alt wor-
den Selbiger pflegte denen/ so ihn besuchten/ zu sagen/ daß er drey
Ding förchte/ nemblich das letzte Hinscheiden/ die unvermeidliche Noth/
vor dem Göttlichen Gericht zu erscheinen/ und das Urtheil/ welches Gott
über ihn fellen werde. Nicht umbsonst hat sich der fromme Elias also geförch-
tet: dann wann einer heilig lebte/ als Joannes der Täuffer/ und täglich
die todte erweckete/ so weiß er doch nicht wie ihn der Göttliehe Richter
urtheilen werde: zumahlen GOtt anders richtet/ als die Menschen.

9. Wann nun auch ein heiliger Mensch das Urtheil noch zu förchten
hat/ wie viel grössere Ursach haben wir arme Tröpff dann nicht/ immer in
Forcht und Zittern zu leben/ die wir ohne Unterlaß mit eitelen Gedan-
cken/ nichtswertigen Einbildungen/ unziemblichen Neigungen/ müssi-
gen und unnützlichen Worten/ und bösen Wercken zu schaffen haben?
O wie viele Zerstreuungen haben wir nicht täglich in unserm Ge-
bett! O wie viel Gutes unterlassen wir zu allen Stunden! wie übel
wenden wir die Zeit an! wie hauen wir täglich mit dem Essen und
Trincken über die Schnur/ und wie unvollkommen und gebrechlich
seynd unsere Werck nicht! und über dieses alles werden wir zur scharf-
fen Rechenschafft gefordert werden. Was werden wir sagen? Wie

wer-
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Von dem beſondern Gericht.
ſprechen nicht gehalten/ krafft deſſen ich mich verbunden hab/ den geiſt-
lichen Stand einzutretten.

8. Heiſſet das nicht/ anders richtet GOTT/ und anders richten
die Menſchen? Es ſoll nun aber auch ein jeder Geiſtlicher hierauß lernen/
daß GOtt einsmahls eine ſehr ſcharffe Forderung uͤber daß in der
Profeſſion gethane Verſprechen denſelben vorlegen werde. Wehe/ we-
he dem/ der ſothane Schuld von einem Tag zum andern zu bezahlen
verlaͤngert. Wann du GOTT etwas gelobeſt/ ſo ver-Eccl. 5. v.
3. 4.

zeugs nicht zu bezahlen: dann es iſt viel beſſer/ nicht
geloben/ als geloben/ und darnach nicht bezahlen/
was verheiſſen iſt;
ſagt der Weyſe Mann. Elias ein Alt-Vatter/Ruffin. c.
12.

der Einſidler/ hat ſiebentzig gantzer Jahr in einer erſchroͤcklichen Wildnuß
gewohnet/ deren Ungeheure mit keiner Feder gnugſamb kan beſchrieben
werden: er hat taͤglich drey Untzen Brod mit ſehr wenigen Oliven geſſen:
und ob er ſchon ſehr alt und ſchwach worden/ ſo hat er doch noch taͤglich
Wunder und Zeichen gewuͤrcket/ und iſt hundert und zehn Jahr alt wor-
den Selbiger pflegte denen/ ſo ihn beſuchten/ zu ſagen/ daß er drey
Ding foͤrchte/ nemblich das letzte Hinſcheiden/ die unvermeidliche Noth/
vor dem Goͤttlichen Gericht zu erſcheinen/ und das Urtheil/ welches Gott
uͤber ihn fellen werde. Nicht umbſonſt hat ſich der fromme Elias alſo gefoͤrch-
tet: dann wann einer heilig lebte/ als Joannes der Taͤuffer/ und taͤglich
die todte erweckete/ ſo weiß er doch nicht wie ihn der Goͤttliehe Richter
urtheilen werde: zumahlen GOtt anders richtet/ als die Menſchen.

9. Wann nun auch ein heiliger Menſch das Urtheil noch zu foͤrchten
hat/ wie viel groͤſſere Urſach haben wir arme Troͤpff dann nicht/ immer in
Forcht und Zittern zu leben/ die wir ohne Unterlaß mit eitelen Gedan-
cken/ nichtswertigen Einbildungen/ unziemblichen Neigungen/ muͤſſi-
gen und unnuͤtzlichen Worten/ und boͤſen Wercken zu ſchaffen haben?
O wie viele Zerſtreuungen haben wir nicht taͤglich in unſerm Ge-
bett! O wie viel Gutes unterlaſſen wir zu allen Stunden! wie uͤbel
wenden wir die Zeit an! wie hauen wir taͤglich mit dem Eſſen und
Trincken uͤber die Schnur/ und wie unvollkommen und gebrechlich
ſeynd unſere Werck nicht! und uͤber dieſes alles werden wir zur ſcharf-
fen Rechenſchafft gefordert werden. Was werden wir ſagen? Wie

wer-
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[597/0625] Von dem beſondern Gericht. ſprechen nicht gehalten/ krafft deſſen ich mich verbunden hab/ den geiſt- lichen Stand einzutretten. 8. Heiſſet das nicht/ anders richtet GOTT/ und anders richten die Menſchen? Es ſoll nun aber auch ein jeder Geiſtlicher hierauß lernen/ daß GOtt einsmahls eine ſehr ſcharffe Forderung uͤber daß in der Profeſſion gethane Verſprechen denſelben vorlegen werde. Wehe/ we- he dem/ der ſothane Schuld von einem Tag zum andern zu bezahlen verlaͤngert. Wann du GOTT etwas gelobeſt/ ſo ver- zeugs nicht zu bezahlen: dann es iſt viel beſſer/ nicht geloben/ als geloben/ und darnach nicht bezahlen/ was verheiſſen iſt; ſagt der Weyſe Mann. Elias ein Alt-Vatter/ der Einſidler/ hat ſiebentzig gantzer Jahr in einer erſchroͤcklichen Wildnuß gewohnet/ deren Ungeheure mit keiner Feder gnugſamb kan beſchrieben werden: er hat taͤglich drey Untzen Brod mit ſehr wenigen Oliven geſſen: und ob er ſchon ſehr alt und ſchwach worden/ ſo hat er doch noch taͤglich Wunder und Zeichen gewuͤrcket/ und iſt hundert und zehn Jahr alt wor- den Selbiger pflegte denen/ ſo ihn beſuchten/ zu ſagen/ daß er drey Ding foͤrchte/ nemblich das letzte Hinſcheiden/ die unvermeidliche Noth/ vor dem Goͤttlichen Gericht zu erſcheinen/ und das Urtheil/ welches Gott uͤber ihn fellen werde. Nicht umbſonſt hat ſich der fromme Elias alſo gefoͤrch- tet: dann wann einer heilig lebte/ als Joannes der Taͤuffer/ und taͤglich die todte erweckete/ ſo weiß er doch nicht wie ihn der Goͤttliehe Richter urtheilen werde: zumahlen GOtt anders richtet/ als die Menſchen. Eccl. 5. v. 3. 4. Ruffin. c. 12. 9. Wann nun auch ein heiliger Menſch das Urtheil noch zu foͤrchten hat/ wie viel groͤſſere Urſach haben wir arme Troͤpff dann nicht/ immer in Forcht und Zittern zu leben/ die wir ohne Unterlaß mit eitelen Gedan- cken/ nichtswertigen Einbildungen/ unziemblichen Neigungen/ muͤſſi- gen und unnuͤtzlichen Worten/ und boͤſen Wercken zu ſchaffen haben? O wie viele Zerſtreuungen haben wir nicht taͤglich in unſerm Ge- bett! O wie viel Gutes unterlaſſen wir zu allen Stunden! wie uͤbel wenden wir die Zeit an! wie hauen wir taͤglich mit dem Eſſen und Trincken uͤber die Schnur/ und wie unvollkommen und gebrechlich ſeynd unſere Werck nicht! und uͤber dieſes alles werden wir zur ſcharf- fen Rechenſchafft gefordert werden. Was werden wir ſagen? Wie wer- F f f f 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/625>, abgerufen am 25.11.2024.