Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection ses Ubel in den Augen GOttes wäre/ so würde der milde und barmhertzigeGOtt sein Schwerd über selbige nicht so grausamblich zucken; wie du in der Lection von dem Feg- Feuer mit mehrerem zu sehen hast. Daß aber sel- bige in dieser Welt/ auch an den liebsten und frommesten Diener GOttes scharff hergenommen werden/ kanstu auß dem Moyse und Aaron abnehmen; welche mit dem Göttlichen Himmels- Herrscher in solche Freund- und Ge- Num. 12.meinschafft geraten waren/ daß er von dem er sten sagte: Mein Knecht Moyses/ der in meinem gantzen Hauß der allergetreuste ist; ich rede mit ihm von Mund zu Mund/ &c. Den andern hatte GOtt als einen Fürsten über die Priester/ einen Dollmetscher oder Außleger deß Gesetz/ und Werck- Zeug aller seiner Wunder - Werck ver- ordnet: nichts desto weniger ist GOtt wegen eines gar geringen Verbrechen dergestalt über selbige entrüstet worden/ daß er sie deß so lang gelobten und kostbaren Lands nicht hat wollen theilhafftig machen. Die Sünd aber war diese: Das Volck litte Mangel an Wasser in der Wüsten/ und ware auch kein Mittel/ den Durst zu löschen vorhanden: Dahero hat sich GOtt er- Num. 12.barmet/ und also mit Moyse geredet: Nimb die Ruthe/ und ver- sammle das Volck/ du und Aaron dein Bruder: und re- det zu den Felsen vor ihren Augen/ so wird er Wasser ge- ben: und wann du Wasser auß dem Felsen gezogen hast/ so soll die gantze Menge sambt ihrem Viehe trincken. Also ist geschehen: Moyses hat die Ruthe genommen/ und zu der vor dem Felsen stehenden Schaar deß Volcks gesagt: Hört ihr Widerspennige und Klein- Glaubige: sollen wir euch wohl auß diesem Felsen Wasser ziehen können? Da nun Moyses die Hand erhoben/ und den Felsen zweymahl mit der Ruthen geschlagen/ ist sehr viel Wasser kommen/ also hat daß Volck getrun- cken/ &c. Da hat sich nun GOtt zu dem Moyses und Aaron gewendet/ selbige dieser Gestalt bestrafft und gesagt: Dieweil ihr mir nicht ge- Num. 20.glaubt habt/ daß ihr mich geheiliget hättet vor den Kindern Jsrael; sollet ihr auch das Volck in das Land nicht führen/ daß ich ihnen geben will. Wann nun der Richter selbst von keiner Schuld außtrücklich meldet/ wer wolte sie dann sonst haben finden mögen? Ob wohl wir aber anjetzo einigen Fehler er- kennen/ so können wir denselben doch kanm mercken. Viele und ver- schiedene Urtheil seynd hierüber ergangen; und weilen dieses Verbrechen sehr gering ist; so braucht man zu Untersuchung desselben ein sehr scharf- fes
Die Vier und Viertzigſte Geiſtliche Lection ſes Ubel in den Augen GOttes waͤre/ ſo wuͤrde der milde und barmhertzigeGOtt ſein Schwerd uͤber ſelbige nicht ſo grauſamblich zucken; wie du in der Lection von dem Feg- Feuer mit mehrerem zu ſehen haſt. Daß aber ſel- bige in dieſer Welt/ auch an den liebſten und frommeſten Diener GOttes ſcharff hergenommen werden/ kanſtu auß dem Moyſe und Aaron abnehmen; welche mit dem Goͤttlichen Himmels- Herrſcher in ſolche Freund- und Ge- Num. 12.meinſchafft geraten waren/ daß er von dem er ſten ſagte: Mein Knecht Moyſes/ der in meinem gantzen Hauß der allergetreuſte iſt; ich rede mit ihm von Mund zu Mund/ &c. Den andern hatte GOtt als einen Fuͤrſten uͤber die Prieſter/ einen Dollmetſcher oder Außleger deß Geſetz/ und Werck- Zeug aller ſeiner Wunder - Werck ver- ordnet: nichts deſto weniger iſt GOtt wegen eines gar geringen Verbrechen dergeſtalt uͤber ſelbige entruͤſtet worden/ daß er ſie deß ſo lang gelobten und koſtbaren Lands nicht hat wollen theilhafftig machen. Die Suͤnd aber war dieſe: Das Volck litte Mangel an Waſſer in der Wuͤſten/ und ware auch kein Mittel/ den Durſt zu loͤſchen vorhanden: Dahero hat ſich GOtt er- Num. 12.barmet/ und alſo mit Moyſe geredet: Nimb die Ruthe/ und ver- ſammle das Volck/ du und Aaron dein Bruder: und re- det zu den Felſen vor ihren Augen/ ſo wird er Waſſer ge- ben: und wann du Waſſer auß dem Felſen gezogen haſt/ ſo ſoll die gantze Menge ſambt ihrem Viehe trincken. Alſo iſt geſchehen: Moyſes hat die Ruthe genommen/ und zu der vor dem Felſen ſtehenden Schaar deß Volcks geſagt: Hoͤrt ihr Widerſpennige und Klein- Glaubige: ſollen wir euch wohl auß dieſem Felſen Waſſer ziehen koͤnnen? Da nun Moyſes die Hand erhoben/ und den Felſen zweymahl mit der Ruthen geſchlagen/ iſt ſehr viel Waſſer kommen/ alſo hat daß Volck getrun- cken/ &c. Da hat ſich nun GOtt zu dem Moyſes und Aaron gewendet/ ſelbige dieſer Geſtalt beſtrafft und geſagt: Dieweil ihr mir nicht ge- Num. 20.glaubt habt/ daß ihr mich geheiliget haͤttet vor den Kindern Jſrael; ſollet ihr auch das Volck in das Land nicht fuͤhren/ daß ich ihnen geben will. Wann nun der Richter ſelbſt von keiner Schuld außtruͤcklich meldet/ wer wolte ſie dann ſonſt haben finden moͤgen? Ob wohl wir aber anjetzo einigen Fehler er- kennen/ ſo koͤnnen wir denſelben doch kanm mercken. Viele und ver- ſchiedene Urtheil ſeynd hieruͤber ergangen; und weilen dieſes Verbrechen ſehr gering iſt; ſo braucht man zu Unterſuchung deſſelben ein ſehr ſcharf- fes
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Die Vier und Viertzigſte Geiſtliche Lection
ſes Ubel in den Augen GOttes waͤre/ ſo wuͤrde der milde und barmhertzige
GOtt ſein Schwerd uͤber ſelbige nicht ſo grauſamblich zucken; wie du in
der Lection von dem Feg- Feuer mit mehrerem zu ſehen haſt. Daß aber ſel-
bige in dieſer Welt/ auch an den liebſten und frommeſten Diener GOttes
ſcharff hergenommen werden/ kanſtu auß dem Moyſe und Aaron abnehmen;
welche mit dem Goͤttlichen Himmels- Herrſcher in ſolche Freund- und Ge-
meinſchafft geraten waren/ daß er von dem er ſten ſagte: Mein Knecht
Moyſes/ der in meinem gantzen Hauß der allergetreuſte
iſt; ich rede mit ihm von Mund zu Mund/ &c. Den andern
hatte GOtt als einen Fuͤrſten uͤber die Prieſter/ einen Dollmetſcher oder
Außleger deß Geſetz/ und Werck- Zeug aller ſeiner Wunder - Werck ver-
ordnet: nichts deſto weniger iſt GOtt wegen eines gar geringen Verbrechen
dergeſtalt uͤber ſelbige entruͤſtet worden/ daß er ſie deß ſo lang gelobten und
koſtbaren Lands nicht hat wollen theilhafftig machen. Die Suͤnd aber war
dieſe: Das Volck litte Mangel an Waſſer in der Wuͤſten/ und ware auch
kein Mittel/ den Durſt zu loͤſchen vorhanden: Dahero hat ſich GOtt er-
barmet/ und alſo mit Moyſe geredet: Nimb die Ruthe/ und ver-
ſammle das Volck/ du und Aaron dein Bruder: und re-
det zu den Felſen vor ihren Augen/ ſo wird er Waſſer ge-
ben: und wann du Waſſer auß dem Felſen gezogen haſt/
ſo ſoll die gantze Menge ſambt ihrem Viehe trincken. Alſo
iſt geſchehen: Moyſes hat die Ruthe genommen/ und zu der vor dem Felſen
ſtehenden Schaar deß Volcks geſagt: Hoͤrt ihr Widerſpennige und Klein-
Glaubige: ſollen wir euch wohl auß dieſem Felſen Waſſer ziehen koͤnnen?
Da nun Moyſes die Hand erhoben/ und den Felſen zweymahl mit der
Ruthen geſchlagen/ iſt ſehr viel Waſſer kommen/ alſo hat daß Volck getrun-
cken/ &c. Da hat ſich nun GOtt zu dem Moyſes und Aaron gewendet/
ſelbige dieſer Geſtalt beſtrafft und geſagt: Dieweil ihr mir nicht ge-
glaubt habt/ daß ihr mich geheiliget haͤttet vor den
Kindern Jſrael; ſollet ihr auch das Volck in das Land
nicht fuͤhren/ daß ich ihnen geben will. Wann nun der
Richter ſelbſt von keiner Schuld außtruͤcklich meldet/ wer wolte ſie dann
ſonſt haben finden moͤgen? Ob wohl wir aber anjetzo einigen Fehler er-
kennen/ ſo koͤnnen wir denſelben doch kanm mercken. Viele und ver-
ſchiedene Urtheil ſeynd hieruͤber ergangen; und weilen dieſes Verbrechen
ſehr gering iſt; ſo braucht man zu Unterſuchung deſſelben ein ſehr ſcharf-
fes
Num. 12.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/600>, abgerufen am 16.07.2024. |