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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Grobheit der Sünden.
ein grösseres Ubel von einer läßlichen Sünden entstehe/ als von der gantzen
Höllen sich erreignen möge: da doch dieses die warhaffte Warheit selbsten
ist. Weiters wird die Grobheit der läßlichen Sünde mit diesen Farben ent-
worffen: Es war umb den Menschen geschehen/ er ware deß Todts schul-Stani-
hurst.
Loc. cit.
c. 3. §.
1.

dig/ ein Kind der Höllen/ wann schon alle Macht der Welt wäre zusam-
men geschmiedet gewesen: wann schon alle Menschen all ihr Blut
vergossen hätten: wann schon alle Thier der Erden dem Allmäch-
tigen GOtt zum Opffer wären geschlachtet worden: wann schon alle En-
gel wären Menschen worden/ und ein jeder wäre tausendmahl gestorben
für die Gnug- Thnung oder Außtilgung einer eintzigen läßlichen Sünd:
wann schon ein jeder auß ihnen mehr Gnaden und Heyligkeit gehabt hätte/
als alle Ausserwählte zugleich/ so da gewesen seynd/ und werden seyn; so hät-
ten sie jedoch (die Verdiensten Christi außgenommen) den/ durch ein ein-
tzige läßliche Sünd erzürneten GOtt nicht versöhnen können/ weder hetten
uns auch ein eintziges Tröfflein Wasser (daß der Reiche Brassart vom
Lazaro begehret) verdienen mögen. Die heilige Mutter Theresia ist eins-
mahls gewürdiget worden/ den HErren JEsum als einen Richter/ so mit
einem hellscheinenden Licht umbgeben gewesen/ und derselben einige läßliche
Sünden gezeiget hat/ mit ihren leiblichen Augen zu sehen; ist aber ob diesem
Gesicht dermassen beschämbt worden/ daß sie sich alsbald vor den Göttlichen
Augen verbergen müssen; und hat vermeinet/ die Peynen der Höllen würden
einem leichter zu tragen fallen/ als eine solche Beschähmung länger zu ge-
dulden. Worauß dann füglich zu ermessen ist/ daß eine läßliche Sünd das
gröste Ubel seye nach der Todt- Sünd/ und daß man billig lieber tausend-
mahl sterben solle/ auch Himmel und Erd ehender lassen vernichtiget wer-
den/ als eine solche Sünd begehen: Dahero sagen die H. H. Vätter/ daß
die allerseeligste Jungfrau Maria ihren liebsten Sohn lieber mit ihren
eigenen Händen würde getödtet haben/ als einmahl läßlich sündigen Sehen
wir nun an die Straff der läßlichen Sünde; daß selbige nemblich eine grös-
sere Straff verdiene/ und auch mit harteren Straff gezüchtiget werde/ als
die gantze Welt immer erdencken könnte/ so sollen wir uns ja nicht verwun-
dern/ daß dieses Verbrechen von GOtt sehr hoch empfunden werde:
dann so du sehen würdest/ daß dieses oder jenes Königs oder Fürsten
werteste Gemahlin von selbigem in einen feurigen Ofen gewoffen würde/
du soltest dir in warheit anders nicht einbilden/ als daß selbige ein sehr gro-
bes Laster müsse begangen haben. Wann die läßliche Sünd kein so gro-

ses
C c c c 2

Von der Grobheit der Suͤnden.
ein groͤſſeres Ubel von einer laͤßlichen Suͤnden entſtehe/ als von der gantzen
Hoͤllen ſich erreignen moͤge: da doch dieſes die warhaffte Warheit ſelbſten
iſt. Weiters wird die Grobheit der laͤßlichen Suͤnde mit dieſen Farben ent-
worffen: Es war umb den Menſchen geſchehen/ er ware deß Todts ſchul-Stani-
hurſt.
Loc. cit.
c. 3. §.
1.

dig/ ein Kind der Hoͤllen/ wann ſchon alle Macht der Welt waͤre zuſam-
men geſchmiedet geweſen: wann ſchon alle Menſchen all ihr Blut
vergoſſen haͤtten: wann ſchon alle Thier der Erden dem Allmaͤch-
tigen GOtt zum Opffer waͤren geſchlachtet worden: wann ſchon alle En-
gel waͤren Menſchen worden/ und ein jeder waͤre tauſendmahl geſtorben
fuͤr die Gnug- Thnung oder Außtilgung einer eintzigen laͤßlichen Suͤnd:
wann ſchon ein jeder auß ihnen mehr Gnaden und Heyligkeit gehabt haͤtte/
als alle Auſſerwaͤhlte zugleich/ ſo da geweſen ſeynd/ und werden ſeyn; ſo haͤt-
ten ſie jedoch (die Verdienſten Chriſti außgenommen) den/ durch ein ein-
tzige laͤßliche Suͤnd erzuͤrneten GOtt nicht verſoͤhnen koͤnnen/ weder hetten
uns auch ein eintziges Troͤfflein Waſſer (daß der Reiche Braſſart vom
Lazaro begehret) verdienen moͤgen. Die heilige Mutter Thereſia iſt eins-
mahls gewuͤrdiget worden/ den HErren JEſum als einen Richter/ ſo mit
einem hellſcheinenden Licht umbgeben geweſen/ und derſelben einige laͤßliche
Suͤnden gezeiget hat/ mit ihren leiblichen Augen zu ſehen; iſt aber ob dieſem
Geſicht dermaſſen beſchaͤmbt worden/ daß ſie ſich alsbald vor den Goͤttlichen
Augen verbergen muͤſſen; und hat vermeinet/ die Peynen der Hoͤllen wuͤrden
einem leichter zu tragen fallen/ als eine ſolche Beſchaͤhmung laͤnger zu ge-
dulden. Worauß dann fuͤglich zu ermeſſen iſt/ daß eine laͤßliche Suͤnd das
groͤſte Ubel ſeye nach der Todt- Suͤnd/ und daß man billig lieber tauſend-
mahl ſterben ſolle/ auch Himmel und Erd ehender laſſen vernichtiget wer-
den/ als eine ſolche Suͤnd begehen: Dahero ſagen die H. H. Vaͤtter/ daß
die allerſeeligſte Jungfrau Maria ihren liebſten Sohn lieber mit ihren
eigenen Haͤnden wuͤrde getoͤdtet haben/ als einmahl laͤßlich ſuͤndigen Sehen
wir nun an die Straff der laͤßlichen Suͤnde; daß ſelbige nemblich eine groͤſ-
ſere Straff verdiene/ und auch mit harteren Straff gezuͤchtiget werde/ als
die gantze Welt immer erdencken koͤnnte/ ſo ſollen wir uns ja nicht verwun-
dern/ daß dieſes Verbrechen von GOtt ſehr hoch empfunden werde:
dann ſo du ſehen wuͤrdeſt/ daß dieſes oder jenes Koͤnigs oder Fuͤrſten
werteſte Gemahlin von ſelbigem in einen feurigen Ofen gewoffen wuͤrde/
du ſolteſt dir in warheit anders nicht einbilden/ als daß ſelbige ein ſehr gro-
bes Laſter muͤſſe begangen haben. Wann die laͤßliche Suͤnd kein ſo gro-

ſes
C c c c 2
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[571/0599] Von der Grobheit der Suͤnden. ein groͤſſeres Ubel von einer laͤßlichen Suͤnden entſtehe/ als von der gantzen Hoͤllen ſich erreignen moͤge: da doch dieſes die warhaffte Warheit ſelbſten iſt. Weiters wird die Grobheit der laͤßlichen Suͤnde mit dieſen Farben ent- worffen: Es war umb den Menſchen geſchehen/ er ware deß Todts ſchul- dig/ ein Kind der Hoͤllen/ wann ſchon alle Macht der Welt waͤre zuſam- men geſchmiedet geweſen: wann ſchon alle Menſchen all ihr Blut vergoſſen haͤtten: wann ſchon alle Thier der Erden dem Allmaͤch- tigen GOtt zum Opffer waͤren geſchlachtet worden: wann ſchon alle En- gel waͤren Menſchen worden/ und ein jeder waͤre tauſendmahl geſtorben fuͤr die Gnug- Thnung oder Außtilgung einer eintzigen laͤßlichen Suͤnd: wann ſchon ein jeder auß ihnen mehr Gnaden und Heyligkeit gehabt haͤtte/ als alle Auſſerwaͤhlte zugleich/ ſo da geweſen ſeynd/ und werden ſeyn; ſo haͤt- ten ſie jedoch (die Verdienſten Chriſti außgenommen) den/ durch ein ein- tzige laͤßliche Suͤnd erzuͤrneten GOtt nicht verſoͤhnen koͤnnen/ weder hetten uns auch ein eintziges Troͤfflein Waſſer (daß der Reiche Braſſart vom Lazaro begehret) verdienen moͤgen. Die heilige Mutter Thereſia iſt eins- mahls gewuͤrdiget worden/ den HErren JEſum als einen Richter/ ſo mit einem hellſcheinenden Licht umbgeben geweſen/ und derſelben einige laͤßliche Suͤnden gezeiget hat/ mit ihren leiblichen Augen zu ſehen; iſt aber ob dieſem Geſicht dermaſſen beſchaͤmbt worden/ daß ſie ſich alsbald vor den Goͤttlichen Augen verbergen muͤſſen; und hat vermeinet/ die Peynen der Hoͤllen wuͤrden einem leichter zu tragen fallen/ als eine ſolche Beſchaͤhmung laͤnger zu ge- dulden. Worauß dann fuͤglich zu ermeſſen iſt/ daß eine laͤßliche Suͤnd das groͤſte Ubel ſeye nach der Todt- Suͤnd/ und daß man billig lieber tauſend- mahl ſterben ſolle/ auch Himmel und Erd ehender laſſen vernichtiget wer- den/ als eine ſolche Suͤnd begehen: Dahero ſagen die H. H. Vaͤtter/ daß die allerſeeligſte Jungfrau Maria ihren liebſten Sohn lieber mit ihren eigenen Haͤnden wuͤrde getoͤdtet haben/ als einmahl laͤßlich ſuͤndigen Sehen wir nun an die Straff der laͤßlichen Suͤnde; daß ſelbige nemblich eine groͤſ- ſere Straff verdiene/ und auch mit harteren Straff gezuͤchtiget werde/ als die gantze Welt immer erdencken koͤnnte/ ſo ſollen wir uns ja nicht verwun- dern/ daß dieſes Verbrechen von GOtt ſehr hoch empfunden werde: dann ſo du ſehen wuͤrdeſt/ daß dieſes oder jenes Koͤnigs oder Fuͤrſten werteſte Gemahlin von ſelbigem in einen feurigen Ofen gewoffen wuͤrde/ du ſolteſt dir in warheit anders nicht einbilden/ als daß ſelbige ein ſehr gro- bes Laſter muͤſſe begangen haben. Wann die laͤßliche Suͤnd kein ſo gro- ſes Stani- hurſt. Loc. cit. c. 3. §. 1. C c c c 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/599>, abgerufen am 23.11.2024.