Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection schickten noch einen grossen Vorrath von Lebens- Mitteln/ in die GegendLibiä/ allwo jederzeit ein grosse Theurung ist/ und in die Städt hin- und wieder/ und machten also dem lieben GOtt von der Frucht ihrer Händen ein vernünfftliches und annehmliches Opffer. Nun verlassen wir diese Alt-Vät- ter und begeben uns zu einem neuen Vatter/ dem H. Ertz-Bischoff Antonino. Diser geistliche Vatter und Ertz-Bischoff kombt einsmals an einem Fastag bey einer Gassen vorbey/ und sicht die Engeln auff dem Dach eines kleinen verwürfflichen Häußleins mit Verwunderung an/ gehet ins Häußlein/ und findet eine arme Witwe mit dreyen Töchtern/ so alle Barfuß und übel ge- kleidet waren/ und am Spinn-Radt sassen. Nachdem er sich nun über der- selben Noth erkündiget/ hat er ihnen eine reiche Allmuß mitgetheilt. Nicht lang hernach kombt der heilige Mann abermahl bey diesem Häußlein vor- bey/ und sicht/ daß an Platz der guten Engeln/ nun die böse Engeln das Dach eingenommen. Uber diese schnelle Abwechselung wird der fromme Ertz- Bischoff entsetzt/ fragt der Sachen Beschaffenheit nach/ und höret/ daß diese Mutter mit ihren Töchtern die empfangene Allm[osen] nur zu ihrer Ge- mächlichkeit und guter Zier anwendeten/ und die gewönliche Hand-Arbeit verliessen. Dahero hat der heilige Vatter sie freundlich ermahnet/ daß sie ihrer vorhin geübten Hand-Arbeit wiederumb solten obligen/ damit an statt der Bösen/ die gute Engel abermahl ihre Behüter werden mögten. 10. Wie viele dergleichen und andere Exempel könnte ich dir/ mein Christ- für
Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection ſchickten noch einen groſſen Vorrath von Lebens- Mitteln/ in die GegendLibiaͤ/ allwo jederzeit ein groſſe Theurung iſt/ und in die Staͤdt hin- und wieder/ und machten alſo dem lieben GOtt von der Frucht ihrer Haͤnden ein vernuͤnfftliches und annehmliches Opffer. Nun verlaſſen wir dieſe Alt-Vaͤt- ter und begeben uns zu einem neuen Vatter/ dem H. Ertz-Biſchoff Antonino. Diſer geiſtliche Vatter und Ertz-Biſchoff kombt einsmals an einem Faſtag bey einer Gaſſen vorbey/ und ſicht die Engeln auff dem Dach eines kleinen verwuͤrfflichen Haͤußleins mit Verwunderung an/ gehet ins Haͤußlein/ und findet eine arme Witwe mit dreyen Toͤchtern/ ſo alle Barfuß und uͤbel ge- kleidet waren/ und am Spinn-Radt ſaſſen. Nachdem er ſich nun uͤber der- ſelben Noth erkuͤndiget/ hat er ihnen eine reiche Allmuß mitgetheilt. Nicht lang hernach kombt der heilige Mann abermahl bey dieſem Haͤußlein vor- bey/ und ſicht/ daß an Platz der guten Engeln/ nun die boͤſe Engeln das Dach eingenommen. Uber dieſe ſchnelle Abwechſelung wird der fromme Ertz- Biſchoff entſetzt/ fragt der Sachen Beſchaffenheit nach/ und hoͤret/ daß dieſe Mutter mit ihren Toͤchtern die empfangene Allm[osen] nur zu ihrer Ge- maͤchlichkeit und guter Zier anwendeten/ und die gewoͤnliche Hand-Arbeit verlieſſen. Dahero hat der heilige Vatter ſie freundlich ermahnet/ daß ſie ihrer vorhin geuͤbten Hand-Arbeit wiederumb ſolten obligen/ damit an ſtatt der Boͤſen/ die gute Engel abermahl ihre Behuͤter werden moͤgten. 10. Wie viele dergleichen und andere Exempel koͤnnte ich dir/ mein Chriſt- fuͤr
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Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection
ſchickten noch einen groſſen Vorrath von Lebens- Mitteln/ in die Gegend
Libiaͤ/ allwo jederzeit ein groſſe Theurung iſt/ und in die Staͤdt hin- und
wieder/ und machten alſo dem lieben GOtt von der Frucht ihrer Haͤnden ein
vernuͤnfftliches und annehmliches Opffer. Nun verlaſſen wir dieſe Alt-Vaͤt-
ter und begeben uns zu einem neuen Vatter/ dem H. Ertz-Biſchoff Antonino.
Diſer geiſtliche Vatter und Ertz-Biſchoff kombt einsmals an einem Faſtag
bey einer Gaſſen vorbey/ und ſicht die Engeln auff dem Dach eines kleinen
verwuͤrfflichen Haͤußleins mit Verwunderung an/ gehet ins Haͤußlein/ und
findet eine arme Witwe mit dreyen Toͤchtern/ ſo alle Barfuß und uͤbel ge-
kleidet waren/ und am Spinn-Radt ſaſſen. Nachdem er ſich nun uͤber der-
ſelben Noth erkuͤndiget/ hat er ihnen eine reiche Allmuß mitgetheilt. Nicht
lang hernach kombt der heilige Mann abermahl bey dieſem Haͤußlein vor-
bey/ und ſicht/ daß an Platz der guten Engeln/ nun die boͤſe Engeln das Dach
eingenommen. Uber dieſe ſchnelle Abwechſelung wird der fromme Ertz-
Biſchoff entſetzt/ fragt der Sachen Beſchaffenheit nach/ und hoͤret/ daß
dieſe Mutter mit ihren Toͤchtern die empfangene Allmosen nur zu ihrer Ge-
maͤchlichkeit und guter Zier anwendeten/ und die gewoͤnliche Hand-Arbeit
verlieſſen. Dahero hat der heilige Vatter ſie freundlich ermahnet/ daß ſie
ihrer vorhin geuͤbten Hand-Arbeit wiederumb ſolten obligen/ damit an ſtatt
der Boͤſen/ die gute Engel abermahl ihre Behuͤter werden moͤgten.
10. Wie viele dergleichen und andere Exempel koͤnnte ich dir/ mein Chriſt-
liche Seel/ anhero bringen! Dieweilen ich aber der Hoffnung lebe/ daß
dich dieſe wenige vom Muͤſſiggang abſchroͤcken werden; derhalben will ich
dich anjetzo nur der Worten deß heiligen Thomæ à Kempis erinnern/ die
er uͤber die faule Menſchen außgieſſet/ und ſagt: Schaͤme dich/ du
fauler und klagender Knecht/ daß die Welt- Kinder zur
Verdambnuß bereiter ſeynd/ dann du zum ewigen Leben:
ſie erfreuen ſich mehr der Vppigkeit/ dann du der War-
heit. Vmb das unwandelbare Gut/ umb den unſchaͤtzli-
chen ewigen Lohn/ umb die hoͤchſte Ehr und immerwaͤh-
rende Glory und Herrligkeit iſt man ſaumig und verdroſ-
ſen/ ja man will nicht daß allerwenigſte darumb můth
werden. Dahero ſagt auch der heilige Papſt Leo: Alle Liebhaber
dieſer Welt ſeynd in den irrdiſchen Dingen ſtarck/ und in den himmliſchen
ſchwach: dann fuͤr die zeitliche Ehren ſollen ſie biß zum Todt ſchwitzen;
fuͤr
L. 3. c. 3. §.
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