Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection
allein Bossen und nichtswertige Sachen betrieben. also kommen alle unse-
re Beschäfftigungen/ GOtt/ den Engeln/ und einem jeden Weisen und
klugen Mann/ als Kinder-Bossen und lehrer Müssiggang vor/ in welchen
wir dir Ehr GOttes/ oder unseres Neben- Menschen/ und unser eigenes
Heyl nicht suchen. Nun laß ich dir/ mein Christliche Seel/ diese beyde
Müssiggäng zu fliehen anbefohlen seyn/ auff daß du nicht mit den fünff
thorichten Jungfrauen vom Reich der Himmeln außgeschlossen; sondern
mit den fünff Witzigen in die versprochene ewige Glory und Herrligkeit
einsmahls mit Freuden einzugehen gewürdiget werdest.

Der Andere Theil.

6. AUß dem/ so bißhero gesagt ist/ kan gnugsamb geschlossen werden
was für ein gifftige Kranckheit seye der Müssiggang und Trägheit
deß Gemüts. Damit aber ein Geistlicher die Suchten vertrei-
be/ soll er zu Zeiten einige Hand-Arbeit/ die ihm oder auß Gehorsamb wird
aufferlegt/ oder zu dero er eine vernünfftliche Neigung tragt/ verrichten:
zumahlen nicht rathsamb zu seyn scheinet/ daß der Mensch allzeit bette/ lese/
oder schreibe/ damit nicht die Gesundheit verletzt werde; sondern wird für
Gut befunden/ daß selbiger sothanes Gebett und andere geistliche Ubungen
mit einem leiblichen Arbeiten vermische. Wann du aber vermeinen soltest/
mein Christliche Seel/ daß diese eusserliche Hand- Arbeiten von deinem
GOtt für nichts oder wenig geschätzt werden; so höre an deinen Heyland/
L. de In-
sin. c.
69.
wie er mit der heiligen Gertrudis über diese Sach discurrire. Gleich wie
ein mächtiger Kayser/ sagt er/ sich nicht allein erfreuet/ daß er in seinem Pal-
last zarte und wohl geschmuckte Mägdlein oder Fräulein hat; sondern auch
Fürsten/ Kriegs-Helden/ Soldaten und andere Bediente zu unterschiedli-
chen Wercken verordnet/ so da zu Verrichtung der vorfallenden Geschäfften
müssen bereit stehen: Also hab ich nicht allein mein Wohlgefallen an den
geistlichen Wollüsten der jenigen/ welche sich von mir zur Ruhe der Gött-
lichen Betrachtungen ziehen lassen; sondern ich laß mich auch auffhalten
bey denen Menschen- Kindern/ welche meinethalben allerhand verächtliche
Hand-Arbeit gern verrichten. Weiters wird auch der Werth der äusserli-
Ex Histo.
Cisterc.
Historia.
chen Arbeit auß folgender Histori erkennet. Reinaldus ein heiliger Mann
sicht einsmahls/ daß nahe bey seinen geistlichen Mit- Brüdern/ so in der
Hand-Arbeit beschäfftiget waren/ ein Chor der Jungfrauen vom nechst-ge-
legenen Berglein denen Brüdern heruntrr steiget. Diese Jungfrauen wa-

ren

Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection
allein Boſſen und nichtswertige Sachen betrieben. alſo kommen alle unſe-
re Beſchaͤfftigungen/ GOtt/ den Engeln/ und einem jeden Weiſen und
klugen Mann/ als Kinder-Boſſen und lehrer Muͤſſiggang vor/ in welchen
wir dir Ehr GOttes/ oder unſeres Neben- Menſchen/ und unſer eigenes
Heyl nicht ſuchen. Nun laß ich dir/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe beyde
Muͤſſiggaͤng zu fliehen anbefohlen ſeyn/ auff daß du nicht mit den fuͤnff
thorichten Jungfrauen vom Reich der Himmeln außgeſchloſſen; ſondern
mit den fuͤnff Witzigen in die verſprochene ewige Glory und Herrligkeit
einsmahls mit Freuden einzugehen gewuͤrdiget werdeſt.

Der Andere Theil.

6. AUß dem/ ſo bißhero geſagt iſt/ kan gnugſamb geſchloſſen werden
was fuͤr ein gifftige Kranckheit ſeye der Muͤſſiggang und Traͤgheit
deß Gemuͤts. Damit aber ein Geiſtlicher die Suchten vertrei-
be/ ſoll er zu Zeiten einige Hand-Arbeit/ die ihm oder auß Gehorſamb wird
aufferlegt/ oder zu dero er eine vernuͤnfftliche Neigung tragt/ verrichten:
zumahlen nicht rathſamb zu ſeyn ſcheinet/ daß der Menſch allzeit bette/ leſe/
oder ſchreibe/ damit nicht die Geſundheit verletzt werde; ſondern wird fuͤr
Gut befunden/ daß ſelbiger ſothanes Gebett und andere geiſtliche Ubungen
mit einem leiblichen Arbeiten vermiſche. Wann du aber vermeinen ſolteſt/
mein Chriſtliche Seel/ daß dieſe euſſerliche Hand- Arbeiten von deinem
GOtt fuͤr nichts oder wenig geſchaͤtzt werden; ſo hoͤre an deinen Heyland/
L. de In-
ſin. c.
69.
wie er mit der heiligen Gertrudis uͤber dieſe Sach diſcurrire. Gleich wie
ein maͤchtiger Kayſer/ ſagt er/ ſich nicht allein erfreuet/ daß er in ſeinem Pal-
laſt zarte und wohl geſchmuckte Maͤgdlein oder Fraͤulein hat; ſondern auch
Fuͤrſten/ Kriegs-Helden/ Soldaten und andere Bediente zu unterſchiedli-
chen Wercken verordnet/ ſo da zu Verrichtung der vorfallenden Geſchaͤfften
muͤſſen bereit ſtehen: Alſo hab ich nicht allein mein Wohlgefallen an den
geiſtlichen Wolluͤſten der jenigen/ welche ſich von mir zur Ruhe der Goͤtt-
lichen Betrachtungen ziehen laſſen; ſondern ich laß mich auch auffhalten
bey denen Menſchen- Kindern/ welche meinethalben allerhand veraͤchtliche
Hand-Arbeit gern verrichten. Weiters wird auch der Werth der aͤuſſerli-
Ex Hiſto.
Ciſterc.
Hiſtoria.
chen Arbeit auß folgender Hiſtori erkennet. Reinaldus ein heiliger Mann
ſicht einsmahls/ daß nahe bey ſeinen geiſtlichen Mit- Bruͤdern/ ſo in der
Hand-Arbeit beſchaͤfftiget waren/ ein Chor der Jungfrauen vom nechſt-ge-
legenen Berglein denen Bruͤdern heruntrr ſteiget. Dieſe Jungfrauen wa-

ren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0586" n="558"/><fw place="top" type="header">Die Drey und Viertzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/>
allein Bo&#x017F;&#x017F;en und nichtswertige Sachen betrieben. al&#x017F;o kommen alle un&#x017F;e-<lb/>
re Be&#x017F;cha&#x0364;fftigungen/ GOtt/ den Engeln/ und einem jeden Wei&#x017F;en und<lb/>
klugen Mann/ als Kinder-Bo&#x017F;&#x017F;en und lehrer Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang vor/ in welchen<lb/>
wir dir Ehr GOttes/ oder un&#x017F;eres Neben- Men&#x017F;chen/ und un&#x017F;er eigenes<lb/>
Heyl nicht &#x017F;uchen. Nun laß ich dir/ mein Chri&#x017F;tliche Seel/ die&#x017F;e beyde<lb/>
Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igga&#x0364;ng zu fliehen anbefohlen &#x017F;eyn/ auff daß du nicht mit den fu&#x0364;nff<lb/>
thorichten Jungfrauen vom Reich der Himmeln außge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ondern<lb/>
mit den fu&#x0364;nff Witzigen in die ver&#x017F;prochene ewige Glory und Herrligkeit<lb/>
einsmahls mit Freuden einzugehen gewu&#x0364;rdiget werde&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Andere Theil.</hi> </head><lb/>
          <p>6. <hi rendition="#in">A</hi>Uß dem/ &#x017F;o bißhero ge&#x017F;agt i&#x017F;t/ kan gnug&#x017F;amb ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden<lb/>
was fu&#x0364;r ein gifftige Kranckheit &#x017F;eye der Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang und Tra&#x0364;gheit<lb/>
deß Gemu&#x0364;ts. Damit aber ein Gei&#x017F;tlicher die Suchten vertrei-<lb/>
be/ &#x017F;oll er zu Zeiten einige <hi rendition="#fr">H</hi>and-Arbeit/ die ihm oder auß Gehor&#x017F;amb wird<lb/>
aufferlegt/ oder zu dero er eine vernu&#x0364;nfftliche Neigung tragt/ verrichten:<lb/>
zumahlen nicht rath&#x017F;amb zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet/ daß der Men&#x017F;ch allzeit bette/ le&#x017F;e/<lb/>
oder &#x017F;chreibe/ damit nicht die Ge&#x017F;undheit verletzt werde; &#x017F;ondern wird fu&#x0364;r<lb/>
Gut befunden/ daß &#x017F;elbiger &#x017F;othanes Gebett und andere gei&#x017F;tliche Ubungen<lb/>
mit einem leiblichen Arbeiten vermi&#x017F;che. Wann du aber vermeinen &#x017F;olte&#x017F;t/<lb/>
mein Chri&#x017F;tliche Seel/ daß die&#x017F;e eu&#x017F;&#x017F;erliche Hand- Arbeiten von deinem<lb/>
GOtt fu&#x0364;r nichts oder wenig ge&#x017F;cha&#x0364;tzt werden; &#x017F;o ho&#x0364;re an deinen Heyland/<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">L. de In-<lb/>
&#x017F;in. c.</hi> 69.</note>wie er mit der heiligen Gertrudis u&#x0364;ber die&#x017F;e Sach di&#x017F;currire. Gleich wie<lb/>
ein ma&#x0364;chtiger Kay&#x017F;er/ &#x017F;agt er/ &#x017F;ich nicht allein erfreuet/ daß er in &#x017F;einem Pal-<lb/>
la&#x017F;t zarte und wohl ge&#x017F;chmuckte Ma&#x0364;gdlein oder Fra&#x0364;ulein hat; &#x017F;ondern auch<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ Kriegs-Helden/ Soldaten und andere Bediente zu unter&#x017F;chiedli-<lb/>
chen Wercken verordnet/ &#x017F;o da zu Verrichtung der vorfallenden Ge&#x017F;cha&#x0364;fften<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bereit &#x017F;tehen: Al&#x017F;o hab ich nicht allein mein Wohlgefallen an den<lb/>
gei&#x017F;tlichen Wollu&#x0364;&#x017F;ten der jenigen/ welche &#x017F;ich von mir zur Ruhe der Go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Betrachtungen ziehen la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ondern ich laß mich auch auffhalten<lb/>
bey denen Men&#x017F;chen- Kindern/ welche meinethalben allerhand vera&#x0364;chtliche<lb/>
Hand-Arbeit gern verrichten. Weiters wird auch der Werth der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erli-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Ex Hi&#x017F;to.<lb/>
Ci&#x017F;terc.<lb/>
Hi&#x017F;toria.</hi></note>chen Arbeit auß folgender Hi&#x017F;tori erkennet. Reinaldus ein heiliger Mann<lb/>
&#x017F;icht einsmahls/ daß nahe bey &#x017F;einen gei&#x017F;tlichen Mit- Bru&#x0364;dern/ &#x017F;o in der<lb/>
Hand-Arbeit be&#x017F;cha&#x0364;fftiget waren/ ein Chor der Jungfrauen vom nech&#x017F;t-ge-<lb/>
legenen Berglein denen Bru&#x0364;dern heruntrr &#x017F;teiget. Die&#x017F;e Jungfrauen wa-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[558/0586] Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection allein Boſſen und nichtswertige Sachen betrieben. alſo kommen alle unſe- re Beſchaͤfftigungen/ GOtt/ den Engeln/ und einem jeden Weiſen und klugen Mann/ als Kinder-Boſſen und lehrer Muͤſſiggang vor/ in welchen wir dir Ehr GOttes/ oder unſeres Neben- Menſchen/ und unſer eigenes Heyl nicht ſuchen. Nun laß ich dir/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe beyde Muͤſſiggaͤng zu fliehen anbefohlen ſeyn/ auff daß du nicht mit den fuͤnff thorichten Jungfrauen vom Reich der Himmeln außgeſchloſſen; ſondern mit den fuͤnff Witzigen in die verſprochene ewige Glory und Herrligkeit einsmahls mit Freuden einzugehen gewuͤrdiget werdeſt. Der Andere Theil. 6. AUß dem/ ſo bißhero geſagt iſt/ kan gnugſamb geſchloſſen werden was fuͤr ein gifftige Kranckheit ſeye der Muͤſſiggang und Traͤgheit deß Gemuͤts. Damit aber ein Geiſtlicher die Suchten vertrei- be/ ſoll er zu Zeiten einige Hand-Arbeit/ die ihm oder auß Gehorſamb wird aufferlegt/ oder zu dero er eine vernuͤnfftliche Neigung tragt/ verrichten: zumahlen nicht rathſamb zu ſeyn ſcheinet/ daß der Menſch allzeit bette/ leſe/ oder ſchreibe/ damit nicht die Geſundheit verletzt werde; ſondern wird fuͤr Gut befunden/ daß ſelbiger ſothanes Gebett und andere geiſtliche Ubungen mit einem leiblichen Arbeiten vermiſche. Wann du aber vermeinen ſolteſt/ mein Chriſtliche Seel/ daß dieſe euſſerliche Hand- Arbeiten von deinem GOtt fuͤr nichts oder wenig geſchaͤtzt werden; ſo hoͤre an deinen Heyland/ wie er mit der heiligen Gertrudis uͤber dieſe Sach diſcurrire. Gleich wie ein maͤchtiger Kayſer/ ſagt er/ ſich nicht allein erfreuet/ daß er in ſeinem Pal- laſt zarte und wohl geſchmuckte Maͤgdlein oder Fraͤulein hat; ſondern auch Fuͤrſten/ Kriegs-Helden/ Soldaten und andere Bediente zu unterſchiedli- chen Wercken verordnet/ ſo da zu Verrichtung der vorfallenden Geſchaͤfften muͤſſen bereit ſtehen: Alſo hab ich nicht allein mein Wohlgefallen an den geiſtlichen Wolluͤſten der jenigen/ welche ſich von mir zur Ruhe der Goͤtt- lichen Betrachtungen ziehen laſſen; ſondern ich laß mich auch auffhalten bey denen Menſchen- Kindern/ welche meinethalben allerhand veraͤchtliche Hand-Arbeit gern verrichten. Weiters wird auch der Werth der aͤuſſerli- chen Arbeit auß folgender Hiſtori erkennet. Reinaldus ein heiliger Mann ſicht einsmahls/ daß nahe bey ſeinen geiſtlichen Mit- Bruͤdern/ ſo in der Hand-Arbeit beſchaͤfftiget waren/ ein Chor der Jungfrauen vom nechſt-ge- legenen Berglein denen Bruͤdern heruntrr ſteiget. Dieſe Jungfrauen wa- ren L. de In- ſin. c. 69. Ex Hiſto. Ciſterc. Hiſtoria.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/586
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/586>, abgerufen am 22.11.2024.