Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection
R[om]. 2.werckstelliget werden. Dahero sagt der H. Apostel Paulus: Bey Gott
seynd nicht gerecht/ die das Gesetz hören/ sondern/ die das
Gesetz thun/ werden gerechtfertiget.
Was thun aber solche/
so das Gesetz hören und demselbigen nicht nachleben/ anders/ als eben daß sie
ihre verdiente Straffen vermehren und vergrössern? Höre/ mein Christli-
Matt. 7.
v
26.
che Seel/ was deinem Heyland von dergleichen Menschen geduncke: Ein
jeglicher/ sagt er/ der diese meine Wort höret/ und thut sie
nicht/ der wird mit einem thorischen Mann verglichen
werden/ der sein Hauß auff den Sand gebauet hat/ da
fiel ein Platz-Reegen herab/ und kamen Wasser-Flöte/
auch bliesen die Winde/ und stiessen auff dasselbige Hauß/
und es fiel nieder/ und sein Fall war sehr groß. A
lso wird
De Be-
ned. Esau
& Jacob.
der Fall der jenigen sehr groß seyn/ welche nur hören und nicht thun. Vnd
gleich wie der HErr/
sagt der H. Vatter Augustinus/ seinen
Regen schickt über die Früchten im Felde/ und über Distel
und Dörnen; über das Getraid zwarn zur Scheuren; über
die Distel und Dörnen aber zum Feuer; und ist doch der-
selbige Reegen: Also fallet der Regen deß Worts GOttes
uber alle; ein jeder sehe nun zu/ was er fur eine Wurtzel
habe: wo er den Regen hinziehe: wann er denselben zie-
het/ auff daß er Dörnen herfürbringe; soll er alsdann
dem Kegen GOttes die Schnld auffmessen/ ehe sie zur
Wurtzel kommet: Süß und annehmlich ist der Regen;
suß ist das Wort GOttes/ biß es zu einem bösen Hertzen
kombt.

7. Der nun auß dem Wort keinen Nutzen schöpfft/ der sich der Strick sei-
ner Laster und bösen Gewonheiten nicht entbindet/ und in den Tugenten nicht
zunimbt; der klage nicht über den Regen/ nemblich das Wort GOttes;
sondern schreibe sich selbst die Ursach zu/ indem er auß eigener Bößheit das
Wort GOttes/ welches als ein guter Saam in dessen Hertz geworffen
worden/ nicht wachssen lasset. Auff wie vielerley Weiß aber solches ge-
Luc. 8. v.
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt].
schehe/ daß zeigt uns unser Heyland durch folgende Gleichnuß: Ein See-
man/ sagt er/ gieng auß/ seinen Saamen zu seen: und in-
dem er seet/ fiel etlichs an den Weeg/ und ward zertret-
ten. An dem Weeg:
Das ist eine jede Seel/ welche bey sich selbsten nicht
in Ruhe verbleibet; sondern zu den irrdischen Creaturen sich außgiesset/ und
allen vorfallenden weltlichen Gedancken/ gleich den Wanders-Leuthen/ von

wel-

Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche Lection
R[om]. 2.werckſtelliget werden. Dahero ſagt der H. Apoſtel Paulus: Bey Gott
ſeynd nicht gerecht/ die das Geſetz hoͤren/ ſondern/ die das
Geſetz thun/ werden gerechtfertiget.
Was thun aber ſolche/
ſo das Geſetz hoͤren und demſelbigen nicht nachleben/ anders/ als eben daß ſie
ihre verdiente Straffen vermehren und vergroͤſſern? Hoͤre/ mein Chriſtli-
Matt. 7.
v
26.
che Seel/ was deinem Heyland von dergleichen Menſchen geduncke: Ein
jeglicher/ ſagt er/ der dieſe meine Wort hoͤret/ und thut ſie
nicht/ der wird mit einem thoriſchen Mann verglichen
werden/ der ſein Hauß auff den Sand gebauet hat/ da
fiel ein Platz-Reegen herab/ und kamen Waſſer-Floͤte/
auch blieſen die Winde/ und ſtieſſen auff daſſelbige Hauß/
und es fiel nieder/ und ſein Fall war ſehr groß. A
lſo wird
De Be-
ned. Eſau
& Jacob.
der Fall der jenigen ſehr groß ſeyn/ welche nur hoͤren und nicht thun. Vnd
gleich wie der HErr/
ſagt der H. Vatter Auguſtinus/ ſeinen
Regen ſchickt über die Früchten im Felde/ und über Diſtel
und Doͤrnen; über das Getraid zwarn zur Scheuren; über
die Diſtel und Doͤrnen aber zum Feuer; und iſt doch der-
ſelbige Reegen: Alſo fallet der Regen deß Worts GOttes
ůber alle; ein jeder ſehe nun zu/ was er fůr eine Wurtzel
habe: wo er den Regen hinziehe: wann er denſelben zie-
het/ auff daß er Doͤrnen herfürbringe; ſoll er alsdann
dem Kegen GOttes die Schnld auffmeſſen/ ehe ſie zur
Wurtzel kommet: Süß und annehmlich iſt der Regen;
ſůß iſt das Wort GOttes/ biß es zu einem boͤſen Hertzen
kombt.

7. Der nun auß dem Wort keinen Nutzen ſchoͤpfft/ der ſich der Strick ſei-
ner Laſter und boͤſen Gewonheiten nicht entbindet/ und in den Tugenten nicht
zunimbt; der klage nicht uͤber den Regen/ nemblich das Wort GOttes;
ſondern ſchreibe ſich ſelbſt die Urſach zu/ indem er auß eigener Boͤßheit das
Wort GOttes/ welches als ein guter Saam in deſſen Hertz geworffen
worden/ nicht wachſſen laſſet. Auff wie vielerley Weiß aber ſolches ge-
Luc. 8. v.
[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt].
ſchehe/ daß zeigt uns unſer Heyland durch folgende Gleichnuß: Ein See-
man/ ſagt er/ gieng auß/ ſeinen Saamen zu ſeen: und in-
dem er ſeet/ fiel etlichs an den Weeg/ und ward zertret-
ten. An dem Weeg:
Das iſt eine jede Seel/ welche bey ſich ſelbſten nicht
in Ruhe verbleibet; ſondern zu den irrdiſchen Creaturen ſich außgieſſet/ und
allen vorfallenden weltlichen Gedancken/ gleich den Wanders-Leuthen/ von

wel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0578" n="550"/><fw place="top" type="header">Die Zwey und Viertzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">R<supplied>om</supplied>.</hi> 2.</note>werck&#x017F;telliget werden. Dahero &#x017F;agt der H. <hi rendition="#fr">A</hi>po&#x017F;tel Paulus: <hi rendition="#fr">Bey Gott<lb/>
&#x017F;eynd nicht gerecht/ die das Ge&#x017F;etz ho&#x0364;ren/ &#x017F;ondern/ die das<lb/>
Ge&#x017F;etz thun/ werden gerechtfertiget.</hi> Was thun aber &#x017F;olche/<lb/>
&#x017F;o das Ge&#x017F;etz ho&#x0364;ren und dem&#x017F;elbigen nicht nachleben/ anders/ als eben daß &#x017F;ie<lb/>
ihre verdiente Straffen vermehren und vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern? Ho&#x0364;re/ mein Chri&#x017F;tli-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Matt. 7.<lb/>
v</hi> 26.</note>che Seel/ was deinem Heyland von dergleichen Men&#x017F;chen geduncke: <hi rendition="#fr">Ein<lb/>
jeglicher/ &#x017F;agt er/ der die&#x017F;e meine Wort ho&#x0364;ret/ und thut &#x017F;ie<lb/>
nicht/ der wird mit einem thori&#x017F;chen Mann verglichen<lb/>
werden/ der &#x017F;ein Hauß auff den Sand gebauet hat/ da<lb/>
fiel ein Platz-Reegen herab/ und kamen Wa&#x017F;&#x017F;er-Flo&#x0364;te/<lb/>
auch blie&#x017F;en die Winde/ und &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en auff da&#x017F;&#x017F;elbige Hauß/<lb/>
und es fiel nieder/ und &#x017F;ein Fall war &#x017F;ehr groß. A</hi>l&#x017F;o wird<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">De Be-<lb/>
ned. E&#x017F;au<lb/>
&amp; Jacob.</hi></note>der Fall der jenigen &#x017F;ehr groß &#x017F;eyn/ welche nur ho&#x0364;ren und nicht thun. <hi rendition="#fr">Vnd<lb/>
gleich wie der HErr/</hi> &#x017F;agt der H. Vatter <hi rendition="#fr">A</hi>ugu&#x017F;tinus/ <hi rendition="#fr">&#x017F;einen<lb/>
Regen &#x017F;chickt über die Früchten im Felde/ und über Di&#x017F;tel<lb/>
und Do&#x0364;rnen; über das Getraid zwarn zur Scheuren; über<lb/>
die Di&#x017F;tel und Do&#x0364;rnen aber zum Feuer; und i&#x017F;t doch der-<lb/>
&#x017F;elbige Reegen: Al&#x017F;o fallet der Regen deß Worts GOttes<lb/>
&#x016F;ber alle; ein jeder &#x017F;ehe nun zu/ was er f&#x016F;r eine Wurtzel<lb/>
habe: wo er den Regen hinziehe: wann er den&#x017F;elben zie-<lb/>
het/ auff daß er Do&#x0364;rnen herfürbringe; &#x017F;oll er alsdann<lb/>
dem Kegen GOttes die Schnld auffme&#x017F;&#x017F;en/ ehe &#x017F;ie zur<lb/>
Wurtzel kommet: Süß und annehmlich i&#x017F;t der Regen;<lb/>
&#x017F;&#x016F;ß i&#x017F;t das Wort GOttes/ biß es zu einem bo&#x0364;&#x017F;en Hertzen<lb/>
kombt.</hi></p><lb/>
        <p>7. Der nun auß dem Wort keinen Nutzen &#x017F;cho&#x0364;pfft/ der &#x017F;ich der Strick &#x017F;ei-<lb/>
ner La&#x017F;ter und bo&#x0364;&#x017F;en Gewonheiten nicht entbindet/ und in den Tugenten nicht<lb/>
zunimbt; der klage nicht u&#x0364;ber den Regen/ nemblich das Wort GOttes;<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;chreibe &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t die Ur&#x017F;ach zu/ indem er auß eigener Bo&#x0364;ßheit das<lb/>
Wort GOttes/ welches als ein guter Saam in de&#x017F;&#x017F;en Hertz geworffen<lb/>
worden/ nicht wach&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;et. <hi rendition="#fr">A</hi>uff wie vielerley Weiß aber &#x017F;olches ge-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Luc. 8. v.</hi><lb/><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>.</note>&#x017F;chehe/ daß zeigt uns un&#x017F;er Heyland durch folgende Gleichnuß: <hi rendition="#fr">Ein See-<lb/>
man/ &#x017F;agt er/ gieng auß/ &#x017F;einen Saamen zu &#x017F;een: und in-<lb/>
dem er &#x017F;eet/ fiel etlichs an den Weeg/ und ward zertret-<lb/>
ten. An dem Weeg:</hi> Das i&#x017F;t eine jede Seel/ welche bey &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten nicht<lb/>
in Ruhe verbleibet; &#x017F;ondern zu den irrdi&#x017F;chen Creaturen &#x017F;ich außgie&#x017F;&#x017F;et/ und<lb/>
allen vorfallenden weltlichen Gedancken/ gleich den Wanders-Leuthen/ von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wel-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[550/0578] Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche Lection werckſtelliget werden. Dahero ſagt der H. Apoſtel Paulus: Bey Gott ſeynd nicht gerecht/ die das Geſetz hoͤren/ ſondern/ die das Geſetz thun/ werden gerechtfertiget. Was thun aber ſolche/ ſo das Geſetz hoͤren und demſelbigen nicht nachleben/ anders/ als eben daß ſie ihre verdiente Straffen vermehren und vergroͤſſern? Hoͤre/ mein Chriſtli- che Seel/ was deinem Heyland von dergleichen Menſchen geduncke: Ein jeglicher/ ſagt er/ der dieſe meine Wort hoͤret/ und thut ſie nicht/ der wird mit einem thoriſchen Mann verglichen werden/ der ſein Hauß auff den Sand gebauet hat/ da fiel ein Platz-Reegen herab/ und kamen Waſſer-Floͤte/ auch blieſen die Winde/ und ſtieſſen auff daſſelbige Hauß/ und es fiel nieder/ und ſein Fall war ſehr groß. Alſo wird der Fall der jenigen ſehr groß ſeyn/ welche nur hoͤren und nicht thun. Vnd gleich wie der HErr/ ſagt der H. Vatter Auguſtinus/ ſeinen Regen ſchickt über die Früchten im Felde/ und über Diſtel und Doͤrnen; über das Getraid zwarn zur Scheuren; über die Diſtel und Doͤrnen aber zum Feuer; und iſt doch der- ſelbige Reegen: Alſo fallet der Regen deß Worts GOttes ůber alle; ein jeder ſehe nun zu/ was er fůr eine Wurtzel habe: wo er den Regen hinziehe: wann er denſelben zie- het/ auff daß er Doͤrnen herfürbringe; ſoll er alsdann dem Kegen GOttes die Schnld auffmeſſen/ ehe ſie zur Wurtzel kommet: Süß und annehmlich iſt der Regen; ſůß iſt das Wort GOttes/ biß es zu einem boͤſen Hertzen kombt. Rom. 2. Matt. 7. v 26. De Be- ned. Eſau & Jacob. 7. Der nun auß dem Wort keinen Nutzen ſchoͤpfft/ der ſich der Strick ſei- ner Laſter und boͤſen Gewonheiten nicht entbindet/ und in den Tugenten nicht zunimbt; der klage nicht uͤber den Regen/ nemblich das Wort GOttes; ſondern ſchreibe ſich ſelbſt die Urſach zu/ indem er auß eigener Boͤßheit das Wort GOttes/ welches als ein guter Saam in deſſen Hertz geworffen worden/ nicht wachſſen laſſet. Auff wie vielerley Weiß aber ſolches ge- ſchehe/ daß zeigt uns unſer Heyland durch folgende Gleichnuß: Ein See- man/ ſagt er/ gieng auß/ ſeinen Saamen zu ſeen: und in- dem er ſeet/ fiel etlichs an den Weeg/ und ward zertret- ten. An dem Weeg: Das iſt eine jede Seel/ welche bey ſich ſelbſten nicht in Ruhe verbleibet; ſondern zu den irrdiſchen Creaturen ſich außgieſſet/ und allen vorfallenden weltlichen Gedancken/ gleich den Wanders-Leuthen/ von wel- Luc. 8. v. _.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/578
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/578>, abgerufen am 25.11.2024.