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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection
in Predigen oder Bücheren begirig anhörest/ wirstu unterwiesen und ge-
lehret/ wie du dich in diesem und jenem verhalten sollest. Dir wird gesagt/
welcher Gestalt du die Tugenten samblen/ und die Laster vertreiben könnest:
du wirst unterrichtet/ wie du deinem GOtt angenehme Diensten leisten/
und den Teufflischen Anfechtungen und Arglisten widerstehen mögest:
Dann gleich wie die Tauben/ sagt der H Gregorius/ au den Wasser-Bä-
chen zu sitzen pflegen/ damit sie den Schatten der Raub-Vögel im Was-
ser sehen mögen: also sehen auch die gute Geistliche in ihren Göttlichen Le-
ctionen den Betrug deß bösen Feinds/ derhalben seynd sie immer und allzeit
in Lesung geistlicher Bücher beschäfftiget. Also hat sich beschäfftiget der
Ps. 118.fromme König David/ da er sagte: Dein Wort/ O Herr/ ist mei-
nen Fussen ein Leuchter/ und ein Licht meiner Fuß-Stei-
gen.
Wehe dann dem jenigen/ welcher diese geistliche Seelen- Speiß zu
geniessen verachtet/ dann ihn wird ewiglich hüngern. Wehe dem/ der
diese Leucht von sich wirfft/ dann er wird in der Finsteruuß der Sünden so
lang wandern/ biß er in den Abgrund der Höllen falle; wie mit seinem un-
widersetzlichen Schaden erfahren hat jener Mann/ nach Zeugnuß deß Car-
dinalen Jacobi a Vitriaco: welcher auß einem Widerwillen deß Göttlichen
Worts/ oder auß Nachlässigkeit die Predigen fort und fort geflohen; den
Todt könte er fliehen/ aber nicht entfliehen; ist also gestorben/ und Ca-
tholischem Brauch nach zur Kirchen getragen worden. Als nun ihm der
Priester die Leich-Begängnuß hielte/ das Ambt anfieng/ ist ein erschröck-
lich Wunderzeichen an einem Crucifix - Bild gesehen worden: dann die
Bildnuß deß gecreutzigsten Christi hat sich gleich einem lebendigen Menschen
bewegt/ seinen Armb auß dem Creutz loßgemacht/ die Händ an die Ohren
geschlagen/ und mit den Fingern dieselbe zugehalten/ eben als wann es
überlaut sagte: weil ich nicht bin gehöret worden/ höre ich auch nicht: das
heist/ mit Zeichen und mit Händen geredet. Und dieses haben zugesehen/
so viel ihrer waren/ und seynd auß Verwunderung darüber bestürtzt gewe-
sen. Der im Ambt begriffene Priester hat sich zum Volck gewendet und
gesagt: liebe zuhörer/ euch ist wohl bekandt/ daß dieser Mann ein Ver-
ächter deß Göttlichen Worts gewesen/ und hat niemahl dahin können bere-
det werden/ daß er die Predigen besucht hätte: siehet nun ein deutliches
Zeichen deß Göttlichen Zorns: GOtt verstopfft seine Ohren/ damit er
nicht höre unser Gebett. Lasset uns derhalben ablassen/ ihme vergeblich
ein Seel - Ambt zu halten; ein Feind GOttes ist er/ und soll an den
Orth begraben werden/ dessen er würdig ist; so hat man ihn hinauß getragen/

und

Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche Lection
in Predigen oder Buͤcheren begirig anhoͤreſt/ wirſtu unterwieſen und ge-
lehret/ wie du dich in dieſem und jenem verhalten ſolleſt. Dir wird geſagt/
welcher Geſtalt du die Tugenten ſamblen/ und die Laſter vertreiben koͤnneſt:
du wirſt unterrichtet/ wie du deinem GOtt angenehme Dienſten leiſten/
und den Teuffliſchen Anfechtungen und Argliſten widerſtehen moͤgeſt:
Dann gleich wie die Tauben/ ſagt der H Gregorius/ au den Waſſer-Baͤ-
chen zu ſitzen pflegen/ damit ſie den Schatten der Raub-Voͤgel im Waſ-
ſer ſehen moͤgen: alſo ſehen auch die gute Geiſtliche in ihren Goͤttlichen Le-
ctionen den Betrug deß boͤſen Feinds/ derhalben ſeynd ſie immer und allzeit
in Leſung geiſtlicher Buͤcher beſchaͤfftiget. Alſo hat ſich beſchaͤfftiget der
Pſ. 118.fromme Koͤnig David/ da er ſagte: Dein Wort/ O Herr/ iſt mei-
nen Fůſſen ein Leuchter/ und ein Licht meiner Fuß-Stei-
gen.
Wehe dann dem jenigen/ welcher dieſe geiſtliche Seelen- Speiß zu
genieſſen verachtet/ dann ihn wird ewiglich huͤngern. Wehe dem/ der
dieſe Leucht von ſich wirfft/ dann er wird in der Finſteruuß der Suͤnden ſo
lang wandern/ biß er in den Abgrund der Hoͤllen falle; wie mit ſeinem un-
widerſetzlichen Schaden erfahren hat jener Mann/ nach Zeugnuß deß Car-
dinalen Jacobi à Vitriaco: welcher auß einem Widerwillen deß Goͤttlichen
Worts/ oder auß Nachlaͤſſigkeit die Predigen fort und fort geflohen; den
Todt koͤnte er fliehen/ aber nicht entfliehen; iſt alſo geſtorben/ und Ca-
tholiſchem Brauch nach zur Kirchen getragen worden. Als nun ihm der
Prieſter die Leich-Begaͤngnuß hielte/ das Ambt anfieng/ iſt ein erſchroͤck-
lich Wunderzeichen an einem Crucifix - Bild geſehen worden: dann die
Bildnuß deß gecreutzigſten Chriſti hat ſich gleich einem lebendigen Menſchen
bewegt/ ſeinen Armb auß dem Creutz loßgemacht/ die Haͤnd an die Ohren
geſchlagen/ und mit den Fingern dieſelbe zugehalten/ eben als wann es
uͤberlaut ſagte: weil ich nicht bin gehoͤret worden/ hoͤre ich auch nicht: das
heiſt/ mit Zeichen und mit Haͤnden geredet. Und dieſes haben zugeſehen/
ſo viel ihrer waren/ und ſeynd auß Verwunderung daruͤber beſtuͤrtzt gewe-
ſen. Der im Ambt begriffene Prieſter hat ſich zum Volck gewendet und
geſagt: liebe zuhoͤrer/ euch iſt wohl bekandt/ daß dieſer Mann ein Ver-
aͤchter deß Goͤttlichen Worts geweſen/ und hat niemahl dahin koͤnnen bere-
det werden/ daß er die Predigen beſucht haͤtte: ſiehet nun ein deutliches
Zeichen deß Goͤttlichen Zorns: GOtt verſtopfft ſeine Ohren/ damit er
nicht hoͤre unſer Gebett. Laſſet uns derhalben ablaſſen/ ihme vergeblich
ein Seel - Ambt zu halten; ein Feind GOttes iſt er/ und ſoll an den
Orth begraben werden/ deſſen er wuͤrdig iſt; ſo hat man ihn hinauß getragen/

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[546/0574] Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche Lection in Predigen oder Buͤcheren begirig anhoͤreſt/ wirſtu unterwieſen und ge- lehret/ wie du dich in dieſem und jenem verhalten ſolleſt. Dir wird geſagt/ welcher Geſtalt du die Tugenten ſamblen/ und die Laſter vertreiben koͤnneſt: du wirſt unterrichtet/ wie du deinem GOtt angenehme Dienſten leiſten/ und den Teuffliſchen Anfechtungen und Argliſten widerſtehen moͤgeſt: Dann gleich wie die Tauben/ ſagt der H Gregorius/ au den Waſſer-Baͤ- chen zu ſitzen pflegen/ damit ſie den Schatten der Raub-Voͤgel im Waſ- ſer ſehen moͤgen: alſo ſehen auch die gute Geiſtliche in ihren Goͤttlichen Le- ctionen den Betrug deß boͤſen Feinds/ derhalben ſeynd ſie immer und allzeit in Leſung geiſtlicher Buͤcher beſchaͤfftiget. Alſo hat ſich beſchaͤfftiget der fromme Koͤnig David/ da er ſagte: Dein Wort/ O Herr/ iſt mei- nen Fůſſen ein Leuchter/ und ein Licht meiner Fuß-Stei- gen. Wehe dann dem jenigen/ welcher dieſe geiſtliche Seelen- Speiß zu genieſſen verachtet/ dann ihn wird ewiglich huͤngern. Wehe dem/ der dieſe Leucht von ſich wirfft/ dann er wird in der Finſteruuß der Suͤnden ſo lang wandern/ biß er in den Abgrund der Hoͤllen falle; wie mit ſeinem un- widerſetzlichen Schaden erfahren hat jener Mann/ nach Zeugnuß deß Car- dinalen Jacobi à Vitriaco: welcher auß einem Widerwillen deß Goͤttlichen Worts/ oder auß Nachlaͤſſigkeit die Predigen fort und fort geflohen; den Todt koͤnte er fliehen/ aber nicht entfliehen; iſt alſo geſtorben/ und Ca- tholiſchem Brauch nach zur Kirchen getragen worden. Als nun ihm der Prieſter die Leich-Begaͤngnuß hielte/ das Ambt anfieng/ iſt ein erſchroͤck- lich Wunderzeichen an einem Crucifix - Bild geſehen worden: dann die Bildnuß deß gecreutzigſten Chriſti hat ſich gleich einem lebendigen Menſchen bewegt/ ſeinen Armb auß dem Creutz loßgemacht/ die Haͤnd an die Ohren geſchlagen/ und mit den Fingern dieſelbe zugehalten/ eben als wann es uͤberlaut ſagte: weil ich nicht bin gehoͤret worden/ hoͤre ich auch nicht: das heiſt/ mit Zeichen und mit Haͤnden geredet. Und dieſes haben zugeſehen/ ſo viel ihrer waren/ und ſeynd auß Verwunderung daruͤber beſtuͤrtzt gewe- ſen. Der im Ambt begriffene Prieſter hat ſich zum Volck gewendet und geſagt: liebe zuhoͤrer/ euch iſt wohl bekandt/ daß dieſer Mann ein Ver- aͤchter deß Goͤttlichen Worts geweſen/ und hat niemahl dahin koͤnnen bere- det werden/ daß er die Predigen beſucht haͤtte: ſiehet nun ein deutliches Zeichen deß Goͤttlichen Zorns: GOtt verſtopfft ſeine Ohren/ damit er nicht hoͤre unſer Gebett. Laſſet uns derhalben ablaſſen/ ihme vergeblich ein Seel - Ambt zu halten; ein Feind GOttes iſt er/ und ſoll an den Orth begraben werden/ deſſen er wuͤrdig iſt; ſo hat man ihn hinauß getragen/ und Pſ. 118.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/574>, abgerufen am 25.11.2024.