Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection
verderben/ nicht auß der Natur der Speiß; sondern we-
gen der Bößheit dessen/ der sie geniesset. Dahero singt
die Kirch also:

Gut und Böß empfahe ihn beyde/
Doch mit grossem Vnterscheid/
Die Frucht ihrer Niessung ist:
Weil den Guten wird das Leben/
Vnd der Todt den bösen geben/
O merck dieß/ mein frommer Christ.
Granat.
in Sylv. v.
Euch. fol.

696.

Einige glaubwürdige Schribenten setzen dises unter die Wunderwerck der
Welt; daß nemblich ein Brunnen seye/ in welchen/ so man mit sittigen Augen
einschawet/ und immer in selbigen starret/ man rein und klar Wasser finden
wird; wann man aber anderswohin sehet/ oder mit einem anderen redet/ so
wird sich das Wasser trüb zeigen. Ein solcher Brun ist das Hochh. Sa-
erament deß Altars/ welcher zu selbigem mit demütigen und niederge-
lassenen Augen deß Leibs/ und mit starrenden Augen deß Hertzen auff die
Göttliche Majestät/ und mit geziemender Reinigkeit hinzugehet/ der wird
finden ein reines und sauberes Wasser der Göttlichen Gnaden: der aber
wird thun das Widerspiel/ wird an statt deß Segen/ Verfluchung finden.
C. [9]. v. 20.Dahero lesen wir im Buch Levitici: Ein unreine Seel/ welche von
dem Fleisch deß Fried-Opffers essen wird/ daß dem Herren
auffgeopffert ist/ soll von ihrem Volck untergehen.
Wieviel
mehr wird dan nicht der jenige zu Grund gehen/ der das Fleisch deß Herren un-
würdiglich niessen wird? derhalben sagt der Apostel von dieser Speiß: Wer
1. Cor. 11.unwurdiglich esset und trincket/ der esset und trincket ihm
selbst das Gericht.
Wann du nun/ mein Christliche Seel/ vermer-
cken sollest/ daß du durch öfftere H. Communion nicht zunemmest; keinen/
oder geringen Geschmack zu den Tugenten empfindest: daß du den Ge-
brechen der bösen Natur hartneckiglich anklebest: daß nicht keuscher in den
Gebärden/ nicht eiffriger im Gebett und Lob Gottes werdest: daß du nicht
eingezogener und sanfftmütiger vom Tisch deß Herren kommest: so gedencke/
daß du einer von denen seyest/ von welchen der Apostel sagt: Darumb
1. Cor.seyen unter euch viel Schwachen und Krancken/ und viele
schlaffen.
Die Ursach dessen hat er vorhingesetzt: nemblich/ wann
ihr unwürdiglich esset und trincket.
Durch die Schwachen
und Krancken wollen die Dollmetscher die jenige verstehen/ so von der Faul-

heit

Die Ein und Viertzigſte Geiſtliche Lection
verderben/ nicht auß der Natur der Speiß; ſondern we-
gen der Boͤßheit deſſen/ der ſie genieſſet. Dahero ſingt
die Kirch alſo:

Gut und Boͤß empfahe ihn beyde/
Doch mit groſſem Vnterſcheid/
Die Frucht ihrer Nieſſung iſt:
Weil den Guten wird das Leben/
Vnd der Todt den boͤſen geben/
O merck dieß/ mein frommer Chriſt.
Granat.
in Sylv. v.
Euch. fol.

696.

Einige glaubwuͤrdige Schribenten ſetzen diſes unter die Wunderwerck der
Welt; daß nemblich ein Brunnen ſeye/ in welchen/ ſo man mit ſittigen Augen
einſchawet/ und immer in ſelbigen ſtarret/ man rein und klar Waſſer finden
wird; wann man aber anderswohin ſehet/ oder mit einem anderen redet/ ſo
wird ſich das Waſſer truͤb zeigen. Ein ſolcher Brun iſt das Hochh. Sa-
erament deß Altars/ welcher zu ſelbigem mit demuͤtigen und niederge-
laſſenen Augen deß Leibs/ und mit ſtarrenden Augen deß Hertzen auff die
Goͤttliche Majeſtaͤt/ und mit geziemender Reinigkeit hinzugehet/ der wird
finden ein reines und ſauberes Waſſer der Goͤttlichen Gnaden: der aber
wird thun das Widerſpiel/ wird an ſtatt deß Segen/ Verfluchung finden.
C. [9]. v. 20.Dahero leſen wir im Buch Levitici: Ein unreine Seel/ welche von
dem Fleiſch deß Fried-Opffers eſſen wird/ daß dem Herren
auffgeopffert iſt/ ſoll von ihrem Volck untergehen.
Wieviel
mehr wird dan nicht der jenige zu Grund gehen/ der das Fleiſch deß Herren un-
wuͤrdiglich nieſſen wird? derhalben ſagt der Apoſtel von dieſer Speiß: Wer
1. Cor. 11.unwůrdiglich eſſet und trincket/ der eſſet und trincket ihm
ſelbſt das Gericht.
Wann du nun/ mein Chriſtliche Seel/ vermer-
cken ſolleſt/ daß du durch oͤfftere H. Communion nicht zunemmeſt; keinen/
oder geringen Geſchmack zu den Tugenten empfindeſt: daß du den Ge-
brechen der boͤſen Natur hartneckiglich anklebeſt: daß nicht keuſcher in den
Gebaͤrden/ nicht eiffriger im Gebett und Lob Gottes werdeſt: daß du nicht
eingezogener und ſanfftmuͤtiger vom Tiſch deß Herren kommeſt: ſo gedencke/
daß du einer von denen ſeyeſt/ von welchen der Apoſtel ſagt: Darumb
1. Cor.ſeyen unter euch viel Schwachen und Krancken/ und viele
ſchlaffen.
Die Urſach deſſen hat er vorhingeſetzt: nemblich/ wann
ihr unwürdiglich eſſet und trincket.
Durch die Schwachen
und Krancken wollen die Dollmetſcher die jenige verſtehen/ ſo von der Faul-

heit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0554" n="526"/>
          <fw place="top" type="header">Die Ein und Viertzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/> <hi rendition="#fr">verderben/ nicht auß der Natur der Speiß; &#x017F;ondern we-<lb/>
gen der Bo&#x0364;ßheit de&#x017F;&#x017F;en/ der &#x017F;ie genie&#x017F;&#x017F;et. Dahero &#x017F;ingt<lb/>
die Kirch al&#x017F;o:</hi> </p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Gut und Bo&#x0364;ß empfahe ihn beyde/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Doch mit gro&#x017F;&#x017F;em Vnter&#x017F;cheid/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Die Frucht ihrer Nie&#x017F;&#x017F;ung i&#x017F;t:</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Weil den Guten wird das Leben/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Vnd der Todt den bo&#x0364;&#x017F;en geben/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">O merck dieß/ mein frommer Chri&#x017F;t.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <note place="left"><hi rendition="#aq">Granat.<lb/>
in Sylv. v.<lb/>
Euch. fol.</hi><lb/>
696.</note>
        <p>Einige glaubwu&#x0364;rdige Schribenten &#x017F;etzen di&#x017F;es unter die Wunderwerck der<lb/>
Welt; daß nemblich ein Brunnen &#x017F;eye/ in welchen/ &#x017F;o man mit &#x017F;ittigen Augen<lb/>
ein&#x017F;chawet/ und immer in &#x017F;elbigen &#x017F;tarret/ man rein und klar Wa&#x017F;&#x017F;er finden<lb/>
wird; wann man aber anderswohin &#x017F;ehet/ oder mit einem anderen redet/ &#x017F;o<lb/>
wird &#x017F;ich das Wa&#x017F;&#x017F;er tru&#x0364;b zeigen. Ein &#x017F;olcher Brun i&#x017F;t das <hi rendition="#fr">H</hi>ochh. Sa-<lb/>
erament deß Altars/ welcher zu &#x017F;elbigem mit demu&#x0364;tigen und niederge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;enen Augen deß Leibs/ und mit &#x017F;tarrenden Augen deß <hi rendition="#fr">H</hi>ertzen auff die<lb/>
Go&#x0364;ttliche Maje&#x017F;ta&#x0364;t/ und mit geziemender Reinigkeit hinzugehet/ der wird<lb/>
finden ein reines und &#x017F;auberes Wa&#x017F;&#x017F;er der Go&#x0364;ttlichen Gnaden: der aber<lb/>
wird thun das Wider&#x017F;piel/ wird an &#x017F;tatt deß Segen/ Verfluchung finden.<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">C. <supplied>9</supplied>. v.</hi> 20.</note>Dahero le&#x017F;en wir im Buch Levitici: <hi rendition="#fr">Ein unreine Seel/ welche von<lb/>
dem Flei&#x017F;ch deß Fried-Opffers e&#x017F;&#x017F;en wird/ daß dem Herren<lb/>
auffgeopffert i&#x017F;t/ &#x017F;oll von ihrem Volck untergehen.</hi> Wieviel<lb/>
mehr wird dan nicht der jenige zu Grund gehen/ der das Flei&#x017F;ch deß Herren un-<lb/>
wu&#x0364;rdiglich nie&#x017F;&#x017F;en wird? derhalben &#x017F;agt der <hi rendition="#fr">A</hi>po&#x017F;tel von die&#x017F;er Speiß: <hi rendition="#fr">Wer</hi><lb/><note place="left">1. <hi rendition="#aq">Cor.</hi> 11.</note><hi rendition="#fr">unw&#x016F;rdiglich e&#x017F;&#x017F;et und trincket/ der e&#x017F;&#x017F;et und trincket ihm<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t das Gericht.</hi> Wann du nun/ mein Chri&#x017F;tliche Seel/ vermer-<lb/>
cken &#x017F;olle&#x017F;t/ daß du durch o&#x0364;fftere <hi rendition="#fr">H.</hi> Communion nicht zunemme&#x017F;t; keinen/<lb/>
oder geringen Ge&#x017F;chmack zu den Tugenten empfinde&#x017F;t: daß du den Ge-<lb/>
brechen der bo&#x0364;&#x017F;en Natur hartneckiglich anklebe&#x017F;t: daß nicht keu&#x017F;cher in den<lb/>
Geba&#x0364;rden/ nicht eiffriger im Gebett und Lob Gottes werde&#x017F;t: daß du nicht<lb/>
eingezogener und &#x017F;anfftmu&#x0364;tiger vom Ti&#x017F;ch deß <hi rendition="#fr">H</hi>erren komme&#x017F;t: &#x017F;o gedencke/<lb/>
daß du einer von denen &#x017F;eye&#x017F;t/ von welchen der Apo&#x017F;tel &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Darumb</hi><lb/><note place="left">1. <hi rendition="#aq">Cor.</hi></note><hi rendition="#fr">&#x017F;eyen unter euch viel Schwachen und Krancken/ und viele<lb/>
&#x017F;chlaffen.</hi> Die Ur&#x017F;ach de&#x017F;&#x017F;en hat er vorhinge&#x017F;etzt: nemblich/ <hi rendition="#fr">wann<lb/>
ihr unwürdiglich e&#x017F;&#x017F;et und trincket.</hi> Durch die Schwachen<lb/>
und Krancken wollen die Dollmet&#x017F;cher die jenige ver&#x017F;tehen/ &#x017F;o von der Faul-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[526/0554] Die Ein und Viertzigſte Geiſtliche Lection verderben/ nicht auß der Natur der Speiß; ſondern we- gen der Boͤßheit deſſen/ der ſie genieſſet. Dahero ſingt die Kirch alſo: Gut und Boͤß empfahe ihn beyde/ Doch mit groſſem Vnterſcheid/ Die Frucht ihrer Nieſſung iſt: Weil den Guten wird das Leben/ Vnd der Todt den boͤſen geben/ O merck dieß/ mein frommer Chriſt. Einige glaubwuͤrdige Schribenten ſetzen diſes unter die Wunderwerck der Welt; daß nemblich ein Brunnen ſeye/ in welchen/ ſo man mit ſittigen Augen einſchawet/ und immer in ſelbigen ſtarret/ man rein und klar Waſſer finden wird; wann man aber anderswohin ſehet/ oder mit einem anderen redet/ ſo wird ſich das Waſſer truͤb zeigen. Ein ſolcher Brun iſt das Hochh. Sa- erament deß Altars/ welcher zu ſelbigem mit demuͤtigen und niederge- laſſenen Augen deß Leibs/ und mit ſtarrenden Augen deß Hertzen auff die Goͤttliche Majeſtaͤt/ und mit geziemender Reinigkeit hinzugehet/ der wird finden ein reines und ſauberes Waſſer der Goͤttlichen Gnaden: der aber wird thun das Widerſpiel/ wird an ſtatt deß Segen/ Verfluchung finden. Dahero leſen wir im Buch Levitici: Ein unreine Seel/ welche von dem Fleiſch deß Fried-Opffers eſſen wird/ daß dem Herren auffgeopffert iſt/ ſoll von ihrem Volck untergehen. Wieviel mehr wird dan nicht der jenige zu Grund gehen/ der das Fleiſch deß Herren un- wuͤrdiglich nieſſen wird? derhalben ſagt der Apoſtel von dieſer Speiß: Wer unwůrdiglich eſſet und trincket/ der eſſet und trincket ihm ſelbſt das Gericht. Wann du nun/ mein Chriſtliche Seel/ vermer- cken ſolleſt/ daß du durch oͤfftere H. Communion nicht zunemmeſt; keinen/ oder geringen Geſchmack zu den Tugenten empfindeſt: daß du den Ge- brechen der boͤſen Natur hartneckiglich anklebeſt: daß nicht keuſcher in den Gebaͤrden/ nicht eiffriger im Gebett und Lob Gottes werdeſt: daß du nicht eingezogener und ſanfftmuͤtiger vom Tiſch deß Herren kommeſt: ſo gedencke/ daß du einer von denen ſeyeſt/ von welchen der Apoſtel ſagt: Darumb ſeyen unter euch viel Schwachen und Krancken/ und viele ſchlaffen. Die Urſach deſſen hat er vorhingeſetzt: nemblich/ wann ihr unwürdiglich eſſet und trincket. Durch die Schwachen und Krancken wollen die Dollmetſcher die jenige verſtehen/ ſo von der Faul- heit C. 9. v. 20. 1. Cor. 11. 1. Cor.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/554
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/554>, abgerufen am 25.11.2024.