Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Viertzigste Geistliche Lection Disc.statt der Artzeney nur lauter Gifft zu sich/ und häuffet eine Sünd über die an-dere/ wie folgende Geschicht erklähret. Eine gewisse adliche Matron hatt viele Jahren einen begangenen Ehe-Bruch auß Schamhafftigkeit in der Historia.Beicht verschwiegen. Zum Schloß dieser Damen kehrten einsmals zwey Geistliche auß dem Orden deß H. Dominici ein/ und lasen daselbsten Meeß; deren einer deß Pabsten Beichts-Vatter ware: bey so gewünschter Gele- genheit erfrewete sich das Weib/ daß sie dermalen eins ihre vorgemelte Sünd denen Fremblingen ohne Schew beichten mögte. Da sie nun den Last ihrer Sünden durch eine auffrichtige Beicht vor und nach von sich warffe/ kame zu jeder Sünd ein abschewliche Krott auß dero Mund hervor/ und hüpffte durch die Kirchen hin und wider. Da sie nun endlich auch ein sehr grausambes Laster neben denen vorhin abgelegten Sünden beichten wolte/ kame ein erschröcklicher Drach auß derselben Mund mit dem Kopff anfäng- lich hervor/ welcher aber sich nicht gäntzlich herauß lassen wolte/ in dem diese Dame von der Schamhafftigkeit überwunden/ die Bekändnuß alsolcher Sünde zuruck hielte. Dahero kamen alle vorhin außgetriebene Krotten zu dem beichtenden Weib/ und sprungen widerumb derselben zum Mund hinein. Nach gethaner Beicht setzten die Geistliche alsbald ihre Reise weiters fort; auff welcher der eine alles was er im Geist gesehen hatte/ dem Beichts-Vat- ter erzehlete: alsbald kehrten sie zuruck/ in Meinung das Weib zur vollköm- lichen Beicht zu ermahnen; funden aber/ daß sie deß gähen Todts gestorben ware: würden derhalben zumalen entröstet/ und nahmen sich vor durch ein dreytägiges Fasten und unauffhörliches Betten/ den barmhertzigen GOtt zu bewegen/ daß er sich entweder dieser Seelen erbarmen/ oder ihnen dersel- ben Zustand bedeuten wolle. Nach dreyen Tagen erschiene die verstorbe- ne Dame auff einem erschröcklichen Drachen reitend/ und mit zwey giffti- gen Schlangen umbhälset/ so mit ihren Zähnen derselben Brüst zernage- ten; die Augen waren mit zweyen Krotten besessen/ und auß dem Maul flosse ein brennender Schwefel/ der einen unerträglichen Gestanck verur- sachete: die Hände wurden von zweyen rasenden Hunden zerrissen/ die Oh- ren wurden mit feurigen Pfeilen erfüllet/ und der Kopff wurde von den allervergifftigsten Heydechsen zerfressen. Uber sothanes trauriges Spec- tacul fielen die beyde Geistliche vor Schrecken zur Crden: wurden aber von dem also mißstalten Weib mit diesen Worten angeredet: Jhr Freund deß Allerhöchsten/ förchtet euch nicht; dann ich bin das unglückseelige Weib/ welches euch vor wenig Tagen zwar viele Sünden/ aber nicht alle gebeichtet/ indem ich eine mit meinen Bluts-Verwandten verübte Sünd auß
Die Viertzigſte Geiſtliche Lection Diſc.ſtatt der Artzeney nur lauter Gifft zu ſich/ und haͤuffet eine Suͤnd uͤber die an-dere/ wie folgende Geſchicht erklaͤhret. Eine gewiſſe adliche Matron hatt viele Jahren einen begangenen Ehe-Bruch auß Schamhafftigkeit in der Hiſtoria.Beicht verſchwiegen. Zum Schloß dieſer Damen kehrten einsmals zwey Geiſtliche auß dem Orden deß H. Dominici ein/ und laſen daſelbſten Meeß; deren einer deß Pabſten Beichts-Vatter ware: bey ſo gewuͤnſchter Gele- genheit erfrewete ſich das Weib/ daß ſie dermalen eins ihre vorgemelte Suͤnd denen Fremblingen ohne Schew beichten moͤgte. Da ſie nun den Laſt ihrer Suͤnden durch eine auffrichtige Beicht vor und nach von ſich warffe/ kame zu jeder Suͤnd ein abſchewliche Krott auß dero Mund hervor/ und huͤpffte durch die Kirchen hin und wider. Da ſie nun endlich auch ein ſehr grauſambes Laſter neben denen vorhin abgelegten Suͤnden beichten wolte/ kame ein erſchroͤcklicher Drach auß derſelben Mund mit dem Kopff anfaͤng- lich hervor/ welcher aber ſich nicht gaͤntzlich herauß laſſen wolte/ in dem dieſe Dame von der Schamhafftigkeit uͤberwunden/ die Bekaͤndnuß alſolcher Suͤnde zuruck hielte. Dahero kamen alle vorhin außgetriebene Krotten zu dem beichtenden Weib/ und ſprungen widerumb derſelben zum Mund hinein. Nach gethaner Beicht ſetzten die Geiſtliche alsbald ihre Reiſe weiters fort; auff welcher der eine alles was er im Geiſt geſehen hatte/ dem Beichts-Vat- ter erzehlete: alsbald kehrten ſie zuruck/ in Meinung das Weib zur vollkoͤm- lichen Beicht zu ermahnen; funden aber/ daß ſie deß gaͤhen Todts geſtorben ware: wuͤrden derhalben zumalen entroͤſtet/ und nahmen ſich vor durch ein dreytaͤgiges Faſten und unauffhoͤrliches Betten/ den barmhertzigen GOtt zu bewegen/ daß er ſich entweder dieſer Seelen erbarmen/ oder ihnen derſel- ben Zuſtand bedeuten wolle. Nach dreyen Tagen erſchiene die verſtorbe- ne Dame auff einem erſchroͤcklichen Drachen reitend/ und mit zwey giffti- gen Schlangen umbhaͤlſet/ ſo mit ihren Zaͤhnen derſelben Bruͤſt zernage- ten; die Augen waren mit zweyen Krotten beſeſſen/ und auß dem Maul floſſe ein brennender Schwefel/ der einen unertraͤglichen Geſtanck verur- ſachete: die Haͤnde wurden von zweyen raſenden Hunden zerriſſen/ die Oh- ren wurden mit feurigen Pfeilen erfuͤllet/ und der Kopff wurde von den allervergifftigſten Heydechſen zerfreſſen. Uber ſothanes trauriges Spec- tacul fielen die beyde Geiſtliche vor Schrecken zur Crden: wurden aber von dem alſo mißſtalten Weib mit dieſen Worten angeredet: Jhr Freund deß Allerhoͤchſten/ foͤrchtet euch nicht; dann ich bin das ungluͤckſeelige Weib/ welches euch vor wenig Tagen zwar viele Suͤnden/ aber nicht alle gebeichtet/ indem ich eine mit meinen Bluts-Verwandten veruͤbte Suͤnd auß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0534" n="506"/><fw place="top" type="header">Die Viertzigſte Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Diſc.</hi></note>ſtatt der Artzeney nur lauter Gifft zu ſich/ und haͤuffet eine Suͤnd uͤber die an-<lb/> dere/ wie folgende Geſchicht erklaͤhret. Eine gewiſſe adliche Matron hatt<lb/> viele Jahren einen begangenen Ehe-Bruch auß Schamhafftigkeit in der<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Hiſtoria.</hi></note>Beicht verſchwiegen. Zum Schloß dieſer Damen kehrten einsmals zwey<lb/> Geiſtliche auß dem Orden deß H. <hi rendition="#aq">Dominici</hi> ein/ und laſen daſelbſten Meeß;<lb/> deren einer deß Pabſten Beichts-Vatter ware: bey ſo gewuͤnſchter Gele-<lb/> genheit erfrewete ſich das Weib/ daß ſie dermalen eins ihre vorgemelte Suͤnd<lb/> denen Fremblingen ohne Schew beichten moͤgte. Da ſie nun den Laſt<lb/> ihrer Suͤnden durch eine auffrichtige Beicht vor und nach von ſich warffe/<lb/> kame zu jeder Suͤnd ein abſchewliche Krott auß dero Mund hervor/ und<lb/> huͤpffte durch die Kirchen hin und wider. Da ſie nun endlich auch ein ſehr<lb/> grauſambes Laſter neben denen vorhin abgelegten Suͤnden beichten wolte/<lb/> kame ein erſchroͤcklicher Drach auß derſelben Mund mit dem Kopff anfaͤng-<lb/> lich hervor/ welcher aber ſich nicht gaͤntzlich herauß laſſen wolte/ in dem dieſe<lb/> Dame von der <hi rendition="#fr">S</hi>chamhafftigkeit uͤberwunden/ die Bekaͤndnuß alſolcher<lb/> Suͤnde zuruck hielte. Dahero kamen alle vorhin außgetriebene Krotten zu<lb/> dem beichtenden Weib/ und ſprungen widerumb derſelben zum Mund hinein.<lb/> Nach gethaner Beicht ſetzten die Geiſtliche alsbald ihre Reiſe weiters fort;<lb/> auff welcher der eine alles was er im Geiſt geſehen hatte/ dem Beichts-Vat-<lb/> ter erzehlete: alsbald kehrten ſie zuruck/ in Meinung das Weib zur vollkoͤm-<lb/> lichen Beicht zu ermahnen; funden aber/ daß ſie deß gaͤhen Todts geſtorben<lb/> ware: wuͤrden derhalben zumalen entroͤſtet/ und nahmen ſich vor durch ein<lb/> dreytaͤgiges Faſten und unauffhoͤrliches Betten/ den barmhertzigen GOtt<lb/> zu bewegen/ daß er ſich entweder dieſer Seelen erbarmen/ oder ihnen derſel-<lb/> ben Zuſtand bedeuten wolle. Nach dreyen Tagen erſchiene die verſtorbe-<lb/> ne Dame auff einem erſchroͤcklichen Drachen reitend/ und mit zwey giffti-<lb/> gen Schlangen umbhaͤlſet/ ſo mit ihren Zaͤhnen derſelben Bruͤſt zernage-<lb/> ten; die Augen waren mit zweyen Krotten beſeſſen/ und auß dem Maul<lb/> floſſe ein brennender Schwefel/ der einen unertraͤglichen Geſtanck verur-<lb/> ſachete: die Haͤnde wurden von zweyen raſenden Hunden zerriſſen/ die Oh-<lb/> ren wurden mit feurigen Pfeilen erfuͤllet/ und der Kopff wurde von den<lb/> allervergifftigſten Heydechſen zerfreſſen. Uber ſothanes trauriges Spec-<lb/> tacul fielen die beyde Geiſtliche vor Schrecken zur Crden: wurden aber<lb/> von dem alſo mißſtalten Weib mit dieſen Worten angeredet: Jhr Freund<lb/> deß Allerhoͤchſten/ foͤrchtet euch nicht; dann ich bin das ungluͤckſeelige<lb/> Weib/ welches euch vor wenig Tagen zwar viele <hi rendition="#fr">S</hi>uͤnden/ aber nicht alle<lb/> gebeichtet/ indem ich eine mit meinen Bluts-Verwandten veruͤbte <hi rendition="#fr">S</hi>uͤnd<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auß</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [506/0534]
Die Viertzigſte Geiſtliche Lection
ſtatt der Artzeney nur lauter Gifft zu ſich/ und haͤuffet eine Suͤnd uͤber die an-
dere/ wie folgende Geſchicht erklaͤhret. Eine gewiſſe adliche Matron hatt
viele Jahren einen begangenen Ehe-Bruch auß Schamhafftigkeit in der
Beicht verſchwiegen. Zum Schloß dieſer Damen kehrten einsmals zwey
Geiſtliche auß dem Orden deß H. Dominici ein/ und laſen daſelbſten Meeß;
deren einer deß Pabſten Beichts-Vatter ware: bey ſo gewuͤnſchter Gele-
genheit erfrewete ſich das Weib/ daß ſie dermalen eins ihre vorgemelte Suͤnd
denen Fremblingen ohne Schew beichten moͤgte. Da ſie nun den Laſt
ihrer Suͤnden durch eine auffrichtige Beicht vor und nach von ſich warffe/
kame zu jeder Suͤnd ein abſchewliche Krott auß dero Mund hervor/ und
huͤpffte durch die Kirchen hin und wider. Da ſie nun endlich auch ein ſehr
grauſambes Laſter neben denen vorhin abgelegten Suͤnden beichten wolte/
kame ein erſchroͤcklicher Drach auß derſelben Mund mit dem Kopff anfaͤng-
lich hervor/ welcher aber ſich nicht gaͤntzlich herauß laſſen wolte/ in dem dieſe
Dame von der Schamhafftigkeit uͤberwunden/ die Bekaͤndnuß alſolcher
Suͤnde zuruck hielte. Dahero kamen alle vorhin außgetriebene Krotten zu
dem beichtenden Weib/ und ſprungen widerumb derſelben zum Mund hinein.
Nach gethaner Beicht ſetzten die Geiſtliche alsbald ihre Reiſe weiters fort;
auff welcher der eine alles was er im Geiſt geſehen hatte/ dem Beichts-Vat-
ter erzehlete: alsbald kehrten ſie zuruck/ in Meinung das Weib zur vollkoͤm-
lichen Beicht zu ermahnen; funden aber/ daß ſie deß gaͤhen Todts geſtorben
ware: wuͤrden derhalben zumalen entroͤſtet/ und nahmen ſich vor durch ein
dreytaͤgiges Faſten und unauffhoͤrliches Betten/ den barmhertzigen GOtt
zu bewegen/ daß er ſich entweder dieſer Seelen erbarmen/ oder ihnen derſel-
ben Zuſtand bedeuten wolle. Nach dreyen Tagen erſchiene die verſtorbe-
ne Dame auff einem erſchroͤcklichen Drachen reitend/ und mit zwey giffti-
gen Schlangen umbhaͤlſet/ ſo mit ihren Zaͤhnen derſelben Bruͤſt zernage-
ten; die Augen waren mit zweyen Krotten beſeſſen/ und auß dem Maul
floſſe ein brennender Schwefel/ der einen unertraͤglichen Geſtanck verur-
ſachete: die Haͤnde wurden von zweyen raſenden Hunden zerriſſen/ die Oh-
ren wurden mit feurigen Pfeilen erfuͤllet/ und der Kopff wurde von den
allervergifftigſten Heydechſen zerfreſſen. Uber ſothanes trauriges Spec-
tacul fielen die beyde Geiſtliche vor Schrecken zur Crden: wurden aber
von dem alſo mißſtalten Weib mit dieſen Worten angeredet: Jhr Freund
deß Allerhoͤchſten/ foͤrchtet euch nicht; dann ich bin das ungluͤckſeelige
Weib/ welches euch vor wenig Tagen zwar viele Suͤnden/ aber nicht alle
gebeichtet/ indem ich eine mit meinen Bluts-Verwandten veruͤbte Suͤnd
auß
Diſc.
Hiſtoria.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/534 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/534>, abgerufen am 16.02.2025. |