Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Betrachtung deß Leyden Christi. ner abgelegten Beicht/ ist der Jüngling dem Leib nach zum andermal gestor-ben. Er wäre aber auch der Seelen nach ewiglich gestorben/ wann er nicht durch obgemelte Gottgefällige Ubung/ bey seinem Richter sich verdienstlich gemacht hätte. 12. Nun höre zum Schluß/ mein Christliche Seel/ den Gottseeligen send Q q q 2
Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti. ner abgelegten Beicht/ iſt der Juͤngling dem Leib nach zum andermal geſtor-ben. Er waͤre aber auch der Seelen nach ewiglich geſtorben/ wann er nicht durch obgemelte Gottgefaͤllige Ubung/ bey ſeinem Richter ſich verdienſtlich gemacht haͤtte. 12. Nun hoͤre zum Schluß/ mein Chriſtliche Seel/ den Gottſeeligen ſend Q q q 2
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Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti.
ner abgelegten Beicht/ iſt der Juͤngling dem Leib nach zum andermal geſtor-
ben. Er waͤre aber auch der Seelen nach ewiglich geſtorben/ wann er nicht
durch obgemelte Gottgefaͤllige Ubung/ bey ſeinem Richter ſich verdienſtlich
gemacht haͤtte.
12. Nun hoͤre zum Schluß/ mein Chriſtliche Seel/ den Gottſeeligen
Henricum Suſonem, welcher Chriſtum unſeren Heyland mit einem ſeiner
Diener/ von ſeinem bitteren Leyden alſo redend darſtellet: Mir iſt/ ſagt
Chriſtus/ das Hertz deß Menſchen viel angenehmer/ wann es von aller irr-
diſchen Lieb leer/ und das herrliche Exempel meines Lebens zu folgen immer
befliſſen iſt; als wann ſelbiges mit unauffhoͤrlichem Seufftzen und Weinen
mich ehret/ und ſo viel Zaͤhren vergieſſet/ als jemalen Troͤfflein Regen vom
Himmel gefallen: Sintemalen ich durch Uberſtehung meines ſo bitteren
Todts dieſes zum meinſten geſucht hab/ das mir die Menſchen nachfolgeten:
wiewohl mir die andaͤchtige Zaͤhren auch ſonderbar lieb und angenehm ſeynd.
Wann du mein Leyden mit weinenden Augen nicht betrachten kanſt; ſo thue
es nichts deſtoweniger mit froͤligem Hertzen/ wegen der unermeßlichen Guͤ-
ter/ ſo dir dar auß erwachſſen. Solſtu auch weder in Zaͤhren/ weder in Froͤ-
ligkeit deſſelben gedencken moͤgen; ſo uͤberlauff dieſes Leyden zu meiner
Ehren auch mit unempfindlichem Hertzen: dann alſo wirſtu mir nicht weni-
geren Dienſt leiſten/ als wann du fuͤr Zaͤhren und Suͤſſigkeit zergiengeſt:
zumahlen du auff ſolche Weiß verrichteſt das Werck auß Liebe meiner/
in dem du dich ſelbſten im geringſten nicht ſucheſt. Auff daß dir aber mein
Leyden mehr zu Hertzen gehe/ und zur Betrachtung deſſelben mehrere Luſt
bekommeſt/ ſo hoͤre/ was ich dir ſagen werde. Eine Seel/ welche mit vielen
Suͤnden beladen iſt/ wird ſich deß Schatz meines Leydens alſo theilhafftig
machen/ daß/ ob ſie ſchon auch ein Tauſend jaͤhriges Feg-Fewr haͤtte auß-
zuſtehen/ dannoch in kurtzer Zeit die Schuld und Straff außtilgen/ ſo gar
auch/ daß ſie ohue einiges Feg-Fewer zur ewigen Seeligkeit gelangen wer-
de. Solches muß aber geſchehen auff dieſe Weiß. Erſtlich muß er
mit zerknirſchtem Hertzen offt und wohl die Grob- und Vielheit ſeiner Suͤn-
den/ mit denen er die Goͤttliche Majeſtet beleidiget hat/ zu Gemuͤth fuͤhren.
Zum anderen muß er die Werck der eigenen Gnugthuung nit zwarn unter-
laſſen/ ſonderen wenig achten/ als welche nit hoͤher gegen die begangene Suͤn-
den zu ſchaͤtzen ſeyen/ dann ein Troͤpfflein Waſſer gegen das gantze Meer.
Zum Dritten muß er die Unermeßligkeit meiner Gnugthuung ſonderbar
hoch achten/ und gedencken/ daß auch ein eintziges Troͤpfflein meines ver-
goſſenen Bluts alle Suͤnden/ nicht allein der eintzigen/ ſonderen auch Tau-
ſend
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