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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection
himmlische Richter einen solchen verwerffen können/ so dessen Leyden mit
andächtigem und mitleydigem Hertzen wird betrachtet haben.

11. Jm Buch der Parabolen redet Gott also: Seelig ist der
Prov. 8. v.
34.
Mensch/ der täglich wachet an meiner Thur/ und wartet
auff mich an den Pösten meiner Thur.
Was kan nun anders
durch diese Thür verstanden werden/ als eben die allerheiligste Wunden
Christi? Derhalben wohl zu mercken ist/ daß der H. Joannes nicht ohne
Geheimnuß in seinem Evangelio also geschrieben habe: Einer von den
Joan. 19.
v.
34.
Kriegs-Knechten eröffnete seine Seiten mit dem Speer.
Er sagt nicht/ verwundete; sonderen/ eröffnete: Damit er andeuten
mögte/ daß uns durch sothane Eröffnung der Eingang zur ewigen See-
ligkeit bereitet wäre. So ist dann seelig der jenige/ so täglich an dieser
Thür vermittels einer andächtigen Betrachtung der Wunden Christi
wachet. Diese Warheit hat erfahren ein gewisser Ley-Bruder deß Regu-
Spec.
Exempl.
dist. 6. c.

10.
lierer Ordens; welcher nach dem Todt seinem Oberen erschienen/ und gesagt/
daß er den geraden Weeg gen Himmel gefahren seye; dieweilen er in seinem
Leb-Zeiten den gecreützigsten Herren in sehr grosser Verehrung gehalten;
und daß er im vorbeygehen der gecreützigsten Bildnuß Christum allzeit ge-
betten habe/ daß er sich umb der am Creütz erlittenen bitteren Schmertzen
In Prato
Flor. L. 1.
c. 22. Ex-
emp.
6.
willen in seinem Hinscheiden erbarmen wolle. Auch wird von einem
Jüngling gelesen/ daß selbiger ewiglich wäre verdambt worden/ wann er sich
nicht so offtmal dem gecreützigsten Jesu befohlen hätte. Dieser pflegte/ so
offt er zum schlaffen niederligen oder auffstehen wolte/ sich mit dem Zeichen
deß H. Creutzes zu versehen/ und diese Wort zu sprechen: Jesu von Na-
zareht/ erbarm dich meiner/ im Nahmen deß Vatters/ und
deß Sohns/ und deß H. Geistes:
Und bittete den gecreutzigsten Jesum
zugleich; daß er ihn doch ohne Beicht nit wolle sterben lassen. Nun hat sich aber
zugetragen/ daß er durch einen gählingen Todt von dieser Welt geschieden;
da sich dann die böse Geister alsbald einfinden lassen/ umb dessen Seel mit
Historia.sich zur Höllen hinweg zu schlepffen: hierüber hat sich ein herrlicher Jüng-
ling sehen lassen/ und die feindliche Schaaren vertrieben; die Seel aber hat er
an ein finsteres Ort geführet/ und daselbst gelassen. Ein wenig hernach ist
derselbe Jüngling abermalerschienen/ und der Seelen bedeutet; daß/ ob sie
schon die höllische Peinen verdient habe/ dannoch von dem Richter/ wegen ge-
übter Andacht zu seinem Leyden und der Uberschrifft deß Creutzes dergestalt
begnädiget seye; daß sie widerumb zum Leib kehren/ und die begangene
Sünden durch eine sacramentalische Beicht außtilgen könne. Nach sotha-

ner

Die Acht und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
himmliſche Richter einen ſolchen verwerffen koͤnnen/ ſo deſſen Leyden mit
andaͤchtigem und mitleydigem Hertzen wird betrachtet haben.

11. Jm Buch der Parabolen redet Gott alſo: Seelig iſt der
Prov. 8. v.
34.
Menſch/ der taͤglich wachet an meiner Thůr/ und wartet
auff mich an den Poͤſten meiner Thůr.
Was kan nun anders
durch dieſe Thuͤr verſtanden werden/ als eben die allerheiligſte Wunden
Chriſti? Derhalben wohl zu mercken iſt/ daß der H. Joannes nicht ohne
Geheimnuß in ſeinem Evangelio alſo geſchrieben habe: Einer von den
Joan. 19.
v.
34.
Kriegs-Knechten eroͤffnete ſeine Seiten mit dem Speer.
Er ſagt nicht/ verwundete; ſonderen/ eroͤffnete: Damit er andeuten
moͤgte/ daß uns durch ſothane Eroͤffnung der Eingang zur ewigen See-
ligkeit bereitet waͤre. So iſt dann ſeelig der jenige/ ſo taͤglich an dieſer
Thuͤr vermittels einer andaͤchtigen Betrachtung der Wunden Chriſti
wachet. Dieſe Warheit hat erfahren ein gewiſſer Ley-Bruder deß Regu-
Spec.
Exempl.
diſt. 6. c.

10.
lierer Ordens; welcher nach dem Todt ſeinem Oberen erſchienen/ und geſagt/
daß er den geraden Weeg gen Himmel gefahren ſeye; dieweilen er in ſeinem
Leb-Zeiten den gecreuͤtzigſten Herren in ſehr groſſer Verehrung gehalten;
und daß er im vorbeygehen der gecreuͤtzigſten Bildnuß Chriſtum allzeit ge-
betten habe/ daß er ſich umb der am Creuͤtz erlittenen bitteren Schmertzen
In Prato
Flor. L. 1.
c. 22. Ex-
emp.
6.
willen in ſeinem Hinſcheiden erbarmen wolle. Auch wird von einem
Juͤngling geleſen/ daß ſelbiger ewiglich waͤre verdambt worden/ wann er ſich
nicht ſo offtmal dem gecreuͤtzigſten Jeſu befohlen haͤtte. Dieſer pflegte/ ſo
offt er zum ſchlaffen niederligen oder auffſtehen wolte/ ſich mit dem Zeichen
deß H. Creutzes zu verſehen/ und dieſe Wort zu ſprechen: Jeſu von Na-
zareht/ erbarm dich meiner/ im Nahmen deß Vatters/ und
deß Sohns/ und deß H. Geiſtes:
Und bittete dẽ gecreutzigſten Jeſum
zugleich; daß er ihn doch ohne Beicht nit wolle ſterbẽ laſſen. Nun hat ſich aber
zugetragen/ daß er durch einen gaͤhlingen Todt von dieſer Welt geſchieden;
da ſich dann die boͤſe Geiſter alsbald einfinden laſſen/ umb deſſen Seel mit
Hiſtoria.ſich zur Hoͤllen hinweg zu ſchlepffen: hieruͤber hat ſich ein herrlicher Juͤng-
ling ſehen laſſen/ und die feindliche Schaaren vertrieben; die Seel aber hat er
an ein finſteres Ort gefuͤhret/ und daſelbſt gelaſſen. Ein wenig hernach iſt
derſelbe Juͤngling abermalerſchienen/ und der Seelen bedeutet; daß/ ob ſie
ſchon die hoͤlliſche Peinen verdient habe/ dannoch von dem Richter/ wegen ge-
uͤbter Andacht zu ſeinem Leyden und der Uberſchrifft deß Creutzes dergeſtalt
begnaͤdiget ſeye; daß ſie widerumb zum Leib kehren/ und die begangene
Suͤnden durch eine ſacramentaliſche Beicht außtilgen koͤnne. Nach ſotha-

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[490/0518] Die Acht und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection himmliſche Richter einen ſolchen verwerffen koͤnnen/ ſo deſſen Leyden mit andaͤchtigem und mitleydigem Hertzen wird betrachtet haben. 11. Jm Buch der Parabolen redet Gott alſo: Seelig iſt der Menſch/ der taͤglich wachet an meiner Thůr/ und wartet auff mich an den Poͤſten meiner Thůr. Was kan nun anders durch dieſe Thuͤr verſtanden werden/ als eben die allerheiligſte Wunden Chriſti? Derhalben wohl zu mercken iſt/ daß der H. Joannes nicht ohne Geheimnuß in ſeinem Evangelio alſo geſchrieben habe: Einer von den Kriegs-Knechten eroͤffnete ſeine Seiten mit dem Speer. Er ſagt nicht/ verwundete; ſonderen/ eroͤffnete: Damit er andeuten moͤgte/ daß uns durch ſothane Eroͤffnung der Eingang zur ewigen See- ligkeit bereitet waͤre. So iſt dann ſeelig der jenige/ ſo taͤglich an dieſer Thuͤr vermittels einer andaͤchtigen Betrachtung der Wunden Chriſti wachet. Dieſe Warheit hat erfahren ein gewiſſer Ley-Bruder deß Regu- lierer Ordens; welcher nach dem Todt ſeinem Oberen erſchienen/ und geſagt/ daß er den geraden Weeg gen Himmel gefahren ſeye; dieweilen er in ſeinem Leb-Zeiten den gecreuͤtzigſten Herren in ſehr groſſer Verehrung gehalten; und daß er im vorbeygehen der gecreuͤtzigſten Bildnuß Chriſtum allzeit ge- betten habe/ daß er ſich umb der am Creuͤtz erlittenen bitteren Schmertzen willen in ſeinem Hinſcheiden erbarmen wolle. Auch wird von einem Juͤngling geleſen/ daß ſelbiger ewiglich waͤre verdambt worden/ wann er ſich nicht ſo offtmal dem gecreuͤtzigſten Jeſu befohlen haͤtte. Dieſer pflegte/ ſo offt er zum ſchlaffen niederligen oder auffſtehen wolte/ ſich mit dem Zeichen deß H. Creutzes zu verſehen/ und dieſe Wort zu ſprechen: Jeſu von Na- zareht/ erbarm dich meiner/ im Nahmen deß Vatters/ und deß Sohns/ und deß H. Geiſtes: Und bittete dẽ gecreutzigſten Jeſum zugleich; daß er ihn doch ohne Beicht nit wolle ſterbẽ laſſen. Nun hat ſich aber zugetragen/ daß er durch einen gaͤhlingen Todt von dieſer Welt geſchieden; da ſich dann die boͤſe Geiſter alsbald einfinden laſſen/ umb deſſen Seel mit ſich zur Hoͤllen hinweg zu ſchlepffen: hieruͤber hat ſich ein herrlicher Juͤng- ling ſehen laſſen/ und die feindliche Schaaren vertrieben; die Seel aber hat er an ein finſteres Ort gefuͤhret/ und daſelbſt gelaſſen. Ein wenig hernach iſt derſelbe Juͤngling abermalerſchienen/ und der Seelen bedeutet; daß/ ob ſie ſchon die hoͤlliſche Peinen verdient habe/ dannoch von dem Richter/ wegen ge- uͤbter Andacht zu ſeinem Leyden und der Uberſchrifft deß Creutzes dergeſtalt begnaͤdiget ſeye; daß ſie widerumb zum Leib kehren/ und die begangene Suͤnden durch eine ſacramentaliſche Beicht außtilgen koͤnne. Nach ſotha- ner Prov. 8. v. 34. Joan. 19. v. 34. Spec. Exempl. diſt. 6. c. 10. In Prato Flor. L. 1. c. 22. Ex- emp. 6. Hiſtoria.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/518>, abgerufen am 25.11.2024.