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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection
Zucht der Seelen/ ein geistlicher Lehr-Meister/ ein Richt-Schnur deß
Gebetts/ ein unterrichtung der Anfangenden/ und eine fürsichtige Beher-
scherin der innerlichen Jntention oder Meinung. Auß steter Ubung dersel-
ben wird das Hertz deß Menschen befestiget/ die Gedancken werden gereini-
get/ die Einsambkeit gibt einen guten Geschmack/ und der Mensch empfin-
det ein sonderbahres Wolgefallen an seinem GOtt/ der Verstand wird ge-
schärffet/ die Sinnen werden gesaubert und keusch gemacht/ die Vernunfft
wird erleuchtet/ das nichtswertige Geschwätz wird eingestelt/ und das Ge-
müth häncket sich nur an Göttliche Dinge. Diese Betrachtung ist ein geistli-
che Thür deß Gebetts/ krafft deren das Wort von den eingehenden erkennet/
und mit reinen Händen geehret wird. So lang du/ sagt der obgem. Laurentius
weiters das innerliche Gebett in Warheit besitzest/ must du mit selbigem wie
mit deinem Aug-Apffel behutsamb umbgehen/ und gleich einem anvertrauten
geistlichen Schatz bewahren. So nöthig/ so nützlich und fruchtbarlich ist die
Ubung deß innerlichen Gebetts/ ohne welches allein sich keiner einbilde/ daß er
ein guter Geistlicher werden könne; dahero befehlen die Regulen deß Heil.
Augustiner Ordens und anderer Geistlichen/ daß sich ein jeder täglich auffs
wenigst zweymahl eine Stund lang deß innerlichen Gebetts gebrauche. We-
he aber denen/ so diese Englische Ubung auß Trägheit unterlassen. Befleisse
du dich/ mein Christliche Seel/ dieses Gebetts; und wann dich GOtt durch
öfftere Enziehung der gewönlichen Süssigkeit in selbigem Gebett schon un-
freundlich ansicht; so unterlasse du solches doch nicht; sondern gedencke/ daß
es GOtt zu Zeiten mache mit seinen Dienern/ wie es der fromme Patriarch
Joseph gemacht hat mit seinen Brüdern: welche selbiger zwarn scharff an-
geredet; unterdessen aber ihre Sancke mit Getraid und Geld anfüllen lassen.
Damit du dir nur in dieser Ubungselbst helffen könnest/ so will ich dir eine
kurtze Weiß und Manier zu betrachten/ nach meiner Einfalt so deutlich als
möglich ist/ anbeyfügen/ deren fleissiger Ubung dich niemahlen reuen wird/
sondern wirst mit der Gnade GOttes/ in aller zufriedenheit erfahren/ wie
süß und annehmlich es seye/ Gott von Hertzen dienen; und in grosser Freude
Ps. 30. 20.und Frolocken mit dem frommen David überlaut ruffen: Wie groß
und vielfältig ist deine Sussigkeit/ O Herr/ welche du
verborgen hast den jenigen/ die dich förchten.

Ein

Die Sieben und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
Zucht der Seelen/ ein geiſtlicher Lehr-Meiſter/ ein Richt-Schnur deß
Gebetts/ ein unterrichtung der Anfangenden/ und eine fuͤrſichtige Beher-
ſcherin der innerlichen Jntention oder Meinung. Auß ſteter Ubung derſel-
ben wird das Hertz deß Menſchen befeſtiget/ die Gedancken werden gereini-
get/ die Einſambkeit gibt einen guten Geſchmack/ und der Menſch empfin-
det ein ſonderbahres Wolgefallen an ſeinem GOtt/ der Verſtand wird ge-
ſchaͤrffet/ die Sinnen werden geſaubert und keuſch gemacht/ die Vernunfft
wird erleuchtet/ das nichtswertige Geſchwaͤtz wird eingeſtelt/ und das Ge-
muͤth haͤncket ſich nur an Goͤttliche Dinge. Dieſe Betrachtung iſt ein geiſtli-
che Thuͤr deß Gebetts/ krafft derẽ das Wort von den eingehenden erkeñet/
und mit reinen Haͤnden geehret wird. So lang du/ ſagt der obgem. Laurentius
weiters das innerliche Gebett in Warheit beſitzeſt/ muſt du mit ſelbigem wie
mit deinem Aug-Apffel behutſamb umbgehen/ und gleich einem anvertrauten
geiſtlichen Schatz bewahren. So noͤthig/ ſo nuͤtzlich und fruchtbarlich iſt die
Ubung deß innerlichen Gebetts/ ohne welches allein ſich keiner einbilde/ daß er
ein guter Geiſtlicher werden koͤnne; dahero befehlen die Regulen deß Heil.
Auguſtiner Ordens und anderer Geiſtlichen/ daß ſich ein jeder taͤglich auffs
wenigſt zweymahl eine Stund lang deß innerlichen Gebetts gebrauche. We-
he aber denen/ ſo dieſe Engliſche Ubung auß Traͤgheit unterlaſſen. Befleiſſe
du dich/ mein Chriſtliche Seel/ dieſes Gebetts; und wann dich GOtt durch
oͤfftere Enziehung der gewoͤnlichen Suͤſſigkeit in ſelbigem Gebett ſchon un-
freundlich anſicht; ſo unterlaſſe du ſolches doch nicht; ſondern gedencke/ daß
es GOtt zu Zeiten mache mit ſeinen Dienern/ wie es der fromme Patriarch
Joſeph gemacht hat mit ſeinen Bruͤdern: welche ſelbiger zwarn ſcharff an-
geredet; unterdeſſen aber ihre Sãcke mit Getraid und Geld anfuͤllen laſſen.
Damit du dir nur in dieſer Ubungſelbſt helffen koͤnneſt/ ſo will ich dir eine
kurtze Weiß und Manier zu betrachten/ nach meiner Einfalt ſo deutlich als
moͤglich iſt/ anbeyfuͤgen/ deren fleiſſiger Ubung dich niemahlen reuen wird/
ſondern wirſt mit der Gnade GOttes/ in aller zufriedenheit erfahren/ wie
ſuͤß und annehmlich es ſeye/ Gott von Hertzen dienen; und in groſſer Freude
Pſ. 30. 20.und Frolocken mit dem frommen David uͤberlaut ruffen: Wie groß
und vielfaͤltig iſt deine Sůſſigkeit/ O Herr/ welche du
verborgen haſt den jenigen/ die dich foͤrchten.

Ein
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[464/0492] Die Sieben und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection Zucht der Seelen/ ein geiſtlicher Lehr-Meiſter/ ein Richt-Schnur deß Gebetts/ ein unterrichtung der Anfangenden/ und eine fuͤrſichtige Beher- ſcherin der innerlichen Jntention oder Meinung. Auß ſteter Ubung derſel- ben wird das Hertz deß Menſchen befeſtiget/ die Gedancken werden gereini- get/ die Einſambkeit gibt einen guten Geſchmack/ und der Menſch empfin- det ein ſonderbahres Wolgefallen an ſeinem GOtt/ der Verſtand wird ge- ſchaͤrffet/ die Sinnen werden geſaubert und keuſch gemacht/ die Vernunfft wird erleuchtet/ das nichtswertige Geſchwaͤtz wird eingeſtelt/ und das Ge- muͤth haͤncket ſich nur an Goͤttliche Dinge. Dieſe Betrachtung iſt ein geiſtli- che Thuͤr deß Gebetts/ krafft derẽ das Wort von den eingehenden erkeñet/ und mit reinen Haͤnden geehret wird. So lang du/ ſagt der obgem. Laurentius weiters das innerliche Gebett in Warheit beſitzeſt/ muſt du mit ſelbigem wie mit deinem Aug-Apffel behutſamb umbgehen/ und gleich einem anvertrauten geiſtlichen Schatz bewahren. So noͤthig/ ſo nuͤtzlich und fruchtbarlich iſt die Ubung deß innerlichen Gebetts/ ohne welches allein ſich keiner einbilde/ daß er ein guter Geiſtlicher werden koͤnne; dahero befehlen die Regulen deß Heil. Auguſtiner Ordens und anderer Geiſtlichen/ daß ſich ein jeder taͤglich auffs wenigſt zweymahl eine Stund lang deß innerlichen Gebetts gebrauche. We- he aber denen/ ſo dieſe Engliſche Ubung auß Traͤgheit unterlaſſen. Befleiſſe du dich/ mein Chriſtliche Seel/ dieſes Gebetts; und wann dich GOtt durch oͤfftere Enziehung der gewoͤnlichen Suͤſſigkeit in ſelbigem Gebett ſchon un- freundlich anſicht; ſo unterlaſſe du ſolches doch nicht; ſondern gedencke/ daß es GOtt zu Zeiten mache mit ſeinen Dienern/ wie es der fromme Patriarch Joſeph gemacht hat mit ſeinen Bruͤdern: welche ſelbiger zwarn ſcharff an- geredet; unterdeſſen aber ihre Sãcke mit Getraid und Geld anfuͤllen laſſen. Damit du dir nur in dieſer Ubungſelbſt helffen koͤnneſt/ ſo will ich dir eine kurtze Weiß und Manier zu betrachten/ nach meiner Einfalt ſo deutlich als moͤglich iſt/ anbeyfuͤgen/ deren fleiſſiger Ubung dich niemahlen reuen wird/ ſondern wirſt mit der Gnade GOttes/ in aller zufriedenheit erfahren/ wie ſuͤß und annehmlich es ſeye/ Gott von Hertzen dienen; und in groſſer Freude und Frolocken mit dem frommen David uͤberlaut ruffen: Wie groß und vielfaͤltig iſt deine Sůſſigkeit/ O Herr/ welche du verborgen haſt den jenigen/ die dich foͤrchten. Pſ. 30. 20. Ein

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/492>, abgerufen am 22.11.2024.