Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Hoffnung. aller gütigster Vatter von allen Ubelen bewahren/ und viel grössere Sorgfür uns haben werde/ als auch die klugeste Elteren für ihre Kinder tragen können. Daß also wahr ist/ was der Prophet sagt: Kan auch einIsa. 49. v. 15. Mutter ihres kleinen Kinds vergessen/ daß sie sich nicht erbarme uber den Sohn/ der von ihrem Leib gebohren ist: und wann sie desselben vergessen wurde; so will ich deiner doch nicht vergessen. O was kan süsser/ was kan lieb- licher und fröhlicher einem Diener GOttes vorkommen/ als die so an- nehmbliche Stimm seines HErren: Jch will deiner nicht ver- gessen. 10. Und wann schon einer so grosse und gewöhnliche Buß-Werck ver- 11. Wilstu nun/ mein Christliche Seel/ wider solchen Feind Tugend C 2
Von der Hoffnung. aller guͤtigſter Vatter von allen Ubelen bewahren/ und viel groͤſſere Sorgfuͤr uns haben werde/ als auch die klugeſte Elteren fuͤr ihre Kinder tragen koͤnnen. Daß alſo wahr iſt/ was der Prophet ſagt: Kan auch einIſa. 49. v. 15. Mutter ihres kleinen Kinds vergeſſen/ daß ſie ſich nicht erbarme ůber den Sohn/ der von ihrem Leib gebohren iſt: und wann ſie deſſelben vergeſſen wůrde; ſo will ich deiner doch nicht vergeſſen. O was kan ſuͤſſer/ was kan lieb- licher und froͤhlicher einem Diener GOttes vorkommen/ als die ſo an- nehmbliche Stimm ſeines HErren: Jch will deiner nicht ver- geſſen. 10. Und wann ſchon einer ſo groſſe und gewoͤhnliche Buß-Werck ver- 11. Wilſtu nun/ mein Chriſtliche Seel/ wider ſolchen Feind Tugend C 2
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Von der Hoffnung.
aller guͤtigſter Vatter von allen Ubelen bewahren/ und viel groͤſſere Sorg
fuͤr uns haben werde/ als auch die klugeſte Elteren fuͤr ihre Kinder tragen
koͤnnen. Daß alſo wahr iſt/ was der Prophet ſagt: Kan auch ein
Mutter ihres kleinen Kinds vergeſſen/ daß ſie ſich nicht
erbarme ůber den Sohn/ der von ihrem Leib gebohren
iſt: und wann ſie deſſelben vergeſſen wůrde; ſo will ich
deiner doch nicht vergeſſen. O was kan ſuͤſſer/ was kan lieb-
licher und froͤhlicher einem Diener GOttes vorkommen/ als die ſo an-
nehmbliche Stimm ſeines HErren: Jch will deiner nicht ver-
geſſen.
Iſa. 49. v.
15.
10. Und wann ſchon einer ſo groſſe und gewoͤhnliche Buß-Werck ver-
richtete; oder mit ſo vielen Exemplen der heroiſchen Tugenden andern
vorleuchtete/ als er immer moͤgte; ſo muß doch ſolcher auff dieſe gute
Werck ſeine Hoffnung nicht gaͤntzlich ſetzen; ſondern iſt ſchuldig/ ſelbige
auff die Goͤttliche Guͤtigkeit/ und die unendliche Verdienſten Chriſti zu
werffen; dieweilen ſolches Vertrauen der Teuffel vielmehr foͤrchtet/ als
die Ubungen der Tugenden ſelbſten; welches augenſcheinlich zu ſehen auß
dem/ was dem H. Bernardo widerfahren iſt: dann da ſelbiger mit einer
ſchwaͤhren Kranckheit behafftet/ zum End ſeines Lebens zu naheren ſchei-
nete/ iſt ihm vorkommen/ als wann er vor dem Richter-Stuhl GOttes
ſtuͤnde: und als er daſelbſten groͤblicher und heiloſer Weiß vom leidigen
Satan angeklagt wurde; hat ihm derſelbige umb die Verantwortung zu
thun genugſame Weil erſtattet: es ſagte aber der Gottſeelige und unge-
buͤhrlich angeklagte Bernardus nicht/ daß dieſem nicht alſo waͤre: er ſagte
nicht/ daß/ wann ſchon dieſe Anklagungen rechtmaͤſſig waͤren/ er darfuͤr
ſchon laͤngſt mit vielen Zaͤhren und anderen guten Wercken ſattſame Buß
gethan haͤtte: nichts dergleichen hat Bernardus zu ſeiner Verthaͤtigung
vorgebracht; ſondern hat geantwortet: ich bekenne gern/ daß weder mir/
weder meinen Wercken der Himmel gebuͤhre; ſolches ich zumahlen unwuͤr-
dig bin: weilen aber mein Herr demſelben mit doppeltem Recht erworben
hat/ nemblich durch die Erbſchafft deß Vatters/ und durch die Verdien-
ſten deß bittern Leydens; ſo iſt er mit einem zu frieden/ und ſchencket mir
das andere. Von dieſem geſchenckten Recht/ lebe ich der troͤſtlichen
Zuverſicht/ daß ich deſſen Erb ſeyn werde. Nach ſolcher erſtatteten Ant-
wort iſt der hoͤlliſche Anklaͤger gantz ſchamroth worden/ und ſambt allem
Schein deß Gerichts Richter-Stuhls verſchwunden.
Sur. 20.
Aug. in
vit.
11. Wilſtu nun/ mein Chriſtliche Seel/ wider ſolchen Feind
obſiegen/ ſo fliehe unter den Schirm der Hoffnung: und wann ſolche
Tugend
C 2
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