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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Fünff und Dreyssigste Geistliche Lection
l. 4. 9.Mann hierüber seine Urtheil gefählet/ mit diesen Worten: Es ist besser/
daß zweene beyeinander seynd/ dann allein: dann sie haben
Vortheil von ihrer Gesellschafft: wann einer fallet/ so
wird er vom andern auffgerichtet:
Durch diese Wort wird der
erste Nutzen angedeutet; daß sie nemblich einander theils mit dem Gebett/
theils mit Ermahnungen/ theils mit einem guten Exempel auffmuntern/
und in einen guten Stand bringen. Dahero setzt der obgemeldte weise Mann
alsbald hinzu. Wehe dem/ der allein ist; dann wann er fallet/
so hat er niemand/ der ihm auffhelffe.
Der andere Nutzen wird
auß diesen Worten abgenommen: Vnd wann zween bey einander
schlaffen/ so wird einer von dem andern warm gemacht;
wer allein ist/ wie soll der warm werden:
Nemblich wie ein
Kohlen von ihm selbsten entzündet werde/ wann man ihn zu andern glüenden
Kohlen leget: also wird ein lawer Geistliche in der Liebe und Dienst Gottes
brennend gemacht/ wann er den brennenden zugesellet wird. Den dritten
Nutzen deuten uns die folgende Wort deß weisen Manns: Vnd wann
jemand einem zu starck; so werden ihm zween Widerstand
thun:
Dann im geistlichen Stand/ sagt der Heil. Bernardus/ seynd so
viele/ die Hülff leisten/ als viele sölche Gesellen; die mit dem Apostel
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Cor. 2.sagen können: Die Gedancken deß Sathans seynd uns nicht
unbewust:
Zumahlen gewiß ist/ daß die Gesellschafft der Guten/ so viel
ihre Stärcke angehet/ dem Teuffel so erschröcklich vorkommet/ wie ein wohl
geordnetes Heer-Läger.

4. Was nun den geistlichen Stand weiters erhebet/ ist dieses: daß er nemb-
lich von den H. H. Vättern nicht allein eine Marter genennet werde; sondern
Hom. 35.
in Evang.
auch ein solche in der Warheit seye: sintemahlen der H. Gregorius der Mei-
nung ist/ daß zweyerley Geschlecht der Marter seyen: eines der Seelen nach/
und das andere dem Leib und zugleich der Seelen nach. So können wir dann
Marter seyn/ wan wir schon dem Leib nach nicht getödtet werden. Der durch
das Schwerd deß Verfolgers zu sterben genöthiget wird/ ist ein Marter im
offenbahren Werck: der Schmach-Reden und Gedult traget/ und liebet/ die
ihn hassen/ ist ein Marter in den verborgenen Gedancken: und der gelehrte Cle-
L. 29. c. 11.mens Alexandrinus schreibt also von der Sachen: wan dem Menschen das
Leben benommen/ und also ein End desselben gemacht wird/ daß heissen wir
ein Martyrium, oder eine Marter; nicht derhalben/ daß dardurch deß
Menschen Leben geendiget werde; sondern daß er nunmehro voll-
zogen habe daß Werck der Liebe. Wann dann nun die Be-
kändnuß deß Glaubens ein Marter ist; so muß auch/

aller

Die Fuͤnff und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
l. 4. 9.Mann hieruͤber ſeine Urtheil gefaͤhlet/ mit dieſen Worten: Es iſt beſſer/
daß zweene beyeinander ſeynd/ dann allein: dann ſie haben
Vortheil von ihrer Geſellſchafft: wann einer fallet/ ſo
wird er vom andern auffgerichtet:
Durch dieſe Wort wird der
erſte Nutzen angedeutet; daß ſie nemblich einander theils mit dem Gebett/
theils mit Ermahnungen/ theils mit einem guten Exempel auffmuntern/
und in einen guten Stand bringen. Dahero ſetzt der obgemeldte weiſe Mann
alsbald hinzu. Wehe dem/ der allein iſt; dann wann er fallet/
ſo hat er niemand/ der ihm auffhelffe.
Der andere Nutzen wird
auß dieſen Worten abgenommen: Vnd wann zween bey einander
ſchlaffen/ ſo wird einer von dem andern warm gemacht;
wer allein iſt/ wie ſoll der warm werden:
Nemblich wie ein
Kohlen von ihm ſelbſten entzuͤndet werde/ wann man ihn zu andern gluͤenden
Kohlen leget: alſo wird ein lawer Geiſtliche in der Liebe und Dienſt Gottes
brennend gemacht/ wann er den brennenden zugeſellet wird. Den dritten
Nutzen deuten uns die folgende Wort deß weiſen Manns: Vnd wann
jemand einem zu ſtarck; ſo werden ihm zween Widerſtand
thun:
Dann im geiſtlichen Stand/ ſagt der Heil. Bernardus/ ſeynd ſo
viele/ die Huͤlff leiſten/ als viele ſoͤlche Geſellen; die mit dem Apoſtel
[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Cor. 2.ſagen koͤnnen: Die Gedancken deß Sathans ſeynd uns nicht
unbewuſt:
Zumahlen gewiß iſt/ daß die Geſellſchafft der Guten/ ſo viel
ihre Staͤrcke angehet/ dem Teuffel ſo erſchroͤcklich vorkommet/ wie ein wohl
geordnetes Heer-Laͤger.

4. Was nun den geiſtlichen Stand weiters erhebet/ iſt dieſes: daß er nemb-
lich von den H. H. Vaͤttern nicht allein eine Marter genennet werde; ſondern
Hom. 35.
in Evang.
auch ein ſolche in der Warheit ſeye: ſintemahlen der H. Gregorius der Mei-
nung iſt/ daß zweyerley Geſchlecht der Marter ſeyen: eines der Seelen nach/
und das andere dem Leib und zugleich der Seelen nach. So koͤnnen wir dann
Marter ſeyn/ wan wir ſchon dem Leib nach nicht getoͤdtet werden. Der durch
das Schwerd deß Verfolgers zu ſterben genoͤthiget wird/ iſt ein Marter im
offenbahren Werck: der Schmach-Reden und Gedult traget/ und liebet/ die
ihn haſſen/ iſt ein Marter in den verborgenen Gedancken: und der gelehrte Cle-
L. 29. c. 11.mens Alexandrinus ſchreibt alſo von der Sachen: wan dem Menſchen das
Leben benommen/ und alſo ein End deſſelben gemacht wird/ daß heiſſen wir
ein Martyrium, oder eine Marter; nicht derhalben/ daß dardurch deß
Menſchen Leben geendiget werde; ſondern daß er nunmehro voll-
zogen habe daß Werck der Liebe. Wann dann nun die Be-
kaͤndnuß deß Glaubens ein Marter iſt; ſo muß auch/

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[428/0456] Die Fuͤnff und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection Mann hieruͤber ſeine Urtheil gefaͤhlet/ mit dieſen Worten: Es iſt beſſer/ daß zweene beyeinander ſeynd/ dann allein: dann ſie haben Vortheil von ihrer Geſellſchafft: wann einer fallet/ ſo wird er vom andern auffgerichtet: Durch dieſe Wort wird der erſte Nutzen angedeutet; daß ſie nemblich einander theils mit dem Gebett/ theils mit Ermahnungen/ theils mit einem guten Exempel auffmuntern/ und in einen guten Stand bringen. Dahero ſetzt der obgemeldte weiſe Mann alsbald hinzu. Wehe dem/ der allein iſt; dann wann er fallet/ ſo hat er niemand/ der ihm auffhelffe. Der andere Nutzen wird auß dieſen Worten abgenommen: Vnd wann zween bey einander ſchlaffen/ ſo wird einer von dem andern warm gemacht; wer allein iſt/ wie ſoll der warm werden: Nemblich wie ein Kohlen von ihm ſelbſten entzuͤndet werde/ wann man ihn zu andern gluͤenden Kohlen leget: alſo wird ein lawer Geiſtliche in der Liebe und Dienſt Gottes brennend gemacht/ wann er den brennenden zugeſellet wird. Den dritten Nutzen deuten uns die folgende Wort deß weiſen Manns: Vnd wann jemand einem zu ſtarck; ſo werden ihm zween Widerſtand thun: Dann im geiſtlichen Stand/ ſagt der Heil. Bernardus/ ſeynd ſo viele/ die Huͤlff leiſten/ als viele ſoͤlche Geſellen; die mit dem Apoſtel ſagen koͤnnen: Die Gedancken deß Sathans ſeynd uns nicht unbewuſt: Zumahlen gewiß iſt/ daß die Geſellſchafft der Guten/ ſo viel ihre Staͤrcke angehet/ dem Teuffel ſo erſchroͤcklich vorkommet/ wie ein wohl geordnetes Heer-Laͤger. l. 4. 9. _ Cor. 2. 4. Was nun den geiſtlichen Stand weiters erhebet/ iſt dieſes: daß er nemb- lich von den H. H. Vaͤttern nicht allein eine Marter genennet werde; ſondern auch ein ſolche in der Warheit ſeye: ſintemahlen der H. Gregorius der Mei- nung iſt/ daß zweyerley Geſchlecht der Marter ſeyen: eines der Seelen nach/ und das andere dem Leib und zugleich der Seelen nach. So koͤnnen wir dann Marter ſeyn/ wan wir ſchon dem Leib nach nicht getoͤdtet werden. Der durch das Schwerd deß Verfolgers zu ſterben genoͤthiget wird/ iſt ein Marter im offenbahren Werck: der Schmach-Reden und Gedult traget/ und liebet/ die ihn haſſen/ iſt ein Marter in den verborgenen Gedancken: und der gelehrte Cle- mens Alexandrinus ſchreibt alſo von der Sachen: wan dem Menſchen das Leben benommen/ und alſo ein End deſſelben gemacht wird/ daß heiſſen wir ein Martyrium, oder eine Marter; nicht derhalben/ daß dardurch deß Menſchen Leben geendiget werde; ſondern daß er nunmehro voll- zogen habe daß Werck der Liebe. Wann dann nun die Be- kaͤndnuß deß Glaubens ein Marter iſt; ſo muß auch/ aller Hom. 35. in Evang. L. 29. c. 11.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/456>, abgerufen am 25.11.2024.