Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Geistlichen Vollkommenheit. so will ich dich uber vieles setzen/ gehe hinein zu der Freu-de deines HErrn. Ferner/ damit uns GOtt mehr zu dieser Jnacht- nehmung der kleinsten anlockete/ hat er bißweilen mit herrlichen Wunder- Wercken offenbahren wollen/ wie angenehm ihm diese Sorge seye. Dann man leset in denen Leben der H. H. Alt-Vätter/ daß/ als ein Geistlicher nach der Gewonheit die Brosamen auff dem Tisch zu sammlen vergessen/ und die- selbe erst nach dem Tisch gesammlet hat/ ist er alsbald zu dem Obern gangen für ihm niedergeworffen demüthig seine Schuld angezeiget: Und siehe/ eine wunderbahre Sache! dann in dem der Abt begehret/ daß er ihm die gesamm- lete Brosamen zeigete/ hat er sie alsbald in kostbare Perlen verändert gefun- den/ daß sich jederman darüber verwundert hat: 4. Dann wo diese Sorge für die kleinesten Sachen in einem Kloster imEpist. 6. 5. Ein
Von der Geiſtlichen Vollkommenheit. ſo will ich dich ůber vieles ſetzen/ gehe hinein zu der Freu-de deines HErrn. Ferner/ damit uns GOtt mehr zu dieſer Jnacht- nehmung der kleinſten anlockete/ hat er bißweilen mit herrlichen Wunder- Wercken offenbahren wollen/ wie angenehm ihm dieſe Sorge ſeye. Dann man leſet in denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter/ daß/ als ein Geiſtlicher nach der Gewonheit die Broſamen auff dem Tiſch zu ſammlen vergeſſen/ und die- ſelbe erſt nach dem Tiſch geſammlet hat/ iſt er alsbald zu dem Obern gangen fuͤr ihm niedergeworffen demuͤthig ſeine Schuld angezeiget: Und ſiehe/ eine wunderbahre Sache! dann in dem der Abt begehret/ daß er ihm die geſamm- lete Broſamen zeigete/ hat er ſie alsbald in koſtbare Perlen veraͤndert gefun- den/ daß ſich jederman daruͤber verwundert hat: 4. Dann wo dieſe Sorge fuͤr die kleineſten Sachen in einem Kloſter imEpiſt. 6. 5. Ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0411" n="383"/><fw place="top" type="header">Von der Geiſtlichen Vollkommenheit.</fw><lb/><hi rendition="#fr">ſo will ich dich ůber vieles ſetzen/ gehe hinein zu der Freu-<lb/> de deines HErrn.</hi> Ferner/ damit uns GOtt mehr zu dieſer Jnacht-<lb/> nehmung der kleinſten anlockete/ hat er bißweilen mit herrlichen Wunder-<lb/> Wercken offenbahren wollen/ wie angenehm ihm dieſe Sorge ſeye. Dann<lb/> man leſet in denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter/ daß/ als ein Geiſtlicher nach<lb/> der Gewonheit die Broſamen auff dem Tiſch zu ſammlen vergeſſen/ und die-<lb/> ſelbe erſt nach dem Tiſch geſammlet hat/ iſt er alsbald zu dem Obern gangen<lb/> fuͤr ihm niedergeworffen demuͤthig ſeine Schuld angezeiget: Und ſiehe/ eine<lb/> wunderbahre Sache! dann in dem der Abt begehret/ daß er ihm die geſamm-<lb/> lete Broſamen zeigete/ hat er ſie alsbald in koſtbare Perlen veraͤndert gefun-<lb/> den/ daß ſich jederman daruͤber verwundert hat:</p><lb/> <p>4. Dann wo dieſe Sorge fuͤr die kleineſten Sachen in einem Kloſter im<note place="right"><hi rendition="#aq">Epiſt. 6.<lb/> ad Mo-<lb/> nach.</hi></note><lb/> ſchwang gehet/ daſelbſt wird die kloͤſterliche Zucht als ein Palmbaum bluͤhen.<lb/> Es iſt/ ſpricht der H. Anſelmus/ auffs allergewiſſeſte/ welches wir in vielen<lb/> Kirchen auß Erfahrung gehoͤret/ daß in einem Kloſter/ wo die kleineſten Sa-<lb/> chen genau in acht genom̃en werden/ die Zucht der Muͤnchen/ der Fried unter<lb/> dẽ Bruͤdern/ daſelbſt unverletzt bleibe/ und im Capitel hoͤren auf die Außſchrei-<lb/> ungẽ Dannenhero hat die H. <hi rendition="#aq">Maria Magd. de Pazzis</hi> durch die Offenbahrung<note place="right"><hi rendition="#aq">Vita p. 4.<lb/> c.</hi> 14.</note><lb/> GOttes gelehret/ daß man unter 5. Sachen/ welche man fuͤr einen jeden Or-<lb/> den in ſeinem geiſtlichen Stand zu erhalten begehren ſoll/ auch dieſe allzeit<lb/> begehren ſolte/ auff daß alle Geiſtliche vollkommentlich erkennen/ wie viel<lb/> daran gelegen ſeye eine jede kleineſte Sache der heiligen Regul in acht zu neh-<lb/> men. Was nun zu Erhaltung eines Ordens nothwendig iſt: wer ſolte laug-<lb/> nen/ daß nicht auch ſolches erfordert werde zu Erhaltung einer Ordens-<lb/> Perſohn/ die im Weeg der Tugenden begriffen iſt. Darumb hat ſich <hi rendition="#aq">P.<note place="right"><hi rendition="#aq">Vita p. 2.<lb/> c.</hi> 1.</note><lb/> Aloyſius/</hi> wie der Author deß Lebens ſchreibet/ feſt eingebildet/ daß ein wah-<lb/> rer und vollkommener Geiſtlicher der jenige ſeye/ welcher auffs genaueſte<lb/> alle Regeln ſeines Ordens inacht nimbt/ und welcher allen Fleiß anwendet<lb/> zur vollkommenen Ubung aller der jenigen Aembter und Wercke/ auch der<lb/> kleineſten/ welche der Orden alle Tage allen vorſchreibet. Und dieſe Lehr deß<lb/> H. <hi rendition="#aq">Aloiſii</hi> iſt der Koͤnigliche Weeg zur Vollkommenheit/ und die himmliſche<lb/> Reichthummen zu verſamblen. Dann gleich wie nach Zeugnuß deß heili-<lb/> gen Chryſoſtomi/ die Reichthumen deß Leibs verſamblet werden/<lb/> wann die Liebhaber derſelben nicht den allergeringſten Gewinn verachten:<lb/> alſo werden die geiſtliche Reichthumen durch die fleiſſige Sorge fuͤr die klei-<lb/> neſten Sachen vermehret. Oder wie <hi rendition="#aq">S. Iſidorus</hi> ſagt: Wie der Menſch all-<note place="right"><hi rendition="#aq">L. 2. ſect.<lb/> c. 36. n.</hi> 3.</note><lb/> gemach von den kleineſten Laſtern in die groͤſten fallet; alſo ſteiget er Staf-<lb/> felweiß auff von den kleinen Tugenden zu den hoͤchſten.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">5. Ein</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [383/0411]
Von der Geiſtlichen Vollkommenheit.
ſo will ich dich ůber vieles ſetzen/ gehe hinein zu der Freu-
de deines HErrn. Ferner/ damit uns GOtt mehr zu dieſer Jnacht-
nehmung der kleinſten anlockete/ hat er bißweilen mit herrlichen Wunder-
Wercken offenbahren wollen/ wie angenehm ihm dieſe Sorge ſeye. Dann
man leſet in denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter/ daß/ als ein Geiſtlicher nach
der Gewonheit die Broſamen auff dem Tiſch zu ſammlen vergeſſen/ und die-
ſelbe erſt nach dem Tiſch geſammlet hat/ iſt er alsbald zu dem Obern gangen
fuͤr ihm niedergeworffen demuͤthig ſeine Schuld angezeiget: Und ſiehe/ eine
wunderbahre Sache! dann in dem der Abt begehret/ daß er ihm die geſamm-
lete Broſamen zeigete/ hat er ſie alsbald in koſtbare Perlen veraͤndert gefun-
den/ daß ſich jederman daruͤber verwundert hat:
4. Dann wo dieſe Sorge fuͤr die kleineſten Sachen in einem Kloſter im
ſchwang gehet/ daſelbſt wird die kloͤſterliche Zucht als ein Palmbaum bluͤhen.
Es iſt/ ſpricht der H. Anſelmus/ auffs allergewiſſeſte/ welches wir in vielen
Kirchen auß Erfahrung gehoͤret/ daß in einem Kloſter/ wo die kleineſten Sa-
chen genau in acht genom̃en werden/ die Zucht der Muͤnchen/ der Fried unter
dẽ Bruͤdern/ daſelbſt unverletzt bleibe/ und im Capitel hoͤren auf die Außſchrei-
ungẽ Dannenhero hat die H. Maria Magd. de Pazzis durch die Offenbahrung
GOttes gelehret/ daß man unter 5. Sachen/ welche man fuͤr einen jeden Or-
den in ſeinem geiſtlichen Stand zu erhalten begehren ſoll/ auch dieſe allzeit
begehren ſolte/ auff daß alle Geiſtliche vollkommentlich erkennen/ wie viel
daran gelegen ſeye eine jede kleineſte Sache der heiligen Regul in acht zu neh-
men. Was nun zu Erhaltung eines Ordens nothwendig iſt: wer ſolte laug-
nen/ daß nicht auch ſolches erfordert werde zu Erhaltung einer Ordens-
Perſohn/ die im Weeg der Tugenden begriffen iſt. Darumb hat ſich P.
Aloyſius/ wie der Author deß Lebens ſchreibet/ feſt eingebildet/ daß ein wah-
rer und vollkommener Geiſtlicher der jenige ſeye/ welcher auffs genaueſte
alle Regeln ſeines Ordens inacht nimbt/ und welcher allen Fleiß anwendet
zur vollkommenen Ubung aller der jenigen Aembter und Wercke/ auch der
kleineſten/ welche der Orden alle Tage allen vorſchreibet. Und dieſe Lehr deß
H. Aloiſii iſt der Koͤnigliche Weeg zur Vollkommenheit/ und die himmliſche
Reichthummen zu verſamblen. Dann gleich wie nach Zeugnuß deß heili-
gen Chryſoſtomi/ die Reichthumen deß Leibs verſamblet werden/
wann die Liebhaber derſelben nicht den allergeringſten Gewinn verachten:
alſo werden die geiſtliche Reichthumen durch die fleiſſige Sorge fuͤr die klei-
neſten Sachen vermehret. Oder wie S. Iſidorus ſagt: Wie der Menſch all-
gemach von den kleineſten Laſtern in die groͤſten fallet; alſo ſteiget er Staf-
felweiß auff von den kleinen Tugenden zu den hoͤchſten.
Epiſt. 6.
ad Mo-
nach.
Vita p. 4.
c. 14.
L. 2. ſect.
c. 36. n. 3.
5. Ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/411 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/411>, abgerufen am 16.02.2025. |