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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection
mahl. Der Schütz-Engel fieng an und sprach: So bald sein Mutter ver-
merckt hat/ daß ihr Söhnlein leichtlich in Untugend und Laster zu verführen;
hat sie ihm durch vielfältiges Gebett und Zähren/ wie auch durch mancherley
Werck der Barmhertzigkeit/ von GOtt die Gnad erlangt/ daß er noch Kna-
ben-weiß angefangen Gott zu förchten: wann er gefallen ist/ hat er alsbald zur
Buß geeilet/ geseufftzet/ Rew und Leid gehabt/ neben einem steiffen Fürsatz sich
zu bessern. Entgegen warff der böse Feind noch vielmehr für/ welches alles
der gute Engel widerlegte/ und sagt: Er hat dieß und jenes gethan/ läugne es
nicht/ hats aber abgebüsset: hat jederzeit einen guten Willen gehabt: und/ daß
seinem Handel anjetzt viel nutzet und behülfflich ist; so ist er letztlich so weit
kommen/ daß er ihm dieß alleinig für ein Ursach zu Leben gesetzt hat/ Gottes
Willen zu thun/ und sich dem göttlichen Willen freywillig allerdings gleich-
förmig zu machen. Nachdem die Partheyen angehört worden/ hieß der Rich-
ter den Anfläger abtretten/ und fället dieses Urtheil! Dieser mein Diener soll
ewig leben. Als solches deß Caroli Mutter gesehen und gehört/ wird sie vol-
ler Frewden und spricht: O ewige Warheit/ O Herr Jesu/ O gerechtester
Richter! du giessest heilige Gedancken in die Hertzen ein/ du ver geltest unser
Gebett und Zähren mit deiner Gnad und ewiger Belohnung! dir sey Lob/ Ehr
und Herrligkeit/ dir sey Dancksagung von allen Creaturen. O du mein al-
liebster Gott/ du bist mir viel lieber/ als ich mir selbst. Jch begehr von Grund
meines Hertzen dir zu leben/ und dir zu sterben. Hierauff antwortet der Engel
an statt deß Richters: Du solt wissen/ spricht er/ daß dir dieß gezeigt worden/
nicht nur dir allein zum Trost und Guten; sondern auch damit alle Freund
Gottes wissen/ wie die Verharrung und Beständigkeit im guten Willen so
grosse Krafft habe/ welche von Mühe und Arbeit/ von Rew und Leid/ von
Betten und Allmussen geben biß zum letzten Athem nie außsetzt noch abläst.
Du solt auch wissen/ daß über diesen Soldaten deinen eigenen Sohn/ so gü-
tiges Urtheil nicht ergangen wäre/ wann er nicht von Jugend auff/ so guten
Willens jederzeit gewesen wäre/ Gott und Gottes Freund zu lieben/ und sich
zu bessern.

Blos.
Consol.
Pusill. c.

39.

14. Sagt dann nicht billig ein sicher Scribent bey dem Blosio wie fol-
get? wan dir Gott einen guten Willen wird gegeben haben/ also/ daß du nun-
mehr alle Sünden verlassest/ besser zu leben dir fürnehmest/ und deinem Herrn
zugefallen verlangest und dich unterstehest: wann du als dann täglich auß
menschlicher Schwachheit offt fallest/ und GOTT erzürnest; so
stehe auff so offt du gefallen bist/ und verzweiffle niemahlen an der
Barmhertzigkeit GOTTES/ welche da unendlich lst. Es ist der

liebe

Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection
mahl. Der Schuͤtz-Engel fieng an und ſprach: So bald ſein Mutter ver-
merckt hat/ daß ihr Soͤhnlein leichtlich in Untugend und Laſter zu verfuͤhren;
hat ſie ihm durch vielfaͤltiges Gebett und Zaͤhren/ wie auch durch mancherley
Werck der Barmhertzigkeit/ von GOtt die Gnad erlangt/ daß er noch Kna-
ben-weiß angefangen Gott zu foͤrchten: wann er gefallen iſt/ hat er alsbald zur
Buß geeilet/ geſeufftzet/ Rew und Leid gehabt/ neben einem ſteiffen Fuͤrſatz ſich
zu beſſern. Entgegen warff der boͤſe Feind noch vielmehr fuͤr/ welches alles
der gute Engel widerlegte/ und ſagt: Er hat dieß und jenes gethan/ laͤugne es
nicht/ hats aber abgebuͤſſet: hat jederzeit einen guten Willen gehabt: und/ daß
ſeinem Handel anjetzt viel nutzet und behuͤlfflich iſt; ſo iſt er letztlich ſo weit
kommen/ daß er ihm dieß alleinig fuͤr ein Urſach zu Leben geſetzt hat/ Gottes
Willen zu thun/ und ſich dem goͤttlichen Willen freywillig allerdings gleich-
foͤrmig zu machen. Nachdem die Partheyen angehoͤrt worden/ hieß der Rich-
ter den Anflaͤger abtretten/ und faͤllet dieſes Urtheil! Dieſer mein Diener ſoll
ewig leben. Als ſolches deß Caroli Mutter geſehen und gehoͤrt/ wird ſie vol-
ler Frewden und ſpricht: O ewige Warheit/ O Herr Jeſu/ O gerechteſter
Richter! du gieſſeſt heilige Gedancken in die Hertzen ein/ du ver gelteſt unſer
Gebett und Zaͤhrẽ mit deiner Gnad und ewiger Belohnung! dir ſey Lob/ Ehr
und Herrligkeit/ dir ſey Danckſagung von allen Creaturen. O du mein al-
liebſter Gott/ du biſt mir viel lieber/ als ich mir ſelbſt. Jch begehr von Grund
meines Hertzen dir zu leben/ und dir zu ſterben. Hierauff antwortet der Engel
an ſtatt deß Richters: Du ſolt wiſſen/ ſpricht er/ daß dir dieß gezeigt worden/
nicht nur dir allein zum Troſt und Guten; ſondern auch damit alle Freund
Gottes wiſſen/ wie die Verharrung und Beſtaͤndigkeit im guten Willen ſo
groſſe Krafft habe/ welche von Muͤhe und Arbeit/ von Rew und Leid/ von
Betten und Allmuſſen geben biß zum letzten Athem nie außſetzt noch ablaͤſt.
Du ſolt auch wiſſen/ daß uͤber dieſen Soldaten deinen eigenen Sohn/ ſo guͤ-
tiges Urtheil nicht ergangen waͤre/ wann er nicht von Jugend auff/ ſo guten
Willens jederzeit geweſen waͤre/ Gott und Gottes Freund zu lieben/ und ſich
zu beſſern.

Bloſ.
Conſol.
Puſill. c.

39.

14. Sagt dann nicht billig ein ſicher Scribent bey dem Bloſio wie fol-
get? wan dir Gott einen guten Willen wird gegeben haben/ alſo/ daß du nun-
mehr alle Suͤnden verlaſſeſt/ beſſer zu leben dir fuͤrnehmeſt/ und deinem Herrn
zugefallen verlangeſt und dich unterſteheſt: wann du als dann taͤglich auß
menſchlicher Schwachheit offt falleſt/ und GOTT erzuͤrneſt; ſo
ſtehe auff ſo offt du gefallen biſt/ und verzweiffle niemahlen an der
Barmhertzigkeit GOTTES/ welche da unendlich lſt. Es iſt der

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[362/0390] Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection mahl. Der Schuͤtz-Engel fieng an und ſprach: So bald ſein Mutter ver- merckt hat/ daß ihr Soͤhnlein leichtlich in Untugend und Laſter zu verfuͤhren; hat ſie ihm durch vielfaͤltiges Gebett und Zaͤhren/ wie auch durch mancherley Werck der Barmhertzigkeit/ von GOtt die Gnad erlangt/ daß er noch Kna- ben-weiß angefangen Gott zu foͤrchten: wann er gefallen iſt/ hat er alsbald zur Buß geeilet/ geſeufftzet/ Rew und Leid gehabt/ neben einem ſteiffen Fuͤrſatz ſich zu beſſern. Entgegen warff der boͤſe Feind noch vielmehr fuͤr/ welches alles der gute Engel widerlegte/ und ſagt: Er hat dieß und jenes gethan/ laͤugne es nicht/ hats aber abgebuͤſſet: hat jederzeit einen guten Willen gehabt: und/ daß ſeinem Handel anjetzt viel nutzet und behuͤlfflich iſt; ſo iſt er letztlich ſo weit kommen/ daß er ihm dieß alleinig fuͤr ein Urſach zu Leben geſetzt hat/ Gottes Willen zu thun/ und ſich dem goͤttlichen Willen freywillig allerdings gleich- foͤrmig zu machen. Nachdem die Partheyen angehoͤrt worden/ hieß der Rich- ter den Anflaͤger abtretten/ und faͤllet dieſes Urtheil! Dieſer mein Diener ſoll ewig leben. Als ſolches deß Caroli Mutter geſehen und gehoͤrt/ wird ſie vol- ler Frewden und ſpricht: O ewige Warheit/ O Herr Jeſu/ O gerechteſter Richter! du gieſſeſt heilige Gedancken in die Hertzen ein/ du ver gelteſt unſer Gebett und Zaͤhrẽ mit deiner Gnad und ewiger Belohnung! dir ſey Lob/ Ehr und Herrligkeit/ dir ſey Danckſagung von allen Creaturen. O du mein al- liebſter Gott/ du biſt mir viel lieber/ als ich mir ſelbſt. Jch begehr von Grund meines Hertzen dir zu leben/ und dir zu ſterben. Hierauff antwortet der Engel an ſtatt deß Richters: Du ſolt wiſſen/ ſpricht er/ daß dir dieß gezeigt worden/ nicht nur dir allein zum Troſt und Guten; ſondern auch damit alle Freund Gottes wiſſen/ wie die Verharrung und Beſtaͤndigkeit im guten Willen ſo groſſe Krafft habe/ welche von Muͤhe und Arbeit/ von Rew und Leid/ von Betten und Allmuſſen geben biß zum letzten Athem nie außſetzt noch ablaͤſt. Du ſolt auch wiſſen/ daß uͤber dieſen Soldaten deinen eigenen Sohn/ ſo guͤ- tiges Urtheil nicht ergangen waͤre/ wann er nicht von Jugend auff/ ſo guten Willens jederzeit geweſen waͤre/ Gott und Gottes Freund zu lieben/ und ſich zu beſſern. 14. Sagt dann nicht billig ein ſicher Scribent bey dem Bloſio wie fol- get? wan dir Gott einen guten Willen wird gegeben haben/ alſo/ daß du nun- mehr alle Suͤnden verlaſſeſt/ beſſer zu leben dir fuͤrnehmeſt/ und deinem Herrn zugefallen verlangeſt und dich unterſteheſt: wann du als dann taͤglich auß menſchlicher Schwachheit offt falleſt/ und GOTT erzuͤrneſt; ſo ſtehe auff ſo offt du gefallen biſt/ und verzweiffle niemahlen an der Barmhertzigkeit GOTTES/ welche da unendlich lſt. Es iſt der liebe

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/390>, abgerufen am 23.11.2024.