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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der guten Meinung.
ten/ und andern harten Buß-Wercken mich Tag und Nacht übe? der ich al-
le weltliche Frewden so hurtig verlassen? Soll ich kein grössere Cron ver-
dient haben/ als eben dieser Bischoff/ der da mitten in den Frewden und
Wollüsten lebet/ und ist guter Dinge? Jn sothaner Vberlegung fangt an
der Engel und sagt: Der jenige Bischoff/ den du da siehest zu Tisch sitzen/
hat in aller dieser Pracht und kostbaren Speisen so grosses Wollgefallen
nicht/ als du hast in deinem verwürfflichen Trinck-Geschirr. Da dieses der
Einsidler höret/ gehen selbigem die Augen auff/ und vermerckt/ daß der Al-
lerweiseste GOtt auff die Meinung des Wirckenden grössere Achtung ha-
be/ als auff daß Werck selbsten/ und nicht ansehe/ wie viel; sondern auß
was vor einer Intention oder Meinung der Mensch wircke.

10. Weilen nun/ mein Christliche Seel/ dir gnug seyn soll/ daß du
wissest in allem deinem Thun und Lassen eine gute Intention zu machen;
und dann die vorgenommene Kürtze nicht leydet/ weitlauffiger zu seyn: als
verweise ich dich zu denen Leben der H. H. Alt-Vätter und anderen Dienern
und Dienerinnen GOttes: und erinnere dich noch zum Schluß dises anderen
Theils der gegenwärtigen Lection, der Worten des GOttseeligen Vat-
ters Blosn: Wann einer/ sagt er/ umb GOttes-Willen auch in den ge-In Inst.
Sp. c.
1.

ringsten Sachen/ seinem eigenen Willen widerstrebet: so leistet Er seinem
GOtt ein angenehmeren Dienst/ als wann er viele todten zum Leben erwe-
ckete. Vnd damit er diese Warheit klärlich zeigen möge sagt er: Zwehn rei-
sen miteinander/ und sehen auffm Weg ein sehr schöne und rare Blum; von
diesen beyden einer nimbt ihm vor/ diese Blum abzubrechen; erholet sich
aber vorhero/ und entschliesset bey ihm selbsten/ auß Liebe seines HErrn
JEsu dieß Blümlein nicht anzurühren. Der ander aber bricht selbiges
ohne einiges Vorbedencken ab. Dieser letztere hat damit nicht gesündiget:
der erste aber/ so das Blümlein unberührt gelassen/ übertrifft den andern am
Verdienst in so weit/ als der Himmel die Erd übersteiget in der Höhe. Wann
nun GOtt für so wenige Dinge/ so grosse Gnaden mittheilet/ was wird er
nicht geben für die grosse und heroische Werck/ die der Mensch auß Liebe sei-
ner verrichter; so befleissestu dich dann/ mein Christliche Seel/ daß du immer
vor allen deinen Ubungen eine gute und reine Meinung machest/ und in selbi-
ger nichts anders suchest/ als deinem GOtt und HErrn zugefallen.

11. Zum Schluß dieser Lection muß ich dir die Vortrefflichkeit deß guten
Willens mit wenigen vor Augen stellen; von dem der H. Chrysostomus sagt:
Ein guter Will ist bey GOtt so angenehm/ als ein wohl-richende Blum
bey dem Menschen. Und der Heil. Bernardus vermeinet/ daß der gu-
te Will in deß Menschen Hertz ein Ursprung alles Guten/ und eine Mut-
ter aller Tugenden seye: der diesen bey sich hat; der hat alles/ was ihm zum

Wol-

Von der guten Meinung.
ten/ und andern harten Buß-Wercken mich Tag und Nacht uͤbe? der ich al-
le weltliche Frewden ſo hurtig verlaſſen? Soll ich kein groͤſſere Cron ver-
dient haben/ als eben dieſer Biſchoff/ der da mitten in den Frewden und
Wolluͤſten lebet/ und iſt guter Dinge? Jn ſothaner Vberlegung fangt an
der Engel und ſagt: Der jenige Biſchoff/ den du da ſieheſt zu Tiſch ſitzen/
hat in aller dieſer Pracht und koſtbaren Speiſen ſo groſſes Wollgefallen
nicht/ als du haſt in deinem verwuͤrfflichen Trinck-Geſchirr. Da dieſes der
Einſidler hoͤret/ gehen ſelbigem die Augen auff/ und vermerckt/ daß der Al-
lerweiſeſte GOtt auff die Meinung des Wirckenden groͤſſere Achtung ha-
be/ als auff daß Werck ſelbſten/ und nicht anſehe/ wie viel; ſondern auß
was vor einer Intention oder Meinung der Menſch wircke.

10. Weilen nun/ mein Chriſtliche Seel/ dir gnug ſeyn ſoll/ daß du
wiſſeſt in allem deinem Thun und Laſſen eine gute Intention zu machen;
und dann die vorgenom̃ene Kuͤrtze nicht leydet/ weitlauffiger zu ſeyn: als
verweiſe ich dich zu denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter und anderen Dienern
und Dienerinnen GOttes: und erinnere dich noch zum Schluß diſes anderen
Theils der gegenwaͤrtigen Lection, der Worten des GOttſeeligen Vat-
ters Bloſn: Wann einer/ ſagt er/ umb GOttes-Willen auch in den ge-In Inſt.
Sp. c.
1.

ringſten Sachen/ ſeinem eigenen Willen widerſtrebet: ſo leiſtet Er ſeinem
GOtt ein angenehmeren Dienſt/ als wann er viele todten zum Leben erwe-
ckete. Vnd damit er dieſe Warheit klaͤrlich zeigen moͤge ſagt er: Zwehn rei-
ſen miteinander/ und ſehen auffm Weg ein ſehr ſchoͤne und rare Blum; von
dieſen beyden einer nimbt ihm vor/ dieſe Blum abzubrechen; erholet ſich
aber vorhero/ und entſchlieſſet bey ihm ſelbſten/ auß Liebe ſeines HErrn
JEſu dieß Bluͤmlein nicht anzuruͤhren. Der ander aber bricht ſelbiges
ohne einiges Vorbedencken ab. Dieſer letztere hat damit nicht geſuͤndiget:
der erſte aber/ ſo das Bluͤmlein unberuͤhrt gelaſſen/ uͤbertrifft den andern am
Verdienſt in ſo weit/ als der Himmel die Erd uͤberſteiget in der Hoͤhe. Wann
nun GOtt fuͤr ſo wenige Dinge/ ſo groſſe Gnaden mittheilet/ was wird er
nicht geben fuͤr die groſſe und heroiſche Werck/ die der Menſch auß Liebe ſei-
ner verrichter; ſo befleiſſeſtu dich dann/ mein Chriſtliche Seel/ daß du immer
vor allen deinen Ubungen eine gute und reine Meinung macheſt/ und in ſelbi-
ger nichts anders ſucheſt/ als deinem GOtt und HErrn zugefallen.

11. Zum Schluß dieſer Lection muß ich dir die Vortrefflichkeit deß guten
Willens mit wenigen vor Augen ſtellen; von dem der H. Chryſoſtomus ſagt:
Ein guter Will iſt bey GOtt ſo angenehm/ als ein wohl-richende Blum
bey dem Menſchen. Und der Heil. Bernardus vermeinet/ daß der gu-
te Will in deß Menſchen Hertz ein Urſprung alles Guten/ und eine Mut-
ter aller Tugenden ſeye: der dieſen bey ſich hat; der hat alles/ was ihm zum

Wol-
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[359/0387] Von der guten Meinung. ten/ und andern harten Buß-Wercken mich Tag und Nacht uͤbe? der ich al- le weltliche Frewden ſo hurtig verlaſſen? Soll ich kein groͤſſere Cron ver- dient haben/ als eben dieſer Biſchoff/ der da mitten in den Frewden und Wolluͤſten lebet/ und iſt guter Dinge? Jn ſothaner Vberlegung fangt an der Engel und ſagt: Der jenige Biſchoff/ den du da ſieheſt zu Tiſch ſitzen/ hat in aller dieſer Pracht und koſtbaren Speiſen ſo groſſes Wollgefallen nicht/ als du haſt in deinem verwuͤrfflichen Trinck-Geſchirr. Da dieſes der Einſidler hoͤret/ gehen ſelbigem die Augen auff/ und vermerckt/ daß der Al- lerweiſeſte GOtt auff die Meinung des Wirckenden groͤſſere Achtung ha- be/ als auff daß Werck ſelbſten/ und nicht anſehe/ wie viel; ſondern auß was vor einer Intention oder Meinung der Menſch wircke. 10. Weilen nun/ mein Chriſtliche Seel/ dir gnug ſeyn ſoll/ daß du wiſſeſt in allem deinem Thun und Laſſen eine gute Intention zu machen; und dann die vorgenom̃ene Kuͤrtze nicht leydet/ weitlauffiger zu ſeyn: als verweiſe ich dich zu denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter und anderen Dienern und Dienerinnen GOttes: und erinnere dich noch zum Schluß diſes anderen Theils der gegenwaͤrtigen Lection, der Worten des GOttſeeligen Vat- ters Bloſn: Wann einer/ ſagt er/ umb GOttes-Willen auch in den ge- ringſten Sachen/ ſeinem eigenen Willen widerſtrebet: ſo leiſtet Er ſeinem GOtt ein angenehmeren Dienſt/ als wann er viele todten zum Leben erwe- ckete. Vnd damit er dieſe Warheit klaͤrlich zeigen moͤge ſagt er: Zwehn rei- ſen miteinander/ und ſehen auffm Weg ein ſehr ſchoͤne und rare Blum; von dieſen beyden einer nimbt ihm vor/ dieſe Blum abzubrechen; erholet ſich aber vorhero/ und entſchlieſſet bey ihm ſelbſten/ auß Liebe ſeines HErrn JEſu dieß Bluͤmlein nicht anzuruͤhren. Der ander aber bricht ſelbiges ohne einiges Vorbedencken ab. Dieſer letztere hat damit nicht geſuͤndiget: der erſte aber/ ſo das Bluͤmlein unberuͤhrt gelaſſen/ uͤbertrifft den andern am Verdienſt in ſo weit/ als der Himmel die Erd uͤberſteiget in der Hoͤhe. Wann nun GOtt fuͤr ſo wenige Dinge/ ſo groſſe Gnaden mittheilet/ was wird er nicht geben fuͤr die groſſe und heroiſche Werck/ die der Menſch auß Liebe ſei- ner verrichter; ſo befleiſſeſtu dich dann/ mein Chriſtliche Seel/ daß du immer vor allen deinen Ubungen eine gute und reine Meinung macheſt/ und in ſelbi- ger nichts anders ſucheſt/ als deinem GOtt und HErrn zugefallen. In Inſt. Sp. c. 1. 11. Zum Schluß dieſer Lection muß ich dir die Vortrefflichkeit deß guten Willens mit wenigen vor Augen ſtellen; von dem der H. Chryſoſtomus ſagt: Ein guter Will iſt bey GOtt ſo angenehm/ als ein wohl-richende Blum bey dem Menſchen. Und der Heil. Bernardus vermeinet/ daß der gu- te Will in deß Menſchen Hertz ein Urſprung alles Guten/ und eine Mut- ter aller Tugenden ſeye: der dieſen bey ſich hat; der hat alles/ was ihm zum Wol-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/387>, abgerufen am 24.11.2024.