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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection
c. 20. vit.
Divin.
Historia.
Eusebius Nierenbergius bezeuget/ daß ein sicher Diener Gottes mit vielen
Offenbahrungen und Gesichtern vom Herrn geehret/ und mit öfftern Trö-
stungen von selbigem seye erfrewet worden: endlich habe er sich solcher Gna-
den unwürdig geschätzet/ und GOTT gebetten/ er möchte ihm selbige ab-
nehmen. Was er begehrt hat/ daß ist geschehen; und seynd diese Gnaden fünff
Jahr lang außgeblieben/ daß er auch kaum den Athem fassen/ und sich in ge-
ziemender Ruhe deß Hertzens erhalten können. Bey so gestalten Sachen
hat sich GOTT dessen erbarmet/ und ihme zwey Engelen zum Trost ge-
sendet/ deren Tröstung er aber anzunehmen sich geweigert/ und gesagt ha-
be: Herr/ ich verlange keinen Trost; sondern es ist mir gnug/ daß du
den Orth bewahrest/ allwo du in meiner Seelen wohnest/ auff daß ne-
ben dir nichts anders hinein schleiche; und daß dein Will in mir allzeit ge-
schehe: dieß ist mein eintziger Trost/ den ich begehre: dieser Affect habe
Gott also gefallen/ daß er folgende Wort zu ihm gesprochen: du biß mein
Sohn/ an dem ich ein Wohlgefallen hab.

7. Weiter ists nicht ohne/ daß der leidige Sathan vor unsern Wercken
eine böse Intention uns einzugeben sich bemühe: und wann er solches nicht
kan zuwegen bringen; so befleisset er sich doch/ daß er auffs wenigst das
Werck zerstöhre/ oder den wirckenden durch eine eit[t]le Ruhmsichtigkeit be-
schmitze/ man kan aber den losen Feind alles guten nicht besser hemmen/ als
Historia.wie der H. Bernardus gethan hat. Da dieser heilige Mann einsmahls vor ei-
ner grossen Anzahl Volcks mit aller Zuhöreren genauester Auffmercksamb-
keit/ mit sonderbahrem Gefallen und Verwunderung der Zuhörer prediget/
wird er etwa von einer eitelen Ehr versuchet/ und gedüncket ihm/ er höre
gleichsamb diese Wort: siehe/ Bernarde/ wie dieses häuffige Volck dir in so
grosser Stille/ und mit einer ungemeinen Verwunderung und Lob zuhöre.
Allhier haltet Bernardus ein wenig ein/ und beratschlaget sich mit ihm selb-
sten/ ob er fortfahren/ oder zu predigen auffhören solte: indem er nun ver-
mercket/ daß es ein Einblasen der höllischen Schlang seye; wendeter sich von
seinen Zuhörern gleichsamb zu derselben/ und sagt: deinetwegen hab ich meine
Predig nicht angefangen/ und will auch umb deinetwillen jetzt nicht auff-
hören. Also hat er die angefangene Predig gewünschter massen fortgesetzet.
Solcher Gestalt müssen wir verhüten/ daß wir darumb keine gute Werck
unterlassen/ weilen wir von andern vielleicht würden gelobt oder getadlet
werden: sondern wir müssen zu unsern Gedancken sagen: weilen
ich dieß Werck nicht umb Lob der Menschen zu sischen/ weder auch auß
Forcht der Verachtung/ sondern zur Ehren GOttes hab angefängen;

so

Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection
c. 20. vit.
Divin.
Hiſtoria.
Euſebius Nierenbergius bezeuget/ daß ein ſicher Diener Gottes mit vielen
Offenbahrungen und Geſichtern vom Herrn geehret/ und mit oͤfftern Troͤ-
ſtungen von ſelbigem ſeye erfrewet worden: endlich habe er ſich ſolcher Gna-
den unwuͤrdig geſchaͤtzet/ und GOTT gebetten/ er moͤchte ihm ſelbige ab-
nehmen. Was er begehrt hat/ daß iſt geſchehen; und ſeynd dieſe Gnaden fuͤnff
Jahr lang außgeblieben/ daß er auch kaum den Athem faſſen/ und ſich in ge-
ziemender Ruhe deß Hertzens erhalten koͤnnen. Bey ſo geſtalten Sachen
hat ſich GOTT deſſen erbarmet/ und ihme zwey Engelen zum Troſt ge-
ſendet/ deren Troͤſtung er aber anzunehmen ſich geweigert/ und geſagt ha-
be: Herr/ ich verlange keinen Troſt; ſondern es iſt mir gnug/ daß du
den Orth bewahreſt/ allwo du in meiner Seelen wohneſt/ auff daß ne-
ben dir nichts anders hinein ſchleiche; und daß dein Will in mir allzeit ge-
ſchehe: dieß iſt mein eintziger Troſt/ den ich begehre: dieſer Affect habe
Gott alſo gefallen/ daß er folgende Wort zu ihm geſprochen: du biß mein
Sohn/ an dem ich ein Wohlgefallen hab.

7. Weiter iſts nicht ohne/ daß der leidige Sathan vor unſern Wercken
eine boͤſe Intention uns einzugeben ſich bemuͤhe: und wann er ſolches nicht
kan zuwegen bringen; ſo befleiſſet er ſich doch/ daß er auffs wenigſt das
Werck zerſtoͤhre/ oder den wirckenden durch eine eit[t]le Ruhmſichtigkeit be-
ſchmitze/ man kan aber den loſen Feind alles guten nicht beſſer hemmen/ als
Hiſtoria.wie der H. Bernardus gethan hat. Da dieſer heilige Mann einsmahls vor ei-
ner groſſen Anzahl Volcks mit aller Zuhoͤreren genaueſter Auffmerckſamb-
keit/ mit ſonderbahrem Gefallen und Verwunderung der Zuhoͤrer prediget/
wird er etwa von einer eitelen Ehr verſuchet/ und geduͤncket ihm/ er hoͤre
gleichſamb dieſe Wort: ſiehe/ Bernarde/ wie dieſes haͤuffige Volck dir in ſo
groſſer Stille/ und mit einer ungemeinen Verwunderung und Lob zuhoͤre.
Allhier haltet Bernardus ein wenig ein/ und beratſchlaget ſich mit ihm ſelb-
ſten/ ob er fortfahren/ oder zu predigen auffhoͤren ſolte: indem er nun ver-
mercket/ daß es ein Einblaſen der hoͤlliſchen Schlang ſeye; wendeter ſich von
ſeinen Zuhoͤrern gleichſamb zu derſelben/ und ſagt: deinetwegen hab ich meine
Predig nicht angefangen/ und will auch umb deinetwillen jetzt nicht auff-
hoͤren. Alſo hat er die angefangene Predig gewuͤnſchter maſſen fortgeſetzet.
Solcher Geſtalt muͤſſen wir verhuͤten/ daß wir darumb keine gute Werck
unterlaſſen/ weilen wir von andern vielleicht wuͤrden gelobt oder getadlet
werden: ſondern wir muͤſſen zu unſern Gedancken ſagen: weilen
ich dieß Werck nicht umb Lob der Menſchen zu ſiſchen/ weder auch auß
Forcht der Verachtung/ ſondern zur Ehren GOttes hab angefaͤngen;

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[356/0384] Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection Euſebius Nierenbergius bezeuget/ daß ein ſicher Diener Gottes mit vielen Offenbahrungen und Geſichtern vom Herrn geehret/ und mit oͤfftern Troͤ- ſtungen von ſelbigem ſeye erfrewet worden: endlich habe er ſich ſolcher Gna- den unwuͤrdig geſchaͤtzet/ und GOTT gebetten/ er moͤchte ihm ſelbige ab- nehmen. Was er begehrt hat/ daß iſt geſchehen; und ſeynd dieſe Gnaden fuͤnff Jahr lang außgeblieben/ daß er auch kaum den Athem faſſen/ und ſich in ge- ziemender Ruhe deß Hertzens erhalten koͤnnen. Bey ſo geſtalten Sachen hat ſich GOTT deſſen erbarmet/ und ihme zwey Engelen zum Troſt ge- ſendet/ deren Troͤſtung er aber anzunehmen ſich geweigert/ und geſagt ha- be: Herr/ ich verlange keinen Troſt; ſondern es iſt mir gnug/ daß du den Orth bewahreſt/ allwo du in meiner Seelen wohneſt/ auff daß ne- ben dir nichts anders hinein ſchleiche; und daß dein Will in mir allzeit ge- ſchehe: dieß iſt mein eintziger Troſt/ den ich begehre: dieſer Affect habe Gott alſo gefallen/ daß er folgende Wort zu ihm geſprochen: du biß mein Sohn/ an dem ich ein Wohlgefallen hab. c. 20. vit. Divin. Hiſtoria. 7. Weiter iſts nicht ohne/ daß der leidige Sathan vor unſern Wercken eine boͤſe Intention uns einzugeben ſich bemuͤhe: und wann er ſolches nicht kan zuwegen bringen; ſo befleiſſet er ſich doch/ daß er auffs wenigſt das Werck zerſtoͤhre/ oder den wirckenden durch eine eittle Ruhmſichtigkeit be- ſchmitze/ man kan aber den loſen Feind alles guten nicht beſſer hemmen/ als wie der H. Bernardus gethan hat. Da dieſer heilige Mann einsmahls vor ei- ner groſſen Anzahl Volcks mit aller Zuhoͤreren genaueſter Auffmerckſamb- keit/ mit ſonderbahrem Gefallen und Verwunderung der Zuhoͤrer prediget/ wird er etwa von einer eitelen Ehr verſuchet/ und geduͤncket ihm/ er hoͤre gleichſamb dieſe Wort: ſiehe/ Bernarde/ wie dieſes haͤuffige Volck dir in ſo groſſer Stille/ und mit einer ungemeinen Verwunderung und Lob zuhoͤre. Allhier haltet Bernardus ein wenig ein/ und beratſchlaget ſich mit ihm ſelb- ſten/ ob er fortfahren/ oder zu predigen auffhoͤren ſolte: indem er nun ver- mercket/ daß es ein Einblaſen der hoͤlliſchen Schlang ſeye; wendeter ſich von ſeinen Zuhoͤrern gleichſamb zu derſelben/ und ſagt: deinetwegen hab ich meine Predig nicht angefangen/ und will auch umb deinetwillen jetzt nicht auff- hoͤren. Alſo hat er die angefangene Predig gewuͤnſchter maſſen fortgeſetzet. Solcher Geſtalt muͤſſen wir verhuͤten/ daß wir darumb keine gute Werck unterlaſſen/ weilen wir von andern vielleicht wuͤrden gelobt oder getadlet werden: ſondern wir muͤſſen zu unſern Gedancken ſagen: weilen ich dieß Werck nicht umb Lob der Menſchen zu ſiſchen/ weder auch auß Forcht der Verachtung/ ſondern zur Ehren GOttes hab angefaͤngen; ſo Hiſtoria.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/384>, abgerufen am 24.11.2024.