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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sieben und Zwantzigste Geistliche Lection
Ps. 103. v.
20.
Du hast die Finsternuß gemacht/ daß es Nacht wird: in
derselben gehen alle Thiere deß Walds hervor.
Das ist;
in einem Hertzen/ so mit Bitterkeit erfullet ist/ werden vielerley Sünden
Rodr. p.
2. tr. 6. c.
1.
herfür gehen: dann die Traurigkeit/ sagt der H. Franciscus entweder stür-
tzet den Menschen in den Abgrund der Verzweifflung; oder bringt ihn durch
die weltliche Wollüsten in eine sehr schädliche Außgelassenheit: dieser Ursa-
chen halben erfreuet sich der böse Feind nicht wenig/ wann er einen Diener
GOttes traurig sehet. Derhalben ermahnet uns wohl der weise Mann/
und sagt: Traurigkeit hat viel Leuthe getödtet/ und sie bringet keinen Nutzen.
Sup.
Matt.
Und der H. Kirchen-Lehrer Hieronymus ist der Meynung/ daß keine Sach
den Menschen also truncken mache/ als eben die Zerstöhrungs deß Ge-
müts/ das ist/ die Traurigkeit; welche den Menschen/ sagt er/ zum todt
führet/ und ist eine grausame Trunckenheit. Auch hat der obgemeldte
Franciscus an sich selbst erfahren/ daß die innerliche Freud ein bewehrtes
Schild wider den Geists der Unlusts seye; darumb hat er seinen geistli-
chen Brüdern die geistliche Fröhligkeit unauffhörlich anbefohlen: und wann
er einen traurig gesehen/ hat er ihn mit Worten bestraffet und gesagt: daß
nicht die jenige/ welche GOTT; sondern die der Welt/ dem Fleisch und
dem Teuffel dienen/ müssen traurig seyn: zumahlen in Traurigkeit sehr
viele Fehler/ und ein grosse Bitterkeit verborgen ligen; dahero meinet der
Gott-seelige Petrus Faber und der geistreiche Alvarez, daß es sicherer seye/
wann einer der Fröhligkeit zu viel ergeben ist; als wann er zu viel traurig
ist: dann gleich wie GOtt/ nach Zeugnuß deß H. Pauli/ einen fröligen Ge-
ber lieb hat; also muß demselbigen ein trauriger Geber sehr mißfallen. Da-
Apopht.
6. L.
1.
hero schreibt der geistreiche Nicolaus Liraeus von einer GOtt-verlobten
Jungfrauen/ welche der H. Magdalenae de Pazzis, nach ihrem Todt er-
schienen/ und gesagt/ daß sie fünff Stund lang die Peinen deß Feg-Feurs
habe außstehen müssen/ dieweilen sie einiger unmässigen Traurigkeit sich
der Gebühr nach nicht entschlagen habe.

2. Was nun gesagt ist/ daß ist alles von der bösen Traurigkeit zu verste-
hen/ und nicht von der guten und geistlichen/ in welcher sich der Mensch
in GOtt und umb GOttes Willen übet; und wie der Ehr-würdige Pa-
ter Rodriquez vermeinet/ auß einer vier-fältigen Ursach herkommet.
Erstlich auß den eigenen Sünden: von dero der Apostel den Corin-
2. Cor. 7.
v.
9.
thern also zuschreibet: Jch erfreue mich/ nicht darumb/ daß
ihr seyd betrubet worden; sondern daß ihr seyet zur
Buß betrubet worden: dann ihr seyd nach GOTT be-
trubet worden: dann die Traurigkeit/ die nach GOtt

ist/

Die Sieben und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
Pſ. 103. v.
20.
Du haſt die Finſternuß gemacht/ daß es Nacht wird: in
derſelben gehen alle Thiere deß Walds hervor.
Das iſt;
in einem Hertzen/ ſo mit Bitterkeit erfullet iſt/ werden vielerley Suͤnden
Rodr. p.
2. tr. 6. c.
1.
herfuͤr gehen: dann die Traurigkeit/ ſagt der H. Franciſcus entweder ſtuͤr-
tzet den Menſchen in den Abgrund der Verzweifflung; oder bringt ihn durch
die weltliche Wolluͤſten in eine ſehr ſchaͤdliche Außgelaſſenheit: dieſer Urſa-
chen halben erfreuet ſich der boͤſe Feind nicht wenig/ wann er einen Diener
GOttes traurig ſehet. Derhalben ermahnet uns wohl der weiſe Mann/
und ſagt: Traurigkeit hat viel Leuthe getoͤdtet/ und ſie bringet keinen Nutzen.
Sup.
Matt.
Und der H. Kirchen-Lehrer Hieronymus iſt der Meynung/ daß keine Sach
den Menſchen alſo truncken mache/ als eben die Zerſtoͤhrungs deß Ge-
muͤts/ das iſt/ die Traurigkeit; welche den Menſchen/ ſagt er/ zum todt
fuͤhret/ und iſt eine grauſame Trunckenheit. Auch hat der obgemeldte
Franciſcus an ſich ſelbſt erfahren/ daß die innerliche Freud ein bewehrtes
Schild wider den Geiſts der Unluſts ſeye; darumb hat er ſeinen geiſtli-
chen Bruͤdern die geiſtliche Froͤhligkeit unauffhoͤrlich anbefohlen: und wann
er einen traurig geſehen/ hat er ihn mit Worten beſtraffet und geſagt: daß
nicht die jenige/ welche GOTT; ſondern die der Welt/ dem Fleiſch und
dem Teuffel dienen/ muͤſſen traurig ſeyn: zumahlen in Traurigkeit ſehr
viele Fehler/ und ein groſſe Bitterkeit verborgen ligen; dahero meinet der
Gott-ſeelige Petrus Faber und der geiſtreiche Alvarez, daß es ſicherer ſeye/
wann einer der Froͤhligkeit zu viel ergeben iſt; als wann er zu viel traurig
iſt: dann gleich wie GOtt/ nach Zeugnuß deß H. Pauli/ einen froͤligen Ge-
ber lieb hat; alſo muß demſelbigen ein trauriger Geber ſehr mißfallen. Da-
Apopht.
6. L.
1.
hero ſchreibt der geiſtreiche Nicolaus Liræus von einer GOtt-verlobten
Jungfrauen/ welche der H. Magdalenæ de Pazzis, nach ihrem Todt er-
ſchienen/ und geſagt/ daß ſie fuͤnff Stund lang die Peinen deß Feg-Feurs
habe außſtehen muͤſſen/ dieweilen ſie einiger unmaͤſſigen Traurigkeit ſich
der Gebuͤhr nach nicht entſchlagen habe.

2. Was nun geſagt iſt/ daß iſt alles von der boͤſen Traurigkeit zu verſte-
hen/ und nicht von der guten und geiſtlichen/ in welcher ſich der Menſch
in GOtt und umb GOttes Willen uͤbet; und wie der Ehr-wuͤrdige Pa-
ter Rodriquez vermeinet/ auß einer vier-faͤltigen Urſach herkommet.
Erſtlich auß den eigenen Suͤnden: von dero der Apoſtel den Corin-
2. Cor. 7.
v.
9.
thern alſo zuſchreibet: Jch erfreue mich/ nicht darumb/ daß
ihr ſeyd betrůbet worden; ſondern daß ihr ſeyet zur
Buß betrůbet worden: dann ihr ſeyd nach GOTT be-
trůbet worden: dann die Traurigkeit/ die nach GOtt

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[344/0372] Die Sieben und Zwantzigſte Geiſtliche Lection Du haſt die Finſternuß gemacht/ daß es Nacht wird: in derſelben gehen alle Thiere deß Walds hervor. Das iſt; in einem Hertzen/ ſo mit Bitterkeit erfullet iſt/ werden vielerley Suͤnden herfuͤr gehen: dann die Traurigkeit/ ſagt der H. Franciſcus entweder ſtuͤr- tzet den Menſchen in den Abgrund der Verzweifflung; oder bringt ihn durch die weltliche Wolluͤſten in eine ſehr ſchaͤdliche Außgelaſſenheit: dieſer Urſa- chen halben erfreuet ſich der boͤſe Feind nicht wenig/ wann er einen Diener GOttes traurig ſehet. Derhalben ermahnet uns wohl der weiſe Mann/ und ſagt: Traurigkeit hat viel Leuthe getoͤdtet/ und ſie bringet keinen Nutzen. Und der H. Kirchen-Lehrer Hieronymus iſt der Meynung/ daß keine Sach den Menſchen alſo truncken mache/ als eben die Zerſtoͤhrungs deß Ge- muͤts/ das iſt/ die Traurigkeit; welche den Menſchen/ ſagt er/ zum todt fuͤhret/ und iſt eine grauſame Trunckenheit. Auch hat der obgemeldte Franciſcus an ſich ſelbſt erfahren/ daß die innerliche Freud ein bewehrtes Schild wider den Geiſts der Unluſts ſeye; darumb hat er ſeinen geiſtli- chen Bruͤdern die geiſtliche Froͤhligkeit unauffhoͤrlich anbefohlen: und wann er einen traurig geſehen/ hat er ihn mit Worten beſtraffet und geſagt: daß nicht die jenige/ welche GOTT; ſondern die der Welt/ dem Fleiſch und dem Teuffel dienen/ muͤſſen traurig ſeyn: zumahlen in Traurigkeit ſehr viele Fehler/ und ein groſſe Bitterkeit verborgen ligen; dahero meinet der Gott-ſeelige Petrus Faber und der geiſtreiche Alvarez, daß es ſicherer ſeye/ wann einer der Froͤhligkeit zu viel ergeben iſt; als wann er zu viel traurig iſt: dann gleich wie GOtt/ nach Zeugnuß deß H. Pauli/ einen froͤligen Ge- ber lieb hat; alſo muß demſelbigen ein trauriger Geber ſehr mißfallen. Da- hero ſchreibt der geiſtreiche Nicolaus Liræus von einer GOtt-verlobten Jungfrauen/ welche der H. Magdalenæ de Pazzis, nach ihrem Todt er- ſchienen/ und geſagt/ daß ſie fuͤnff Stund lang die Peinen deß Feg-Feurs habe außſtehen muͤſſen/ dieweilen ſie einiger unmaͤſſigen Traurigkeit ſich der Gebuͤhr nach nicht entſchlagen habe. Pſ. 103. v. 20. Rodr. p. 2. tr. 6. c. 1. Sup. Matt. Apopht. 6. L. 1. 2. Was nun geſagt iſt/ daß iſt alles von der boͤſen Traurigkeit zu verſte- hen/ und nicht von der guten und geiſtlichen/ in welcher ſich der Menſch in GOtt und umb GOttes Willen uͤbet; und wie der Ehr-wuͤrdige Pa- ter Rodriquez vermeinet/ auß einer vier-faͤltigen Urſach herkommet. Erſtlich auß den eigenen Suͤnden: von dero der Apoſtel den Corin- thern alſo zuſchreibet: Jch erfreue mich/ nicht darumb/ daß ihr ſeyd betrůbet worden; ſondern daß ihr ſeyet zur Buß betrůbet worden: dann ihr ſeyd nach GOTT be- trůbet worden: dann die Traurigkeit/ die nach GOtt iſt/ 2. Cor. 7. v. 9.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/372>, abgerufen am 25.11.2024.