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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Glauben.
Glaub eine vortreffliche Artzeney gegen alle Versuchungen und Unfäll
der Welt/ deß Fleisches/ und deß Teuffels: dann wie wird einer den
Versuchungen Platz geben/ und leichtlich sündigen/ wann er warhaff-
tiglich glaubet/ und in sein Hertz gleichsamb eintrucket/ daß nemblich we-
gen einer eintzigen Todt-Sünd dem allgewältigen GOtt ein unendliches
Unbil und Schmach zugefügt werde/ und daß er dessenthalben der ewi-Jud. c. 6.
gen Straff sich unterwerffe? Derhalben gleich wie Samson/ so lang
er seine Haar behalten/ alle an Stärcke übertroffen hat; und hergegen
derselben beraubet/ zumahlen erschwächet ist: solcher gestalt/ so lang
einer den lebhafften Glauben behaltet/ wird er seine Feinde leichtlich überwin-
den; ohne den Glauben aber von selbigen überwunden werden. Da-
hero sagt recht die H. Jungfrau und Mutter Theresia/ daß aller Scha-
de und Sünden der Welt daher ihren Ursprung nehmen/ weilen die
Menschen die Warheiten der H. Schrifft nicht gnugsamb durchtringen;
welche/ wann sie besser zu begreiffen/ sich eusserst bemüheten/ mit
solcher Begierde die Bößheit/ gleich wie das Wasser nicht eintrincken
würden. Auß diesem ist nun leichtlich zu erachten/ mit was vor einem
Glauben ein jeder müsse versehen seyn/ auff daß er den seindlichen List
verspotte/ und daß gewünschte Sieg-Kräntzlein darvon trage.

8. Jm übrigen ist nach Meinung aller Gelehrten sicher und ge-
wiß/ daß auch GOTT den Willen für das Werck belohne/ wann
nemblich daß Werck nicht kan verrichtet werden: Weilen nun diesem
also; so gedencke ein jeder bey sich selbsten/ wie viele Garben der Ver-
diensten er nicht sammlen könne durch offt widerholte Erweckungen deß
Glaubens/ welche da seynd zweyerley/ einige so Eusserliche/ und die
andere so Jnnerliche genennet werden. Die Eusserliche können nicht
so leichtlich geübet werden als die Jnnerliche; es seye dann/ daß einer
unter den Unglaubigen oder Ketzern wohne/ woselbsten er sattsame Gelegen-
heit für den Glauben zu leyden finde. Derowegen sollen uns unterdessen
gnug seyn die innerliche Erweckungen oder Bekändnussen deß Glaubens/
so auff folgende/ oder dergleichen Weiß geschehen können; nemblich/
daß man all daßjenige Glaube/ so in Göttlicher H. Schrifft geschrie-
ben ist/ und was uns unsere Mutter die Christ- Catholische Kirch zu
glauben vorstellet: und daß man bereit seye für alsolche Warheit nicht allein
Leib und Leben zu verliehren; söndern auch daß man von Hertzen wün-
sche/ Gelegenheit zu haben (falls es der Göttlichen Majestät also ge-
fallen würde) in der That selbsten umb der Lieb CHristi/ und der Ver-
thätigung der Catholischen Warheit willen zu sterben. Ob nun zwar

einer
B

Von dem Glauben.
Glaub eine vortreffliche Artzeney gegen alle Verſuchungen und Unfaͤll
der Welt/ deß Fleiſches/ und deß Teuffels: dann wie wird einer den
Verſuchungen Platz geben/ und leichtlich ſuͤndigen/ wann er warhaff-
tiglich glaubet/ und in ſein Hertz gleichſamb eintrucket/ daß nemblich we-
gen einer eintzigen Todt-Suͤnd dem allgewaͤltigen GOtt ein unendliches
Unbil und Schmach zugefuͤgt werde/ und daß er deſſenthalben der ewi-Jud. c. 6.
gen Straff ſich unterwerffe? Derhalben gleich wie Samſon/ ſo lang
er ſeine Haar behalten/ alle an Staͤrcke uͤbertroffen hat; und hergegen
derſelben beraubet/ zumahlen erſchwaͤchet iſt: ſolcher geſtalt/ ſo lang
einer den lebhafften Glauben behaltet/ wird er ſeine Feinde leichtlich uͤberwin-
den; ohne den Glauben aber von ſelbigen uͤberwunden werden. Da-
hero ſagt recht die H. Jungfrau und Mutter Thereſia/ daß aller Scha-
de und Suͤnden der Welt daher ihren Urſprung nehmen/ weilen die
Menſchen die Warheiten der H. Schrifft nicht gnugſamb durchtringen;
welche/ wann ſie beſſer zu begreiffen/ ſich euſſerſt bemuͤheten/ mit
ſolcher Begierde die Boͤßheit/ gleich wie das Waſſer nicht eintrincken
wuͤrden. Auß dieſem iſt nun leichtlich zu erachten/ mit was vor einem
Glauben ein jeder muͤſſe verſehen ſeyn/ auff daß er den ſeindlichen Liſt
verſpotte/ und daß gewuͤnſchte Sieg-Kraͤntzlein darvon trage.

8. Jm uͤbrigen iſt nach Meinung aller Gelehrten ſicher und ge-
wiß/ daß auch GOTT den Willen fuͤr das Werck belohne/ wann
nemblich daß Werck nicht kan verrichtet werden: Weilen nun dieſem
alſo; ſo gedencke ein jeder bey ſich ſelbſten/ wie viele Garben der Ver-
dienſten er nicht ſammlen koͤnne durch offt widerholte Erweckungen deß
Glaubens/ welche da ſeynd zweyerley/ einige ſo Euſſerliche/ und die
andere ſo Jnnerliche genennet werden. Die Euſſerliche koͤnnen nicht
ſo leichtlich geuͤbet werden als die Jnnerliche; es ſeye dann/ daß einer
unter den Unglaubigen oder Ketzern wohne/ woſelbſten er ſattſame Gelegen-
heit fuͤr den Glauben zu leyden finde. Derowegen ſollen uns unterdeſſen
gnug ſeyn die innerliche Erweckungen oder Bekaͤndnuſſen deß Glaubens/
ſo auff folgende/ oder dergleichen Weiß geſchehen koͤnnen; nemblich/
daß man all daßjenige Glaube/ ſo in Goͤttlicher H. Schrifft geſchrie-
ben iſt/ und was uns unſere Mutter die Chriſt- Catholiſche Kirch zu
glauben vorſtellet: und daß man bereit ſeye fuͤr alſolche Warheit nicht allein
Leib und Leben zu verliehren; ſoͤndern auch daß man von Hertzen wuͤn-
ſche/ Gelegenheit zu haben (falls es der Goͤttlichen Majeſtaͤt alſo ge-
fallen wuͤrde) in der That ſelbſten umb der Lieb CHriſti/ und der Ver-
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einer
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[9/0037] Von dem Glauben. Glaub eine vortreffliche Artzeney gegen alle Verſuchungen und Unfaͤll der Welt/ deß Fleiſches/ und deß Teuffels: dann wie wird einer den Verſuchungen Platz geben/ und leichtlich ſuͤndigen/ wann er warhaff- tiglich glaubet/ und in ſein Hertz gleichſamb eintrucket/ daß nemblich we- gen einer eintzigen Todt-Suͤnd dem allgewaͤltigen GOtt ein unendliches Unbil und Schmach zugefuͤgt werde/ und daß er deſſenthalben der ewi- gen Straff ſich unterwerffe? Derhalben gleich wie Samſon/ ſo lang er ſeine Haar behalten/ alle an Staͤrcke uͤbertroffen hat; und hergegen derſelben beraubet/ zumahlen erſchwaͤchet iſt: ſolcher geſtalt/ ſo lang einer den lebhafften Glauben behaltet/ wird er ſeine Feinde leichtlich uͤberwin- den; ohne den Glauben aber von ſelbigen uͤberwunden werden. Da- hero ſagt recht die H. Jungfrau und Mutter Thereſia/ daß aller Scha- de und Suͤnden der Welt daher ihren Urſprung nehmen/ weilen die Menſchen die Warheiten der H. Schrifft nicht gnugſamb durchtringen; welche/ wann ſie beſſer zu begreiffen/ ſich euſſerſt bemuͤheten/ mit ſolcher Begierde die Boͤßheit/ gleich wie das Waſſer nicht eintrincken wuͤrden. Auß dieſem iſt nun leichtlich zu erachten/ mit was vor einem Glauben ein jeder muͤſſe verſehen ſeyn/ auff daß er den ſeindlichen Liſt verſpotte/ und daß gewuͤnſchte Sieg-Kraͤntzlein darvon trage. Jud. c. 6. 8. Jm uͤbrigen iſt nach Meinung aller Gelehrten ſicher und ge- wiß/ daß auch GOTT den Willen fuͤr das Werck belohne/ wann nemblich daß Werck nicht kan verrichtet werden: Weilen nun dieſem alſo; ſo gedencke ein jeder bey ſich ſelbſten/ wie viele Garben der Ver- dienſten er nicht ſammlen koͤnne durch offt widerholte Erweckungen deß Glaubens/ welche da ſeynd zweyerley/ einige ſo Euſſerliche/ und die andere ſo Jnnerliche genennet werden. Die Euſſerliche koͤnnen nicht ſo leichtlich geuͤbet werden als die Jnnerliche; es ſeye dann/ daß einer unter den Unglaubigen oder Ketzern wohne/ woſelbſten er ſattſame Gelegen- heit fuͤr den Glauben zu leyden finde. Derowegen ſollen uns unterdeſſen gnug ſeyn die innerliche Erweckungen oder Bekaͤndnuſſen deß Glaubens/ ſo auff folgende/ oder dergleichen Weiß geſchehen koͤnnen; nemblich/ daß man all daßjenige Glaube/ ſo in Goͤttlicher H. Schrifft geſchrie- ben iſt/ und was uns unſere Mutter die Chriſt- Catholiſche Kirch zu glauben vorſtellet: und daß man bereit ſeye fuͤr alſolche Warheit nicht allein Leib und Leben zu verliehren; ſoͤndern auch daß man von Hertzen wuͤn- ſche/ Gelegenheit zu haben (falls es der Goͤttlichen Majeſtaͤt alſo ge- fallen wuͤrde) in der That ſelbſten umb der Lieb CHriſti/ und der Ver- thaͤtigung der Catholiſchen Warheit willen zu ſterben. Ob nun zwar einer B

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/37>, abgerufen am 21.11.2024.