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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Ergebung in den Willen GOttes.

7. Seynd dann nicht wahr/ und abermahl wahr die obangezogene Wort
der H. H. Kirchen- Lehrer Augustini, Chrysostomi und Damasce-
ni;
daß nemblich alles/ was da immer Geschicht/ nicht besser gesche-
hen könne? Und obschon solches den Augen unseres Hertzen gemeinig-
lich verborgen ist/ so werden wir dannoch selbiges in der Ewigkeit oh-
ne Zweiffel scheinbarlich sehen. Wer ist der auß der angeführten Hi-
stori die wunderbarliche Lieb GOTTES nicht erkennet/ Krafft deren
er alles zum Heyl seiner Diener verordnet? Wer solte unter uns die
Thaten deß vermemten alten Einsidlers nicht übel außgedeutet haben/
ehe er die Ursachen gehört hätte? und wer wird hergegen gefunden wer-
den/ welcher in Ansehung derselben/ die glimpffliche Vorsichtigkeit deß
Allerhöchsten nicht wüede gepriesen haben? So lasset uns dann in allen
und jeden/ so wohl gemeinen als besondern Widerwärtigkeiten den
sicheren Schluß machen/ das selbige bevorab zum Lob GOTTES/
und dann zu unserm Nutzen geschehen oder zugelassen werden. Lasset
uns mit dem Willen GOTTES zu frieden seyn/ und demselben uns
zumahlen gleichförmig machen/ auff daß wir den wahren und rechten
Frieden der Seelen erlangen mögen mit der heiligen Catharina von Se-In Dialo-
go.

nis, welche ihren Heyland ersucht hat/ er mögte ihr doch die rechte Mit-
tel anzeigen/ den wahren Frieden deß Hertzen zu erhalten; und zur
Antwort bekommen hat/ daß hierzu dieses ein gar leichtes Mittel seye:
wann sie nemblich glaubete/ daß GOtt unendlich mächtig seye; und
daß ohne Erlaubnuß desselbigen ihr nichts widerfahren könne: auch/
daß er unendlich weiß seye/ und also wisse alles/ was da geschicht/
ins Gute zu verwenden: und schließlich/ daß Er unendlich gut seye/
und derhalben nichts zulasse/ es sey dann/ daß es dem Menschen sehr
dienlich seye.

8. So kan dann der jenige/ so dem Willen GOttes sich in allem
untergibt/ nicht uneben dem Berg Olympo verglichen werden/ von dem
die Poeten sagen/ daß er auch mit seiner Höhe die Wolcken übersteige.
Auff der Spitze dieses Bergs wird das geringste Blasen der Winden nit ver-
mercket/ sondern wird immerzu eine gewünschte Ruhe und Lieblichkeit
gespühret: Auff den Seiten aber wird er von einer grossen Ungestüm-
migkeit der Winden/ und allerhand schnöden Wetter fast unauffhör-
lich angegriffen. Also ein andächtige/ und dem Göttlichen Willen
ergebene Seel/ ob sie schon alles Ubel der Welt/ die Ungewitter der
Verfolgungen/ die Wind - Wirbel der Betrübnüssen/ und

fort
Von den Ergebung in den Willen GOttes.

7. Seynd dann nicht wahr/ und abermahl wahr die obangezogene Wort
der H. H. Kirchen- Lehrer Auguſtini, Chryſoſtomi und Damaſce-
ni;
daß nemblich alles/ was da immer Geſchicht/ nicht beſſer geſche-
hen koͤnne? Und obſchon ſolches den Augen unſeres Hertzen gemeinig-
lich verborgen iſt/ ſo werden wir dannoch ſelbiges in der Ewigkeit oh-
ne Zweiffel ſcheinbarlich ſehen. Wer iſt der auß der angefuͤhrten Hi-
ſtori die wunderbarliche Lieb GOTTES nicht erkennet/ Krafft deren
er alles zum Heyl ſeiner Diener verordnet? Wer ſolte unter uns die
Thaten deß vermemten alten Einſidlers nicht uͤbel außgedeutet haben/
ehe er die Urſachen gehoͤrt haͤtte? und wer wird hergegen gefunden wer-
den/ welcher in Anſehung derſelben/ die glimpffliche Vorſichtigkeit deß
Allerhoͤchſten nicht wuͤede geprieſen haben? So laſſet uns dann in allen
und jeden/ ſo wohl gemeinen als beſondern Widerwaͤrtigkeiten den
ſicheren Schluß machen/ das ſelbige bevorab zum Lob GOTTES/
und dann zu unſerm Nutzen geſchehen oder zugelaſſen werden. Laſſet
uns mit dem Willen GOTTES zu frieden ſeyn/ und demſelben uns
zumahlen gleichfoͤrmig machen/ auff daß wir den wahren und rechten
Frieden der Seelen erlangen moͤgen mit der heiligen Catharina von Se-In Dialo-
go.

nis, welche ihren Heyland erſucht hat/ er moͤgte ihr doch die rechte Mit-
tel anzeigen/ den wahren Frieden deß Hertzen zu erhalten; und zur
Antwort bekommen hat/ daß hierzu dieſes ein gar leichtes Mittel ſeye:
wann ſie nemblich glaubete/ daß GOtt unendlich maͤchtig ſeye; und
daß ohne Erlaubnuß deſſelbigen ihr nichts widerfahren koͤnne: auch/
daß er unendlich weiß ſeye/ und alſo wiſſe alles/ was da geſchicht/
ins Gute zu verwenden: und ſchließlich/ daß Er unendlich gut ſeye/
und derhalben nichts zulaſſe/ es ſey dann/ daß es dem Menſchen ſehr
dienlich ſeye.

8. So kan dann der jenige/ ſo dem Willen GOttes ſich in allem
untergibt/ nicht uneben dem Berg Olympo verglichen werden/ von dem
die Poeten ſagen/ daß er auch mit ſeiner Hoͤhe die Wolcken uͤberſteige.
Auff der Spitze dieſes Bergs wird das geringſte Blaſen der Winden nit ver-
mercket/ ſondern wird immerzu eine gewuͤnſchte Ruhe und Lieblichkeit
geſpuͤhret: Auff den Seiten aber wird er von einer groſſen Ungeſtuͤm-
migkeit der Winden/ und allerhand ſchnoͤden Wetter faſt unauffhoͤr-
lich angegriffen. Alſo ein andaͤchtige/ und dem Goͤttlichen Willen
ergebene Seel/ ob ſie ſchon alles Ubel der Welt/ die Ungewitter der
Verfolgungen/ die Wind - Wirbel der Betruͤbnuͤſſen/ und

fort
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[335/0363] Von den Ergebung in den Willen GOttes. 7. Seynd dann nicht wahr/ und abermahl wahr die obangezogene Wort der H. H. Kirchen- Lehrer Auguſtini, Chryſoſtomi und Damaſce- ni; daß nemblich alles/ was da immer Geſchicht/ nicht beſſer geſche- hen koͤnne? Und obſchon ſolches den Augen unſeres Hertzen gemeinig- lich verborgen iſt/ ſo werden wir dannoch ſelbiges in der Ewigkeit oh- ne Zweiffel ſcheinbarlich ſehen. Wer iſt der auß der angefuͤhrten Hi- ſtori die wunderbarliche Lieb GOTTES nicht erkennet/ Krafft deren er alles zum Heyl ſeiner Diener verordnet? Wer ſolte unter uns die Thaten deß vermemten alten Einſidlers nicht uͤbel außgedeutet haben/ ehe er die Urſachen gehoͤrt haͤtte? und wer wird hergegen gefunden wer- den/ welcher in Anſehung derſelben/ die glimpffliche Vorſichtigkeit deß Allerhoͤchſten nicht wuͤede geprieſen haben? So laſſet uns dann in allen und jeden/ ſo wohl gemeinen als beſondern Widerwaͤrtigkeiten den ſicheren Schluß machen/ das ſelbige bevorab zum Lob GOTTES/ und dann zu unſerm Nutzen geſchehen oder zugelaſſen werden. Laſſet uns mit dem Willen GOTTES zu frieden ſeyn/ und demſelben uns zumahlen gleichfoͤrmig machen/ auff daß wir den wahren und rechten Frieden der Seelen erlangen moͤgen mit der heiligen Catharina von Se- nis, welche ihren Heyland erſucht hat/ er moͤgte ihr doch die rechte Mit- tel anzeigen/ den wahren Frieden deß Hertzen zu erhalten; und zur Antwort bekommen hat/ daß hierzu dieſes ein gar leichtes Mittel ſeye: wann ſie nemblich glaubete/ daß GOtt unendlich maͤchtig ſeye; und daß ohne Erlaubnuß deſſelbigen ihr nichts widerfahren koͤnne: auch/ daß er unendlich weiß ſeye/ und alſo wiſſe alles/ was da geſchicht/ ins Gute zu verwenden: und ſchließlich/ daß Er unendlich gut ſeye/ und derhalben nichts zulaſſe/ es ſey dann/ daß es dem Menſchen ſehr dienlich ſeye. In Dialo- go. 8. So kan dann der jenige/ ſo dem Willen GOttes ſich in allem untergibt/ nicht uneben dem Berg Olympo verglichen werden/ von dem die Poeten ſagen/ daß er auch mit ſeiner Hoͤhe die Wolcken uͤberſteige. Auff der Spitze dieſes Bergs wird das geringſte Blaſen der Winden nit ver- mercket/ ſondern wird immerzu eine gewuͤnſchte Ruhe und Lieblichkeit geſpuͤhret: Auff den Seiten aber wird er von einer groſſen Ungeſtuͤm- migkeit der Winden/ und allerhand ſchnoͤden Wetter faſt unauffhoͤr- lich angegriffen. Alſo ein andaͤchtige/ und dem Goͤttlichen Willen ergebene Seel/ ob ſie ſchon alles Ubel der Welt/ die Ungewitter der Verfolgungen/ die Wind - Wirbel der Betruͤbnuͤſſen/ und fort

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/363>, abgerufen am 26.11.2024.