Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Gedult der Geistlichen. ewig und ewig währenden Seeligkeit zu verbesseren/ und sich derselben durchdie gegenwärtige Trübseligkeiten mehr und mehr zu versichern. O wie manchem wäre besser/ daß er an Platz der Reichtumben/ die Christliche Ge- dult in Armut besitzete/ dessen Hertz in den zeitlichen Gütern also vertieffet ist/ daß sichs zu seinem Gott zu erheben/ sehier aller Gewalt beraubet werde: techt und wohl bettet man für solche/ daß ihnen die Ursach ihres ewigen Verderbens durch Widerwärtigkeit entzogen werde. Nun höre gleichwohl zu Ersättigung deines geistlichen Vorwitz noch weiters das Exempel unse- res ehrwürdigen Joannis a St. Guilielmo; welcher das Ambt deß Vorste- hers freywillig verlassen/ und/ damit er seinem lieben GOtt desto besser dienen möchte/ in der Einöde zu leben erwählet hat: demnach er sich nun von seinen guten Freunden beurlaubet/ und seine Schrifften auff einen Esel geladen/ ist er den geraden Weeg mit selbigem nach Etrurien gereiset: diesem anfangen- den Einsidler seynd aber nach abgelegten einigen Meilen Weegs zwey Mör- der begegnet/ so den Esel zu ihrer Nothdurfft begehrt haben; denen er selbigen ohne einige Verstöhrung gern gelassen/ seine Bücher oder Schrifften auff den Puckel genommen/ und gesagt; es ist billig und recht/ daß ihr euch nun deß Esels gebrauchet; ich hab mich seiner schon gnugsamb bedienet: und ist also mit den Büchern beladen/ zum gewünschten Orth gelanget: dergleichen Exempelen lesen wir viele in den Leben der H. H. Altvätter und anderer from- men Diener GOttes/ so du/ mein Christliche Seel/ zu deinem Vergnügen und grossen Nutzen daselbst finden wirst. 9. Zum andern muß man sich der Gedult befleissen in den Ubelen deß wollest N n
Von der Gedult der Geiſtlichen. ewig und ewig waͤhrenden Seeligkeit zu verbeſſeren/ und ſich derſelben durchdie gegenwaͤrtige Truͤbſeligkeiten mehr und mehr zu verſichern. O wie manchem waͤre beſſer/ daß er an Platz der Reichtumben/ die Chriſtliche Ge- dult in Armut beſitzete/ deſſen Hertz in den zeitlichen Guͤtern alſo vertieffet iſt/ daß ſichs zu ſeinem Gott zu erheben/ ſehier aller Gewalt beraubet werde: techt und wohl bettet man fuͤr ſolche/ daß ihnen die Urſach ihres ewigen Verderbens durch Widerwaͤrtigkeit entzogen werde. Nun hoͤre gleichwohl zu Erſaͤttigung deines geiſtlichen Vorwitz noch weiters das Exempel unſe- res ehrwuͤrdigen Joannis à St. Guilielmo; welcher das Ambt deß Vorſte- hers freywillig verlaſſen/ und/ damit er ſeinem lieben GOtt deſto beſſer dienen moͤchte/ in der Einoͤde zu leben erwaͤhlet hat: demnach er ſich nun von ſeinen guten Freunden beurlaubet/ und ſeine Schrifften auff einen Eſel geladen/ iſt er den geraden Weeg mit ſelbigem nach Etrurien gereiſet: dieſem anfangen- den Einſidler ſeynd aber nach abgelegten einigen Meilen Weegs zwey Moͤr- der begegnet/ ſo den Eſel zu ihrer Nothdurfft begehrt haben; denen er ſelbigen ohne einige Verſtoͤhrung gern gelaſſen/ ſeine Buͤcher oder Schrifften auff den Puckel genommen/ und geſagt; es iſt billig und recht/ daß ihr euch nun deß Eſels gebrauchet; ich hab mich ſeiner ſchon gnugſamb bedienet: und iſt alſo mit den Buͤchern beladen/ zum gewuͤnſchten Orth gelanget: dergleichen Exempelen leſen wir viele in den Leben der H. H. Altvaͤtter und anderer from- men Diener GOttes/ ſo du/ mein Chriſtliche Seel/ zu deinem Vergnuͤgen und groſſen Nutzen daſelbſt finden wirſt. 9. Zum andern muß man ſich der Gedult befleiſſen in den Ubelen deß wolleſt N n
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Von der Gedult der Geiſtlichen.
ewig und ewig waͤhrenden Seeligkeit zu verbeſſeren/ und ſich derſelben durch
die gegenwaͤrtige Truͤbſeligkeiten mehr und mehr zu verſichern. O wie
manchem waͤre beſſer/ daß er an Platz der Reichtumben/ die Chriſtliche Ge-
dult in Armut beſitzete/ deſſen Hertz in den zeitlichen Guͤtern alſo vertieffet
iſt/ daß ſichs zu ſeinem Gott zu erheben/ ſehier aller Gewalt beraubet werde:
techt und wohl bettet man fuͤr ſolche/ daß ihnen die Urſach ihres ewigen
Verderbens durch Widerwaͤrtigkeit entzogen werde. Nun hoͤre gleichwohl
zu Erſaͤttigung deines geiſtlichen Vorwitz noch weiters das Exempel unſe-
res ehrwuͤrdigen Joannis à St. Guilielmo; welcher das Ambt deß Vorſte-
hers freywillig verlaſſen/ und/ damit er ſeinem lieben GOtt deſto beſſer dienen
moͤchte/ in der Einoͤde zu leben erwaͤhlet hat: demnach er ſich nun von ſeinen
guten Freunden beurlaubet/ und ſeine Schrifften auff einen Eſel geladen/ iſt
er den geraden Weeg mit ſelbigem nach Etrurien gereiſet: dieſem anfangen-
den Einſidler ſeynd aber nach abgelegten einigen Meilen Weegs zwey Moͤr-
der begegnet/ ſo den Eſel zu ihrer Nothdurfft begehrt haben; denen er ſelbigen
ohne einige Verſtoͤhrung gern gelaſſen/ ſeine Buͤcher oder Schrifften auff
den Puckel genommen/ und geſagt; es iſt billig und recht/ daß ihr euch nun
deß Eſels gebrauchet; ich hab mich ſeiner ſchon gnugſamb bedienet: und iſt
alſo mit den Buͤchern beladen/ zum gewuͤnſchten Orth gelanget: dergleichen
Exempelen leſen wir viele in den Leben der H. H. Altvaͤtter und anderer from-
men Diener GOttes/ ſo du/ mein Chriſtliche Seel/ zu deinem Vergnuͤgen
und groſſen Nutzen daſelbſt finden wirſt.
9. Zum andern muß man ſich der Gedult befleiſſen in den Ubelen deß
Leibs/ das iſt/ in allem dem/ was den Leib plagen kan/ als da ſeynd Kranckhei-
ten/ Hunger/ Durſt/ Kaͤlte/ Hitze und dergleichen: ſo viel nun die Schwach-
heiten deß Leibs mit gezimmender Starckmuͤtigkeit zu ertragen angehet/ leh-
ret uns mit ſeinem herrlichen Vorzug der Heil. und Seraphiſche Franciſcus:
als dieſer groſſe Diener GOttes einsmahls groſſe Schmertzen leidete; be-
gehrte von ihm ſein auffwartender einfaͤltiger Bruder/ er ſolte betten/ daß
GOtt etwa gelinder mit ihm umbgehen moͤchte; weilen du/ ſagte er/ von der
Hand GOttes gar zu hart beſchwaͤret wirſt: da dieſes der fuͤr Liebe GOttes
brennende Franciſcus hoͤrete/ rieffe er mit beweglichem Seufftzen uͤberlaut:
wann mir deine groſſe Einfalt nicht bewuſt waͤre/ ſo wolte ich dich alsbald
von meiner Bruderſchafft verwerffen; weilen du die Urtheilen Gottes uͤber
mich tadleſt: da ihm die Kranckheit hefftiger zuſetzete/ ſtieſſe er den ſchwachen
Leib zur Erden/ die er dann mit Frewden kuͤſſete/ und ſagte: ich ſag dir Danck
uͤber Danck mein GOtt und Herr fuͤr alle Schmertzen/ und bitte dich/ du
wolleſt
S. Bona-
vent.
in ejus
vita.
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