Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection dern unzulässigen Dingen sich abtödten/ sich einige mahl deß Wein-Trin-ckens/ oder andern geschmäckigen Speisen enthalten/ damit er gleichwohl deß Verdiensts deß Gehorsambs nicht beraubet werde/ nach dem Exempel In ejus vita.deß Macarii Alexandrini, so in Gesellschafft anderer Geistlichen von sel- bigem offt gebetten worden/ daß er mit ihnen Wein tr[i]ncken wolle; denen er endlich/ umb zu zeigen/ daß er auch gleich andern ein Mensch wäre/ gefolget: nachmals aber so viel Tage durst gelitten/ und also deß Wassers sich enthal- ten/ als er Becherlein Wein getruncken hat: nachdem aber solches andere seine Mitbrüder vernommen/ haben sie zu Verhütung einer so grossen Marter/ den In ejus vita.frommen Mann zum trincken nicht mehr genöthiget. Unser ehrwürdige Jo- annes a St. Gui ielmo hat/ so offt er bey den Weltlichen zur Taffel hat sitzen müssen/ nach der Wiederkunfft zum Closter seinen Leib mit so strenger Dis- ciplin hergenommen/ daß von allen Seiten das Blut häuffig herunter ge- flossen ist: dahero geschehen ist/ daß seine Mit-Brüder die Leute gebetten/ sie möchten selbigen doch hinführo nicht mehr einladen. 22. Wolte Gott/ daß alle Geistliche diese unsere Lehr gebührender massen chern
Die Ein und zwantzigſte Geiſtliche Lection dern unzulaͤſſigen Dingen ſich abtoͤdten/ ſich einige mahl deß Wein-Trin-ckens/ oder andern geſchmaͤckigen Speiſen enthalten/ damit er gleichwohl deß Verdienſts deß Gehorſambs nicht beraubet werde/ nach dem Exempel In ejus vita.deß Macarii Alexandrini, ſo in Geſellſchafft anderer Geiſtlichen von ſel- bigem offt gebetten worden/ daß er mit ihnen Wein tr[i]ncken wolle; denen er endlich/ umb zu zeigen/ daß er auch gleich andern ein Menſch waͤre/ gefolget: nachmals aber ſo viel Tage durſt gelitten/ und alſo deß Waſſers ſich enthal- ten/ als er Becherlein Wein getruncken hat: nachdem aber ſolches andere ſeine Mitbruͤder vernom̃en/ haben ſie zu Verhuͤtung einer ſo groſſen Marter/ den In ejus vita.frommen Mann zum trincken nicht mehr genoͤthiget. Unſer ehrwuͤrdige Jo- annes à St. Gui ielmo hat/ ſo offt er bey den Weltlichen zur Taffel hat ſitzen muͤſſen/ nach der Wiederkunfft zum Cloſter ſeinen Leib mit ſo ſtrenger Diſ- ciplin hergenommen/ daß von allen Seiten das Blut haͤuffig herunter ge- floſſen iſt: dahero geſchehen iſt/ daß ſeine Mit-Bruͤder die Leute gebetten/ ſie moͤchten ſelbigen doch hinfuͤhro nicht mehr einladen. 22. Wolte Gott/ daß alle Geiſtliche dieſe unſere Lehr gebuͤhrender maſſen chern
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0294" n="266"/><fw place="top" type="header">Die Ein und zwantzigſte Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/> dern unzulaͤſſigen Dingen ſich abtoͤdten/ ſich einige mahl deß Wein-Trin-<lb/> ckens/ oder andern geſchmaͤckigen Speiſen enthalten/ damit er gleichwohl<lb/> deß Verdienſts deß Gehorſambs nicht beraubet werde/ nach dem <hi rendition="#aq">Exempel</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">In ejus<lb/> vita.</hi></note>deß <hi rendition="#aq">Macarii Alexandrini,</hi> ſo in Geſellſchafft anderer Geiſtlichen von ſel-<lb/> bigem offt gebetten worden/ daß er mit ihnen Wein tr<supplied>i</supplied>ncken wolle; denen er<lb/> endlich/ umb zu zeigen/ daß er auch gleich andern ein Menſch waͤre/ gefolget:<lb/> nachmals aber ſo viel Tage durſt gelitten/ und alſo deß Waſſers ſich enthal-<lb/> ten/ als er Becherlein Wein getruncken hat: nachdem aber ſolches andere ſeine<lb/> Mitbruͤder vernom̃en/ haben ſie zu Verhuͤtung einer ſo groſſen Marter/ den<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">In ejus<lb/> vita.</hi></note>frommen Mann zum trincken nicht mehr genoͤthiget. Unſer ehrwuͤrdige <hi rendition="#aq">Jo-<lb/> annes à St. Gui ielmo</hi> hat/ ſo offt er bey den Weltlichen zur Taffel hat ſitzen<lb/> muͤſſen/ nach der Wiederkunfft zum Cloſter ſeinen Leib mit ſo ſtrenger <hi rendition="#aq">Diſ-<lb/> ciplin</hi> hergenommen/ daß von allen Seiten das Blut haͤuffig herunter ge-<lb/> floſſen iſt: dahero geſchehen iſt/ daß ſeine Mit-Bruͤder die Leute gebetten/ ſie<lb/> moͤchten ſelbigen doch hinfuͤhro nicht mehr einladen.</p><lb/> <p>22. Wolte Gott/ daß alle Geiſtliche dieſe unſere Lehr gebuͤhrender maſſen<lb/> behertzigten/ und derſelben nachzuleben ſich unter ſtuͤnden; ſie wuͤrden ſich<lb/> ſicherlich unter den Deck-Mantel deß Gehorſambs in ſo viele Laſter nicht<lb/> ſtuͤrtzen. O wie viele kenne ich/ und moͤchte wuͤnſchen/ daß ich ſie nicht ken-<lb/> nete/ welche von ihrer Obrigkeit offt und vielmahl ſeynd auß geſand worden/<lb/> oder umb unterſchiedliche Geſchaͤfften in krafft deß Gehorſambs zu verrich-<lb/> ten/ oder mit einigen bekendten Weltlichen zu ſpeiſen; und ſeynd nichts deſto<lb/> weniger durch ſolche Anſchaffungen zu ſolcher Lawigkeit gerathen/ daß ſie<lb/> den Chor-Gang und andere geiſtliche Ubungen wie ein Geſpaͤnſt geflohen<lb/> haben! woher aber iſt dieſer Widerwill entſtanden? mich geduͤncket nicht/<lb/> daß er von dem Gehorſamb ſeinen Urſprung habe/ zumahlen ſelbiger nicht die<lb/> Weigerung/ ſondern vielmehr die Vermehrung der Gnaden GOttes ver-<lb/> dienet: woher entſtehet dann die Urſach dieſer groſſen Armſeligkeit? ich ſage/<lb/> und kan anders nicht ſagen/ als daß ſelbige ſich allein ihre Ungluͤckſeligkeit zu-<lb/> zumeſſen haben/ weilen ſie das jenige/ ſo in dieſen vierten Theil iſt geſagt wor-<lb/> den/ nicht gehalten haben; derhalben geſchehen iſt/ daß ſie dieſe Befelche viel-<lb/> mehr auß eigenem Nutzen/ als auß Krafft deß wahren Gehorſambs voll-<lb/> bracht/ und an ſtatt der Gnaden/ ſothane Straff verdienet haben. Es gehoͤ-<lb/> ren auch unter die Zahl derſelbigen die jenige Geiſtliche/ welche zu den wider-<lb/> waͤrtigen gebotten der Obrigkeit die Ohren gleichſamb verſtopffen; in den<lb/> beliebigen und anmuͤthigen aber ſich die allerhurtigſte und gehorſambſte zei-<lb/> gen unter allen: und derowegen ſuchen ſie auff alle Weiß/ mit ſolchen Befel-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">chern</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0294]
Die Ein und zwantzigſte Geiſtliche Lection
dern unzulaͤſſigen Dingen ſich abtoͤdten/ ſich einige mahl deß Wein-Trin-
ckens/ oder andern geſchmaͤckigen Speiſen enthalten/ damit er gleichwohl
deß Verdienſts deß Gehorſambs nicht beraubet werde/ nach dem Exempel
deß Macarii Alexandrini, ſo in Geſellſchafft anderer Geiſtlichen von ſel-
bigem offt gebetten worden/ daß er mit ihnen Wein trincken wolle; denen er
endlich/ umb zu zeigen/ daß er auch gleich andern ein Menſch waͤre/ gefolget:
nachmals aber ſo viel Tage durſt gelitten/ und alſo deß Waſſers ſich enthal-
ten/ als er Becherlein Wein getruncken hat: nachdem aber ſolches andere ſeine
Mitbruͤder vernom̃en/ haben ſie zu Verhuͤtung einer ſo groſſen Marter/ den
frommen Mann zum trincken nicht mehr genoͤthiget. Unſer ehrwuͤrdige Jo-
annes à St. Gui ielmo hat/ ſo offt er bey den Weltlichen zur Taffel hat ſitzen
muͤſſen/ nach der Wiederkunfft zum Cloſter ſeinen Leib mit ſo ſtrenger Diſ-
ciplin hergenommen/ daß von allen Seiten das Blut haͤuffig herunter ge-
floſſen iſt: dahero geſchehen iſt/ daß ſeine Mit-Bruͤder die Leute gebetten/ ſie
moͤchten ſelbigen doch hinfuͤhro nicht mehr einladen.
In ejus
vita.
In ejus
vita.
22. Wolte Gott/ daß alle Geiſtliche dieſe unſere Lehr gebuͤhrender maſſen
behertzigten/ und derſelben nachzuleben ſich unter ſtuͤnden; ſie wuͤrden ſich
ſicherlich unter den Deck-Mantel deß Gehorſambs in ſo viele Laſter nicht
ſtuͤrtzen. O wie viele kenne ich/ und moͤchte wuͤnſchen/ daß ich ſie nicht ken-
nete/ welche von ihrer Obrigkeit offt und vielmahl ſeynd auß geſand worden/
oder umb unterſchiedliche Geſchaͤfften in krafft deß Gehorſambs zu verrich-
ten/ oder mit einigen bekendten Weltlichen zu ſpeiſen; und ſeynd nichts deſto
weniger durch ſolche Anſchaffungen zu ſolcher Lawigkeit gerathen/ daß ſie
den Chor-Gang und andere geiſtliche Ubungen wie ein Geſpaͤnſt geflohen
haben! woher aber iſt dieſer Widerwill entſtanden? mich geduͤncket nicht/
daß er von dem Gehorſamb ſeinen Urſprung habe/ zumahlen ſelbiger nicht die
Weigerung/ ſondern vielmehr die Vermehrung der Gnaden GOttes ver-
dienet: woher entſtehet dann die Urſach dieſer groſſen Armſeligkeit? ich ſage/
und kan anders nicht ſagen/ als daß ſelbige ſich allein ihre Ungluͤckſeligkeit zu-
zumeſſen haben/ weilen ſie das jenige/ ſo in dieſen vierten Theil iſt geſagt wor-
den/ nicht gehalten haben; derhalben geſchehen iſt/ daß ſie dieſe Befelche viel-
mehr auß eigenem Nutzen/ als auß Krafft deß wahren Gehorſambs voll-
bracht/ und an ſtatt der Gnaden/ ſothane Straff verdienet haben. Es gehoͤ-
ren auch unter die Zahl derſelbigen die jenige Geiſtliche/ welche zu den wider-
waͤrtigen gebotten der Obrigkeit die Ohren gleichſamb verſtopffen; in den
beliebigen und anmuͤthigen aber ſich die allerhurtigſte und gehorſambſte zei-
gen unter allen: und derowegen ſuchen ſie auff alle Weiß/ mit ſolchen Befel-
chern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |