Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem Gehorsamb. hinauß: da aber der heilige Mann wegen eines mangelhafften Fuß seinemeilenden Gefährten nicht folgen kan/ wird er von selbigem auff öffentlicher Gassen mit Worten übel hergenommen: dieses hören die vorbey gehende Weltliche/ und ermahnen den Geistlichen/ daß er mit so vorneh- men und heiligen Mann dergestalt nicht verfahren müsse: dieser vermerckt seinen Fehler/ und zugleich deß heiligen Thomae Unterthänigkeit; fallet ihm derhalben zu Füssen/ und bittet umb Verzeyhung: Thomas gibt ihm mit la- chendem Mund zur Antwort/ und sagt; ich weiß nicht/ warumb du umb Vergebung bittest; ich bin ja von dir nicht beleidiget worden; ich hab mich jazur geistlichen Armut verbunden/ wie auch du/ ich trage willig und gern den Bettel-Sack: und an dem geistlichen Gehorsamb hab ich ein Wohl- gefallen/ krafft dessen ein Mensch dem andern sich unterwerffet umb Gottes willen. 17. Gleich wie der langsame und genötigte Gehorsamb kein wahrer Ge- Finger K k 2
Von dem Gehorſamb. hinauß: da aber der heilige Mann wegen eines mangelhafften Fuß ſeinemeilenden Gefaͤhrten nicht folgen kan/ wird er von ſelbigem auff oͤffentlicher Gaſſen mit Worten uͤbel hergenommen: dieſes hoͤren die vorbey gehende Weltliche/ und ermahnen den Geiſtlichen/ daß er mit ſo vorneh- men und heiligen Mann dergeſtalt nicht verfahren muͤſſe: dieſer vermerckt ſeinen Fehler/ und zugleich deß heiligen Thomæ Unterthaͤnigkeit; fallet ihm derhalben zu Fuͤſſen/ und bittet umb Verzeyhung: Thomas gibt ihm mit la- chendem Mund zur Antwort/ und ſagt; ich weiß nicht/ warumb du umb Vergebung bitteſt; ich bin ja von dir nicht beleidiget worden; ich hab mich jazur geiſtlichen Armut verbunden/ wie auch du/ ich trage willig und gern den Bettel-Sack: und an dem geiſtlichen Gehorſamb hab ich ein Wohl- gefallen/ krafft deſſen ein Menſch dem andern ſich unterwerffet umb Gottes willen. 17. Gleich wie der langſame und genoͤtigte Gehorſamb kein wahrer Ge- Finger K k 2
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Von dem Gehorſamb.
hinauß: da aber der heilige Mann wegen eines mangelhafften Fuß ſeinem
eilenden Gefaͤhrten nicht folgen kan/ wird er von ſelbigem auff oͤffentlicher
Gaſſen mit Worten uͤbel hergenommen: dieſes hoͤren die vorbey gehende
Weltliche/ und ermahnen den Geiſtlichen/ daß er mit ſo vorneh-
men und heiligen Mann dergeſtalt nicht verfahren muͤſſe: dieſer vermerckt
ſeinen Fehler/ und zugleich deß heiligen Thomæ Unterthaͤnigkeit; fallet ihm
derhalben zu Fuͤſſen/ und bittet umb Verzeyhung: Thomas gibt ihm mit la-
chendem Mund zur Antwort/ und ſagt; ich weiß nicht/ warumb du umb
Vergebung bitteſt; ich bin ja von dir nicht beleidiget worden; ich hab mich
jazur geiſtlichen Armut verbunden/ wie auch du/ ich trage willig und gern
den Bettel-Sack: und an dem geiſtlichen Gehorſamb hab ich ein Wohl-
gefallen/ krafft deſſen ein Menſch dem andern ſich unterwerffet umb Gottes
willen.
17. Gleich wie der langſame und genoͤtigte Gehorſamb kein wahrer Ge-
horſamb genennet zu werden verdienet; alſo hat die Goͤttliche Majeſtaͤt her-
gegen die willige und hurtige Gehorchung auch vielmahlen mit Wunder-
Wercken geehret: deren wir das erſte leſen im Leben deß ſeeligen Jacobi, Ley-
Brudern deß Heil. Prediger-Ordens: dieſer ware ſonderbar erfahren der je-
nigen Maͤhlerey/ ſo auff Glaß geſchicht/ und nachmals in einen gluͤenden
Ofen hinein gebrennet wird: nun hat ſich zugetragen/ daß er einsmahls ein
ſehr ſchoͤnes Gemaͤhl in die Gluet gelegt/ und ſeine Gegenwart dabey hoch-
noͤthig ware; da hat der Vorſteher den Gehorſamb ſeines Bruders auff die
Prob zu ſtellen/ demſelben wider alle Zuverſicht von dieſer Arbeit abzulaſſen/
und zum Betteln außzugehen befohlen: der fromme Jacob gehet hin ohne ei-
gene Entſchuldigung oder Vorwand ſeiner hochnoͤtigen Gegenwart bey
dem brennenden Ofen/ und bettelet/ wie ihm ware aufferlegt worden: er
bringt uͤber viele Stunden die geſamblete Allmuſſen nach Hauß/ und fin-
det ſeine Bildnuͤß dermaſſen ſauber und wunder-ſchoͤn und zu gewuͤnſchter
Vollkommenheit außgearbeitet/ daß nicht der geringſte Mangel daran zu
finden geweſen: alſo iſt er zwar ein Vorſpiel deß vollkommneſten Gehor-
ſambs geweſen; und der liebe GOTT/ als ein Liebhaber deß Gehorſambs/
hat all das jenige/ ſo ander Bildnuß noch erfordert worden/ durch ein Wun-
der-Zeichen dergeſtalt erſetzet/ daß der offtgemeldte Bruder die Tage ſeines
Lebens dergleichen Gemaͤhl nicht hat nachmachen koͤnnen. Unſerm
ſehr geiſtreichen Alipio à St. Franciſco wird einsmahls von ſeinem
Magiſter befohlen/ die Kertzen anzuzuͤnden; und da vielleicht deren
keine vorhanden iſt/ ſchafft er ihm/ er ſolle dann einen
Finger
In ejus
vita.
Hiſtoria.
K k 2
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