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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Einsambkeit.
Verlust/ und ohne Menschlichen Respect, dein Hertz zu
GOtt erheben mögest.
Es ist aber wohl zu beobachten/ daß ein an-
ders seye die Einsambkeit deß Leibs/ Krafft deren der Leib von dem Getüm-
mel der Welt abgesündert und in die vier Mauren verschlossen wird: und
ein anders die Einsambkeit deß Hertzens/ durch welche das Hertz von der Lie-
be der zergänglichen Dingen wird abgehalten/ auff daß selbiges seinem
GOTT allein offen stehe. Die erste Einsambkeit ist zwarn/ wie gesagt ist/
einem geistlichen sehr heylsamb und nützlich/ ja auch öffters zum Fortgana
der Seelen hochnöthig; wann aber derselben die andere Einsambkeit d[es]
Hertzens sich nicht zugesellet/ so bleibt die erste Einsambkeit deß Leibs alle[n]
zumahlen unfruchtbar/ wie der Heil. Gregorius sagt: Was nutzet die
Einsambkeit deß Leibs/ wann an dir ermanglet die Ein-
sambkeit deß Hertzens?
Der diese nicht hat/ kankein Einsamer/ son-
dern allein ein allein wohnender genennet werden: Einen solchen/ sagt
der Heil. Bernardus/ ist die Zellkeine Zell/ sondern ein Ver-
schliessung und Kärcker: Der ist in Warheit allein/ bey
dem Gott nicht ist: der ist recht eingeschlossen/ der in Gott
nicht frey daher gehet:
Derhalben/ mein Christliche Seel/ schliesse
auß deinem Hertzen auß/ rupffe auß/ treibe mit gewalt auß alle böse Nei-
gung zu den weltlichen und nichtswertigen Dingen/ wann du von deiner
Einsambkeit den gewünschten Nutzen zu schöpffen verlangest. Keine Be-
gird der zeitlichen Güter muß in deinem Hertzen Platz haben/ wann in dem-
selben soll wohnen/ und daselbst seine Einsambkeit machen der einsambe Jesus.

9. Hierauß kanst du schliessen/ daß die geistliche Einsambkeit deß Her-
tzens nicht allein in den verborgensten Winckeln der Einöde/ sondern auch
mitten unter den Welt Händelen könne unbeschädiget erhalten werden/
wann nur das Hertz von den irrdischen Creaturen also entfrembdet ist/ daß
selbiges in allem überfluß der Wollüsten/ sich keiner Wollust empfindlich an-
masse; nichts liebe als Jesum/ keinem suche zu gefallen/ als Jesu; nichts ge-
dencke/ nichts betrachte/ und nichts thue/ als was zu Ehren Jesu gereichet/
daß also derselbe aller Worten und Wercken/ aller Gedancken und Meinun-
gen/ und aller hertzlichen Liebe eintziges Ziel und End seye. Dahero/ obschon
die eusserliche Einsambkeit der Zellen/ wann sie zu gebührlichem End ist an-
gefangen/ zum besten der Seelen gedeye; so ist sie doch derhalben allein
zu loben/ weilen sie den geistlichen Menschen zur inner lichen Ein-
sambkeit deß Hertzens sicherer und rühiger anführet/ und von den
Gefahren erlediget/ denen die Welt-Menschen sich unterworffen.

Jm
H h 2

Von der Einſambkeit.
Verluſt/ und ohne Menſchlichen Reſpect, dein Hertz zu
GOtt erheben moͤgeſt.
Es iſt aber wohl zu beobachten/ daß ein an-
ders ſeye die Einſambkeit deß Leibs/ Krafft deren der Leib von dem Getuͤm-
mel der Welt abgeſuͤndert und in die vier Mauren verſchloſſen wird: und
ein anders die Einſambkeit deß Hertzens/ durch welche das Hertz von der Lie-
be der zergaͤnglichen Dingen wird abgehalten/ auff daß ſelbiges ſeinem
GOTT allein offen ſtehe. Die erſte Einſambkeit iſt zwarn/ wie geſagt iſt/
einem geiſtlichen ſehr heylſamb und nuͤtzlich/ ja auch oͤffters zum Fortgana
der Seelen hochnoͤthig; wann aber derſelben die andere Einſambkeit d[eſ]
Hertzens ſich nicht zugeſellet/ ſo bleibt die erſte Einſambkeit deß Leibs alle[n]
zumahlen unfruchtbar/ wie der Heil. Gregorius ſagt: Was nutzet die
Einſambkeit deß Leibs/ wann an dir ermanglet die Ein-
ſambkeit deß Hertzens?
Der dieſe nicht hat/ kankein Einſamer/ ſon-
dern allein ein allein wohnender genennet werden: Einen ſolchen/ ſagt
der Heil. Bernardus/ iſt die Zellkeine Zell/ ſondern ein Ver-
ſchlieſſung und Kaͤrcker: Der iſt in Warheit allein/ bey
dem Gott nicht iſt: der iſt recht eingeſchloſſen/ der in Gott
nicht frey daher gehet:
Derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ ſchlieſſe
auß deinem Hertzen auß/ rupffe auß/ treibe mit gewalt auß alle boͤſe Nei-
gung zu den weltlichen und nichtswertigen Dingen/ wann du von deiner
Einſambkeit den gewuͤnſchten Nutzen zu ſchoͤpffen verlangeſt. Keine Be-
gird der zeitlichen Guͤter muß in deinem Hertzen Platz haben/ wann in dem-
ſelben ſoll wohnen/ und daſelbſt ſeine Einſambkeit machen der einſambe Jeſus.

9. Hierauß kanſt du ſchlieſſen/ daß die geiſtliche Einſambkeit deß Her-
tzens nicht allein in den verborgenſten Winckeln der Einoͤde/ ſondern auch
mitten unter den Welt Haͤndelen koͤnne unbeſchaͤdiget erhalten werden/
wann nur das Hertz von den irrdiſchen Creaturen alſo entfrembdet iſt/ daß
ſelbiges in allem uͤberfluß der Wolluͤſten/ ſich keiner Wolluſt empfindlich an-
maſſe; nichts liebe als Jeſum/ keinem ſuche zu gefallen/ als Jeſu; nichts ge-
dencke/ nichts betrachte/ und nichts thue/ als was zu Ehren Jeſu gereichet/
daß alſo derſelbe aller Worten und Wercken/ aller Gedancken und Meinun-
gen/ und aller hertzlichen Liebe eintziges Ziel und End ſeye. Dahero/ obſchon
die euſſerliche Einſambkeit der Zellen/ wann ſie zu gebuͤhrlichem End iſt an-
gefangen/ zum beſten der Seelen gedeye; ſo iſt ſie doch derhalben allein
zu loben/ weilen ſie den geiſtlichen Menſchen zur inner lichen Ein-
ſambkeit deß Hertzens ſicherer und ruͤhiger anfuͤhret/ und von den
Gefahren erlediget/ denen die Welt-Menſchen ſich unterworffen.

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[243/0271] Von der Einſambkeit. Verluſt/ und ohne Menſchlichen Reſpect, dein Hertz zu GOtt erheben moͤgeſt. Es iſt aber wohl zu beobachten/ daß ein an- ders ſeye die Einſambkeit deß Leibs/ Krafft deren der Leib von dem Getuͤm- mel der Welt abgeſuͤndert und in die vier Mauren verſchloſſen wird: und ein anders die Einſambkeit deß Hertzens/ durch welche das Hertz von der Lie- be der zergaͤnglichen Dingen wird abgehalten/ auff daß ſelbiges ſeinem GOTT allein offen ſtehe. Die erſte Einſambkeit iſt zwarn/ wie geſagt iſt/ einem geiſtlichen ſehr heylſamb und nuͤtzlich/ ja auch oͤffters zum Fortgana der Seelen hochnoͤthig; wann aber derſelben die andere Einſambkeit deſ Hertzens ſich nicht zugeſellet/ ſo bleibt die erſte Einſambkeit deß Leibs allen zumahlen unfruchtbar/ wie der Heil. Gregorius ſagt: Was nutzet die Einſambkeit deß Leibs/ wann an dir ermanglet die Ein- ſambkeit deß Hertzens? Der dieſe nicht hat/ kankein Einſamer/ ſon- dern allein ein allein wohnender genennet werden: Einen ſolchen/ ſagt der Heil. Bernardus/ iſt die Zellkeine Zell/ ſondern ein Ver- ſchlieſſung und Kaͤrcker: Der iſt in Warheit allein/ bey dem Gott nicht iſt: der iſt recht eingeſchloſſen/ der in Gott nicht frey daher gehet: Derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ ſchlieſſe auß deinem Hertzen auß/ rupffe auß/ treibe mit gewalt auß alle boͤſe Nei- gung zu den weltlichen und nichtswertigen Dingen/ wann du von deiner Einſambkeit den gewuͤnſchten Nutzen zu ſchoͤpffen verlangeſt. Keine Be- gird der zeitlichen Guͤter muß in deinem Hertzen Platz haben/ wann in dem- ſelben ſoll wohnen/ und daſelbſt ſeine Einſambkeit machen der einſambe Jeſus. 9. Hierauß kanſt du ſchlieſſen/ daß die geiſtliche Einſambkeit deß Her- tzens nicht allein in den verborgenſten Winckeln der Einoͤde/ ſondern auch mitten unter den Welt Haͤndelen koͤnne unbeſchaͤdiget erhalten werden/ wann nur das Hertz von den irrdiſchen Creaturen alſo entfrembdet iſt/ daß ſelbiges in allem uͤberfluß der Wolluͤſten/ ſich keiner Wolluſt empfindlich an- maſſe; nichts liebe als Jeſum/ keinem ſuche zu gefallen/ als Jeſu; nichts ge- dencke/ nichts betrachte/ und nichts thue/ als was zu Ehren Jeſu gereichet/ daß alſo derſelbe aller Worten und Wercken/ aller Gedancken und Meinun- gen/ und aller hertzlichen Liebe eintziges Ziel und End ſeye. Dahero/ obſchon die euſſerliche Einſambkeit der Zellen/ wann ſie zu gebuͤhrlichem End iſt an- gefangen/ zum beſten der Seelen gedeye; ſo iſt ſie doch derhalben allein zu loben/ weilen ſie den geiſtlichen Menſchen zur inner lichen Ein- ſambkeit deß Hertzens ſicherer und ruͤhiger anfuͤhret/ und von den Gefahren erlediget/ denen die Welt-Menſchen ſich unterworffen. Jm H h 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/271>, abgerufen am 28.11.2024.