Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Zwantzigste. Geistliche Lection glücklich fortschreiten; so must du vor allem/ wans nicht die Noth erfordert/deine Zell nicht verlassen; und gedencken/ daß diese deine glückselige Stelle: seye/ so du vor tausenden dir erwählet hast/ in der du aller weltlichen Sorgen enthaben/ deinem Gott allein und deiner Seelen zum besten dienen könnest: ein Paradeiß der Wollüsten/ daß von dem Reegen der gottlichen Gnaden offt befeuchtiget wird: ein geschlossenes Zimmer der göttlichen Liebe/ in dem Braut und Bräutigam die allersüsseste liebkosende Affecten miteinander wechselen/ und du deine hertzliche Begirden/ deine Noth und Verlangen vertrewlicher/ als irgend anderswo vortragen mögest: und daß dieselbige seye ein Vorzim- mer der himmlischen Glori/ und allerheiligste Wohnung/ in welcher du mit niemand/ als mit deinem Gott/ der allerseligsten Jungfrauen Maria/ mit den Außerwählten und Engelen GOttes zu handlen hast; daß also billig der H. Bernardus deine Wohnung mit diesen güldenen Buchstaben verzeichnet: De vit. Solit. c. 4.Die Zell ist ein heiliges Land/ und ein heiliger Orth; auff dem der Herr und seine Diener öffters Sprach halten/ wie ein Freund mit dem andern; ein Orth/ an welchem die trewhertzige Seel mit dem Wort GOttes vielmahl zu- sammen gefuget/ die Braut ihrem Bräutigam vermählet/ und das irrdische mit dem himmlischen/ und mit den menschlichen die göttliche Dinge vereiniget werden. 2. Jst dann nicht/ mein Christliche Seel/ ein solches Zellulem höher zu sagen/
Die Zwantzigſte. Geiſtliche Lection gluͤcklich fortſchreiten; ſo muſt du vor allem/ wans nicht die Noth erfordert/deine Zell nicht verlaſſen; und gedencken/ daß dieſe deine gluͤckſelige Stelle: ſeye/ ſo du vor tauſenden dir erwaͤhlet haſt/ in der du aller weltlichen Sorgen enthaben/ deinem Gott allein und deiner Seelen zum beſten dienen koͤnneſt: ein Paradeiß der Wolluͤſten/ daß von dem Reegen der gottlichen Gnaden offt befeuchtiget wird: ein geſchloſſenes Zim̃er der goͤttlichen Liebe/ in dem Braut und Braͤutigam die allerſuͤſſeſte liebkoſende Affecten miteinander wechſelen/ und du deine hertzliche Begirden/ deine Noth und Verlangen vertrewlicher/ als irgend anderswo vortragen moͤgeſt: und daß dieſelbige ſeye ein Vorzim- mer der himmliſchen Glori/ und allerheiligſte Wohnung/ in welcher du mit niemand/ als mit deinem Gott/ der allerſeligſten Jungfrauen Maria/ mit den Außerwaͤhlten und Engelen GOttes zu handlen haſt; daß alſo billig der H. Bernardus deine Wohnung mit dieſen guͤldenen Buchſtaben verzeichnet: De vit. Solit. c. 4.Die Zell iſt ein heiliges Land/ und ein heiliger Orth; auff dem der Herr und ſeine Diener oͤffters Sprach halten/ wie ein Freund mit dem andern; ein Orth/ an welchem die trewhertzige Seel mit dem Wort GOttes vielmahl zu- ſammen gefůget/ die Braut ihrem Braͤutigam vermaͤhlet/ und das irrdiſche mit dem himmliſchen/ und mit den menſchlichen die goͤttliche Dinge vereiniget werden. 2. Jſt dann nicht/ mein Chriſtliche Seel/ ein ſolches Zellulem hoͤher zu ſagen/
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Die Zwantzigſte. Geiſtliche Lection
gluͤcklich fortſchreiten; ſo muſt du vor allem/ wans nicht die Noth erfordert/
deine Zell nicht verlaſſen; und gedencken/ daß dieſe deine gluͤckſelige Stelle:
ſeye/ ſo du vor tauſenden dir erwaͤhlet haſt/ in der du aller weltlichen Sorgen
enthaben/ deinem Gott allein und deiner Seelen zum beſten dienen koͤnneſt:
ein Paradeiß der Wolluͤſten/ daß von dem Reegen der gottlichen Gnaden offt
befeuchtiget wird: ein geſchloſſenes Zim̃er der goͤttlichen Liebe/ in dem Braut
und Braͤutigam die allerſuͤſſeſte liebkoſende Affecten miteinander wechſelen/
und du deine hertzliche Begirden/ deine Noth und Verlangen vertrewlicher/
als irgend anderswo vortragen moͤgeſt: und daß dieſelbige ſeye ein Vorzim-
mer der himmliſchen Glori/ und allerheiligſte Wohnung/ in welcher du mit
niemand/ als mit deinem Gott/ der allerſeligſten Jungfrauen Maria/ mit den
Außerwaͤhlten und Engelen GOttes zu handlen haſt; daß alſo billig der
H. Bernardus deine Wohnung mit dieſen guͤldenen Buchſtaben verzeichnet:
Die Zell iſt ein heiliges Land/ und ein heiliger Orth; auff
dem der Herr und ſeine Diener oͤffters Sprach halten/ wie
ein Freund mit dem andern; ein Orth/ an welchem die
trewhertzige Seel mit dem Wort GOttes vielmahl zu-
ſammen gefůget/ die Braut ihrem Braͤutigam vermaͤhlet/
und das irrdiſche mit dem himmliſchen/ und mit den
menſchlichen die goͤttliche Dinge vereiniget werden.
De vit.
Solit. c. 4.
2. Jſt dann nicht/ mein Chriſtliche Seel/ ein ſolches Zellulem hoͤher zu
ſchaͤtzen/ als alle praͤchtige Gebaͤw/ und alle Kaͤyſer- und Koͤnigliche Pallaͤſt
der gantzen Welt? wer ſoll nicht mit Frewden ein ſo Gnaden- und Heyl-rei-
ches Plaͤtzlein fleiſſig bewohnen/ auffdem die wahre Vollkommenheit in kur-
tzer Zeit mit allem Vergnuͤgen/ und ohne Hindernuͤß erlehrnet wird? derhal-
ben ein frommer einſidler ſeinem anbefohlnen Juͤnger immer zu rathen pfleg-
te/ er ſolte zu Erlangung der Vollkommenheit ſich einbilden/ daß kein Orth
in der Welt mehr uͤbrig waͤre/ als daß zwiſchen denen vier Mauren ſeiner
Zellen gelegene Plaͤtzlein/ und daß er nirgend anders das Heyl ſeiner Seelen
wircken koͤnte/ als eben daſelbſten/ allwo dem ſteten Einwohner von GOTT
gegeben wird/ was auſſer derſelben/ in ſchaͤdlicher Zerſtrewung der Sinnen
und Gedancken/ im Schwetzen und Plauderen/ und in der cuſſerſten Gefahr
zu ſuͤndigen/ einem jeden billig geweigert wird; weilen nach Zeugnuͤß deß
H. Bernardi/ Die Zell ein Laden oder Winckel iſt aller himm-
liſchen Gůter und goͤttlicher Wahren/ und ein unůber-
windliche Veſtung wider allen Anlauff der boͤſen Feinden:
Dieſes hat wohl erfahren der groſſe Vatter Antonius/ dahero er pflegte zu
ſagen/
loc. cit.
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