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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Neunzehende Geistliche Lection
quemlicher ist Kein Wunder ists/ daß der von der Erden rede/ so vonder Er-
den ist: hergegen ist dieses zu verwunderen/ das die jenige/ welche für himmlische
Menschen sich außgeben/ von dem Himmel nicht reden/ und die irdische
Gespräch der Erden fahren lassen; dieweilen auß Uberfluß deß Hertzens
der Mund redet. Gleich wie nun die Weltliche Leuth gar leichtlich gnug-
same Materi ihre Discursen auch biß auff einige Stunden zu verlängern
finden; also soll sich ein Geistlicher auch bemühen/ auß der jenigen Handel-
schafft/ die er mit GOtt und den himmlischen Kauffleuten täglich treibet/
bey allen Zusammenkunfften aufferbaulich zu reden.

6. So viel aber das Ziel und End belanget/ werden unsere Gespräch
gut seyn/ wann wir von Anfang derselben immer bey der gefasten Meinung
und Vorhaben verbleiben/ nichts zu reden/ dardurch wir unsern Ruhm
und eigenes Lob bey andern suchen/ oder unsern Neben-Menschen in unserm
Hertzen verachten/ oder denselben mit Stichreden oder sonsten beleydigen
mögen: und wann wir zu mehrer Sicherheit unter dem Gespräch die ge-
machte Jntention erneueren/ alles auß redlichem und auffrichtigem Ge-
müth zur Ehren GOTTES und zum Heyl deß Nächsten ohne den ge-
ringsten Betrug und Arglist zu reden. Endlich seynd auch die Gespräch
gut so viel die Weiß und Manier derselben angehet/ wann man das Hertz in
Gegenwart anderer nicht gar zumahlen außgiesset/ sondern sich bißweilen
süssiglich und bescheidentlich erholet/ und auß deren vorgefallenrn Reden/
mit blossem Seufftzer zu GOtt einige Lieb zu dieser oder jener Tugend
in sich erwecket: auch wann man die unordentliche Alterationen oder Be-
wegungen deß Gemüts/ als nemblich den Zorn/ die Ungedult/ die Hoffart/
die Mißgunst/ das freventliche Urtheil/ und dergleichen Auffruhr deß Her-
tzens alsbald vernichtiget. Auch weiters soll man sich unterstehen/ alle
Brüder und Schwester/ und fort sämbtliche Christ-Glaubige/ als liebe
Kinder GOttes/ als Brüder und Schwester Christi/ als Wohnungen
deß heiligen Geistes/ und wahre Ebenbilder der Allerheiligsten Drey-
faltigkeit
umb GOTTES Willen zu lieben/ derselben Bürde ge-
dultiglich zu tragen/ ihre Fehler zu entschuldigen/ und alle ihre Wort und
Wercke zum Besten außzudeuten. Wiederumb soll ein Geistlicher sehr
behutsamb seyn/ daß er nicht allein keine närrische und eitele Sotten her-
vorbringe; sondern auch ohne öffteres und leichtfertiges Gelächter und un-
gebührliches Schreyen und ruffen/ und unmannirlichen Gebärden deß

Leibs

Die Neunzehende Geiſtliche Lection
quemlicher iſt Kein Wunder iſts/ daß der von der Erden rede/ ſo vonder Er-
den iſt: hergegen iſt dieſes zu verwunderen/ das die jenige/ welche fuͤr him̃liſche
Menſchen ſich außgeben/ von dem Himmel nicht reden/ und die irdiſche
Geſpraͤch der Erden fahren laſſen; dieweilen auß Uberfluß deß Hertzens
der Mund redet. Gleich wie nun die Weltliche Leuth gar leichtlich gnug-
ſame Materi ihre Diſcurſen auch biß auff einige Stunden zu verlaͤngern
finden; alſo ſoll ſich ein Geiſtlicher auch bemuͤhen/ auß der jenigen Handel-
ſchafft/ die er mit GOtt und den himmliſchen Kauffleuten taͤglich treibet/
bey allen Zuſammenkunfften aufferbaulich zu reden.

6. So viel aber das Ziel und End belanget/ werden unſere Geſpraͤch
gut ſeyn/ wann wir von Anfang derſelben immer bey der gefaſten Meinung
und Vorhaben verbleiben/ nichts zu reden/ dardurch wir unſern Ruhm
und eigenes Lob bey andern ſuchen/ oder unſern Neben-Menſchen in unſerm
Hertzen verachten/ oder denſelben mit Stichreden oder ſonſten beleydigen
moͤgen: und wann wir zu mehrer Sicherheit unter dem Geſpraͤch die ge-
machte Jntention erneueren/ alles auß redlichem und auffrichtigem Ge-
muͤth zur Ehren GOTTES und zum Heyl deß Naͤchſten ohne den ge-
ringſten Betrug und Argliſt zu reden. Endlich ſeynd auch die Geſpraͤch
gut ſo viel die Weiß und Manier derſelben angehet/ wann man das Hertz in
Gegenwart anderer nicht gar zumahlen außgieſſet/ ſondern ſich bißweilen
ſuͤſſiglich und beſcheidentlich erholet/ und auß deren vorgefallenrn Reden/
mit bloſſem Seufftzer zu GOtt einige Lieb zu dieſer oder jener Tugend
in ſich erwecket: auch wann man die unordentliche Alterationen oder Be-
wegungen deß Gemuͤts/ als nemblich den Zorn/ die Ungedult/ die Hoffart/
die Mißgunſt/ das freventliche Urtheil/ und dergleichen Auffruhr deß Her-
tzens alsbald vernichtiget. Auch weiters ſoll man ſich unterſtehen/ alle
Bruͤder und Schweſter/ und fort ſaͤmbtliche Chriſt-Glaubige/ als liebe
Kinder GOttes/ als Bruͤder und Schweſter Chriſti/ als Wohnungen
deß heiligen Geiſtes/ und wahre Ebenbilder der Allerheiligſten Drey-
faltigkeit
umb GOTTES Willen zu lieben/ derſelben Buͤrde ge-
dultiglich zu tragen/ ihre Fehler zu entſchuldigen/ und alle ihre Wort und
Wercke zum Beſten außzudeuten. Wiederumb ſoll ein Geiſtlicher ſehr
behutſamb ſeyn/ daß er nicht allein keine naͤrriſche und eitele Sotten her-
vorbringe; ſondern auch ohne oͤffteres und leichtfertiges Gelaͤchter und un-
gebuͤhrliches Schreyen und ruffen/ und unmannirlichen Gebaͤrden deß

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[230/0258] Die Neunzehende Geiſtliche Lection quemlicher iſt Kein Wunder iſts/ daß der von der Erden rede/ ſo vonder Er- den iſt: hergegen iſt dieſes zu verwunderen/ das die jenige/ welche fuͤr him̃liſche Menſchen ſich außgeben/ von dem Himmel nicht reden/ und die irdiſche Geſpraͤch der Erden fahren laſſen; dieweilen auß Uberfluß deß Hertzens der Mund redet. Gleich wie nun die Weltliche Leuth gar leichtlich gnug- ſame Materi ihre Diſcurſen auch biß auff einige Stunden zu verlaͤngern finden; alſo ſoll ſich ein Geiſtlicher auch bemuͤhen/ auß der jenigen Handel- ſchafft/ die er mit GOtt und den himmliſchen Kauffleuten taͤglich treibet/ bey allen Zuſammenkunfften aufferbaulich zu reden. 6. So viel aber das Ziel und End belanget/ werden unſere Geſpraͤch gut ſeyn/ wann wir von Anfang derſelben immer bey der gefaſten Meinung und Vorhaben verbleiben/ nichts zu reden/ dardurch wir unſern Ruhm und eigenes Lob bey andern ſuchen/ oder unſern Neben-Menſchen in unſerm Hertzen verachten/ oder denſelben mit Stichreden oder ſonſten beleydigen moͤgen: und wann wir zu mehrer Sicherheit unter dem Geſpraͤch die ge- machte Jntention erneueren/ alles auß redlichem und auffrichtigem Ge- muͤth zur Ehren GOTTES und zum Heyl deß Naͤchſten ohne den ge- ringſten Betrug und Argliſt zu reden. Endlich ſeynd auch die Geſpraͤch gut ſo viel die Weiß und Manier derſelben angehet/ wann man das Hertz in Gegenwart anderer nicht gar zumahlen außgieſſet/ ſondern ſich bißweilen ſuͤſſiglich und beſcheidentlich erholet/ und auß deren vorgefallenrn Reden/ mit bloſſem Seufftzer zu GOtt einige Lieb zu dieſer oder jener Tugend in ſich erwecket: auch wann man die unordentliche Alterationen oder Be- wegungen deß Gemuͤts/ als nemblich den Zorn/ die Ungedult/ die Hoffart/ die Mißgunſt/ das freventliche Urtheil/ und dergleichen Auffruhr deß Her- tzens alsbald vernichtiget. Auch weiters ſoll man ſich unterſtehen/ alle Bruͤder und Schweſter/ und fort ſaͤmbtliche Chriſt-Glaubige/ als liebe Kinder GOttes/ als Bruͤder und Schweſter Chriſti/ als Wohnungen deß heiligen Geiſtes/ und wahre Ebenbilder der Allerheiligſten Drey- faltigkeit umb GOTTES Willen zu lieben/ derſelben Buͤrde ge- dultiglich zu tragen/ ihre Fehler zu entſchuldigen/ und alle ihre Wort und Wercke zum Beſten außzudeuten. Wiederumb ſoll ein Geiſtlicher ſehr behutſamb ſeyn/ daß er nicht allein keine naͤrriſche und eitele Sotten her- vorbringe; ſondern auch ohne oͤffteres und leichtfertiges Gelaͤchter und un- gebuͤhrliches Schreyen und ruffen/ und unmannirlichen Gebaͤrden deß Leibs

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/258>, abgerufen am 24.11.2024.