Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem Stillschweigen. der H. Gregorius und sagt: Es ist gewiß daß kein Mann/ derTom.Mor. c. 2. Ps. 139. v. 12. reich von Worten ist/ könne gerechtfertiget werden: dann dieses bezeugt der Königliche Prophet mit folgendem Spruch: Ei- nem geschwätzigen Mann wirds nicht wohl gehen auff Erden. Das ist/ er wird keine faste Wurtzel der Vollkommenheii setzen/ dieweilen das in vielem Schwätzen zerstreuete Gemüth sich zu den Göttli- chen Dingen/ wie ein Geistlicher zu thun schuldig ist/ nicht erheben kan/ und auch darzu die vorhin erworbene Gnad gäntzlich verlieret. So ha- ben dann billig alle Stiffter der H. H. Orden/ und Lehrer der Vollkom- menheit diese Stillsehweigung so hoch geschätzet/ dieweilen ihnen sattsam bewust ware/ was herrliche Seelen- Güter auß embsiger Haltung derselben erwachsen könnten. 3. Es pflegte auch ein berühmter und gelehrter Mann zu sagen/ daß zuP. Hier. mit C c 3
Von dem Stillſchweigen. der H. Gregorius und ſagt: Es iſt gewiß daß kein Mann/ derTom.Mor. c. 2. Pſ. 139. v. 12. reich von Worten iſt/ koͤnne gerechtfertiget werden: dann dieſes bezeugt der Koͤnigliche Prophet mit folgendem Spruch: Ei- nem geſchwaͤtzigen Mann wirds nicht wohl gehen auff Erden. Das iſt/ er wird keine faſte Wurtzel der Vollkommenheii ſetzen/ dieweilen das in vielem Schwaͤtzen zerſtreuete Gemuͤth ſich zu den Goͤttli- chen Dingen/ wie ein Geiſtlicher zu thun ſchuldig iſt/ nicht erheben kan/ und auch darzu die vorhin erworbene Gnad gaͤntzlich verlieret. So ha- ben dann billig alle Stiffter der H. H. Orden/ und Lehrer der Vollkom- menheit dieſe Stillſehweigung ſo hoch geſchaͤtzet/ dieweilen ihnen ſattſam bewuſt ware/ was herrliche Seelen- Guͤter auß embſiger Haltung derſelben erwachſen koͤnnten. 3. Es pflegte auch ein beruͤhmter und gelehrter Mann zu ſagen/ daß zuP. Hier. mit C c 3
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Von dem Stillſchweigen.
der H. Gregorius und ſagt: Es iſt gewiß daß kein Mann/ der
reich von Worten iſt/ koͤnne gerechtfertiget werden:
dann dieſes bezeugt der Koͤnigliche Prophet mit folgendem Spruch: Ei-
nem geſchwaͤtzigen Mann wirds nicht wohl gehen auff
Erden. Das iſt/ er wird keine faſte Wurtzel der Vollkommenheii ſetzen/
dieweilen das in vielem Schwaͤtzen zerſtreuete Gemuͤth ſich zu den Goͤttli-
chen Dingen/ wie ein Geiſtlicher zu thun ſchuldig iſt/ nicht erheben kan/
und auch darzu die vorhin erworbene Gnad gaͤntzlich verlieret. So ha-
ben dann billig alle Stiffter der H. H. Orden/ und Lehrer der Vollkom-
menheit dieſe Stillſehweigung ſo hoch geſchaͤtzet/ dieweilen ihnen ſattſam
bewuſt ware/ was herrliche Seelen- Guͤter auß embſiger Haltung derſelben
erwachſen koͤnnten.
Tom.
Mor. c. 2.
Pſ. 139. v.
12.
3. Es pflegte auch ein beruͤhmter und gelehrter Mann zu ſagen/ daß zu
Reformirung eines Kloſters oder Ordens nichts anders erfordert werde/ als
daß die Stillſchweigung wiederumb hinein gepflantzet werde. Dieſes be-
kraͤfftiget ebenfals der H. Jgnatius Lojola; ſo dieſes zum gewiſſen und un-
felbahren Zeichen hatte/ daß in einem Kloſter ein gute Diſciplin gruͤnete;
wann nemblich die Clauſur oder Beſthlieſſung wohl gehalten wurde. Wann
alle Oerter deß Kloſter ſauber waren. Wann ſich ein jeder deß Stillſchwei-
gens befliſſe; und kein Jablen/ Getuͤmmel und Geſchrey gehoͤret wuͤrde.
Wann nun dieſer ſo heilige Mann unter den drey fuͤrnehmſten Stucken zu
Erhaltung ſeiner geiſtlichen Haͤuſer/ auch erfordert die Stillſchweigung;
wie viel mehr ſeynd nicht ſchuldig andere Ordens-Leuthe dieſer Ubung obzu-
ligen/ welche da verlangen ihrem Beruff nachzukommen/ und im Geiſt
GOttes mehr und mehr zuzunehmen? Dann der ſich der Gnade GOttes
will faͤhig machen/ der muß ſeine Zung im Zaum halten/ wie die heilige
Schrifft ſagt: Der will lieben das Leben/ und gute Tage
ſehen/ der halte ſeine Zung vom Boͤſen ab. Was iſt aber an-
ders das Leben unſerer Seelen/ als die Gnad GOttes/ und welche ſeynd
die gute Taͤge; als die jenige/ ſo zum unbeſchreiblichen Troſt deß Menſchen/
mit Tugenden und guten Wercken gezieret ſeynd? Du kanſt aber/ mein
Chriſtliche Seel/ deinen Tagen keinen gebuͤhrlichen Zierrath geben/ wann
du nicht das jenige Silentium zu halten/ dich befleiſſeſt/ welches/ nach Zeug-
nuͤß deß H. Bonaventuraͤ/ der Seraphiſche Vatter Franciſeus ſeinen
Bruͤdern ſo hoch anbefohlen hat/ nemblich das Evangeliſche Stillſchwei-
gen: das iſt/ nach der Lehr Chriſti/ von allem und jedem muͤſſigen Wort
mit
P. Hier.
Natali a-
pud Ro-
dr. p 2.
tom. 2.
c. 6.
1. c. 3. &
Pſ. 33. v.
14.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 105[205]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/233>, abgerufen am 16.02.2025. |