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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Ehrgeitz.


Die Dreyzehende Geistliche
LECTION
Von dem Ehrgeitz.
Non possum in monte salvari, ne forte apprehendatGen. 19.
19.

me malum & moriar.

Jch mag auff dem Berge nicht erhalten werden/
daß mich villeicht das Vbel nicht ergreiffe/ und ich
umbkomme.

Der Erste Theil.

1. GLeich wie die Hoffart ein Feind ist der Demuth; also ist auch der-
selben Tugend der Ehrgeitz zu wider/ welche/ nach Meynung
deß heiligen Thomä/ ist ein unordentliche Begierd der Würden
und Ehren. Obzwarn nun diejenige Ubelen denen sich die Ehrgeitzi-
ge unterwerffen/ kaum zubeschreiben seynd/ so wollen wir jedoch deren eini-
ge möglichst anführen. Erstlich ist gewiß/ daß die Ehrgeitzige durch so-
thane unziemliche Begierd ihr eigenes Gewissen verletzen. Zum andern
müssen sie selbst gestehen/ daß sie die gefaste Andacht und innerliche Ruhe
ihres Hertzens dardurch verlieren. Wiederumb ist nicht ohne/ daß sie
sich vielen heimlichen Plagen unterwerffen. Und letzlich ist das aller-
grausambste/ daß sie ihre Seel in die Gefahr deß ewigen Verderbens
stellen. O wie viele seynd nicht von der Spitze der Ehren und Würden/
durch dieses Laster in Abgrund der Höllen gestürtzet worden! Sintemahln/
nach Meynung deß heiligen Chrysostomi/ alle/ so den Vorzug
verlangen hier auff dieser Welt/ sollen sicherlich ihre
Verschähmung finden in der andern; dann unter die Die-
ner Christi kan nicht gezählet werden/ der sich um Würden

be-
Von dem Ehrgeitz.


Die Dreyzehende Geiſtliche
LECTION
Von dem Ehrgeitz.
Non poſſum in monte ſalvari, ne fortè apprehendatGen. 19.
19.

me malum & moriar.

Jch mag auff dem Berge nicht erhalten werden/
daß mich villeicht das Vbel nicht ergreiffe/ und ich
umbkomme.

Der Erſte Theil.

1. GLeich wie die Hoffart ein Feind iſt der Demuth; alſo iſt auch der-
ſelben Tugend der Ehrgeitz zu wider/ welche/ nach Meynung
deß heiligen Thomaͤ/ iſt ein unordentliche Begierd der Wuͤrden
und Ehren. Obzwarn nun diejenige Ubelen denen ſich die Ehrgeitzi-
ge unterwerffen/ kaum zubeſchreiben ſeynd/ ſo wollen wir jedoch deren eini-
ge moͤglichſt anfuͤhren. Erſtlich iſt gewiß/ daß die Ehrgeitzige durch ſo-
thane unziemliche Begierd ihr eigenes Gewiſſen verletzen. Zum andern
muͤſſen ſie ſelbſt geſtehen/ daß ſie die gefaſte Andacht und innerliche Ruhe
ihres Hertzens dardurch verlieren. Wiederumb iſt nicht ohne/ daß ſie
ſich vielen heimlichen Plagen unterwerffen. Und letzlich iſt das aller-
grauſambſte/ daß ſie ihre Seel in die Gefahr deß ewigen Verderbens
ſtellen. O wie viele ſeynd nicht von der Spitze der Ehren und Wuͤrden/
durch dieſes Laſter in Abgrund der Hoͤllen geſtuͤrtzet worden! Sintemahln/
nach Meynung deß heiligen Chryſoſtomi/ alle/ ſo den Vorzug
verlangen hier auff dieſer Welt/ ſollen ſicherlich ihre
Verſchaͤhmung finden in der andern; dann unter die Die-
ner Chriſti kan nicht gezaͤhlet werden/ der ſich um Würden

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[143/0171] Von dem Ehrgeitz. Die Dreyzehende Geiſtliche LECTION Von dem Ehrgeitz. Non poſſum in monte ſalvari, ne fortè apprehendat me malum & moriar. Jch mag auff dem Berge nicht erhalten werden/ daß mich villeicht das Vbel nicht ergreiffe/ und ich umbkomme. Der Erſte Theil. 1. GLeich wie die Hoffart ein Feind iſt der Demuth; alſo iſt auch der- ſelben Tugend der Ehrgeitz zu wider/ welche/ nach Meynung deß heiligen Thomaͤ/ iſt ein unordentliche Begierd der Wuͤrden und Ehren. Obzwarn nun diejenige Ubelen denen ſich die Ehrgeitzi- ge unterwerffen/ kaum zubeſchreiben ſeynd/ ſo wollen wir jedoch deren eini- ge moͤglichſt anfuͤhren. Erſtlich iſt gewiß/ daß die Ehrgeitzige durch ſo- thane unziemliche Begierd ihr eigenes Gewiſſen verletzen. Zum andern muͤſſen ſie ſelbſt geſtehen/ daß ſie die gefaſte Andacht und innerliche Ruhe ihres Hertzens dardurch verlieren. Wiederumb iſt nicht ohne/ daß ſie ſich vielen heimlichen Plagen unterwerffen. Und letzlich iſt das aller- grauſambſte/ daß ſie ihre Seel in die Gefahr deß ewigen Verderbens ſtellen. O wie viele ſeynd nicht von der Spitze der Ehren und Wuͤrden/ durch dieſes Laſter in Abgrund der Hoͤllen geſtuͤrtzet worden! Sintemahln/ nach Meynung deß heiligen Chryſoſtomi/ alle/ ſo den Vorzug verlangen hier auff dieſer Welt/ ſollen ſicherlich ihre Verſchaͤhmung finden in der andern; dann unter die Die- ner Chriſti kan nicht gezaͤhlet werden/ der ſich um Würden be-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/171>, abgerufen am 27.11.2024.