Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Zwölffte Geistliche Lection Tom. 8.An. Dom. 614.heilbare Blindheit: Unter diese kan gezehlet werden der jenige Geist- liche/ von dem Baronius schreibt/ daß er auff dem Berg Sina einen so grossen Schein seiner Mässigkeit/ daß er viele Jahren in der Zellen eingeschlossen Gott gedienet habe; biß er endlich durch öfftere falsche Offenbahrungen und Erscheinungen vom leidigen Sathan betrogen/ in das abscheuliche Laster der Hoffart/ und von diesem zum Judischen Glauben gefallen/ und sich beschnei- den lassen: Es hatte der böse Feind diesem armseligen Menschen vorhin zu Historia.zeiten einige rechtmässige und glaubwürdige Erscheinungen gezeiget/ mit de- nen er das verdunckelte Hertz desselben an sich gelocket: zu letzt aber hat er ihm vor Augen gestellet auff einer Seiten eine grosse Anzahl der Apostelen/ Mar- tirer und andern Christglaubigen/ so mit einer dicken Finsternüß und sonst al- lem Unflat zumahlen umbgeben gewesen: auff der andern Seiten hat er ihm gezeigtden wunderthätigen Moysen/ die Propheten deß alten Testaments/ und eine unzehlige Schaar deß Judischen Volcks/ so alle in grosser Herrlig- keit leuchteten/ und in Freuden lebten: da dieses der unglückselige Einsidler gesehen/ ist er alsbald auffgestanden/ den H. Berg verlassen/ und den Juden sich zugesellet: und nachdem er denselben seine Offenbahrungen kund ge- macht/ ist er von ihnen beschnitten worden; und mit dem neuen Glauben ein Weib genommen; er hat auch in aller Ansehen gegen die Christglaubige seine Meinungen außgehen lassen; und ist also ein Verpfächter deß Judischen A- ber-Glaubens worden: diesen haben wir gesehen/ und ist noch nicht über vier Jahr todt/ ist aber elendiglich gestorben; dann er ist mit einem Schlag-Fluß eine Zeitlang geplaget/ und nachmahls von den Würmen gefressen worden. 2. Ach hätte dieser elende Münch die Hoffart auß seinem Hertzen vertrie- li
Die Zwoͤlffte Geiſtliche Lection Tom. 8.An. Dom. 614.heilbare Blindheit: Unter dieſe kan gezehlet werden der jenige Geiſt- liche/ von dem Baronius ſchreibt/ daß er auff dem Berg Sina einen ſo groſſen Schein ſeiner Maͤſſigkeit/ daß er viele Jahren in der Zellen eingeſchloſſen Gott gedienet habe; biß er endlich durch oͤfftere falſche Offenbahrungen und Erſcheinungen vom leidigen Sathan betrogen/ in das abſcheuliche Laſter der Hoffart/ und von dieſem zum Judiſchen Glauben gefallen/ und ſich beſchnei- den laſſen: Es hatte der boͤſe Feind dieſem armſeligen Menſchen vorhin zu Hiſtoria.zeiten einige rechtmaͤſſige und glaubwuͤrdige Erſcheinungen gezeiget/ mit de- nen er das verdunckelte Hertz deſſelben an ſich gelocket: zu letzt aber hat er ihm vor Augen geſtellet auff einer Seiten eine groſſe Anzahl der Apoſtelen/ Mar- tirer und andern Chriſtglaubigen/ ſo mit einer dicken Finſternuͤß und ſonſt al- lem Unflat zumahlen umbgeben geweſen: auff der andern Seiten hat er ihm gezeigtden wunderthaͤtigen Moyſen/ die Propheten deß alten Teſtaments/ und eine unzehlige Schaar deß Judiſchen Volcks/ ſo alle in groſſer Herrlig- keit leuchteten/ und in Freuden lebten: da dieſes der ungluͤckſelige Einſidler geſehen/ iſt er alsbald auffgeſtanden/ den H. Berg verlaſſen/ und den Juden ſich zugeſellet: und nachdem er denſelben ſeine Offenbahrungen kund ge- macht/ iſt er von ihnen beſchnitten worden; und mit dem neuen Glauben ein Weib genommen; er hat auch in aller Anſehen gegen die Chriſtglaubige ſeine Meinungen außgehen laſſen; und iſt alſo ein Verpfaͤchter deß Judiſchen A- ber-Glaubens worden: dieſen haben wir geſehen/ und iſt noch nicht uͤber vier Jahr todt/ iſt aber elendiglich geſtorben; dann er iſt mit einem Schlag-Fluß eine Zeitlang geplaget/ und nachmahls von den Wuͤrmen gefreſſen worden. 2. Ach haͤtte dieſer elende Muͤnch die Hoffart auß ſeinem Hertzen vertrie- li
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0160" n="132"/><fw place="top" type="header">Die Zwoͤlffte Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Tom. 8.<lb/> An. Dom.</hi><lb/> 614.</note><hi rendition="#fr">heilbare Blindheit:</hi> Unter dieſe kan gezehlet werden der jenige Geiſt-<lb/> liche/ von dem <hi rendition="#aq">Baronius</hi> ſchreibt/ daß er auff dem Berg <hi rendition="#aq">Sina</hi> einen ſo groſſen<lb/> Schein ſeiner Maͤſſigkeit/ daß er viele Jahren in der Zellen eingeſchloſſen<lb/> Gott gedienet habe; biß er endlich durch oͤfftere falſche Offenbahrungen und<lb/> Erſcheinungen vom leidigen Sathan betrogen/ in das abſcheuliche Laſter der<lb/> Hoffart/ und von dieſem zum Judiſchen Glauben gefallen/ und ſich beſchnei-<lb/> den laſſen: Es hatte der boͤſe Feind dieſem armſeligen Menſchen vorhin zu<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Hiſtoria.</hi></note>zeiten einige rechtmaͤſſige und glaubwuͤrdige Erſcheinungen gezeiget/ mit de-<lb/> nen er das verdunckelte Hertz deſſelben an ſich gelocket: zu letzt aber hat er ihm<lb/> vor Augen geſtellet auff einer Seiten eine groſſe Anzahl der Apoſtelen/ Mar-<lb/> tirer und andern Chriſtglaubigen/ ſo mit einer dicken Finſternuͤß und ſonſt al-<lb/> lem Unflat zumahlen umbgeben geweſen: auff der andern Seiten hat er ihm<lb/> gezeigtden wunderthaͤtigen Moyſen/ die Propheten deß alten Teſtaments/<lb/> und eine unzehlige Schaar deß Judiſchen Volcks/ ſo alle in groſſer Herrlig-<lb/> keit leuchteten/ und in Freuden lebten: da dieſes der ungluͤckſelige Einſidler<lb/> geſehen/ iſt er alsbald auffgeſtanden/ den H. Berg verlaſſen/ und den Juden<lb/> ſich zugeſellet: und nachdem er denſelben ſeine Offenbahrungen kund ge-<lb/> macht/ iſt er von ihnen beſchnitten worden; und mit dem neuen Glauben ein<lb/> Weib genommen; er hat auch in aller Anſehen gegen die Chriſtglaubige ſeine<lb/> Meinungen außgehen laſſen; und iſt alſo ein Verpfaͤchter deß Judiſchen A-<lb/> ber-Glaubens worden: dieſen haben wir geſehen/ und iſt noch nicht uͤber vier<lb/> Jahr todt/ iſt aber elendiglich geſtorben; dann er iſt mit einem Schlag-Fluß<lb/> eine Zeitlang geplaget/ und nachmahls von den Wuͤrmen gefreſſen worden.</p><lb/> <p>2. Ach haͤtte dieſer elende Muͤnch die Hoffart auß ſeinem Hertzen vertrie-<lb/> ben/ und haͤtte ſich der goͤttlichen Offenbahrungen unwuͤrdig geachtet (die<lb/> doch lauter Teuffels Anſtifftungen waren) haͤtte er ſich/ wie billig/ fuͤr einen<lb/> Suͤnder gehalten; ſo waͤre er von ſeinem ſaubern Offenbahrer nit ſo ſchaͤnd-<lb/> lich betrogen/ und in den Abgrund deß Verderbens geſtuͤrtzt worden! haͤtte er<lb/> den obangezogenen Text auß dem Buch Tobiaͤ wohl behertziget/ und im<lb/> Werck zu erfuͤllen ſich befliſſen: <hi rendition="#fr">laſſe die Hoffart niemahlen in dei-</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">c. 4. v.</hi> 14.</note><hi rendition="#fr">nen Sinn weder in deinen Worten herſchen</hi> <hi rendition="#aq"> &c.</hi> ſo waͤre er oh-<lb/> ne zweiffel dem unwiederbringlichen Schaden dieſes Ubels nicht zu theil wor-<lb/> den: weilen er aber dieſes vernachlaͤſſiget/ und ſich fuͤr einen heil. und gerechten<lb/> Mann gehalten; der er doch nicht ware/ darumb iſt er durch ſo viele teuffliſche<lb/> Erfindungen betrogen/ und ewig verdambt worden: dahero ſagt recht der A-<lb/> poſtel: <hi rendition="#fr">ſo ſich jemand bedüncken laſſet/ daß er etwas ſeye/ da</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">ad Gal. 6.<lb/> v.</hi> 3.</note><hi rendition="#fr">er doch nichts iſt/ der verfůhret ſich ſelbſt.</hi> Es widerfahret aber<lb/> den Hoffaͤrtigen gemeinlich/ was ſich mit dem <hi rendition="#aq">lcaro</hi> einem Sohn deß <hi rendition="#aq">Dæda-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">li</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0160]
Die Zwoͤlffte Geiſtliche Lection
heilbare Blindheit: Unter dieſe kan gezehlet werden der jenige Geiſt-
liche/ von dem Baronius ſchreibt/ daß er auff dem Berg Sina einen ſo groſſen
Schein ſeiner Maͤſſigkeit/ daß er viele Jahren in der Zellen eingeſchloſſen
Gott gedienet habe; biß er endlich durch oͤfftere falſche Offenbahrungen und
Erſcheinungen vom leidigen Sathan betrogen/ in das abſcheuliche Laſter der
Hoffart/ und von dieſem zum Judiſchen Glauben gefallen/ und ſich beſchnei-
den laſſen: Es hatte der boͤſe Feind dieſem armſeligen Menſchen vorhin zu
zeiten einige rechtmaͤſſige und glaubwuͤrdige Erſcheinungen gezeiget/ mit de-
nen er das verdunckelte Hertz deſſelben an ſich gelocket: zu letzt aber hat er ihm
vor Augen geſtellet auff einer Seiten eine groſſe Anzahl der Apoſtelen/ Mar-
tirer und andern Chriſtglaubigen/ ſo mit einer dicken Finſternuͤß und ſonſt al-
lem Unflat zumahlen umbgeben geweſen: auff der andern Seiten hat er ihm
gezeigtden wunderthaͤtigen Moyſen/ die Propheten deß alten Teſtaments/
und eine unzehlige Schaar deß Judiſchen Volcks/ ſo alle in groſſer Herrlig-
keit leuchteten/ und in Freuden lebten: da dieſes der ungluͤckſelige Einſidler
geſehen/ iſt er alsbald auffgeſtanden/ den H. Berg verlaſſen/ und den Juden
ſich zugeſellet: und nachdem er denſelben ſeine Offenbahrungen kund ge-
macht/ iſt er von ihnen beſchnitten worden; und mit dem neuen Glauben ein
Weib genommen; er hat auch in aller Anſehen gegen die Chriſtglaubige ſeine
Meinungen außgehen laſſen; und iſt alſo ein Verpfaͤchter deß Judiſchen A-
ber-Glaubens worden: dieſen haben wir geſehen/ und iſt noch nicht uͤber vier
Jahr todt/ iſt aber elendiglich geſtorben; dann er iſt mit einem Schlag-Fluß
eine Zeitlang geplaget/ und nachmahls von den Wuͤrmen gefreſſen worden.
Tom. 8.
An. Dom.
614.
Hiſtoria.
2. Ach haͤtte dieſer elende Muͤnch die Hoffart auß ſeinem Hertzen vertrie-
ben/ und haͤtte ſich der goͤttlichen Offenbahrungen unwuͤrdig geachtet (die
doch lauter Teuffels Anſtifftungen waren) haͤtte er ſich/ wie billig/ fuͤr einen
Suͤnder gehalten; ſo waͤre er von ſeinem ſaubern Offenbahrer nit ſo ſchaͤnd-
lich betrogen/ und in den Abgrund deß Verderbens geſtuͤrtzt worden! haͤtte er
den obangezogenen Text auß dem Buch Tobiaͤ wohl behertziget/ und im
Werck zu erfuͤllen ſich befliſſen: laſſe die Hoffart niemahlen in dei-
nen Sinn weder in deinen Worten herſchen &c. ſo waͤre er oh-
ne zweiffel dem unwiederbringlichen Schaden dieſes Ubels nicht zu theil wor-
den: weilen er aber dieſes vernachlaͤſſiget/ und ſich fuͤr einen heil. und gerechten
Mann gehalten; der er doch nicht ware/ darumb iſt er durch ſo viele teuffliſche
Erfindungen betrogen/ und ewig verdambt worden: dahero ſagt recht der A-
poſtel: ſo ſich jemand bedüncken laſſet/ daß er etwas ſeye/ da
er doch nichts iſt/ der verfůhret ſich ſelbſt. Es widerfahret aber
den Hoffaͤrtigen gemeinlich/ was ſich mit dem lcaro einem Sohn deß Dæda-
li
c. 4. v. 14.
ad Gal. 6.
v. 3.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |