Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Demuth.
seyest; erkenne aber solches nach dem dir gezeigten Ebenbild der obgemeld-
ten Freunden GOttes: und damit du auß sothaner Erkändnuß den ver-
langten Nutzen gewinnen mögest; so bemühe dich allhier zeitlich alle Wi-
derwärtigkeiten/ sie kommen von wannen sie immer wollen/ standhäfftig-
lich zu leiden/ indem du gestchest/ daß solche durch dein Verbrechen bey
Gott verdienet hast.

Der dritte Theil.

13.WEr sich vollkommentlich verwerffet/ der achtet sich vor
den geringsten unter allen; er fliehet alles menschliche
Lob und Ehr; er erfreuet sich wann er verachtet und ver-
niedriget wird; er suchet die verwürfflichste Aempter zu vertretten/ und
haltet sich zu allen Sachen vor untäuglich: Weilen nun dieser von uns
vorhin verzeichnete Staffel die übrige alle gleichsamb in einer Summen
in sich begreiffet: so ist nur allein nöthig/ daß wir das jenige/ welches die-
ser als der fürnehmste Stapffel verborgener Weiß in sich fasset; einem je-
den öffentlich für die Augen stellen: Derhalben muß ein wahrer demüti-
ger sich den aller geringsten schätzen unter allen; wie der gottseelige Tho-
mas a Kempis
sagt: Gedenck/ oder achte nicht/ daß du et-L. 2. c. 2.
§. 2.

was gewonnen habest (in der Demuth) es seye dann daß
du haltest/ als ob du unter allen der geringste wärest:
und
an einem andern Orth ermahnet er uns also: Begib und lege dichL. 2. c. 10.
§. 2.

allezeit auffdas niedrigst/ so wird dir gegeben werden das
höchste: dann das höchste bestehet nicht ohne das nie-
drigste: Die höchste Heylige vor GOTT/ seynd die we-
nigste vor ihn selber: und je ehrlicher und höher sie von
andern gehalten werden/ desto demuthiger seynd sie in
ihnen selber:
Dieses hat uns auch gerathen unser Heyland mit diesen
Worten: Wann du zur Hochzeit wirst beruffen/ so setze
dich an den niedrigsten Orth:
Damit du/ sagt der demüthigeSerm. 37.
super
Cant.

Bernardus/ mit allein unter allen der letzte seyest/ und nicht allein keinem dich
vorsetzest: sondern auch dich keinem zu vergleichen erkühnest:
Dann du hast keine Gefahr zu förchten/ wann du dich schon ver-
niedrigest/ und den allergeringsten haltest/ wie du inuner kön-
nest: Es ist aber ein grosses Uebel und eine grausame Gefahr

vorhanden
Q 2

Von der Demuth.
ſeyeſt; erkenne aber ſolches nach dem dir gezeigten Ebenbild der obgemeld-
ten Freunden GOttes: und damit du auß ſothaner Erkaͤndnuß den ver-
langten Nutzen gewinnen moͤgeſt; ſo bemuͤhe dich allhier zeitlich alle Wi-
derwaͤrtigkeiten/ ſie kommen von wannen ſie immer wollen/ ſtandhaͤfftig-
lich zu leiden/ indem du geſtcheſt/ daß ſolche durch dein Verbrechen bey
Gott verdienet haſt.

Der dritte Theil.

13.WEr ſich vollkommentlich verwerffet/ der achtet ſich vor
den geringſten unter allen; er fliehet alles menſchliche
Lob und Ehr; er erfreuet ſich wann er verachtet und ver-
niedriget wird; er ſuchet die verwuͤrfflichſte Aempter zu vertretten/ und
haltet ſich zu allen Sachen vor untaͤuglich: Weilen nun dieſer von uns
vorhin verzeichnete Staffel die uͤbrige alle gleichſamb in einer Summen
in ſich begreiffet: ſo iſt nur allein noͤthig/ daß wir das jenige/ welches die-
ſer als der fuͤrnehmſte Stapffel verborgener Weiß in ſich faſſet; einem je-
den oͤffentlich fuͤr die Augen ſtellen: Derhalben muß ein wahrer demuͤti-
ger ſich den aller geringſten ſchaͤtzen unter allen; wie der gottſeelige Tho-
mas à Kempis
ſagt: Gedenck/ oder achte nicht/ daß du et-L. 2. c. 2.
§. 2.

was gewonnen habeſt (in der Demuth) es ſeye dann daß
du halteſt/ als ob du unter allen der geringſte waͤreſt:
und
an einem andern Orth ermahnet er uns alſo: Begib und lege dichL. 2. c. 10.
§. 2.

allezeit auffdas niedrigſt/ ſo wird dir gegeben werden das
hoͤchſte: dann das hoͤchſte beſtehet nicht ohne das nie-
drigſte: Die hoͤchſte Heylige vor GOTT/ ſeynd die we-
nigſte vor ihn ſelber: und je ehrlicher und hoͤher ſie von
andern gehalten werden/ deſto demůthiger ſeynd ſie in
ihnen ſelber:
Dieſes hat uns auch gerathen unſer Heyland mit dieſen
Worten: Wann du zur Hochzeit wirſt beruffen/ ſo ſetze
dich an den niedrigſten Orth:
Damit du/ ſagt der demuͤthigeSerm. 37.
ſuper
Cant.

Bernardus/ mit allein unter allen der letzte ſeyeſt/ und nicht allein keinem dich
vorſetzeſt: ſondern auch dich keinem zu vergleichen erkuͤhneſt:
Dann du haſt keine Gefahr zu foͤrchten/ wann du dich ſchon ver-
niedrigeſt/ und den allergeringſten halteſt/ wie du inuner koͤn-
neſt: Es iſt aber ein groſſes Uebel und eine grauſame Gefahr

vorhanden
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="123"/><fw place="top" type="header">Von der Demuth.</fw><lb/>
&#x017F;eye&#x017F;t; erkenne aber &#x017F;olches nach dem dir gezeigten Ebenbild der obgemeld-<lb/>
ten Freunden GOttes: und damit du auß &#x017F;othaner Erka&#x0364;ndnuß den ver-<lb/>
langten Nutzen gewinnen mo&#x0364;ge&#x017F;t; &#x017F;o bemu&#x0364;he dich allhier zeitlich alle Wi-<lb/>
derwa&#x0364;rtigkeiten/ &#x017F;ie kommen von wannen &#x017F;ie immer wollen/ &#x017F;tandha&#x0364;fftig-<lb/>
lich zu leiden/ indem du ge&#x017F;tche&#x017F;t/ daß &#x017F;olche durch dein Verbrechen bey<lb/>
Gott verdienet ha&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der dritte Theil.</hi> </head><lb/>
          <p>13.<hi rendition="#in">W</hi>Er &#x017F;ich vollkommentlich verwerffet/ der achtet &#x017F;ich vor<lb/>
den gering&#x017F;ten unter allen; er fliehet alles men&#x017F;chliche<lb/>
Lob und Ehr; er erfreuet &#x017F;ich wann er verachtet und ver-<lb/>
niedriget wird; er &#x017F;uchet die verwu&#x0364;rfflich&#x017F;te Aempter zu vertretten/ und<lb/>
haltet &#x017F;ich zu allen Sachen vor unta&#x0364;uglich: Weilen nun die&#x017F;er von uns<lb/>
vorhin verzeichnete Staffel die u&#x0364;brige alle gleich&#x017F;amb in einer Summen<lb/>
in &#x017F;ich begreiffet: &#x017F;o i&#x017F;t nur allein no&#x0364;thig/ daß wir das jenige/ welches die-<lb/>
&#x017F;er als der fu&#x0364;rnehm&#x017F;te Stapffel verborgener Weiß in &#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;et; einem je-<lb/>
den o&#x0364;ffentlich fu&#x0364;r die Augen &#x017F;tellen: Derhalben muß ein wahrer demu&#x0364;ti-<lb/>
ger &#x017F;ich den aller gering&#x017F;ten &#x017F;cha&#x0364;tzen unter allen; wie der gott&#x017F;eelige <hi rendition="#aq">Tho-<lb/>
mas à Kempis</hi> &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Gedenck/ oder achte nicht/ daß du et-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">L. 2. c.</hi> 2.<lb/>
§. 2.</note><lb/><hi rendition="#fr">was gewonnen habe&#x017F;t (in der Demuth) es &#x017F;eye dann daß<lb/>
du halte&#x017F;t/ als ob du unter allen der gering&#x017F;te wa&#x0364;re&#x017F;t:</hi> und<lb/>
an einem andern Orth ermahnet er uns al&#x017F;o: <hi rendition="#fr">Begib und lege dich</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">L. 2. c.</hi> 10.<lb/>
§. 2.</note><lb/><hi rendition="#fr">allezeit auffdas niedrig&#x017F;t/ &#x017F;o wird dir gegeben werden das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te: dann das ho&#x0364;ch&#x017F;te be&#x017F;tehet nicht ohne das nie-<lb/>
drig&#x017F;te: Die ho&#x0364;ch&#x017F;te Heylige vor GOTT/ &#x017F;eynd die we-<lb/>
nig&#x017F;te vor ihn &#x017F;elber: und je ehrlicher und ho&#x0364;her &#x017F;ie von<lb/>
andern gehalten werden/ de&#x017F;to dem&#x016F;thiger &#x017F;eynd &#x017F;ie in<lb/>
ihnen &#x017F;elber:</hi> Die&#x017F;es hat uns auch gerathen un&#x017F;er Heyland mit die&#x017F;en<lb/>
Worten: <hi rendition="#fr">Wann du zur Hochzeit wir&#x017F;t beruffen/ &#x017F;o &#x017F;etze<lb/>
dich an den niedrig&#x017F;ten Orth:</hi> Damit du/ &#x017F;agt der demu&#x0364;thige<note place="right"><hi rendition="#aq">Serm. 37.<lb/>
&#x017F;uper<lb/>
Cant.</hi></note><lb/>
Bernardus/ mit allein unter allen der letzte &#x017F;eye&#x017F;t/ und nicht allein keinem dich<lb/>
vor&#x017F;etze&#x017F;t: &#x017F;ondern auch dich keinem zu vergleichen erku&#x0364;hne&#x017F;t:<lb/>
Dann du ha&#x017F;t keine Gefahr zu fo&#x0364;rchten/ wann du dich &#x017F;chon ver-<lb/>
niedrige&#x017F;t/ und den allergering&#x017F;ten halte&#x017F;t/ wie du inuner ko&#x0364;n-<lb/>
ne&#x017F;t: Es i&#x017F;t aber ein gro&#x017F;&#x017F;es Uebel und eine grau&#x017F;ame Gefahr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">vorhanden</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0151] Von der Demuth. ſeyeſt; erkenne aber ſolches nach dem dir gezeigten Ebenbild der obgemeld- ten Freunden GOttes: und damit du auß ſothaner Erkaͤndnuß den ver- langten Nutzen gewinnen moͤgeſt; ſo bemuͤhe dich allhier zeitlich alle Wi- derwaͤrtigkeiten/ ſie kommen von wannen ſie immer wollen/ ſtandhaͤfftig- lich zu leiden/ indem du geſtcheſt/ daß ſolche durch dein Verbrechen bey Gott verdienet haſt. Der dritte Theil. 13.WEr ſich vollkommentlich verwerffet/ der achtet ſich vor den geringſten unter allen; er fliehet alles menſchliche Lob und Ehr; er erfreuet ſich wann er verachtet und ver- niedriget wird; er ſuchet die verwuͤrfflichſte Aempter zu vertretten/ und haltet ſich zu allen Sachen vor untaͤuglich: Weilen nun dieſer von uns vorhin verzeichnete Staffel die uͤbrige alle gleichſamb in einer Summen in ſich begreiffet: ſo iſt nur allein noͤthig/ daß wir das jenige/ welches die- ſer als der fuͤrnehmſte Stapffel verborgener Weiß in ſich faſſet; einem je- den oͤffentlich fuͤr die Augen ſtellen: Derhalben muß ein wahrer demuͤti- ger ſich den aller geringſten ſchaͤtzen unter allen; wie der gottſeelige Tho- mas à Kempis ſagt: Gedenck/ oder achte nicht/ daß du et- was gewonnen habeſt (in der Demuth) es ſeye dann daß du halteſt/ als ob du unter allen der geringſte waͤreſt: und an einem andern Orth ermahnet er uns alſo: Begib und lege dich allezeit auffdas niedrigſt/ ſo wird dir gegeben werden das hoͤchſte: dann das hoͤchſte beſtehet nicht ohne das nie- drigſte: Die hoͤchſte Heylige vor GOTT/ ſeynd die we- nigſte vor ihn ſelber: und je ehrlicher und hoͤher ſie von andern gehalten werden/ deſto demůthiger ſeynd ſie in ihnen ſelber: Dieſes hat uns auch gerathen unſer Heyland mit dieſen Worten: Wann du zur Hochzeit wirſt beruffen/ ſo ſetze dich an den niedrigſten Orth: Damit du/ ſagt der demuͤthige Bernardus/ mit allein unter allen der letzte ſeyeſt/ und nicht allein keinem dich vorſetzeſt: ſondern auch dich keinem zu vergleichen erkuͤhneſt: Dann du haſt keine Gefahr zu foͤrchten/ wann du dich ſchon ver- niedrigeſt/ und den allergeringſten halteſt/ wie du inuner koͤn- neſt: Es iſt aber ein groſſes Uebel und eine grauſame Gefahr vorhanden L. 2. c. 2. §. 2. L. 2. c. 10. §. 2. Serm. 37. ſuper Cant. Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/151
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/151>, abgerufen am 23.11.2024.