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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der verzweiffelte Verräther/ etc.
Heyland gegenwärtig ist. Dion. Carthus. in Luc. Geziemt
sich das nit und scheint gar ungebürtig/ an einem Ort zuschreyen/
wo Christus gegenwärtig/ wie viel weniger reimbt sich/ ja wie viel
sträfflicher ist es/ wann jemand so gar zu stehlen und rauben sich
vermesset aus dem Tempel/ allwo GOTT selbst gegenwärtig.
Dergleichen Frevel wird selten ungezüchtiget gelassen.

Zu Bilbai in Spannien ist ein Wunderthätige Bildnus der
Mutter GOttes Maria/ allwo sich neben vielen| andern dieses
denckwürdig zugetragen. An. 1523. hat bey nächtlicher Weil
ein vermessener Dieb die H. Bildnus völlig beraubt/ und sehr
kostbahre Kleynodien darvon getragen. Endlich wolte er auch
die guldene Kron von dem Haupt nehmen/ welches aber die
Mutter GOttes/ als ein Königin Himmels und der Erden nit
wolte zulassen/ sondern die Hand dieser höltzenen Bildnus hat
der gestalten den Arm deß Diebs gehalten/ daß er von solchem
Raub muste abstehen: Gleichwol ist der Gottlose Mensch hier-
durch nit in sich gangen/ sondern mit dem andern Raub darvon
gangen/ aber nit nach seinen Wunsch oder Verlangen; dann als
er bey einer grossen Schaaf-Heerd wolte vorbeygehen/ da hat
sich ein grosser Widder hervor gemacht/ den Dieb mit seinen
Hörnern der gestalten beängstiget/ daß er endlich von diesem Duell
gantz matt muste den Ruck-Weg nehmen. Wie er nun einen
andern Weg gesucht/ und mehrmahlen ein grosse Kuh-Heerd
angetroffen/ da hat sich alsobald ein Ochs hervor gemacht/ und
den Dieb dermassen beunruhiget/ daß er wiederumb dem hart-
neckigen Ochsenkopff muste den Sieg lassen/ und anderwerts ein
Weg suchen/ aber auch dißmal in seiner Hoffnung betrogen
worden; dann als er wolte durch ein sehr angenehmes Wäldlein/
so| ihme vorhin nur gar wol bekant/ mit guter Gelegenheit durch-
passiren/ hat er dasselbe also mit Gesträuß und Dorn-Hecken ver-
wachsner gefunden/ daß ihme unmöglich mehr gewesen weiter
zugehen/ muste also Mattigkeit halber sich niederlegen und schlaf-
fen. Unterdessen in der benachbarten Kirchen/ allwo er den

Raub

Judas der verzweiffelte Verraͤther/ ꝛc.
Heyland gegenwaͤrtig iſt. Dion. Carthuſ. in Luc. Geziemt
ſich das nit und ſcheint gar ungebuͤrtig/ an einem Ort zuſchreyen/
wo Chriſtus gegenwaͤrtig/ wie viel weniger reimbt ſich/ ja wie viel
ſtraͤfflicher iſt es/ wann jemand ſo gar zu ſtehlen und rauben ſich
vermeſſet aus dem Tempel/ allwo GOTT ſelbſt gegenwaͤrtig.
Dergleichen Frevel wird ſelten ungezuͤchtiget gelaſſen.

Zu Bilbai in Spannien iſt ein Wunderthaͤtige Bildnus der
Mutter GOttes Maria/ allwo ſich neben vielen| andern dieſes
denckwuͤrdig zugetragen. An. 1523. hat bey naͤchtlicher Weil
ein vermeſſener Dieb die H. Bildnus voͤllig beraubt/ und ſehr
koſtbahre Kleynodien darvon getragen. Endlich wolte er auch
die guldene Kron von dem Haupt nehmen/ welches aber die
Mutter GOttes/ als ein Koͤnigin Himmels und der Erden nit
wolte zulaſſen/ ſondern die Hand dieſer hoͤltzenen Bildnus hat
der geſtalten den Arm deß Diebs gehalten/ daß er von ſolchem
Raub muſte abſtehen: Gleichwol iſt der Gottloſe Menſch hier-
durch nit in ſich gangen/ ſondern mit dem andern Raub darvon
gangen/ aber nit nach ſeinen Wunſch oder Verlangen; dann als
er bey einer groſſen Schaaf-Heerd wolte vorbeygehen/ da hat
ſich ein groſſer Widder hervor gemacht/ den Dieb mit ſeinen
Hoͤrnern der geſtalten beaͤngſtiget/ daß er endlich von dieſem Duell
gantz matt muſte den Ruck-Weg nehmen. Wie er nun einen
andern Weg geſucht/ und mehrmahlen ein groſſe Kuh-Heerd
angetroffen/ da hat ſich alſobald ein Ochs hervor gemacht/ und
den Dieb dermaſſen beunruhiget/ daß er wiederumb dem hart-
neckigen Ochſenkopff muſte den Sieg laſſen/ und anderwerts ein
Weg ſuchen/ aber auch dißmal in ſeiner Hoffnung betrogen
worden; dann als er wolte durch ein ſehr angenehmes Waͤldlein/
ſo| ihme vorhin nur gar wol bekant/ mit guter Gelegenheit durch-
paſſiren/ hat er daſſelbe alſo mit Geſtraͤuß und Dorn-Hecken ver-
wachsner gefunden/ daß ihme unmoͤglich mehr geweſen weiter
zugehen/ muſte alſo Mattigkeit halber ſich niederlegen und ſchlaf-
fen. Unterdeſſen in der benachbarten Kirchen/ allwo er den

Raub
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[60/0072] Judas der verzweiffelte Verraͤther/ ꝛc. Heyland gegenwaͤrtig iſt. Dion. Carthuſ. in Luc. Geziemt ſich das nit und ſcheint gar ungebuͤrtig/ an einem Ort zuſchreyen/ wo Chriſtus gegenwaͤrtig/ wie viel weniger reimbt ſich/ ja wie viel ſtraͤfflicher iſt es/ wann jemand ſo gar zu ſtehlen und rauben ſich vermeſſet aus dem Tempel/ allwo GOTT ſelbſt gegenwaͤrtig. Dergleichen Frevel wird ſelten ungezuͤchtiget gelaſſen. Zu Bilbai in Spannien iſt ein Wunderthaͤtige Bildnus der Mutter GOttes Maria/ allwo ſich neben vielen| andern dieſes denckwuͤrdig zugetragen. An. 1523. hat bey naͤchtlicher Weil ein vermeſſener Dieb die H. Bildnus voͤllig beraubt/ und ſehr koſtbahre Kleynodien darvon getragen. Endlich wolte er auch die guldene Kron von dem Haupt nehmen/ welches aber die Mutter GOttes/ als ein Koͤnigin Himmels und der Erden nit wolte zulaſſen/ ſondern die Hand dieſer hoͤltzenen Bildnus hat der geſtalten den Arm deß Diebs gehalten/ daß er von ſolchem Raub muſte abſtehen: Gleichwol iſt der Gottloſe Menſch hier- durch nit in ſich gangen/ ſondern mit dem andern Raub darvon gangen/ aber nit nach ſeinen Wunſch oder Verlangen; dann als er bey einer groſſen Schaaf-Heerd wolte vorbeygehen/ da hat ſich ein groſſer Widder hervor gemacht/ den Dieb mit ſeinen Hoͤrnern der geſtalten beaͤngſtiget/ daß er endlich von dieſem Duell gantz matt muſte den Ruck-Weg nehmen. Wie er nun einen andern Weg geſucht/ und mehrmahlen ein groſſe Kuh-Heerd angetroffen/ da hat ſich alſobald ein Ochs hervor gemacht/ und den Dieb dermaſſen beunruhiget/ daß er wiederumb dem hart- neckigen Ochſenkopff muſte den Sieg laſſen/ und anderwerts ein Weg ſuchen/ aber auch dißmal in ſeiner Hoffnung betrogen worden; dann als er wolte durch ein ſehr angenehmes Waͤldlein/ ſo| ihme vorhin nur gar wol bekant/ mit guter Gelegenheit durch- paſſiren/ hat er daſſelbe alſo mit Geſtraͤuß und Dorn-Hecken ver- wachsner gefunden/ daß ihme unmoͤglich mehr geweſen weiter zugehen/ muſte alſo Mattigkeit halber ſich niederlegen und ſchlaf- fen. Unterdeſſen in der benachbarten Kirchen/ allwo er den Raub

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/72>, abgerufen am 30.11.2024.