Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas sparrt weder Mühe noch Arbeit/ ein Aug zugedruckt/ es hat ihm weder Essen noch Trincken ge-schmeckt/ er hat offt so grosse Seufftzen von Hertzen abgedruckt/ wann solche hätten Schellen angehabt/ hätt man sie über ein Viertelstund weit gehört; die Melancholey hat ihn der gestal- ten eingenommen/ daß er offt nicht gewust/ ob es Sommer oder Winter ist/ in seinem Calender war es immerzu trübes Wetter; in seiner Kuchel hat es allzeit geraucht; in seinem Gar- ten ist nichts gewachsen als Saurampffer; in seiner Sonne war allzeit Finsternuß; in seiner Uhr war nichts als Unruhe; wann er geredet hat/ so war alles hinter sich für sich; wann er ge- schaut hat/ so war alles hin und her; wann er geessen hat/ so war alles in Gedancken; wann er getruncken hat/ so war al- les in Seufftzen; in Summa/ wenig ist abgangen/ daß ihme nicht gar die Seel ist ausgangen; ja wann die Seel hätt Federn gehabt/ und ein jeder Seufftzer wäre ein Feder gewest/ so wär die Seel so bloß worden/ wie ein gerupffte Martins-Ganß. Was muß dem guten Herrn gewest seyn? Jonadab hat selbsten den Printzen gefragt: Quare sic attenuaris maci? 2. Reg. cap. 13. Warumb er also am Leib abnehme? Dann er hat so übel ausgesehen/ wie ein Eremit/ der am gantzen Leib stäts ein hä- rines Kleid trägt/ wann er solches wegen GOTT hätt ge- litten/ so wäre er einer unter die grossen Heiligen zu zehlen ge- west/ aber er hat solches gelitten wegen des Teuffels: Wie da? Er hat sich verliebt in die Thamar/ diese geile Lieb hat den Menschen also elend zugericht/ daß er ein stäter Martyrer ge- west/ und mehrer ausgestanden/ als ein strenger Religios im Closter. Es wären gantze Bücher zubeschreiben/ was mancher in stattliche
Judas ſparrt weder Muͤhe noch Arbeit/ ein Aug zugedruckt/ es hat ihm weder Eſſen noch Trincken ge-ſchmeckt/ er hat offt ſo groſſe Seufftzen von Hertzen abgedruckt/ wann ſolche haͤtten Schellen angehabt/ haͤtt man ſie uͤber ein Viertelſtund weit gehoͤrt; die Melancholey hat ihn der geſtal- ten eingenommen/ daß er offt nicht gewuſt/ ob es Sommer oder Winter iſt/ in ſeinem Calender war es immerzu truͤbes Wetter; in ſeiner Kuchel hat es allzeit geraucht; in ſeinem Gar- ten iſt nichts gewachſen als Saurampffer; in ſeiner Sonne war allzeit Finſternuß; in ſeiner Uhr war nichts als Unruhe; wann er geredet hat/ ſo war alles hinter ſich fuͤr ſich; wann er ge- ſchaut hat/ ſo war alles hin und her; wann er geeſſen hat/ ſo war alles in Gedancken; wann er getruncken hat/ ſo war al- les in Seufftzen; in Summa/ wenig iſt abgangen/ daß ihme nicht gar die Seel iſt ausgangen; ja wann die Seel haͤtt Federn gehabt/ und ein jeder Seufftzer waͤre ein Feder geweſt/ ſo waͤr die Seel ſo bloß worden/ wie ein gerupffte Martins-Ganß. Was muß dem guten Herꝛn geweſt ſeyn? Jonadab hat ſelbſten den Printzen gefragt: Quare ſic attenuaris maci? 2. Reg. cap. 13. Warumb er alſo am Leib abnehme? Dann er hat ſo uͤbel ausgeſehen/ wie ein Eremit/ der am gantzen Leib ſtaͤts ein haͤ- rines Kleid traͤgt/ wann er ſolches wegen GOTT haͤtt ge- litten/ ſo waͤre er einer unter die groſſen Heiligen zu zehlen ge- weſt/ aber er hat ſolches gelitten wegen des Teuffels: Wie da? Er hat ſich verliebt in die Thamar/ dieſe geile Lieb hat den Menſchen alſo elend zugericht/ daß er ein ſtaͤter Martyrer ge- weſt/ und mehrer ausgeſtanden/ als ein ſtrenger Religios im Cloſter. Es waͤren gantze Buͤcher zubeſchreiben/ was mancher in ſtattliche
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Judas ſparrt weder Muͤhe noch Arbeit/
ein Aug zugedruckt/ es hat ihm weder Eſſen noch Trincken ge-
ſchmeckt/ er hat offt ſo groſſe Seufftzen von Hertzen abgedruckt/
wann ſolche haͤtten Schellen angehabt/ haͤtt man ſie uͤber ein
Viertelſtund weit gehoͤrt; die Melancholey hat ihn der geſtal-
ten eingenommen/ daß er offt nicht gewuſt/ ob es Sommer
oder Winter iſt/ in ſeinem Calender war es immerzu truͤbes
Wetter; in ſeiner Kuchel hat es allzeit geraucht; in ſeinem Gar-
ten iſt nichts gewachſen als Saurampffer; in ſeiner Sonne war
allzeit Finſternuß; in ſeiner Uhr war nichts als Unruhe; wann
er geredet hat/ ſo war alles hinter ſich fuͤr ſich; wann er ge-
ſchaut hat/ ſo war alles hin und her; wann er geeſſen hat/ ſo
war alles in Gedancken; wann er getruncken hat/ ſo war al-
les in Seufftzen; in Summa/ wenig iſt abgangen/ daß ihme
nicht gar die Seel iſt ausgangen; ja wann die Seel haͤtt Federn
gehabt/ und ein jeder Seufftzer waͤre ein Feder geweſt/ ſo waͤr
die Seel ſo bloß worden/ wie ein gerupffte Martins-Ganß.
Was muß dem guten Herꝛn geweſt ſeyn? Jonadab hat ſelbſten
den Printzen gefragt: Quare ſic attenuaris maci? 2. Reg. cap.
13. Warumb er alſo am Leib abnehme? Dann er hat ſo uͤbel
ausgeſehen/ wie ein Eremit/ der am gantzen Leib ſtaͤts ein haͤ-
rines Kleid traͤgt/ wann er ſolches wegen GOTT haͤtt ge-
litten/ ſo waͤre er einer unter die groſſen Heiligen zu zehlen ge-
weſt/ aber er hat ſolches gelitten wegen des Teuffels: Wie da?
Er hat ſich verliebt in die Thamar/ dieſe geile Lieb hat den
Menſchen alſo elend zugericht/ daß er ein ſtaͤter Martyrer ge-
weſt/ und mehrer ausgeſtanden/ als ein ſtrenger Religios im
Cloſter.
Es waͤren gantze Buͤcher zubeſchreiben/ was mancher in
eder und ſchnoͤder Lieb vertieffte Phantaſt muß ausſtehen/ mir
fallt dermalen in die Feder/ was auf ein Zeit einem Gericht-
Schreiber begegegnet/ welcher in verbottener Lieb mit einer Muͤll-
nerin gelebt hat/ dieſer Schleppſack erinnerte allemal dem
Schreiber die Abweſenheit ihres Manns/ einmal hat ſich zuge-
tragen/ daß wie der Muͤllner ausgereiſt/ ſie dem Schreiber ein
ſtattliche
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Zitationshilfe: | Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/496>, abgerufen am 22.07.2024. |