Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden halb Fisch war; den Trunck auf dem bitteren Creutz-Bahn hatder HErr JESUS geweigert zu nehmen/ weil er halb Wein halb Gall gewesen; den Hebräern seynd die Kleider verbotten ge- west/ die halb leinen halb wollen gewest. Aber ein Politicus muß auf der Welt halb so und halb so seyn/ wann er will fortkommen/ und solche Leut seynd bescheid und klug/ die können den Segel rich- ten nach dem Wind; die wissen die Feder zu schneiden nach der Schrifft; die wissen die Seyden zu spinnen nach der Modi: Ein- fältig gehet nicht bey der Welt; hat doch der Elisaeus ein doppel- ten Geist verlangt; mit denen Compositis richten die Herren Medici mehrer aus/ als mit denen Simplicibus: Zu Wien ist die Einfalt-Strassen hinter der Herren-Gassen/ etc. Das ist die schön- ste Modi die Welt zu regieren. O Welt! O Welt! du bist zwar schwär mit Sünden/ aber Judas Jscarioth wegen der Leut jhrer Re- den thut das Gute unterlassen. GEwiß ist es/ daß wie dieser Geldgierige Gesell am Mitt- der
Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden halb Fiſch war; den Trunck auf dem bitteren Creutz-Bahn hatder HErꝛ JESUS geweigert zu nehmen/ weil er halb Wein halb Gall geweſen; den Hebraͤern ſeynd die Kleider verbotten ge- weſt/ die halb leinen halb wollen geweſt. Aber ein Politicus muß auf der Welt halb ſo und halb ſo ſeyn/ wann er will fortkommen/ und ſolche Leut ſeynd beſcheid und klug/ die koͤnnen den Segel rich- ten nach dem Wind; die wiſſen die Feder zu ſchneiden nach der Schrifft; die wiſſen die Seyden zu ſpinnen nach der Modi: Ein- faͤltig gehet nicht bey der Welt; hat doch der Eliſæus ein doppel- ten Geiſt verlangt; mit denen Compoſitis richten die Herren Medici mehrer aus/ als mit denen Simplicibus: Zu Wien iſt die Einfalt-Straſſen hinter der Herren-Gaſſen/ ꝛc. Das iſt die ſchoͤn- ſte Modi die Welt zu regieren. O Welt! O Welt! du biſt zwar ſchwaͤr mit Suͤnden/ aber Judas Jſcarioth wegen der Leut jhrer Re- den thut das Gute unterlaſſen. GEwiß iſt es/ daß wie dieſer Geldgierige Geſell am Mitt- der
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Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden
halb Fiſch war; den Trunck auf dem bitteren Creutz-Bahn hat
der HErꝛ JESUS geweigert zu nehmen/ weil er halb Wein
halb Gall geweſen; den Hebraͤern ſeynd die Kleider verbotten ge-
weſt/ die halb leinen halb wollen geweſt. Aber ein Politicus muß
auf der Welt halb ſo und halb ſo ſeyn/ wann er will fortkommen/
und ſolche Leut ſeynd beſcheid und klug/ die koͤnnen den Segel rich-
ten nach dem Wind; die wiſſen die Feder zu ſchneiden nach der
Schrifft; die wiſſen die Seyden zu ſpinnen nach der Modi: Ein-
faͤltig gehet nicht bey der Welt; hat doch der Eliſæus ein doppel-
ten Geiſt verlangt; mit denen Compoſitis richten die Herren
Medici mehrer aus/ als mit denen Simplicibus: Zu Wien iſt die
Einfalt-Straſſen hinter der Herren-Gaſſen/ ꝛc. Das iſt die ſchoͤn-
ſte Modi die Welt zu regieren.
O Welt! O Welt! du biſt zwar ſchwaͤr mit Suͤnden/ aber
voller Leichtfertigkeit; du biſt ſchwer mit Laſtern/ aber voller Leicht-
ſinnigkeit; du biſt zwar ſchwer mit Unthaten/ aber voller Leicht-
glauben; du glaubſt/ was dir der Sathan vorſchwaͤtzt/ und mer-
ckeſt nicht was Sathan zuruck heiſt/ Id eſt natas: Du ſchwimmſt
und biſt zu allernaͤchſt dem Untergang/ weil du bereit in deiner
Boßheit ſchon ſo weit kommen/ daß du auch den Laſtern ein ſchoͤ-
nen Tugend-Mantel anlegeſt/ und den Judam Iſcarioth unter
die Heilıgen zehleſt: Et ſic laudatur Peccator & iniquus be-
nedicitur.
Judas Jſcarioth wegen der Leut jhrer Re-
den thut das Gute unterlaſſen.
GEwiß iſt es/ daß wie dieſer Geldgierige Geſell am Mitt-
woch mit den Hohen-Prieſtern wegen der Verraͤthe-
rey ſchon pactiret hat/ daß ihme der gebenedeyte Hey-
land noch allerley gute Gedancken eingeben/ wordurch der gott-
loſe Boͤßwicht haͤtte ſollen von ſeinem verdammten Voꝛhaben ab-
ſtehen/ daß er aber hierinn ſo halsſtarrig verblieben/ hat ſolches
der
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