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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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verehrt das Alter nit.
tzige Seuffzer und Lieb-Aeugel geschenckt. Allhier ereignet sich
die einige Frag/ weil der alte Simeon und die alte Mutter Anna
so heilig und gerecht vor den Augen GOttes gewesen/ warumb
daß der allmächtige sie nit auch gen Bethlehem zu dem Krippel/
gleich denen Hirten/ und drey weissen König/ gezogen/ damit sie
dem neugebohrnen König und Messiae auch hätten können die
schuldigste Visita geben? Haimon und Damianus antworten/
daß/ weil diese beede so liebe alte und betagte Leuth gewesen/ so
habe GOtt sie nit plagen wollen mit der Reiß von Jerusalem
nacher Bethlehem (die Hirten seynd starcke Gesellen gewesen/ die
König seynd auf Cameelen geritten) sondern GOtt habe selbst/
dem lieben Alter zu Ehren/ zu ihnen wollen kommen/ uns gefamm-
ten Adams-Kindern zu einer sondern Lehr/ wie wir das Alter sol-
len verehren/ und mit demselben ein Mitleiden tragen.

Das Ort/ allwo unser HErr 40. Tag und Nacht gefastet/
fünff Meil von Jerusalem entlegen/ ist ein erschröckliche und
unbewohnliche Wüsten/ allwo nichts als die dürre Felsen/ er
war allein der Brunn des Lebens: nichts als Hecken und Dör-
ner/ er allein die Rosen: nichts als Bäeren und Wölff/ er allein
das wahre Lamm GOttes. Alldorten ist der leidige Sathan/
so nichts als das gute hasset/ und forderist das Fasten/ zu ih-
me getretten/ und ihne versucht/ aber in was Gestalt? etwan
wie ein Holtzhacker in einem rupffenen Kleid/ und paar schmutzi-
gen Stifflen/ mit einem Hut/ der die Flügel henckt/ wie ein abge-
stochenes Schwalmnest/ oder aber ist er erschienen wie ein Edel-
mann in einem Frantzösischen Kleid/ mit einer langen gekrau-
sten/ geschneckleten Baroquen, so dergestalten eingepulvert/
daß man ihme sagen kunte: Memento Homo, Gedenck/ O
Mensch! daß du Staub und Aschen bist/ und daß dein Kopff zu
einem Narren wird/ etc. oder etwan ist der Sathan aufgezogen
wie ein Jäger mit einem grünen Kleid/ mit einem Jäger-Horn
auf der Seithen/ mit einer gefältleten Waidmanns-Ta-

schen/
Pars IV. L l

verehrt das Alter nit.
tzige Seuffzer und Lieb-Aeugel geſchenckt. Allhier ereignet ſich
die einige Frag/ weil der alte Simeon und die alte Mutter Anna
ſo heilig und gerecht vor den Augen GOttes geweſen/ warumb
daß der allmaͤchtige ſie nit auch gen Bethlehem zu dem Krippel/
gleich denen Hirten/ und drey weiſſen Koͤnig/ gezogen/ damit ſie
dem neugebohrnen Koͤnig und Meſſiæ auch haͤtten koͤnnen die
ſchuldigſte Viſita geben? Haimon und Damianus antworten/
daß/ weil dieſe beede ſo liebe alte und betagte Leuth geweſen/ ſo
habe GOtt ſie nit plagen wollen mit der Reiß von Jeruſalem
nacher Bethlehem (die Hirten ſeynd ſtarcke Geſellen geweſen/ die
Koͤnig ſeynd auf Cameelen geritten) ſondern GOtt habe ſelbſt/
dem lieben Alter zu Ehren/ zu ihnen wollen kommen/ uns gefam̃-
ten Adams-Kindern zu einer ſondern Lehr/ wie wir das Alter ſol-
len verehren/ und mit demſelben ein Mitleiden tragen.

Das Ort/ allwo unſer HErr 40. Tag und Nacht gefaſtet/
fuͤnff Meil von Jeruſalem entlegen/ iſt ein erſchroͤckliche und
unbewohnliche Wuͤſten/ allwo nichts als die duͤrre Felſen/ er
war allein der Brunn des Lebens: nichts als Hecken und Doͤr-
ner/ er allein die Roſen: nichts als Baͤeren und Woͤlff/ er allein
das wahre Lamm GOttes. Alldorten iſt der leidige Sathan/
ſo nichts als das gute haſſet/ und forderiſt das Faſten/ zu ih-
me getretten/ und ihne verſucht/ aber in was Geſtalt? etwan
wie ein Holtzhacker in einem rupffenen Kleid/ und paar ſchmutzi-
gen Stifflen/ mit einem Hut/ der die Fluͤgel henckt/ wie ein abge-
ſtochenes Schwalmneſt/ oder aber iſt er erſchienen wie ein Edel-
mann in einem Frantzoͤſiſchen Kleid/ mit einer langen gekrau-
ſten/ geſchneckleten Baroquen, ſo dergeſtalten eingepulvert/
daß man ihme ſagen kunte: Memento Homo, Gedenck/ O
Menſch! daß du Staub und Aſchen biſt/ und daß dein Kopff zu
einem Narren wird/ ꝛc. oder etwan iſt der Sathan aufgezogen
wie ein Jaͤger mit einem gruͤnen Kleid/ mit einem Jaͤger-Horn
auf der Seithen/ mit einer gefaͤltleten Waidmanns-Ta-

ſchen/
Pars IV. L l
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[265/0277] verehrt das Alter nit. tzige Seuffzer und Lieb-Aeugel geſchenckt. Allhier ereignet ſich die einige Frag/ weil der alte Simeon und die alte Mutter Anna ſo heilig und gerecht vor den Augen GOttes geweſen/ warumb daß der allmaͤchtige ſie nit auch gen Bethlehem zu dem Krippel/ gleich denen Hirten/ und drey weiſſen Koͤnig/ gezogen/ damit ſie dem neugebohrnen Koͤnig und Meſſiæ auch haͤtten koͤnnen die ſchuldigſte Viſita geben? Haimon und Damianus antworten/ daß/ weil dieſe beede ſo liebe alte und betagte Leuth geweſen/ ſo habe GOtt ſie nit plagen wollen mit der Reiß von Jeruſalem nacher Bethlehem (die Hirten ſeynd ſtarcke Geſellen geweſen/ die Koͤnig ſeynd auf Cameelen geritten) ſondern GOtt habe ſelbſt/ dem lieben Alter zu Ehren/ zu ihnen wollen kommen/ uns gefam̃- ten Adams-Kindern zu einer ſondern Lehr/ wie wir das Alter ſol- len verehren/ und mit demſelben ein Mitleiden tragen. Das Ort/ allwo unſer HErr 40. Tag und Nacht gefaſtet/ fuͤnff Meil von Jeruſalem entlegen/ iſt ein erſchroͤckliche und unbewohnliche Wuͤſten/ allwo nichts als die duͤrre Felſen/ er war allein der Brunn des Lebens: nichts als Hecken und Doͤr- ner/ er allein die Roſen: nichts als Baͤeren und Woͤlff/ er allein das wahre Lamm GOttes. Alldorten iſt der leidige Sathan/ ſo nichts als das gute haſſet/ und forderiſt das Faſten/ zu ih- me getretten/ und ihne verſucht/ aber in was Geſtalt? etwan wie ein Holtzhacker in einem rupffenen Kleid/ und paar ſchmutzi- gen Stifflen/ mit einem Hut/ der die Fluͤgel henckt/ wie ein abge- ſtochenes Schwalmneſt/ oder aber iſt er erſchienen wie ein Edel- mann in einem Frantzoͤſiſchen Kleid/ mit einer langen gekrau- ſten/ geſchneckleten Baroquen, ſo dergeſtalten eingepulvert/ daß man ihme ſagen kunte: Memento Homo, Gedenck/ O Menſch! daß du Staub und Aſchen biſt/ und daß dein Kopff zu einem Narren wird/ ꝛc. oder etwan iſt der Sathan aufgezogen wie ein Jaͤger mit einem gruͤnen Kleid/ mit einem Jaͤger-Horn auf der Seithen/ mit einer gefaͤltleten Waidmanns-Ta- ſchen/ Pars IV. L l

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/277>, abgerufen am 05.12.2024.