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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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obschon das äusserliche Werck nit übel geschienen.
herumb getummlet/ so man sonsten bey der hunderten nicht er-
fahrt; dann sie gemeiniglich Gesichter schneiden/ wie ich selb-
sten wahrgenommen/ daß auch die Bauren vor solcher Finster-
nuß möchten die Brunnen zudecken. Solcher Hospitalität
und Freygebigkeit gegen denen Gästen halber ist der fromme und
Gottsförchtige Patriarch sattsam belohnt worden; massen ih-
me in Ansehung dessen wider alles Verhoffen in seinem erwach-
senen Alter ein Männlicher Erb versprochen worden/ dessen
Saamen und Stammen den gantzen Erden-Kreiß solte an-
füllen.

Loth ist nicht geringer gewesen in der Liebe gegen den Fremb-
den; als er deren zwey auf ein Zeit erblickt/ hat er sie nicht allein/
wie er gewöhnlich pflegte zu thun/ höflichst complimentirt/
sondern anbey auch demüthigst ersucht/ sie wollen doch die Ein-
kehr bey ihme nehmen/ und seine Armuth nicht verschmähen;
als sie aber beyde sich dessen bedanckten/ und sich verlauten
lassen/ daß sie schon wollen die Nacht hindurch unter dem freyen
Himmel vor lieb nehmen/ wolt solches der gute Loth auf keine
Weis zulassen/ sondern wie er vermerckte/ daß sein höfliches
Einladen nichts vermag/ da hat er sie beyde beym Flügel ge-
nommen/ und kurtz umb in sein Behausung geführt/ compulit
illos &c.
Es wäre zu wünschen/ daß mehrer wie Loth gesitt
oder gesinnet wären/ aber das Widerspiel erzeigt sich öffter.
Jch hab vor vielen Jahren/ weil das Tag-Liecht mich bereits
verlassen/ müssen umb ein Herberg bitten bey einem Geschloß/
welches ich unterdessen will Ubelhofen tauffen! dann unmöglich
scheinte/ daß ich mein Reiß ferners kunte wegen einbrechender
Nacht fortsetzen. Jn Abwesenheit der Herrschafft war die Au-
dientz bey dem Dorff-Barbierer (vulgo Pfleger) gar schlecht/
massen solcher sich entschuldigte/ daß ihme die Herrschafft in sei-
ner Reittung keine Unkosten gestatte einiger Gäste/ so lasse es
auch sein Vermögen nicht zu/ dergleichen Leut aus eignem Beu-
tel zu tractiren. Es ware dazumal die Oesterliche Zeit/ aber
auf solchen Bescheid ist mir wenig Alleluja eingefallen. Die

Frau

obſchon das aͤuſſerliche Werck nit uͤbel geſchienen.
herumb getummlet/ ſo man ſonſten bey der hunderten nicht er-
fahrt; dann ſie gemeiniglich Geſichter ſchneiden/ wie ich ſelb-
ſten wahrgenommen/ daß auch die Bauren vor ſolcher Finſter-
nuß moͤchten die Brunnen zudecken. Solcher Hoſpitalitaͤt
und Freygebigkeit gegen denen Gaͤſten halber iſt der fromme und
Gottsfoͤrchtige Patriarch ſattſam belohnt worden; maſſen ih-
me in Anſehung deſſen wider alles Verhoffen in ſeinem erwach-
ſenen Alter ein Maͤnnlicher Erb verſprochen worden/ deſſen
Saamen und Stammen den gantzen Erden-Kreiß ſolte an-
fuͤllen.

Loth iſt nicht geringer geweſen in der Liebe gegen den Fremb-
den; als er deren zwey auf ein Zeit erblickt/ hat er ſie nicht allein/
wie er gewoͤhnlich pflegte zu thun/ hoͤflichſt complimentirt/
ſondern anbey auch demuͤthigſt erſucht/ ſie wollen doch die Ein-
kehr bey ihme nehmen/ und ſeine Armuth nicht verſchmaͤhen;
als ſie aber beyde ſich deſſen bedanckten/ und ſich verlauten
laſſen/ daß ſie ſchon wollen die Nacht hindurch unter dem freyen
Himmel vor lieb nehmen/ wolt ſolches der gute Loth auf keine
Weis zulaſſen/ ſondern wie er vermerckte/ daß ſein hoͤfliches
Einladen nichts vermag/ da hat er ſie beyde beym Fluͤgel ge-
nommen/ und kurtz umb in ſein Behauſung gefuͤhrt/ compulit
illos &c.
Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß mehrer wie Loth geſitt
oder geſinnet waͤren/ aber das Widerſpiel erzeigt ſich oͤffter.
Jch hab vor vielen Jahren/ weil das Tag-Liecht mich bereits
verlaſſen/ muͤſſen umb ein Herberg bitten bey einem Geſchloß/
welches ich unterdeſſen will Ubelhofen tauffen! dann unmoͤglich
ſcheinte/ daß ich mein Reiß ferners kunte wegen einbrechender
Nacht fortſetzen. Jn Abweſenheit der Herꝛſchafft war die Au-
dientz bey dem Dorff-Barbierer (vulgò Pfleger) gar ſchlecht/
maſſen ſolcher ſich entſchuldigte/ daß ihme die Herꝛſchafft in ſei-
ner Reittung keine Unkoſten geſtatte einiger Gaͤſte/ ſo laſſe es
auch ſein Vermoͤgen nicht zu/ dergleichen Leut aus eignem Beu-
tel zu tractiren. Es ware dazumal die Oeſterliche Zeit/ aber
auf ſolchen Beſcheid iſt mir wenig Alleluja eingefallen. Die

Frau
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[175/0187] obſchon das aͤuſſerliche Werck nit uͤbel geſchienen. herumb getummlet/ ſo man ſonſten bey der hunderten nicht er- fahrt; dann ſie gemeiniglich Geſichter ſchneiden/ wie ich ſelb- ſten wahrgenommen/ daß auch die Bauren vor ſolcher Finſter- nuß moͤchten die Brunnen zudecken. Solcher Hoſpitalitaͤt und Freygebigkeit gegen denen Gaͤſten halber iſt der fromme und Gottsfoͤrchtige Patriarch ſattſam belohnt worden; maſſen ih- me in Anſehung deſſen wider alles Verhoffen in ſeinem erwach- ſenen Alter ein Maͤnnlicher Erb verſprochen worden/ deſſen Saamen und Stammen den gantzen Erden-Kreiß ſolte an- fuͤllen. Loth iſt nicht geringer geweſen in der Liebe gegen den Fremb- den; als er deren zwey auf ein Zeit erblickt/ hat er ſie nicht allein/ wie er gewoͤhnlich pflegte zu thun/ hoͤflichſt complimentirt/ ſondern anbey auch demuͤthigſt erſucht/ ſie wollen doch die Ein- kehr bey ihme nehmen/ und ſeine Armuth nicht verſchmaͤhen; als ſie aber beyde ſich deſſen bedanckten/ und ſich verlauten laſſen/ daß ſie ſchon wollen die Nacht hindurch unter dem freyen Himmel vor lieb nehmen/ wolt ſolches der gute Loth auf keine Weis zulaſſen/ ſondern wie er vermerckte/ daß ſein hoͤfliches Einladen nichts vermag/ da hat er ſie beyde beym Fluͤgel ge- nommen/ und kurtz umb in ſein Behauſung gefuͤhrt/ compulit illos &c. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß mehrer wie Loth geſitt oder geſinnet waͤren/ aber das Widerſpiel erzeigt ſich oͤffter. Jch hab vor vielen Jahren/ weil das Tag-Liecht mich bereits verlaſſen/ muͤſſen umb ein Herberg bitten bey einem Geſchloß/ welches ich unterdeſſen will Ubelhofen tauffen! dann unmoͤglich ſcheinte/ daß ich mein Reiß ferners kunte wegen einbrechender Nacht fortſetzen. Jn Abweſenheit der Herꝛſchafft war die Au- dientz bey dem Dorff-Barbierer (vulgò Pfleger) gar ſchlecht/ maſſen ſolcher ſich entſchuldigte/ daß ihme die Herꝛſchafft in ſei- ner Reittung keine Unkoſten geſtatte einiger Gaͤſte/ ſo laſſe es auch ſein Vermoͤgen nicht zu/ dergleichen Leut aus eignem Beu- tel zu tractiren. Es ware dazumal die Oeſterliche Zeit/ aber auf ſolchen Beſcheid iſt mir wenig Alleluja eingefallen. Die Frau

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/187>, abgerufen am 04.12.2024.