Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas hat keine gute Meinung/
darumben geschehen/ damit die kleine Schüchel einen lidernen
Zeugen sollen abgeben/ daß ihre Füß so zart und klein/ wie die
Fußstapffen eines Bachsteltzens: daß sie mehrmal grosse Kälte
und Frost ausgestanden/ ist darumb geschehen/ damit ihren
Schneeweissen Orientalischen Perlfarbigen Hals alle können
sehen/ und loben/ darumb ist sie nackend umb den Hals gan-
gen: daß sie die halbe Nacht mit wachen zugebracht/ ist darumb
geschehen/ damit sie dem papiernen Duel des Pamphili könne
beywohnen/ in Summa: Gelitten hat sie gleich andern Heili-
gen Jungfrauen und Frauen/ deren Namen im Buch der Le-
bendigen verzeichnet; weil sie aber nicht aus guter Meinung ge-
litten/ wie dieselbige/ also bleibt ihr des Teuffels Danck.

Die Frembde beherbergen/ ist unter den guten Wercken ei-
nes aus den vornehmsten/ welches wol gewust hat der Heilige
Patriarch Abraham/ der nicht allein alle ankommende Gäst
auf das freundlichste empfangen und tracirt/ sondern er ist selbst
auf die Strassen hinaus gangen/ hin und her seine Augen gewen-
det/ ob nicht einige reisende Frembdling vorbey gehen/ die er in
sein Herberg kundte an- und aufnehmen. Auf ein Zeit sahe er
daher kommen drey Engel/ die er aber vor Frembdling gehalten/
und nicht erkennet/ diesen ist er alsobald und gantz schleunig ent-
gegen geloffen/ selbe demüthig bewillkommet/ und ihnen sein
Haus und gantzes Vermögen in Kuchel und Keller freundlichst
anerbotten/ und da sie Anfangs die Einkehr weigerten/ hat er
dieselbe bey den Händen und Kleidern gleichsam mit einem höfli-
chen Gewalt mit sich gezogen. O mein GOTT! wie wenig
solche Abraham findt man der Zeit auf der Welt; man laufft ei-
nem nicht allein nicht entgegen/ sondern er muß noch ein halbe
Stund an der versperrten Thür fast wie ein Baum-Häckel pe-
cken und klopffen/ biß endlich ein zottiger Fleck Haspel aus dem
Fenster schreyt/ es seye Herr und Frau nicht zu Haus/ da doch
solche unterdessen mit schmutzigem Maul bey der Tafel sitzen.
Abraham hat seine liebe Gäst stattlich tractirt/ so hat sich auch
derentwegen der Sara sein Gemahlin sehr wacker in der Kuchel

herumb

Judas hat keine gute Meinung/
darumben geſchehen/ damit die kleine Schuͤchel einen lidernen
Zeugen ſollen abgeben/ daß ihre Fuͤß ſo zart und klein/ wie die
Fußſtapffen eines Bachſteltzens: daß ſie mehrmal groſſe Kaͤlte
und Froſt ausgeſtanden/ iſt darumb geſchehen/ damit ihren
Schneeweiſſen Orientaliſchen Perlfarbigen Hals alle koͤnnen
ſehen/ und loben/ darumb iſt ſie nackend umb den Hals gan-
gen: daß ſie die halbe Nacht mit wachen zugebracht/ iſt darumb
geſchehen/ damit ſie dem papiernen Duel des Pamphili koͤnne
beywohnen/ in Summa: Gelitten hat ſie gleich andern Heili-
gen Jungfrauen und Frauen/ deren Namen im Buch der Le-
bendigen verzeichnet; weil ſie aber nicht aus guter Meinung ge-
litten/ wie dieſelbige/ alſo bleibt ihr des Teuffels Danck.

Die Frembde beherbergen/ iſt unter den guten Wercken ei-
nes aus den vornehmſten/ welches wol gewuſt hat der Heilige
Patriarch Abraham/ der nicht allein alle ankommende Gaͤſt
auf das freundlichſte empfangen und tracirt/ ſondern er iſt ſelbſt
auf die Straſſen hinaus gangen/ hin und her ſeine Augen gewen-
det/ ob nicht einige reiſende Frembdling vorbey gehen/ die er in
ſein Herberg kundte an- und aufnehmen. Auf ein Zeit ſahe er
daher kommen drey Engel/ die er aber vor Frembdling gehalten/
und nicht erkennet/ dieſen iſt er alſobald und gantz ſchleunig ent-
gegen geloffen/ ſelbe demuͤthig bewillkommet/ und ihnen ſein
Haus und gantzes Vermoͤgen in Kuchel und Keller freundlichſt
anerbotten/ und da ſie Anfangs die Einkehr weigerten/ hat er
dieſelbe bey den Haͤnden und Kleidern gleichſam mit einem hoͤfli-
chen Gewalt mit ſich gezogen. O mein GOTT! wie wenig
ſolche Abraham findt man der Zeit auf der Welt; man laufft ei-
nem nicht allein nicht entgegen/ ſondern er muß noch ein halbe
Stund an der verſperꝛten Thuͤr faſt wie ein Baum-Haͤckel pe-
cken und klopffen/ biß endlich ein zottiger Fleck Haſpel aus dem
Fenſter ſchreyt/ es ſeye Herꝛ und Frau nicht zu Haus/ da doch
ſolche unterdeſſen mit ſchmutzigem Maul bey der Tafel ſitzen.
Abraham hat ſeine liebe Gaͤſt ſtattlich tractirt/ ſo hat ſich auch
derentwegen der Sara ſein Gemahlin ſehr wacker in der Kuchel

herumb
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="174"/><fw place="top" type="header">Judas hat keine gute Meinung/</fw><lb/>
darumben ge&#x017F;chehen/ damit die kleine Schu&#x0364;chel einen lidernen<lb/>
Zeugen &#x017F;ollen abgeben/ daß ihre Fu&#x0364;ß &#x017F;o zart und klein/ wie die<lb/>
Fuß&#x017F;tapffen eines Bach&#x017F;teltzens: daß &#x017F;ie mehrmal gro&#x017F;&#x017F;e Ka&#x0364;lte<lb/>
und Fro&#x017F;t ausge&#x017F;tanden/ i&#x017F;t darumb ge&#x017F;chehen/ damit ihren<lb/>
Schneewei&#x017F;&#x017F;en Orientali&#x017F;chen Perlfarbigen Hals alle ko&#x0364;nnen<lb/>
&#x017F;ehen/ und loben/ darumb i&#x017F;t &#x017F;ie nackend umb den Hals gan-<lb/>
gen: daß &#x017F;ie die halbe Nacht mit wachen zugebracht/ i&#x017F;t darumb<lb/>
ge&#x017F;chehen/ damit &#x017F;ie dem papiernen Duel des Pamphili ko&#x0364;nne<lb/>
beywohnen/ in Summa: Gelitten hat &#x017F;ie gleich andern Heili-<lb/>
gen Jungfrauen und Frauen/ deren Namen im Buch der Le-<lb/>
bendigen verzeichnet; weil &#x017F;ie aber nicht aus guter Meinung ge-<lb/>
litten/ wie die&#x017F;elbige/ al&#x017F;o bleibt ihr des Teuffels Danck.</p><lb/>
        <p>Die Frembde beherbergen/ i&#x017F;t unter den guten Wercken ei-<lb/>
nes aus den vornehm&#x017F;ten/ welches wol gewu&#x017F;t hat der Heilige<lb/>
Patriarch Abraham/ der nicht allein alle ankommende Ga&#x0364;&#x017F;t<lb/>
auf das freundlich&#x017F;te empfangen und tracirt/ &#x017F;ondern er i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auf die Stra&#x017F;&#x017F;en hinaus gangen/ hin und her &#x017F;eine Augen gewen-<lb/>
det/ ob nicht einige rei&#x017F;ende Frembdling vorbey gehen/ die er in<lb/>
&#x017F;ein Herberg kundte an- und aufnehmen. Auf ein Zeit &#x017F;ahe er<lb/>
daher kommen drey Engel/ die er aber vor Frembdling gehalten/<lb/>
und nicht erkennet/ die&#x017F;en i&#x017F;t er al&#x017F;obald und gantz &#x017F;chleunig ent-<lb/>
gegen geloffen/ &#x017F;elbe demu&#x0364;thig bewillkommet/ und ihnen &#x017F;ein<lb/>
Haus und gantzes Vermo&#x0364;gen in Kuchel und Keller freundlich&#x017F;t<lb/>
anerbotten/ und da &#x017F;ie Anfangs die Einkehr weigerten/ hat er<lb/>
die&#x017F;elbe bey den Ha&#x0364;nden und Kleidern gleich&#x017F;am mit einem ho&#x0364;fli-<lb/>
chen Gewalt mit &#x017F;ich gezogen. O mein <hi rendition="#g">GOTT</hi>! wie wenig<lb/>
&#x017F;olche Abraham findt man der Zeit auf der Welt; man laufft ei-<lb/>
nem nicht allein nicht entgegen/ &#x017F;ondern er muß noch ein halbe<lb/>
Stund an der ver&#x017F;per&#xA75B;ten Thu&#x0364;r fa&#x017F;t wie ein Baum-Ha&#x0364;ckel pe-<lb/>
cken und klopffen/ biß endlich ein zottiger Fleck Ha&#x017F;pel aus dem<lb/>
Fen&#x017F;ter &#x017F;chreyt/ es &#x017F;eye Her&#xA75B; und Frau nicht zu Haus/ da doch<lb/>
&#x017F;olche unterde&#x017F;&#x017F;en mit &#x017F;chmutzigem Maul bey der Tafel &#x017F;itzen.<lb/>
Abraham hat &#x017F;eine liebe Ga&#x0364;&#x017F;t &#x017F;tattlich tractirt/ &#x017F;o hat &#x017F;ich auch<lb/>
derentwegen der Sara &#x017F;ein Gemahlin &#x017F;ehr wacker in der Kuchel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">herumb</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0186] Judas hat keine gute Meinung/ darumben geſchehen/ damit die kleine Schuͤchel einen lidernen Zeugen ſollen abgeben/ daß ihre Fuͤß ſo zart und klein/ wie die Fußſtapffen eines Bachſteltzens: daß ſie mehrmal groſſe Kaͤlte und Froſt ausgeſtanden/ iſt darumb geſchehen/ damit ihren Schneeweiſſen Orientaliſchen Perlfarbigen Hals alle koͤnnen ſehen/ und loben/ darumb iſt ſie nackend umb den Hals gan- gen: daß ſie die halbe Nacht mit wachen zugebracht/ iſt darumb geſchehen/ damit ſie dem papiernen Duel des Pamphili koͤnne beywohnen/ in Summa: Gelitten hat ſie gleich andern Heili- gen Jungfrauen und Frauen/ deren Namen im Buch der Le- bendigen verzeichnet; weil ſie aber nicht aus guter Meinung ge- litten/ wie dieſelbige/ alſo bleibt ihr des Teuffels Danck. Die Frembde beherbergen/ iſt unter den guten Wercken ei- nes aus den vornehmſten/ welches wol gewuſt hat der Heilige Patriarch Abraham/ der nicht allein alle ankommende Gaͤſt auf das freundlichſte empfangen und tracirt/ ſondern er iſt ſelbſt auf die Straſſen hinaus gangen/ hin und her ſeine Augen gewen- det/ ob nicht einige reiſende Frembdling vorbey gehen/ die er in ſein Herberg kundte an- und aufnehmen. Auf ein Zeit ſahe er daher kommen drey Engel/ die er aber vor Frembdling gehalten/ und nicht erkennet/ dieſen iſt er alſobald und gantz ſchleunig ent- gegen geloffen/ ſelbe demuͤthig bewillkommet/ und ihnen ſein Haus und gantzes Vermoͤgen in Kuchel und Keller freundlichſt anerbotten/ und da ſie Anfangs die Einkehr weigerten/ hat er dieſelbe bey den Haͤnden und Kleidern gleichſam mit einem hoͤfli- chen Gewalt mit ſich gezogen. O mein GOTT! wie wenig ſolche Abraham findt man der Zeit auf der Welt; man laufft ei- nem nicht allein nicht entgegen/ ſondern er muß noch ein halbe Stund an der verſperꝛten Thuͤr faſt wie ein Baum-Haͤckel pe- cken und klopffen/ biß endlich ein zottiger Fleck Haſpel aus dem Fenſter ſchreyt/ es ſeye Herꝛ und Frau nicht zu Haus/ da doch ſolche unterdeſſen mit ſchmutzigem Maul bey der Tafel ſitzen. Abraham hat ſeine liebe Gaͤſt ſtattlich tractirt/ ſo hat ſich auch derentwegen der Sara ſein Gemahlin ſehr wacker in der Kuchel herumb

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/186
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/186>, abgerufen am 04.12.2024.