Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas der Ertzschelm ist dem übermässigen Schloß die Erlaubnus geben/ daß er ihme sein brinnende Zungnur mit ein wenig Wasser kunte erquicken. Gewiß ist es/ das erstgedachter Prasser nit allein sich versündiget habe mit der Zung sondern auch mit dem gantzen Leib: sich versündiget mit denen Augen/ die er von dem armen Bettler so unbarmhertzig abge- wendt: sich versündiget mit den Ohren/ in die nit nur einmahl/ sondern öffters gehört das Weheklagen des elenden Tropffens/ und sich dannoch hierdurch nit erweichen lassen: sich versündiget mit den Händen/ in denen man Tag und Nacht fast nichts an- ders gesehen als Pocal und Gläser: sich versündiget mit dem Hertzen/ in welchem niemand anderst residirte als Bacchus und Venus; gleichwol empfande er am gantzen Leib nicht so grosse Peyn und Qual als auf der Zung; so muß dann folgsam solche sich mehr/ als der gantze übrige Leib versündiget haben? freylich/ was dann/ daran ist gar kein Zweiffel; dann solche sich nit allein stets und immer hat brauchen lassen zum Fressen und Sauffen sondern beynebens allerley Schand- und Spott-Reden geführt/ wodurch die Gäst erlustiget/ Lackey und Aufwarther zum Geläch- ter bewegt worden. Zu Venedig schreibt Paciuchelli de mal. Consuet. ist die
Judas der Ertzſchelm iſt dem uͤbermaͤſſigen Schloß die Erlaubnus geben/ daß er ihme ſein brinnende Zungnur mit ein wenig Waſſer kunte erquicken. Gewiß iſt es/ das erſtgedachter Praſſer nit allein ſich verſuͤndiget habe mit der Zung ſondern auch mit dem gantzen Leib: ſich verſuͤndiget mit denen Augen/ die er von dem armen Bettler ſo unbarmhertzig abge- wendt: ſich verſuͤndiget mit den Ohren/ in die nit nur einmahl/ ſondern oͤffters gehoͤrt das Weheklagen des elenden Tropffens/ und ſich dannoch hierdurch nit erweichen laſſen: ſich verſuͤndiget mit den Haͤnden/ in denen man Tag und Nacht faſt nichts an- ders geſehen als Pocal und Glaͤſer: ſich verſündiget mit dem Hertzen/ in welchem niemand anderſt reſidirte als Bacchus und Venus; gleichwol empfande er am gantzen Leib nicht ſo groſſe Peyn und Qual als auf der Zung; ſo muß dann folgſam ſolche ſich mehr/ als der gantze uͤbrige Leib verſuͤndiget haben? freylich/ was dann/ daran iſt gar kein Zweiffel; dann ſolche ſich nit allein ſtets und immer hat brauchen laſſen zum Freſſen und Sauffen ſondern beynebens allerley Schand- und Spott-Reden gefuͤhrt/ wodurch die Gaͤſt erluſtiget/ Lackey und Aufwarther zum Gelaͤch- ter bewegt worden. Zu Venedig ſchreibt Paciuchelli de mal. Conſuet. iſt die
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Judas der Ertzſchelm iſt dem uͤbermaͤſſigen
Schloß die Erlaubnus geben/ daß er ihme ſein brinnende Zung
nur mit ein wenig Waſſer kunte erquicken. Gewiß iſt es/ das
erſtgedachter Praſſer nit allein ſich verſuͤndiget habe mit der Zung
ſondern auch mit dem gantzen Leib: ſich verſuͤndiget mit denen
Augen/ die er von dem armen Bettler ſo unbarmhertzig abge-
wendt: ſich verſuͤndiget mit den Ohren/ in die nit nur einmahl/
ſondern oͤffters gehoͤrt das Weheklagen des elenden Tropffens/
und ſich dannoch hierdurch nit erweichen laſſen: ſich verſuͤndiget
mit den Haͤnden/ in denen man Tag und Nacht faſt nichts an-
ders geſehen als Pocal und Glaͤſer: ſich verſündiget mit dem
Hertzen/ in welchem niemand anderſt reſidirte als Bacchus und
Venus; gleichwol empfande er am gantzen Leib nicht ſo groſſe
Peyn und Qual als auf der Zung; ſo muß dann folgſam ſolche
ſich mehr/ als der gantze uͤbrige Leib verſuͤndiget haben? freylich/
was dann/ daran iſt gar kein Zweiffel; dann ſolche ſich nit allein
ſtets und immer hat brauchen laſſen zum Freſſen und Sauffen
ſondern beynebens allerley Schand- und Spott-Reden gefuͤhrt/
wodurch die Gaͤſt erluſtiget/ Lackey und Aufwarther zum Gelaͤch-
ter bewegt worden.
Zu Venedig ſchreibt Paciuchelli de mal. Conſuet. iſt
auf ein Zeit ein Baur/ ſo dazumal was wenigs auf dem Marck
verkaufft/ bey einem vornehmen Specerey Gewoͤlb vorbey gan-
gen/ gaͤhling aber in Ohnmacht zur Erden nieder geſuncken/ und
gleichſam alle Lebens-Geiſter von ihme gewichen. Die Umſte-
hende thaͤten ſich aus Chriſtlicher Lieb/ wie billich/ des armen
Manns erbarmen/ und einer da/ der andere dorten mit wolrie-
chenden Waſſer und koſtbaren Balſam zu Huͤlff kommen: Aber
es folgte hierdurch die wenigſte Beſſerung nit/ ſondern es hatte
das Anſehen/ als wolte ihne der Lebens-Athem gaͤntzlich ver-
laſſen; biß endlich ſein Weib zu dieſem Handel kommen/ mit ih-
rem groben Fuͤrtuch alle wohlriechende Matery von der Naſen
und Schlaͤffen wol abgerieben/ und nachmahl ein friſches Sau-
Koth (welches ſich faſt nicht reimbt zuſchreiben) ihme wol um
die
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Zitationshilfe: | Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/108>, abgerufen am 28.07.2024. |