fromm zu leben/ heilig zu leben/ so ist es doch anbey ge- fährlich zu leben. Quoniam licet multi sint, qui etiam in S. Gregor Epist. 62. 2.saeculari habitu bonam vitam ducere possint, tamen pleri- que sunt, qui, nisi omnia reliquerint, salvari apud Deum nullatenus possunt.
Es soll doch manchen schröcken dasjenige/ was da in der Chronic des H. Francisci protocollirt wird/ daß nem- lich Einer gewesen seye/ den GOtt mehrmalen beruffen hat zu dieser Seraphischen Religion, welcher Vocation der schlimme Vocativus auf keine Weis nachkommen/ als er nun in seiner tödtlichen Kranckheit allbereits zu dem End Chronica S. Francisci 3. p.§ 7.scheinte zu trachten/ hat man ihme einen Beichtvatter zugebracht/ vermittels dessen er sich mit GOtt durch ein Ren-volle und bußfertige Beicht könte versohnen: Es war aber alles vergebens und umsonst/ dann er an statt der Sa- cramentalischen Beicht/ mit viel tausend Sacra- und Gotts- lästerlichen Worten herausgebrochen/ auch endlich gantz klar und deutlich ausgesagt/ er könne nit mehr beichten/ weilen ihme GOtt sein Verdammnuß allbereits ange- kündt/ dann ihm der HErr JEsus erschienen mit zorni- gem Angesicht/ sprechend/ vocavi, & renuisti, ideo vade ad poenas inferni, ich hab dich beruffen/ und du hast es mir abgeschlagen/ dessenthalben gehe hin in die ewige Ver- dammnuß. O erschröckliches Spectacul!
Domine Studiose, Herr Ferdinand Relfel/ wann er diese Predig hätte mit gebührender Aufmercksamkeit an- gehört/ ich weiß/ er hätte einen sondern Nutzen darvon ge- tragen/ weiß dann der Herr gar nichts aus der Predig? Nit ein Wort. O GOtt! Diabolus gehet über das Domi- nus, sagt der Grammatist, der böse Feind/ dieser arge hölli- sche Schalck/ hat es gemacht/ daß ihr nit habt zugehört/ dann er in allweg sich bemühet/ das Wort GOttes zu ver- hindern. Wie schädlich und schändlich ist es unter der Predig zu schwätzen. Als auf ein Zeit ein grosse Menge Volck zu unserm lieben HErrn getretten/ sein Göttliches
Wort
Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort GOttes/
fromm zu leben/ heilig zu leben/ ſo iſt es doch anbey ge- faͤhrlich zu leben. Quoniam licet multi ſint, qui etiam in S. Gregor Epiſt. 62. 2.ſæculari habitu bonam vitam ducere poſſint, tamen pleri- que ſunt, qui, niſi omnia reliquerint, ſalvari apud Deum nullatenus poſſunt.
Es ſoll doch manchen ſchroͤcken dasjenige/ was da in der Chronic des H. Franciſci protocollirt wird/ daß nem- lich Eineꝛ geweſen ſeye/ den GOtt mehrmalen beruffen hat zu dieſer Seraphiſchen Religion, welcher Vocation der ſchlimme Vocativus auf keine Weis nachkommen/ als er nun in ſeiner toͤdtlichen Kranckheit allbereits zu dem End Chronica S. Franciſci 3. p.§ 7.ſcheinte zu trachten/ hat man ihme einen Beichtvatter zugebracht/ vermittels deſſen er ſich mit GOtt durch ein Ren-volle und bußfertige Beicht koͤnte verſohnen: Es war aber alles vergebens und umſonſt/ dann er an ſtatt der Sa- cramentaliſchen Beicht/ mit viel tauſend Sacra- und Gotts- laͤſterlichen Worten herausgebrochen/ auch endlich gantz klar und deutlich ausgeſagt/ er koͤnne nit mehr beichten/ weilen ihme GOtt ſein Verdammnuß allbereits ange- kuͤndt/ dann ihm der HErr JEſus erſchienen mit zorni- gem Angeſicht/ ſprechend/ vocavi, & renuiſti, ideo vade ad pœnas inferni, ich hab dich beruffen/ und du haſt es mir abgeſchlagen/ deſſenthalben gehe hin in die ewige Ver- dammnuß. O erſchroͤckliches Spectacul!
Domine Studioſe, Herr Ferdinand Relfel/ wann er dieſe Predig haͤtte mit gebuͤhrender Aufmerckſamkeit an- gehoͤrt/ ich weiß/ er haͤtte einen ſondern Nutzen darvon ge- tragen/ weiß dann der Herr gar nichts aus der Predig? Nit ein Wort. O GOtt! Diabolus gehet uͤber das Domi- nus, ſagt der Grammatiſt, der boͤſe Feind/ dieſer arge hoͤlli- ſche Schalck/ hat es gemacht/ daß ihr nit habt zugehoͤrt/ dann er in allweg ſich bemuͤhet/ das Wort GOttes zu ver- hindern. Wie ſchaͤdlich und ſchaͤndlich iſt es unter der Predig zu ſchwaͤtzen. Als auf ein Zeit ein groſſe Menge Volck zu unſerm lieben HErrn getretten/ ſein Goͤttliches
Wort
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Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort GOttes/
fromm zu leben/ heilig zu leben/ ſo iſt es doch anbey ge-
faͤhrlich zu leben. Quoniam licet multi ſint, qui etiam in
ſæculari habitu bonam vitam ducere poſſint, tamen pleri-
que ſunt, qui, niſi omnia reliquerint, ſalvari apud Deum
nullatenus poſſunt.
S. Gregor
Epiſt. 62.
2.
Es ſoll doch manchen ſchroͤcken dasjenige/ was da in
der Chronic des H. Franciſci protocollirt wird/ daß nem-
lich Eineꝛ geweſen ſeye/ den GOtt mehrmalen beruffen hat
zu dieſer Seraphiſchen Religion, welcher Vocation der
ſchlimme Vocativus auf keine Weis nachkommen/ als er
nun in ſeiner toͤdtlichen Kranckheit allbereits zu dem End
ſcheinte zu trachten/ hat man ihme einen Beichtvatter
zugebracht/ vermittels deſſen er ſich mit GOtt durch ein
Ren-volle und bußfertige Beicht koͤnte verſohnen: Es war
aber alles vergebens und umſonſt/ dann er an ſtatt der Sa-
cramentaliſchen Beicht/ mit viel tauſend Sacra- und Gotts-
laͤſterlichen Worten herausgebrochen/ auch endlich gantz
klar und deutlich ausgeſagt/ er koͤnne nit mehr beichten/
weilen ihme GOtt ſein Verdammnuß allbereits ange-
kuͤndt/ dann ihm der HErr JEſus erſchienen mit zorni-
gem Angeſicht/ ſprechend/ vocavi, & renuiſti, ideo vade
ad pœnas inferni, ich hab dich beruffen/ und du haſt es mir
abgeſchlagen/ deſſenthalben gehe hin in die ewige Ver-
dammnuß. O erſchroͤckliches Spectacul!
Chronica
S. Franciſci
3. p. § 7.
Domine Studioſe, Herr Ferdinand Relfel/ wann er
dieſe Predig haͤtte mit gebuͤhrender Aufmerckſamkeit an-
gehoͤrt/ ich weiß/ er haͤtte einen ſondern Nutzen darvon ge-
tragen/ weiß dann der Herr gar nichts aus der Predig?
Nit ein Wort. O GOtt! Diabolus gehet uͤber das Domi-
nus, ſagt der Grammatiſt, der boͤſe Feind/ dieſer arge hoͤlli-
ſche Schalck/ hat es gemacht/ daß ihr nit habt zugehoͤrt/
dann er in allweg ſich bemuͤhet/ das Wort GOttes zu ver-
hindern. Wie ſchaͤdlich und ſchaͤndlich iſt es unter der
Predig zu ſchwaͤtzen. Als auf ein Zeit ein groſſe Menge
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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/82>, abgerufen am 24.11.2024.
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