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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der Ertzschelm hasset das Wort GOttes/
ten zu brauchen/ zu Hauß hatten. Alsobald/ sie ha-
ben gar nicht ihre Nachbauren/ noch andere verstän-
dige Leut um Raht gefragt. Alsobald/ sie haben Schif-
fel und Netz/ samt allem Fischerzeug/ alldorten gelassen/
hätten sie aufs wenigst zuvor ein Richtigkeit gemacht/
wem eins und das andere zufalle. Alsobald/ continuo,
haben sie solcher Vocation Gehorsam geleist/ und ihrem
Beruff unverzüglich nachkommen.

Domine Studiose, es ist schon ein geraume Zeit/ daß
euch GOTT und GOttes Eingebung zum geistlichen
Stand beruffen/ und ihr haltet euch noch in dem sündi-
gen Babylon auf/ ihr sitzt noch bey denen Egyptischen
Zwiefeln/ cito, cito, citissime verlasst die Welt/ und ei-
let unter das süsse Joch des HErrn JEsu Christi.

Recht hat gethan derjenige/ der solches cito gar bey
Faßnachtzeit/ wo sonsten das Narro ein verbum commu-
ne
ist/ mit seinem grösten Seelen-Heyl beobachtet hat:
Dieser wolte auch nach Brauch und Art der verderbten
Welt/ dazumalen einen Narren spielen/ läst ihm also zu
solchem End von einem bekandten Hauß-Schneider ein
Kleyd machen/ und zwar/ O Boßheit/ einen rechten Ha-
bit eines Ordensmanns/ insgemein ein Mönchskutten/
wormit er also bekleidter im Hauß mit tausend Possen
zum allgemeinen Gelächter herum geloffen/ keiner war/
so nit mit diesem Frater Narrciss wolte scherzen/ und viel
ungereimt Ding mit ihme treiben; die meiste im Hauß
setzten diesem vermummten und verstellten Mönch wa-
cker mit Gläsern zu/ daß er endlichen gantz bezechter in
das Bett wurde getragen/ worinn er gleich angefangen
einzuschlaffen und zu schnarrhen: Der Possen und muth-
williges Faßnacht-Spiel hatte zwar seiner Seits ein End/
nit aber bey andern/ als welche neue Ränck erdichtet/ zu
allem Wundsch war ein Barbierer unter ihnen/ welcher
demvollen Zapffen ohne die mindiste Empfindlichkeit die

Haar

Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort GOttes/
ten zu brauchen/ zu Hauß hatten. Alſobald/ ſie ha-
ben gar nicht ihre Nachbauren/ noch andere verſtaͤn-
dige Leut um Raht gefragt. Alſobald/ ſie haben Schif-
fel und Netz/ ſamt allem Fiſcherzeug/ alldorten gelaſſen/
haͤtten ſie aufs wenigſt zuvor ein Richtigkeit gemacht/
wem eins und das andere zufalle. Alſobald/ continuò,
haben ſie ſolcher Vocation Gehorſam geleiſt/ und ihrem
Beruff unverzuͤglich nachkommen.

Domine Studioſe, es iſt ſchon ein geraume Zeit/ daß
euch GOTT und GOttes Eingebung zum geiſtlichen
Stand beruffen/ und ihr haltet euch noch in dem ſuͤndi-
gen Babylon auf/ ihr ſitzt noch bey denen Egyptiſchen
Zwiefeln/ cito, cito, citiſſimè verlaſſt die Welt/ und ei-
let unter das ſuͤſſe Joch des HErꝛn JEſu Chriſti.

Recht hat gethan derjenige/ der ſolches cito gar bey
Faßnachtzeit/ wo ſonſten das Narro ein verbum commu-
ne
iſt/ mit ſeinem groͤſten Seelen-Heyl beobachtet hat:
Dieſer wolte auch nach Brauch und Art der verderbten
Welt/ dazumalen einen Narren ſpielen/ laͤſt ihm alſo zu
ſolchem End von einem bekandten Hauß-Schneider ein
Kleyd machen/ und zwar/ O Boßheit/ einen rechten Ha-
bit eines Ordensmanns/ insgemein ein Moͤnchskutten/
wormit er alſo bekleidter im Hauß mit tauſend Poſſen
zum allgemeinen Gelaͤchter herum geloffen/ keiner war/
ſo nit mit dieſem Frater Narrciſs wolte ſcherzen/ und viel
ungereimt Ding mit ihme treiben; die meiſte im Hauß
ſetzten dieſem vermummten und verſtellten Moͤnch wa-
cker mit Glaͤſern zu/ daß er endlichen gantz bezechter in
das Bett wurde getragen/ worinn er gleich angefangen
einzuſchlaffen und zu ſchnarrhen: Der Poſſen und muth-
williges Faßnacht-Spiel hatte zwaꝛ ſeiner Seits ein End/
nit aber bey andern/ als welche neue Raͤnck erdichtet/ zu
allem Wundſch war ein Barbierer unter ihnen/ welcher
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[44/0076] Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort GOttes/ ten zu brauchen/ zu Hauß hatten. Alſobald/ ſie ha- ben gar nicht ihre Nachbauren/ noch andere verſtaͤn- dige Leut um Raht gefragt. Alſobald/ ſie haben Schif- fel und Netz/ ſamt allem Fiſcherzeug/ alldorten gelaſſen/ haͤtten ſie aufs wenigſt zuvor ein Richtigkeit gemacht/ wem eins und das andere zufalle. Alſobald/ continuò, haben ſie ſolcher Vocation Gehorſam geleiſt/ und ihrem Beruff unverzuͤglich nachkommen. Domine Studioſe, es iſt ſchon ein geraume Zeit/ daß euch GOTT und GOttes Eingebung zum geiſtlichen Stand beruffen/ und ihr haltet euch noch in dem ſuͤndi- gen Babylon auf/ ihr ſitzt noch bey denen Egyptiſchen Zwiefeln/ cito, cito, citiſſimè verlaſſt die Welt/ und ei- let unter das ſuͤſſe Joch des HErꝛn JEſu Chriſti. Recht hat gethan derjenige/ der ſolches cito gar bey Faßnachtzeit/ wo ſonſten das Narro ein verbum commu- ne iſt/ mit ſeinem groͤſten Seelen-Heyl beobachtet hat: Dieſer wolte auch nach Brauch und Art der verderbten Welt/ dazumalen einen Narren ſpielen/ laͤſt ihm alſo zu ſolchem End von einem bekandten Hauß-Schneider ein Kleyd machen/ und zwar/ O Boßheit/ einen rechten Ha- bit eines Ordensmanns/ insgemein ein Moͤnchskutten/ wormit er alſo bekleidter im Hauß mit tauſend Poſſen zum allgemeinen Gelaͤchter herum geloffen/ keiner war/ ſo nit mit dieſem Frater Narrciſs wolte ſcherzen/ und viel ungereimt Ding mit ihme treiben; die meiſte im Hauß ſetzten dieſem vermummten und verſtellten Moͤnch wa- cker mit Glaͤſern zu/ daß er endlichen gantz bezechter in das Bett wurde getragen/ worinn er gleich angefangen einzuſchlaffen und zu ſchnarrhen: Der Poſſen und muth- williges Faßnacht-Spiel hatte zwaꝛ ſeiner Seits ein End/ nit aber bey andern/ als welche neue Raͤnck erdichtet/ zu allem Wundſch war ein Barbierer unter ihnen/ welcher demvollen Zapffen ohne die mindiſte Empfindlichkeit die Haar

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/76>, abgerufen am 22.11.2024.