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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen
Hertz bieget; solche Gestalt dat den Gewalt/ die fast allen
die Affecten raubet; solche Gestalt hat einen Gewalt/ der
fast über alle Gemüther herrschet.

Wie Abraham mit seiner liebsten Frauen Gemahlin
Sara in die Frembde muste reisen/ und bereits nit gar weit
von der Stadt Gerara, allwo der König Abimelech re-
gierte/ kommen war/ da hat er die Sara in eine Truhen
In cap. 12.
Gen. v.
14.
eingesperrt/ und also/ wie Lyranus beybringt/ neben an-
dern Hauß-Rath mit sich auf dem Wagen geführt/ wie
er aber zu einem Paß kommen/ allwo die Mautner und
Ubergeher/ Ampts halber/ alle Waaren durchsuchten/
da haben sie unter andern Hauß-Rath auch gefunden die
Sara, welche sie ohne weitern Verzug dem König angedeu-
tet. Aber Abraham, warum diß? Abraham, warum
aber diß? Warum ein hölzernes Futterall über dein
Weib? das ist ja nichts anderst als ein hölzernes Con-
cept.
Darum/ sagt der H. Patriarch/ hab ich solches ge-
than/ weil sie gar/ gar ein schönes Weib war/ und wann
ich sie offentlich hätte daher geführet/ so wäre ich an kei-
nem Orth sicher gewest/ einer oder der andere hätte mir
schon längst den Hals gebrochen; dann ich weiß schon/ wie
die Welt schnappt und grabt und tappt nach schönen Ge-
sichtern; Ich hätte schon längst müssen den Kehraus tan-
zen/ damit solche ein anderer überkommen hätte. So viel
wird geschätzt ein solcher schöner Tantz.

Es grüst mich ein alte Frau/ ich weiß nicht/ ob ich
ihr dancken soll/ sie sieht aus wie des Heil. Michael sein
Fußschemmel/ sie hat ein gantz elendes mageres Qua-
tember-Gesicht: die Stirn ist ein Modell von einem ge-
fälckelten Juden. Kröß/ das Gesicht ist zusammen ge-
schnurfft/ wie ein nasses ledernes Hosen-Geschirr/ so bey
dem warmen Ofen gehängt: die Augen stehen so tieff im
Kopff darinn/ daß sie auch ein wohlerfahrner Bergknapp/
sobald nit würde füllen: die Nasen tropfft nit weniger

als

Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
Hertz bieget; ſolche Geſtalt dat den Gewalt/ die faſt allen
die Affecten raubet; ſolche Geſtalt hat einen Gewalt/ der
faſt uͤber alle Gemuͤther herrſchet.

Wie Abraham mit ſeiner liebſten Frauen Gemahlin
Sara in die Frembde muſte reiſen/ und bereits nit gar weit
von der Stadt Gerara, allwo der Koͤnig Abimelech re-
gierte/ kommen war/ da hat er die Sara in eine Truhen
In cap. 12.
Gen. v.
14.
eingeſperrt/ und alſo/ wie Lyranus beybringt/ neben an-
dern Hauß-Rath mit ſich auf dem Wagen gefuͤhrt/ wie
er aber zu einem Paß kommen/ allwo die Mautner und
Ubergeher/ Ampts halber/ alle Waaren durchſuchten/
da haben ſie unter andern Hauß-Rath auch gefunden die
Sara, welche ſie ohne weitern Verzug dem Koͤnig angedeu-
tet. Aber Abraham, warum diß? Abraham, warum
aber diß? Warum ein hoͤlzernes Futterall uͤber dein
Weib? das iſt ja nichts anderſt als ein hoͤlzernes Con-
cept.
Darum/ ſagt der H. Patriarch/ hab ich ſolches ge-
than/ weil ſie gar/ gar ein ſchoͤnes Weib war/ und wann
ich ſie offentlich haͤtte daher gefuͤhret/ ſo waͤre ich an kei-
nem Orth ſicher geweſt/ einer oder der andere haͤtte mir
ſchon laͤngſt den Hals gebrochen; dann ich weiß ſchon/ wie
die Welt ſchnappt und grabt und tappt nach ſchoͤnen Ge-
ſichtern; Ich haͤtte ſchon laͤngſt muͤſſen den Kehraus tan-
zen/ damit ſolche ein anderer uͤberkommen haͤtte. So viel
wird geſchaͤtzt ein ſolcher ſchoͤner Tantz.

Es gruͤſt mich ein alte Frau/ ich weiß nicht/ ob ich
ihr dancken ſoll/ ſie ſieht aus wie des Heil. Michael ſein
Fußſchemmel/ ſie hat ein gantz elendes mageres Qua-
tember-Geſicht: die Stirn iſt ein Modell von einem ge-
faͤlckelten Juden. Kroͤß/ das Geſicht iſt zuſammen ge-
ſchnurfft/ wie ein naſſes ledernes Hoſen-Geſchirr/ ſo bey
dem warmen Ofen gehaͤngt: die Augen ſtehen ſo tieff im
Kopff dariñ/ daß ſie auch ein wohlerfahrner Bergknapp/
ſobald nit wuͤrde fuͤllen: die Naſen tropfft nit weniger

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[520/0552] Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen Hertz bieget; ſolche Geſtalt dat den Gewalt/ die faſt allen die Affecten raubet; ſolche Geſtalt hat einen Gewalt/ der faſt uͤber alle Gemuͤther herrſchet. Wie Abraham mit ſeiner liebſten Frauen Gemahlin Sara in die Frembde muſte reiſen/ und bereits nit gar weit von der Stadt Gerara, allwo der Koͤnig Abimelech re- gierte/ kommen war/ da hat er die Sara in eine Truhen eingeſperrt/ und alſo/ wie Lyranus beybringt/ neben an- dern Hauß-Rath mit ſich auf dem Wagen gefuͤhrt/ wie er aber zu einem Paß kommen/ allwo die Mautner und Ubergeher/ Ampts halber/ alle Waaren durchſuchten/ da haben ſie unter andern Hauß-Rath auch gefunden die Sara, welche ſie ohne weitern Verzug dem Koͤnig angedeu- tet. Aber Abraham, warum diß? Abraham, warum aber diß? Warum ein hoͤlzernes Futterall uͤber dein Weib? das iſt ja nichts anderſt als ein hoͤlzernes Con- cept. Darum/ ſagt der H. Patriarch/ hab ich ſolches ge- than/ weil ſie gar/ gar ein ſchoͤnes Weib war/ und wann ich ſie offentlich haͤtte daher gefuͤhret/ ſo waͤre ich an kei- nem Orth ſicher geweſt/ einer oder der andere haͤtte mir ſchon laͤngſt den Hals gebrochen; dann ich weiß ſchon/ wie die Welt ſchnappt und grabt und tappt nach ſchoͤnen Ge- ſichtern; Ich haͤtte ſchon laͤngſt muͤſſen den Kehraus tan- zen/ damit ſolche ein anderer uͤberkommen haͤtte. So viel wird geſchaͤtzt ein ſolcher ſchoͤner Tantz. In cap. 12. Gen. v. 14. Es gruͤſt mich ein alte Frau/ ich weiß nicht/ ob ich ihr dancken ſoll/ ſie ſieht aus wie des Heil. Michael ſein Fußſchemmel/ ſie hat ein gantz elendes mageres Qua- tember-Geſicht: die Stirn iſt ein Modell von einem ge- faͤlckelten Juden. Kroͤß/ das Geſicht iſt zuſammen ge- ſchnurfft/ wie ein naſſes ledernes Hoſen-Geſchirr/ ſo bey dem warmen Ofen gehaͤngt: die Augen ſtehen ſo tieff im Kopff dariñ/ daß ſie auch ein wohlerfahrner Bergknapp/ ſobald nit wuͤrde fuͤllen: die Naſen tropfft nit weniger als

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/552>, abgerufen am 27.11.2024.