Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
Tochter/ so ohnedas nur gar zu starck gemutterlt/ hat
Zweiffels ohne/ durch Anstifftung der saubern Mutter/
begehret das Haupt Joannis Baptistae. O Herodias! wo
denckst du hin? was ist mehrer/ das Haupt Joannis, oder
das halbe Königreich? Basta, sagt diese/ Königreich hin/
Königreich her/ mir ist lieber das Haupt Joannis. Ey
du verdammte Tanzerin/ ich lob dich/ preiß dich/ rühme
dich derenthalben/ ob du es zwar nit also gut vermeint
hast/ so gefällt es mir dannoch wohl/ daß du das Haupt
Joannis, als ein so grosses Heiligthum hast höher und
mehrer geschätzt/ als das halbe Königreich.

Freylich wohl ist eine heilige Reliquien über alle
Schätze der Welt zu halten. Maria Lusitana, Herzogin
zu Parma, ist in Begleitung des Grafen von Mannsfeld
in einem sehr grossen Schiff über das Meer gesegelt/ als
nun ungefehr durch Wahrlosigkeit der Bedienten ein
Feuer entstanden/ und der Schiff-Leute Aussag nach/Rho. Var.
Vect. l.
3.

alles verzweiffelt/ so hat sich besagte fromme Hertzogin
alsobald in ein neben-Schiff müssen salviren/ welches sie
auch schleunigst vollzogen; was aber mit ihr genommen?
die sehr kostbare Kleinodien/ ihren fast Königlichen Ge-
schmuck? Nein/ diese nit/ diesen nit/ sondern solches al-
les dem Feuer und Flammen zum Raub gelassen/ und
allein mir ihrer eigenen Person salvirt ein Reliquiarium,
oder kleines Gefäß mit Heiligthümern angefüllt. Es
wäre zu wünschen/ daß der Zeit mehrer dergleichen gott-
seelige Gemüter würden angetroffen.

Sobald der HErr JEsus/ als Heyland der Welt/
an das Creutz genagelt worden/ haben die Soldaten sei-
ne Kleider zu sich genommen/ und zwar das Ober-Kleid
in 4. Theil zerschnitten/ den Unter-Rock aber gantz ge-
lassen; Anjetzo ereignet sich doch eine Frag/ warum diese
Gesellen die Kleider Christi so begierig an sich gezogen/
auch sogar um ein kleine Theil derselben gewürffelt/ ent-

gegen

vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
Tochter/ ſo ohnedas nur gar zu ſtarck gemutterlt/ hat
Zweiffels ohne/ durch Anſtifftung der ſaubern Mutter/
begehret das Haupt Joannis Baptiſtæ. O Herodias! wo
denckſt du hin? was iſt mehrer/ das Haupt Joannis, oder
das halbe Koͤnigreich? Baſta, ſagt dieſe/ Koͤnigreich hin/
Koͤnigreich her/ mir iſt lieber das Haupt Joannis. Ey
du verdammte Tanzerin/ ich lob dich/ preiß dich/ ruͤhme
dich derenthalben/ ob du es zwar nit alſo gut vermeint
haſt/ ſo gefaͤllt es mir dannoch wohl/ daß du das Haupt
Joannis, als ein ſo groſſes Heiligthum haſt hoͤher und
mehrer geſchaͤtzt/ als das halbe Koͤnigreich.

Freylich wohl iſt eine heilige Reliquien uͤber alle
Schaͤtze der Welt zu halten. Maria Luſitana, Herzogin
zu Parma, iſt in Begleitung des Grafen von Mannsfeld
in einem ſehr groſſen Schiff uͤber das Meer geſegelt/ als
nun ungefehr durch Wahrloſigkeit der Bedienten ein
Feuer entſtanden/ und der Schiff-Leute Auſſag nach/Rho. Var.
Vect. l.
3.

alles verzweiffelt/ ſo hat ſich beſagte fromme Hertzogin
alſobald in ein neben-Schiff muͤſſen ſalviren/ welches ſie
auch ſchleunigſt vollzogen; was aber mit ihr genommen?
die ſehr koſtbare Kleinodien/ ihren faſt Koͤniglichen Ge-
ſchmuck? Nein/ dieſe nit/ dieſen nit/ ſondern ſolches al-
les dem Feuer und Flammen zum Raub gelaſſen/ und
allein mir ihrer eigenen Perſon ſalvirt ein Reliquiarium,
oder kleines Gefaͤß mit Heiligthuͤmern angefuͤllt. Es
waͤre zu wuͤnſchen/ daß der Zeit mehrer dergleichen gott-
ſeelige Gemuͤter wuͤrden angetroffen.

Sobald der HErr JEſus/ als Heyland der Welt/
an das Creutz genagelt worden/ haben die Soldaten ſei-
ne Kleider zu ſich genommen/ und zwar das Ober-Kleid
in 4. Theil zerſchnitten/ den Unter-Rock aber gantz ge-
laſſen; Anjetzo ereignet ſich doch eine Frag/ warum dieſe
Geſellen die Kleider Chriſti ſo begierig an ſich gezogen/
auch ſogar um ein kleine Theil derſelben gewuͤrffelt/ ent-

gegen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0511" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">vor dem Fi&#x017F;ch-Thor zu Jeru&#x017F;alem.</hi></fw><lb/>
Tochter/ &#x017F;o ohnedas nur gar zu &#x017F;tarck gemutterlt/ hat<lb/>
Zweiffels ohne/ durch An&#x017F;tifftung der &#x017F;aubern Mutter/<lb/>
begehret das Haupt <hi rendition="#aq">Joannis Bapti&#x017F;tæ. O Herodias!</hi> wo<lb/>
denck&#x017F;t du hin? was i&#x017F;t mehrer/ das Haupt <hi rendition="#aq">Joannis,</hi> oder<lb/>
das halbe Ko&#x0364;nigreich? <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ta,</hi> &#x017F;agt die&#x017F;e/ Ko&#x0364;nigreich hin/<lb/>
Ko&#x0364;nigreich her/ mir i&#x017F;t lieber das Haupt <hi rendition="#aq">Joannis.</hi> Ey<lb/>
du verdammte Tanzerin/ ich lob dich/ preiß dich/ ru&#x0364;hme<lb/>
dich derenthalben/ ob du es zwar nit al&#x017F;o gut vermeint<lb/>
ha&#x017F;t/ &#x017F;o gefa&#x0364;llt es mir dannoch wohl/ daß du das Haupt<lb/><hi rendition="#aq">Joannis,</hi> als ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es Heiligthum ha&#x017F;t ho&#x0364;her und<lb/>
mehrer ge&#x017F;cha&#x0364;tzt/ als das halbe Ko&#x0364;nigreich.</p><lb/>
        <p>Freylich wohl i&#x017F;t eine heilige <hi rendition="#aq">Reliqui</hi>en u&#x0364;ber alle<lb/>
Scha&#x0364;tze der Welt zu halten. <hi rendition="#aq">Maria Lu&#x017F;itana,</hi> Herzogin<lb/>
zu <hi rendition="#aq">Parma,</hi> i&#x017F;t in Begleitung des Grafen von Mannsfeld<lb/>
in einem &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;en Schiff u&#x0364;ber das Meer ge&#x017F;egelt/ als<lb/>
nun ungefehr durch Wahrlo&#x017F;igkeit der Bedienten ein<lb/>
Feuer ent&#x017F;tanden/ und der Schiff-Leute Au&#x017F;&#x017F;ag nach/<note place="right"><hi rendition="#aq">Rho. Var.<lb/>
Vect. l.</hi> 3.</note><lb/>
alles verzweiffelt/ &#x017F;o hat &#x017F;ich be&#x017F;agte fromme Hertzogin<lb/>
al&#x017F;obald in ein neben-Schiff mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">&#x017F;alvi</hi>ren/ welches &#x017F;ie<lb/>
auch &#x017F;chleunig&#x017F;t vollzogen; was aber mit ihr genommen?<lb/>
die &#x017F;ehr ko&#x017F;tbare Kleinodien/ ihren fa&#x017F;t Ko&#x0364;niglichen Ge-<lb/>
&#x017F;chmuck? Nein/ die&#x017F;e nit/ die&#x017F;en nit/ &#x017F;ondern &#x017F;olches al-<lb/>
les dem Feuer und Flammen zum Raub gela&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
allein mir ihrer eigenen Per&#x017F;on <hi rendition="#aq">&#x017F;alvi</hi>rt ein <hi rendition="#aq">Reliquiarium,</hi><lb/>
oder kleines Gefa&#x0364;ß mit Heiligthu&#x0364;mern angefu&#x0364;llt. Es<lb/>
wa&#x0364;re zu wu&#x0364;n&#x017F;chen/ daß der Zeit mehrer dergleichen gott-<lb/>
&#x017F;eelige Gemu&#x0364;ter wu&#x0364;rden angetroffen.</p><lb/>
        <p>Sobald der HErr JE&#x017F;us/ als Heyland der Welt/<lb/>
an das Creutz genagelt worden/ haben die Soldaten &#x017F;ei-<lb/>
ne Kleider zu &#x017F;ich genommen/ und zwar das Ober-Kleid<lb/>
in 4. Theil zer&#x017F;chnitten/ den Unter-Rock aber gantz ge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; Anjetzo ereignet &#x017F;ich doch eine Frag/ warum die&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;ellen die Kleider Chri&#x017F;ti &#x017F;o begierig an &#x017F;ich gezogen/<lb/>
auch &#x017F;ogar um ein kleine Theil der&#x017F;elben gewu&#x0364;rffelt/ ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gegen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0511] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. Tochter/ ſo ohnedas nur gar zu ſtarck gemutterlt/ hat Zweiffels ohne/ durch Anſtifftung der ſaubern Mutter/ begehret das Haupt Joannis Baptiſtæ. O Herodias! wo denckſt du hin? was iſt mehrer/ das Haupt Joannis, oder das halbe Koͤnigreich? Baſta, ſagt dieſe/ Koͤnigreich hin/ Koͤnigreich her/ mir iſt lieber das Haupt Joannis. Ey du verdammte Tanzerin/ ich lob dich/ preiß dich/ ruͤhme dich derenthalben/ ob du es zwar nit alſo gut vermeint haſt/ ſo gefaͤllt es mir dannoch wohl/ daß du das Haupt Joannis, als ein ſo groſſes Heiligthum haſt hoͤher und mehrer geſchaͤtzt/ als das halbe Koͤnigreich. Freylich wohl iſt eine heilige Reliquien uͤber alle Schaͤtze der Welt zu halten. Maria Luſitana, Herzogin zu Parma, iſt in Begleitung des Grafen von Mannsfeld in einem ſehr groſſen Schiff uͤber das Meer geſegelt/ als nun ungefehr durch Wahrloſigkeit der Bedienten ein Feuer entſtanden/ und der Schiff-Leute Auſſag nach/ alles verzweiffelt/ ſo hat ſich beſagte fromme Hertzogin alſobald in ein neben-Schiff muͤſſen ſalviren/ welches ſie auch ſchleunigſt vollzogen; was aber mit ihr genommen? die ſehr koſtbare Kleinodien/ ihren faſt Koͤniglichen Ge- ſchmuck? Nein/ dieſe nit/ dieſen nit/ ſondern ſolches al- les dem Feuer und Flammen zum Raub gelaſſen/ und allein mir ihrer eigenen Perſon ſalvirt ein Reliquiarium, oder kleines Gefaͤß mit Heiligthuͤmern angefuͤllt. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß der Zeit mehrer dergleichen gott- ſeelige Gemuͤter wuͤrden angetroffen. Rho. Var. Vect. l. 3. Sobald der HErr JEſus/ als Heyland der Welt/ an das Creutz genagelt worden/ haben die Soldaten ſei- ne Kleider zu ſich genommen/ und zwar das Ober-Kleid in 4. Theil zerſchnitten/ den Unter-Rock aber gantz ge- laſſen; Anjetzo ereignet ſich doch eine Frag/ warum dieſe Geſellen die Kleider Chriſti ſo begierig an ſich gezogen/ auch ſogar um ein kleine Theil derſelben gewuͤrffelt/ ent- gegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/511
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/511>, abgerufen am 05.12.2024.