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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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den Iscarioth zur heylsamen Poenitenz.

Es ist zwar denen Beichtvättern die discretion be-
stens anständig/ und soll bey ihme die Gütigkeit das
Vorgewicht haben/ auch allemal mit unserm HErrn und
Heyland sprechen: Misereor super turbam, mich er-
barmen die Leut.
Aber höre ein wenig/ du ungedulti-
ges Beichtkind/ der Priester/ als ein geistlicher Artzt/ weiß
die Pflaster schon zu machen nach Art der Wunden/ daß
er dir ein disciplin oder Cilicium auferlegt/ ist die Ur-
sach/ damit dein muthwilliger Leib in etwas gezähmt
werde; daß er dir die Karten und Würffel verbotten/ ist
darum geschehen/ damit dir fein die Gelegenheit zu Flu-
chen und Gottslästern genommen werde; daß er dir ein
Fasten auferlegt/ ist die Ursach/ damit er dir Fraß und
Füllerey abgewöhne etc. Und dann so erwäge anbey/ daß
vor diesem vor ein jede Todtsünd etlich Jahr hindurch ein
grosse harte Buß hat müssen verrichtet werden/ betrach-
te desgleichen/ daß die Göttliche Justiz nit so weich und
blöd seye/ ob sie schon die ewige Straff wegen der Beicht
in ein zeitliche verwandelt/ daß sie solche zeitliche Straff
gleich mit 3. Vatter unser und Ave Maria lasse bezahlen/
sondern sie pflegt in jener Welt mit langwierigen und er-
schröcklichen tormenten und Qualen in dem Fegfeuer zu
reinigen. Welches aber gedunckt dich leichter/ ein Pfund
Bley zu tragen/ oder einen gantzen Berg? ein halbe
Stund leiden/ oder viel Jahr leiden? einen einigen Tropf-
fen Gall schlicken/ oder ein gantzes Meer voll Gall aus-
trincken? einen einzigen Funcken lassen auf die Hand fal-
len/ oder in einem feurigen Ofen sitzen? Von einer Mu-
cken gestochen/ oder von brüllenden Löwen zerrissen wer-
den? Welches scheint dir geringer zu seyn/ wenig leiden
und kurtz leiden/ als viel leiden/ und lang leiden? so ist

dann
B b b 3
den Iſcarioth zur heylſamen Pœnitenz.

Es iſt zwar denen Beichtvaͤttern die diſcretion be-
ſtens anſtaͤndig/ und ſoll bey ihme die Guͤtigkeit das
Vorgewicht haben/ auch allemal mit unſerm HErrn und
Heyland ſprechen: Miſereor ſuper turbam, mich er-
barmen die Leut.
Aber hoͤre ein wenig/ du ungedulti-
ges Beichtkind/ der Prieſter/ als ein geiſtlicher Artzt/ weiß
die Pflaſter ſchon zu machen nach Art der Wunden/ daß
er dir ein diſciplin oder Cilicium auferlegt/ iſt die Ur-
ſach/ damit dein muthwilliger Leib in etwas gezaͤhmt
werde; daß er dir die Karten und Wuͤrffel verbotten/ iſt
darum geſchehen/ damit dir fein die Gelegenheit zu Flu-
chen und Gottslaͤſtern genommen werde; daß er dir ein
Faſten auferlegt/ iſt die Urſach/ damit er dir Fraß und
Fuͤllerey abgewoͤhne ꝛc. Und dann ſo erwaͤge anbey/ daß
vor dieſem vor ein jede Todtſuͤnd etlich Jahr hindurch ein
groſſe harte Buß hat muͤſſen verrichtet werden/ betrach-
te desgleichen/ daß die Goͤttliche Juſtiz nit ſo weich und
bloͤd ſeye/ ob ſie ſchon die ewige Straff wegen der Beicht
in ein zeitliche verwandelt/ daß ſie ſolche zeitliche Straff
gleich mit 3. Vatter unſer und Ave Maria laſſe bezahlen/
ſondern ſie pflegt in jener Welt mit langwierigen und er-
ſchroͤcklichen tormenten und Qualen in dem Fegfeuer zu
reinigen. Welches aber gedunckt dich leichter/ ein Pfund
Bley zu tragen/ oder einen gantzen Berg? ein halbe
Stund leiden/ oder viel Jahr leiden? einen einigen Tropf-
fen Gall ſchlicken/ oder ein gantzes Meer voll Gall aus-
trincken? einen einzigen Funcken laſſen auf die Hand fal-
len/ oder in einem feurigen Ofen ſitzen? Von einer Mu-
cken geſtochen/ oder von bruͤllenden Loͤwen zerriſſen wer-
den? Welches ſcheint dir geringer zu ſeyn/ wenig leiden
und kurtz leiden/ als viel leiden/ und lang leiden? ſo iſt

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[381/0413] den Iſcarioth zur heylſamen Pœnitenz. Es iſt zwar denen Beichtvaͤttern die diſcretion be- ſtens anſtaͤndig/ und ſoll bey ihme die Guͤtigkeit das Vorgewicht haben/ auch allemal mit unſerm HErrn und Heyland ſprechen: Miſereor ſuper turbam, mich er- barmen die Leut. Aber hoͤre ein wenig/ du ungedulti- ges Beichtkind/ der Prieſter/ als ein geiſtlicher Artzt/ weiß die Pflaſter ſchon zu machen nach Art der Wunden/ daß er dir ein diſciplin oder Cilicium auferlegt/ iſt die Ur- ſach/ damit dein muthwilliger Leib in etwas gezaͤhmt werde; daß er dir die Karten und Wuͤrffel verbotten/ iſt darum geſchehen/ damit dir fein die Gelegenheit zu Flu- chen und Gottslaͤſtern genommen werde; daß er dir ein Faſten auferlegt/ iſt die Urſach/ damit er dir Fraß und Fuͤllerey abgewoͤhne ꝛc. Und dann ſo erwaͤge anbey/ daß vor dieſem vor ein jede Todtſuͤnd etlich Jahr hindurch ein groſſe harte Buß hat muͤſſen verrichtet werden/ betrach- te desgleichen/ daß die Goͤttliche Juſtiz nit ſo weich und bloͤd ſeye/ ob ſie ſchon die ewige Straff wegen der Beicht in ein zeitliche verwandelt/ daß ſie ſolche zeitliche Straff gleich mit 3. Vatter unſer und Ave Maria laſſe bezahlen/ ſondern ſie pflegt in jener Welt mit langwierigen und er- ſchroͤcklichen tormenten und Qualen in dem Fegfeuer zu reinigen. Welches aber gedunckt dich leichter/ ein Pfund Bley zu tragen/ oder einen gantzen Berg? ein halbe Stund leiden/ oder viel Jahr leiden? einen einigen Tropf- fen Gall ſchlicken/ oder ein gantzes Meer voll Gall aus- trincken? einen einzigen Funcken laſſen auf die Hand fal- len/ oder in einem feurigen Ofen ſitzen? Von einer Mu- cken geſtochen/ oder von bruͤllenden Loͤwen zerriſſen wer- den? Welches ſcheint dir geringer zu ſeyn/ wenig leiden und kurtz leiden/ als viel leiden/ und lang leiden? ſo iſt dann B b b 3

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/413>, abgerufen am 27.11.2024.