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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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als er den Heiland JEsum verrahten.
Augen aus dem Gesicht ausgegraben/ die Zung biß auf
die Brust herabgehangen/ und in allem ein verdammtePrato fiori
fol. 99.

Gestalt an sich gehabt.

Mir rinnet der kalte Schweiß über das Angesicht/
wann ich gedencke/ was da bey nächtlicher Weil in einem
Closter ein heiligmässiger Mann gesehen hat/ er sahe nem-
lich das gantze Refectorium oder Tafel-Stuben voller
Geistlichen sitzen/ worauf die Obrigkeit daselbst mit der
Hand auf den Tisch geschlagen/ daß die feurige Funcken
in die Höhe geflogen/ und anbey diese Wort hören lassen/
ambitio & crapula duxerunt nos ad tartara, die Ehrsucht
und das Sauffen/ haben uns gebracht zu der Verdamm-
ten Hauffen. A Dio Pater Reverende, diese Lection gehört
vor Eur Ehrwürden/ ein anders her.

Wie der Ehr- und Nähr-Vatter Joseph mit dem
noch kleinen Göttlichem Kind/ wegen der wütenden Ty-
ranney des Herodis, in Egypten geflohen/ und nechst dem
Fluß Nilo die übergebene deyte Mutter den zartesten JE-
sulum
auf einen harten Marmorstein gesetzt/ damit sein
nasses Kleid daselbst getrucknet würde/ da hat das gulde-
ne Kind die Figur des zarten Leibes dergestalten in den
harten Stein gedruckt/ als wär er zu einem linden WachsFranciscus
Quaresi-
mo in Elu-
cidar terrae
Sanctae. c.
13. Pereg.
5.

worden/ welches annoch auf heutigen Tag zu sehen.

Ihr Gnaden verzeihen mirs/ daß ich auf den langen
Schweiff Ihrer Kleider getretten/ es ist wohl nit gern
geschehen/ es geschicht/ daß einer unbedachtsam um-
schauet/ und folgsam einen solchen seydenen Comet offen-
di
ret; Aber um GOttes Willen/ zu was dienet ein solcher
Uberfluß der Kleider? Ein sündiger Erd-Wurm soll sich
also kostbar mit so vielen Taffet und Sammet überhüllen/
und der Heyland JEsus selbst hatte nur ein schlechtes und
einiges Kleidl/ welches er noch an seinem zartisten Leib-
lein muste trucknen lassen/ um weil es vom Regen und
Ungewitter naß worden/ du aber (holla/ hab mich ge-

irret/)

als er den Heiland JEſum verrahten.
Augen aus dem Geſicht ausgegraben/ die Zung biß auf
die Bruſt herabgehangen/ und in allem ein verdammtePrato fiori
fol. 99.

Geſtalt an ſich gehabt.

Mir rinnet der kalte Schweiß uͤber das Angeſicht/
wann ich gedencke/ was da bey naͤchtlicher Weil in einem
Cloſter ein heiligmaͤſſiger Mañ geſehen hat/ er ſahe nem-
lich das gantze Refectorium oder Tafel-Stuben voller
Geiſtlichen ſitzen/ worauf die Obrigkeit daſelbſt mit der
Hand auf den Tiſch geſchlagen/ daß die feurige Funcken
in die Hoͤhe geflogen/ und anbey dieſe Wort hoͤren laſſen/
ambitio & crapula duxerunt nos ad tartara, die Ehrſucht
und das Sauffen/ haben uns gebracht zu der Verdamm-
ten Hauffen. A Dio Pater Reverende, dieſe Lection gehoͤrt
vor Eur Ehrwuͤrden/ ein anders her.

Wie der Ehr- und Naͤhr-Vatter Joſeph mit dem
noch kleinen Goͤttlichem Kind/ wegen der wuͤtenden Ty-
ranney des Herodis, in Egypten geflohen/ und nechſt dem
Fluß Nilo die uͤbergebene deyte Mutter den zarteſten JE-
ſulum
auf einen harten Marmorſtein geſetzt/ damit ſein
naſſes Kleid daſelbſt getrucknet wuͤrde/ da hat das gulde-
ne Kind die Figur des zarten Leibes dergeſtalten in den
harten Stein gedruckt/ als waͤr er zu einem linden WachsFranciſcus
Quareſi-
mo in Elu-
cidar terræ
Sanctæ. c.
13. Pereg.
5.

worden/ welches annoch auf heutigen Tag zu ſehen.

Ihr Gnaden verzeihen mirs/ daß ich auf den langen
Schweiff Ihrer Kleider getretten/ es iſt wohl nit gern
geſchehen/ es geſchicht/ daß einer unbedachtſam um-
ſchauet/ und folgſam einen ſolchen ſeydenen Comet offen-
di
ret; Aber um GOttes Willen/ zu was dienet ein ſolcher
Uberfluß der Kleider? Ein ſuͤndiger Erd-Wurm ſoll ſich
alſo koſtbar mit ſo vielen Taffet und Sam̃et uͤberhuͤllen/
und der Heyland JEſus ſelbſt hatte nur ein ſchlechtes und
einiges Kleidl/ welches er noch an ſeinem zartiſten Leib-
lein muſte trucknen laſſen/ um weil es vom Regen und
Ungewitter naß worden/ du aber (holla/ hab mich ge-

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[119/0151] als er den Heiland JEſum verrahten. Augen aus dem Geſicht ausgegraben/ die Zung biß auf die Bruſt herabgehangen/ und in allem ein verdammte Geſtalt an ſich gehabt. Prato fiori fol. 99. Mir rinnet der kalte Schweiß uͤber das Angeſicht/ wann ich gedencke/ was da bey naͤchtlicher Weil in einem Cloſter ein heiligmaͤſſiger Mañ geſehen hat/ er ſahe nem- lich das gantze Refectorium oder Tafel-Stuben voller Geiſtlichen ſitzen/ worauf die Obrigkeit daſelbſt mit der Hand auf den Tiſch geſchlagen/ daß die feurige Funcken in die Hoͤhe geflogen/ und anbey dieſe Wort hoͤren laſſen/ ambitio & crapula duxerunt nos ad tartara, die Ehrſucht und das Sauffen/ haben uns gebracht zu der Verdamm- ten Hauffen. A Dio Pater Reverende, dieſe Lection gehoͤrt vor Eur Ehrwuͤrden/ ein anders her. Wie der Ehr- und Naͤhr-Vatter Joſeph mit dem noch kleinen Goͤttlichem Kind/ wegen der wuͤtenden Ty- ranney des Herodis, in Egypten geflohen/ und nechſt dem Fluß Nilo die uͤbergebene deyte Mutter den zarteſten JE- ſulum auf einen harten Marmorſtein geſetzt/ damit ſein naſſes Kleid daſelbſt getrucknet wuͤrde/ da hat das gulde- ne Kind die Figur des zarten Leibes dergeſtalten in den harten Stein gedruckt/ als waͤr er zu einem linden Wachs worden/ welches annoch auf heutigen Tag zu ſehen. Franciſcus Quareſi- mo in Elu- cidar terræ Sanctæ. c. 13. Pereg. 5. Ihr Gnaden verzeihen mirs/ daß ich auf den langen Schweiff Ihrer Kleider getretten/ es iſt wohl nit gern geſchehen/ es geſchicht/ daß einer unbedachtſam um- ſchauet/ und folgſam einen ſolchen ſeydenen Comet offen- diret; Aber um GOttes Willen/ zu was dienet ein ſolcher Uberfluß der Kleider? Ein ſuͤndiger Erd-Wurm ſoll ſich alſo koſtbar mit ſo vielen Taffet und Sam̃et uͤberhuͤllen/ und der Heyland JEſus ſelbſt hatte nur ein ſchlechtes und einiges Kleidl/ welches er noch an ſeinem zartiſten Leib- lein muſte trucknen laſſen/ um weil es vom Regen und Ungewitter naß worden/ du aber (holla/ hab mich ge- irret/)

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/151>, abgerufen am 21.11.2024.