Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Judae schmählerische Ehrabschneiderey.
seiner vnder dem Tach ein Schwalm Rest/ auß welchem
dise Vögel ihr Koth auff den Tobiam herunder geworf-
fen auff seine Augen/ worvon er gantz stockblind wor-
den. Solches vnvermuthes Vnglück hat mit grö-
ster Gedult übertragen/ nicht vil vngleich dem Weltwei-
sen Asclepiadi, welcher ebenfalls durch ein vnglücklichen
Zufall das Gesicht verlohren/ gleichwol darbey noch
pflegte zu schreyen/ er halte sich dermahlen vil Heroischer
als zu vor/ dann damahls gieng er allezeit nur al-
lein/ jetzt aber selbst anderter; in gleiches Elend ist ge-
rathen Tobias Nephtalensis, ein H. Mann/ welcher
durch die Schwalb das Gesicht verlohren. Die Schwal-
ben haben den Tobias vmb das Sehen gebracht/ daß
war zu betauren/ aber die Schwalben bringen manchen
vmb das Ansehen. Will sagen vmb Ehr/ vnd guten
Nahmen/ das ist weit schmertzlicher. Dann die mehre-
ste Ehrabschneider seynd lauter Schwalben/ dann sie schwä-
tzen/ sie schwalbeulen/ vnd besudlen den Menschen.

Das Gelt ist ein Vice-Gott auff der Erden: das
Gelt ist ein Angl der Digniteten: das Gelt ist ein Kup-
ler der Feindschafft: das Gelt ist ein Schlüssel der Gemü-
ther; Dahero sagt der Reiche; das Gelt ist mir lieb/
wer mirs stihlt ist ein Dieb.

Die Bücher seynd ein Spiegl/ in welchem sich einer
kan ersehen: die Bücher seynd Glaitsmänner/ welche
die Irrende weisen: ein Bibliothec ist ein Apothec, auß
dero die bewertheste Medicin genommen wird: die Bü-
cher seynd Brunnenstuben der Wissenschafften/ dahero
spricht der Gelehrte; die Bücher seynd mir lieb/ der mirs
stihlt ist ein Dieb.

Berl vnnd Edlgestein seynd ein Zier deß Menschli-
chen Leibs; seynd ein Recommendation deß Frauenzim-

mers:

Judæ ſchmaͤhleriſche Ehrabſchneiderey.
ſeiner vnder dem Tach ein Schwalm Reſt/ auß welchem
diſe Voͤgel ihr Koth auff den Tobiam herunder geworf-
fen auff ſeine Augen/ worvon er gantz ſtockblind wor-
den. Solches vnvermuthes Vngluͤck hat mit groͤ-
ſter Gedult uͤbertragen/ nicht vil vngleich dem Weltwei-
ſen Aſclepiadi, welcher ebenfalls durch ein vngluͤcklichen
Zufall das Geſicht verlohren/ gleichwol darbey noch
pflegte zu ſchreyen/ er halte ſich dermahlen vil Heroiſcher
als zu vor/ dann damahls gieng er allezeit nur al-
lein/ jetzt aber ſelbſt anderter; in gleiches Elend iſt ge-
rathen Tobias Nephtalenſis, ein H. Mann/ welcher
durch die Schwalb das Geſicht verlohren. Die Schwal-
ben haben den Tobias vmb das Sehen gebracht/ daß
war zu betauren/ aber die Schwalben bringen manchen
vmb das Anſehen. Will ſagen vmb Ehr/ vnd guten
Nahmen/ das iſt weit ſchmertzlicher. Dann die mehre-
ſte Ehrabſchneider ſeynd lauter Schwalben/ dann ſie ſchwaͤ-
tzen/ ſie ſchwalbeulen/ vnd beſudlen den Menſchen.

Das Gelt iſt ein Vice-Gott auff der Erden: das
Gelt iſt ein Angl der Digniteten: das Gelt iſt ein Kup-
ler der Feindſchafft: das Gelt iſt ein Schluͤſſel der Gemuͤ-
ther; Dahero ſagt der Reiche; das Gelt iſt mir lieb/
wer mirs ſtihlt iſt ein Dieb.

Die Buͤcher ſeynd ein Spiegl/ in welchem ſich einer
kan erſehen: die Buͤcher ſeynd Glaitsmaͤnner/ welche
die Irrende weiſen: ein Bibliothec iſt ein Apothec, auß
dero die bewertheſte Medicin genommen wird: die Buͤ-
cher ſeynd Brunnenſtuben der Wiſſenſchafften/ dahero
ſpricht der Gelehrte; die Buͤcher ſeynd mir lieb/ der mirs
ſtihlt iſt ein Dieb.

Berl vnnd Edlgeſtein ſeynd ein Zier deß Menſchli-
chen Leibs; ſeynd ein Recommendation deß Frauenzim-

mers:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0696" n="660"/><fw place="top" type="header">Judæ &#x017F;chma&#x0364;hleri&#x017F;che Ehrab&#x017F;chneiderey.</fw><lb/>
&#x017F;einer vnder dem Tach ein Schwalm Re&#x017F;t/ auß welchem<lb/>
di&#x017F;e Vo&#x0364;gel ihr Koth auff den Tobiam herunder geworf-<lb/>
fen auff &#x017F;eine Augen/ worvon er gantz &#x017F;tockblind wor-<lb/>
den. Solches vnvermuthes Vnglu&#x0364;ck hat mit gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ter Gedult u&#x0364;bertragen/ nicht vil vngleich dem Weltwei-<lb/>
&#x017F;en <hi rendition="#aq">A&#x017F;clepiadi,</hi> welcher ebenfalls durch ein vnglu&#x0364;cklichen<lb/>
Zufall das Ge&#x017F;icht verlohren/ gleichwol darbey noch<lb/>
pflegte zu &#x017F;chreyen/ er halte &#x017F;ich dermahlen vil Heroi&#x017F;cher<lb/>
als zu vor/ dann damahls gieng er allezeit nur al-<lb/>
lein/ jetzt aber &#x017F;elb&#x017F;t anderter; in gleiches Elend i&#x017F;t ge-<lb/>
rathen <hi rendition="#aq">Tobias Nephtalen&#x017F;is,</hi> ein H. Mann/ welcher<lb/>
durch die Schwalb das Ge&#x017F;icht verlohren. Die Schwal-<lb/>
ben haben den Tobias vmb das <hi rendition="#fr">Sehen</hi> gebracht/ daß<lb/>
war zu betauren/ aber die Schwalben bringen manchen<lb/>
vmb das <hi rendition="#fr">An&#x017F;ehen.</hi> Will &#x017F;agen vmb Ehr/ vnd guten<lb/>
Nahmen/ das i&#x017F;t weit &#x017F;chmertzlicher. Dann die mehre-<lb/>
&#x017F;te Ehrab&#x017F;chneider &#x017F;eynd lauter Schwalben/ dann &#x017F;ie &#x017F;chwa&#x0364;-<lb/>
tzen/ &#x017F;ie &#x017F;chwalbeulen/ vnd be&#x017F;udlen den Men&#x017F;chen.</p><lb/>
        <p>Das Gelt i&#x017F;t ein <hi rendition="#aq">Vice-</hi>Gott auff der Erden: das<lb/>
Gelt i&#x017F;t ein Angl der <hi rendition="#aq">Digniteten:</hi> das Gelt i&#x017F;t ein Kup-<lb/>
ler der Feind&#x017F;chafft: das Gelt i&#x017F;t ein Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el der Gemu&#x0364;-<lb/>
ther; Dahero &#x017F;agt der Reiche; das Gelt i&#x017F;t mir lieb/<lb/>
wer mirs &#x017F;tihlt i&#x017F;t ein Dieb.</p><lb/>
        <p>Die Bu&#x0364;cher &#x017F;eynd ein Spiegl/ in welchem &#x017F;ich einer<lb/>
kan er&#x017F;ehen: die Bu&#x0364;cher &#x017F;eynd Glaitsma&#x0364;nner/ welche<lb/>
die Irrende wei&#x017F;en: ein <hi rendition="#aq">Bibliothec</hi> i&#x017F;t ein <hi rendition="#aq">Apothec,</hi> auß<lb/>
dero die bewerthe&#x017F;te <hi rendition="#aq">Medicin</hi> genommen wird: die Bu&#x0364;-<lb/>
cher &#x017F;eynd Brunnen&#x017F;tuben der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften/ dahero<lb/>
&#x017F;pricht der Gelehrte; die Bu&#x0364;cher &#x017F;eynd mir lieb/ der mirs<lb/>
&#x017F;tihlt i&#x017F;t ein Dieb.</p><lb/>
        <p>Berl vnnd Edlge&#x017F;tein &#x017F;eynd ein Zier deß Men&#x017F;chli-<lb/>
chen Leibs; &#x017F;eynd ein <hi rendition="#aq">Recommendation</hi> deß Frauenzim-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mers:</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[660/0696] Judæ ſchmaͤhleriſche Ehrabſchneiderey. ſeiner vnder dem Tach ein Schwalm Reſt/ auß welchem diſe Voͤgel ihr Koth auff den Tobiam herunder geworf- fen auff ſeine Augen/ worvon er gantz ſtockblind wor- den. Solches vnvermuthes Vngluͤck hat mit groͤ- ſter Gedult uͤbertragen/ nicht vil vngleich dem Weltwei- ſen Aſclepiadi, welcher ebenfalls durch ein vngluͤcklichen Zufall das Geſicht verlohren/ gleichwol darbey noch pflegte zu ſchreyen/ er halte ſich dermahlen vil Heroiſcher als zu vor/ dann damahls gieng er allezeit nur al- lein/ jetzt aber ſelbſt anderter; in gleiches Elend iſt ge- rathen Tobias Nephtalenſis, ein H. Mann/ welcher durch die Schwalb das Geſicht verlohren. Die Schwal- ben haben den Tobias vmb das Sehen gebracht/ daß war zu betauren/ aber die Schwalben bringen manchen vmb das Anſehen. Will ſagen vmb Ehr/ vnd guten Nahmen/ das iſt weit ſchmertzlicher. Dann die mehre- ſte Ehrabſchneider ſeynd lauter Schwalben/ dann ſie ſchwaͤ- tzen/ ſie ſchwalbeulen/ vnd beſudlen den Menſchen. Das Gelt iſt ein Vice-Gott auff der Erden: das Gelt iſt ein Angl der Digniteten: das Gelt iſt ein Kup- ler der Feindſchafft: das Gelt iſt ein Schluͤſſel der Gemuͤ- ther; Dahero ſagt der Reiche; das Gelt iſt mir lieb/ wer mirs ſtihlt iſt ein Dieb. Die Buͤcher ſeynd ein Spiegl/ in welchem ſich einer kan erſehen: die Buͤcher ſeynd Glaitsmaͤnner/ welche die Irrende weiſen: ein Bibliothec iſt ein Apothec, auß dero die bewertheſte Medicin genommen wird: die Buͤ- cher ſeynd Brunnenſtuben der Wiſſenſchafften/ dahero ſpricht der Gelehrte; die Buͤcher ſeynd mir lieb/ der mirs ſtihlt iſt ein Dieb. Berl vnnd Edlgeſtein ſeynd ein Zier deß Menſchli- chen Leibs; ſeynd ein Recommendation deß Frauenzim- mers:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/696
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/696>, abgerufen am 24.11.2024.