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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas ein vngetreuer Jünger/
dem Sack gezogen/ sich stellend/ als hätte er ein gewisses
Gelt ohnbehutsamb darmit herauß gesträhet. Graplete
also auff der Erden hin vnd her/ vnd lamentierte/ die Ge-
genwärtige bucken sich auch etwas/ vnd fragt einer den
andern/ was er suche? ach GOtt! versetzt er hierüber
gantz kläglich/ ich habe mit dem Schnubtuch etliche Duca-
ten herauß gezogen/ vnd kans nit mehr finden. O sagt der
obbemelte Ertz-Schalck vnd Haupt-Dieb/ ich hab gesehen/
daß diser Teutscher sich auch gebucket/ die Ducaten auff-
geklaubt/ vnd ins Maul geschoben. Als nun die Umbste-
hende ihn mit harten Worten angriffen; er soll dem ar-
men Tropffen das seinige erstatten. Er/ der gute Teutsche
aber wegen seiner aignen Ducaten/ die er vorhero auß Ein-
rathung dises Ertz-Schelm ins Maul gestecket/ kondte de-
renthalben nit recht reden/ vil weniger sich entschuldigen/
vnd weilen die Anwesende vermerckt/ daß er Gelt im Maul
hatte/ strengten sie ihn noch hefftiger an/ daß er also zur
Vermeydung grössers Unheyls sein aignes Gelt auß dem
Maul dem andern müste darstrecken. Das haist ja nit
das Brodt/ sondern gar das Gold vom Maul weckge-
schnitten. Dergleichen spitzsindige Diebstall hätte ich ein
grosse Menge beyzubringen/ die ich mit allem Fleiß vmb-
gehe/ damit nit hierdurch andere in ihren Diebs-Anschlä-
gen mehrer vnderrichtet werden.

Dieb vnd Judas-Brüder glauben fast/ daß sie durch
stehlen reich werden/ aber es zaigt die beständige Erfah-
renheit das Widerspiel/ vnd erfahret man allemahlen/ daß
wahr seye/ was die Alten im Sprichwort hatten. Wie
gewunnen/ also zerrunnen.
Der gebenedeyte Hey-
land erzehlet von einem König/ welcher Rechnung wolte
machen mit seinen Knechten/ vnd als er anfieng die Rech-
nung zu halten/ kam ihm einer vor/ der war ihm zehen

tau-
S s 2

Judas ein vngetreuer Juͤnger/
dem Sack gezogen/ ſich ſtellend/ als haͤtte er ein gewiſſes
Gelt ohnbehutſamb darmit herauß geſtraͤhet. Graplete
alſo auff der Erden hin vnd her/ vnd lamentierte/ die Ge-
genwaͤrtige bucken ſich auch etwas/ vnd fragt einer den
andern/ was er ſuche? ach GOtt! verſetzt er hieruͤber
gantz klaͤglich/ ich habe mit dem Schnubtuch etliche Duca-
ten herauß gezogen/ vnd kans nit mehr finden. O ſagt der
obbemelte Ertz-Schalck vnd Haupt-Dieb/ ich hab geſehen/
daß diſer Teutſcher ſich auch gebucket/ die Ducaten auff-
geklaubt/ vnd ins Maul geſchoben. Als nun die Umbſte-
hende ihn mit harten Worten angriffen; er ſoll dem ar-
men Tropffen das ſeinige erſtatten. Er/ der gute Teutſche
aber wegen ſeiner aignen Ducaten/ die er vorhero auß Ein-
rathung diſes Ertz-Schelm ins Maul geſtecket/ kondte de-
renthalben nit recht reden/ vil weniger ſich entſchuldigen/
vnd weilen die Anweſende vermerckt/ daß er Gelt im Maul
hatte/ ſtrengten ſie ihn noch hefftiger an/ daß er alſo zur
Vermeydung groͤſſers Unheyls ſein aignes Gelt auß dem
Maul dem andern muͤſte darſtrecken. Das haiſt ja nit
das Brodt/ ſondern gar das Gold vom Maul weckge-
ſchnitten. Dergleichen ſpitzſindige Diebſtall haͤtte ich ein
groſſe Menge beyzubringen/ die ich mit allem Fleiß vmb-
gehe/ damit nit hierdurch andere in ihren Diebs-Anſchlaͤ-
gen mehrer vnderrichtet werden.

Dieb vnd Judas-Bruͤder glauben faſt/ daß ſie durch
ſtehlen reich werden/ aber es zaigt die beſtaͤndige Erfah-
renheit das Widerſpiel/ vnd erfahret man allemahlen/ daß
wahr ſeye/ was die Alten im Sprichwort hatten. Wie
gewunnen/ alſo zerrunnen.
Der gebenedeyte Hey-
land erzehlet von einem Koͤnig/ welcher Rechnung wolte
machen mit ſeinen Knechten/ vnd als er anfieng die Rech-
nung zu halten/ kam ihm einer vor/ der war ihm zehen

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S s 2
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[323/0359] Judas ein vngetreuer Juͤnger/ dem Sack gezogen/ ſich ſtellend/ als haͤtte er ein gewiſſes Gelt ohnbehutſamb darmit herauß geſtraͤhet. Graplete alſo auff der Erden hin vnd her/ vnd lamentierte/ die Ge- genwaͤrtige bucken ſich auch etwas/ vnd fragt einer den andern/ was er ſuche? ach GOtt! verſetzt er hieruͤber gantz klaͤglich/ ich habe mit dem Schnubtuch etliche Duca- ten herauß gezogen/ vnd kans nit mehr finden. O ſagt der obbemelte Ertz-Schalck vnd Haupt-Dieb/ ich hab geſehen/ daß diſer Teutſcher ſich auch gebucket/ die Ducaten auff- geklaubt/ vnd ins Maul geſchoben. Als nun die Umbſte- hende ihn mit harten Worten angriffen; er ſoll dem ar- men Tropffen das ſeinige erſtatten. Er/ der gute Teutſche aber wegen ſeiner aignen Ducaten/ die er vorhero auß Ein- rathung diſes Ertz-Schelm ins Maul geſtecket/ kondte de- renthalben nit recht reden/ vil weniger ſich entſchuldigen/ vnd weilen die Anweſende vermerckt/ daß er Gelt im Maul hatte/ ſtrengten ſie ihn noch hefftiger an/ daß er alſo zur Vermeydung groͤſſers Unheyls ſein aignes Gelt auß dem Maul dem andern muͤſte darſtrecken. Das haiſt ja nit das Brodt/ ſondern gar das Gold vom Maul weckge- ſchnitten. Dergleichen ſpitzſindige Diebſtall haͤtte ich ein groſſe Menge beyzubringen/ die ich mit allem Fleiß vmb- gehe/ damit nit hierdurch andere in ihren Diebs-Anſchlaͤ- gen mehrer vnderrichtet werden. Dieb vnd Judas-Bruͤder glauben faſt/ daß ſie durch ſtehlen reich werden/ aber es zaigt die beſtaͤndige Erfah- renheit das Widerſpiel/ vnd erfahret man allemahlen/ daß wahr ſeye/ was die Alten im Sprichwort hatten. Wie gewunnen/ alſo zerrunnen. Der gebenedeyte Hey- land erzehlet von einem Koͤnig/ welcher Rechnung wolte machen mit ſeinen Knechten/ vnd als er anfieng die Rech- nung zu halten/ kam ihm einer vor/ der war ihm zehen tau- S s 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/359>, abgerufen am 22.11.2024.